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überwiegen sonore und vibratoreiche Instru mente. Denisows Werk hat nichts zu tun mit dem üblichen Virtuosenkonzert. Das Soloinstrument konzertiert nicht mit einem Orchester, das ihm antwortet — zustimmend oder ablehnend: Es konzertiert mit einem ins unendlich Kleine ge henden, wechselnden Klangkontinuum, das das Violoncello ständig umgibt. Der englische Komponist Gustav entstammte einem Musikergeschlecht scher Abstammu Er wurde 1874 in Holst schwedi- Chelten- im in Westengland geboren und studierte am iyal College of Music in London Komposition ei Charles Villiers Stanford. Nach Beendigung seiner Ausbildung erwarb er seinen Lebensun terhalt zunächst als 1. Posaunist bei der Carl Rosa Opera Company, später als Lehrer an.ver schiedenen Schulen und Abendschulen in Lon don, mußte jedoch 1923 aus gesundheitlichen Gründen sämtliche Lehrverpflichtungen aufge ben und wendete sich fortan verstärkt seinem kompositorischen Schaffen zu, mit dem er seit der Orchestersuite „Die Planeten" (1914/17) eine gewisse Volkstümlichkeit erreicht hatte. Zusammen mit seinem Freund, dem Komponi sten Ralph Vaughan Williams, der ihn mit den Bemühungen um die Wiederbelebung engli scher Volkslieder bekannt gemacht hatte (auch die Neubelebung englischer Madrigale und Mo tetten des 16. Jahrhunderts blieb nicht ohne Ein fluß auf seinen Kompositionsstil), wirkte er be deutsam für die Entwicklung der nationalen eng lischen Schule. Mit seiner expressiven musikalischen Sprache, die ihn als Zeitgenossen Strauss’, Mahlers, ja Schönbergs und Strawinskys erweist, hat er der englischen Musik weitreichende Impulse gege ben. Ebenso stark war sein Einfluß als Lehrer; ■berhaupt leistete er Pionierarbeit für das eng- Rche Musikerziehungswesen. Sein Schaffen um faßt mehrere Opern, gehaltvolle Orchesterwer ke, Kammermusik sowie feinsinnige Chorwerke und Gesänge. Holst war in seiner Jugend Sozia list, leitete als Student den Socialist Choir im Hause von William Morris, dessen Gedichte er vertonte; später jedoch zeigten sich Züge der Vereinsamung und des Pessimismus in seinem Schaffen, bedingt durch die gesellschaftliche Entwicklung Englands in den 20er Jahren und durch seine labile gesundheitliche Situation. In den letzten beiden Lebensjahren bettlägerig, starb er 1934 in London. Holst hatte stets großes Interesse für Astrologie, daher rührte auch die „astrologische” Grund ¬ idee seiner in den Jahren 1914—1917 geschaffe nen, großangelegten Orchestersuite „DiePlaneten" op. 32, die das bekann teste seiner Werke darstellt. Jeder der sieben Sätze der Suite trägt den Namen eines Planeten, denen astrologische Charakteristika beigefügt sind. Der Komponist hatte übrigens gerade den ersten Satz — „Mars, der Kriegsbringer" — skiz ziert, als der erste Weltkrieg ausbrach. Das über aus stimmungsvolle Werk zeichnet sich durch eingängige thematische Einfälle, durch eine far bige Harmonik und brillante, wirkungsvolle In strumentation aus. Es vereint verschiedenste sti listische Einflüsse von Wagner, Strauss, Rimski- Korsakow bis zu Dukas, Ravel, Strawinsky u. a. und besitzt dennoch schöpferische Originalität. Im siebenten Satz tritt zu dem orchestralen Rie senapparat des Stückes, der auch die Orgel ein bezieht, noch ein Frauenchor hinzu. Der erste Satz ist betitelt „Mars, der Überbrin ger des Krieges" und beginnt in unheilvoll la stender Stille mit Marschrhythmen. Wenn der tosende Orchesterausbruch sich dann auf die geballte Kraft des gesamten Blechs konzentriert, gewinnt die Musik einen Zug von Gewalttätig keit und Brutalität. Nach einem ruhigeren Teil erscheint erneut das Allegro in noch gesteiger ter, beinahe hysterischer Wut und endet mit quälenden Akkorden. Der zweite Satz ist „Venus, der Überbringerin des Friedens", gewidmet. Ein Hornruf wird von hohen Flötenregistern beantwortet, wiegende Akkorde der Harfe und Streicher beschwören eine Stimmung tiefer Ruhe, die auch in den fol genden Soli der Violine und Oboe vorherrscht. Der Satz schließt mit einem zarten Tongewebe aus Klängen von Celesta, Hörnern, Harfen und Holzbläsern. An dritter Stelle steht ein hurtiges Scherzo, „Mer kur, den geflügelten Boten" symbolisierend. Im Trioabschnitt überbringt der Götterbote eine Botschaft von Scheherazade. „Jupiter, dem Überbringer der Fröhlichkeit", wurde der volkstümlichste Satz der Suite zuge dacht. Er schildert mit seiner ungezwungenen Fröhlichkeit und lustigen Tanzmelodie der Hör ner eine typisch englische Szene, besitzt aber auch durchaus spanisch-kapriziösen Einschlag. Der fünfte Satz, „Saturn, der Überbringer des Greisenalters" überschrieben, ist neben dem er sten Satz zweifellos der originellste des Werkes. Ein würdevoller Posaunenmarsch leitet über zu einem klagenden Adagio für vier Flöten. Plötz lich läuten warnend die Glocken, Panik bricht aus. Nach diesem Höhepunkt beruhigt sich das Geschehen in einer geheimnisvoll verhaltenen Coda. „Uranus, der Zauberer" bricht in die Stille mit einer lauten Beschwörung greller Trompeten und Posaunen. Er wird mit grotesken, ja paro distischen Mitteln charakterisiert und erweist sich als Verwandter des Dukas’schen Zauber lehrlings, der auch Berlioz' Hexen zu seinen Vor fahren zählt. Der Zauberer vertieft sich zuneh mend in seine Sprüche — die Musik wird immer lauter, bis ein kurzes, ohrenbetäubendes Glis sando auf der Orgel den Spuk verjagt. „Neptun, der Mystiker" spricht das letzte Wort. Dieses Pianissimo-Finale zeichnet sich durch einen überaus delikaten Orchestersatz aus, der das Vorbild Ravels erkennen läßt. Mehrere the matische Bruchstücke fließen zu einer melodi schen Linie von zarter Unbestimmtheit zusam men und verweben sich gegen Ende mit den Frauenstimmen zu einem duftigen Klangge spinst, das sich schließlich in der Ferne ver liert. VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, 28. Juni 1980, 18 Uhr, Schloßpark Pillnitz Sonntag, 29. Juni 1980, 18 Uhr, Schloßpark Pillnitz 1. SERENADE Philharmonischer Chor und Kammerchor Leitung Herwig Saffert Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in das Cellokonzert von Edison Deni- sow schrieb Dr. Eberhardt Klemm, Leipzig Spielzeit 1979 80 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV, Prod.-Stätte Pirna 111-25-12 ItG 0009-48-80 EVP: 0,25 M 10. ZYKLUS-KONZERT 1979/80