Volltext Seite (XML)
Dresdner W Journal. T^oiriglieh Sächstschev Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 111. Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung, Hoftat Doengesin Dresden. <r Sonnabend, 15. Mai 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition. Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mart vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Ps. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 12Sb, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größere, Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. auf GeschäftSanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Dresden, 15. Mai. Se. Majestät der König sind heute früh 7 Uhr 8 Min. nach Dresden bez. Wachwitz zurückgekehrt. Anweisung für die Lehörden, Wahlvorsteher und Wahlkommistare zu den Laudtagswahlen. Bei den künftigen Wahlen für die Zweite Kammer der Ständeversammlung des Königreichs Sachsen ist von den Behörden, Wahlvorstehern und Wahlkommissaren neben dem Wahlgesetze vom 5. Mai 1909 und der dazu er gangenen Ausführungsverordnung vom 7. Mai 1909 noch folgendes zu beachten. Wahlkreise. 1. Au die Stadträte zu Dresden, Leipzig und Chemnitz ergeht vor jeder ordentlichen Wahl wegen rechtzeitiger Abgrenzung der Wahlkreise dieser Städte besondere Ver fügung. Die sonstigen Wahlkreise sind in der Anlage X des Gesetzes bestimmt. Abgrenzung der Wahlbezirke. 2. Sobald das Ministerium eine Wahl angeordnet hat, sind für die Städte mit der Revidierten Städteordnung durch den Stadtrat, für die mittleren und kleinen Städte durch den Bürgermeister, für die Landgemeinden mit mehr als 1500 Einwohnern durch den Gemeindevorstand, für die übrigen Landgemeinden und selbständigen Gutsbezirke durch die Amtshauptmannschaft zur Abgabe der Stimmen Wahlbezirke zu bilden (8 15 Abs. 1 des Gesetzes). Kleine Städte, Dörfer und selbständige Gutsbezirke sowie einzeln gelegene Grundstücke dürfen mit anderen Ortschaften desselben Wahlkreises zu einem Wahlbezirke vereinigt werden (8 15 Abs. 2 des Gesetzes). Erachtet eine Amtshauptmannschaft eine solche Bereinigung für an- gemessen, so hat sie, wenn nur Orte ihres eigenen Bezirkes in Frage kommen, die alleinige Entschließung, sie hat jedoch vor Fassung dieser Entschließung die Gemeindebehörde und den Bezirksausschuß zu hören (8 ? Abs. 1 der Ausführungs verordnung). Will eine Amtshauptmannschaft die eine oder die andere Ortfchaft ihres Bezirkes mit einer oder mehreren Ortschaften eines Nachbarbezirkes vereinigen, so hat sie sich hierüber mit der benachbarten Amtshauptmannschaft zu vernehmen. Die Amtshauptmannschaften haben auch in diesem Falle Gemeindebehörde und Bezirksausschuß zu hören. Sind beide Amtshauptmannschaften gleicherMeinung, so bedarf es keines Berichtes an die Kreishauptmannschaft. Wenn es aber zu keiner Einigung kommt, fo hat diejenige Amtshauptmannfchaft, von der die Anregung zur Ber einigung ausgegangen ist, über den Sachstand unter Bei fügung der Akten Bericht an die ihr vorgefetzte Äreishaupt- mannschaft zu erstatten. Diefe trifft dann wegen der et waigen Bereinigung endgültige Entscheidung (8? Abs. 3 der Ausführungsverordnung), und zwar, falls verschiedene Regierungsbezirke in Frage kommen, nach vorheriger Vernehmung mit der benachbarten Kreishauptmannschaft. Jeder Wahlbezirk foll ein möglichst zusammenhängendes Ganzes bilden, im übrigen sind die Behörden bei der Ab grenzung der Wahlbezirke durch keine Vorschriften ge bunden, doch wird es sich empfehlen, die Wahlbezirke einerseits im Interesse der Wahrung des Wahlgeheimnisses nicht zu Nein, andererseits im Interesse der glatten Ab wicklung des Wahlgeschäftes nicht zu groß zu machen. Aufstellung der Wählerlisten. 3. Für jeden Ort, und wenn er in mehrere Wahlbezirke geteilt ist, für jeden Wahlbezirk ist von der Ortsbehörde eine Liste der stimmberechtigten Wähler nach dem der Ausführungsverordnung unter anliegenden Muster auf zustellen, in der bei jedem Namen anzugeben ist, wieviel Stimmen dem Wähler zukommen. Die Wahlberechtigten der selbständigen Güter sind, soweit nicht ausdrücklich andere Vorschriften getroffen werden, in die Ortslisten der benachbarten Gemeinde mit aufzunehmen (8 87 der RLGO). Hierbei sind die §89 bis mit 12 deS Gesetzes und die §§ 2 bis mit 5 und 88 8 bis mit 12 der Ausführungsverord nung und im Einzelnen noch Folgendes zu beachten. Da nach 8 9 des Gesetzes der Zeitpunkt des Abschlusses der Wählerliste für die Beurteilung der Stimmberechtigung maßgebend ist, so ergibt sich, daß weder die zwischen diesem Zeitpunkte und dem Wahltage eintretende Erfüllung des 25. Lebensjahres noch die in diesen Zeitraum fallende Vollendung der sechsmonatigen Wohnsitzfrist oder der zwei jährigen Staatsangehörigkeitsfrist oder irgend ein zwischen dem Abschlusse der Wählerliste und dem Wahltag ein tretender Umstand, der die Zahl der einem Wähler zukom menden Stimmen zu beeinflussen an sich geeignet sein würde, berücksichtigt werden kann. 4. Staatssteuern, die erlassen wurden, sind weder als entrichtet (8 9 des Gesetzes) noch als im Rückstand geblieben (8 10 unter k des Gesetzes) anzusehen. Wer zur Zeit der Listenaufstellung überhaupt noch keine direkte Staatssteuer (Einkommen, Grund- oder Er gänzungssteuer) entrichtet hat, ist nicht stimmberechtigt. 5. Der Besitz der sächsischen Staatsangehörigkeit braucht nicht strenger als bisher geprüft zu werden. Nur dort, wo Zweifel über die Tatfache oder die Dauer dieses Besitzes auftauchen, wird der Nachweis zu erfordern sein. 6. Zu 8 10 Abs. 1 des Gesetzes wird davon auszugehen sein, daß der Wähler vom Wahlrecht auch dann ausgeschlossen wird, wenn eine der unter » bis o aufgezählten Tatsachen erst nach dem Abschlusse der Wählerliste eintritt oder be kannt wird. Nach dem Wortlaute der Bestimmung in 8 10 Abs. 1 unter k des Gesetzes ist an sich jeder vom Stimmrecht aus geschlossen, der bei Abschluß der Wählerliste eine vor länger als einem Jahre fällig gewordene direkte Staats- oder Gemeindesteuer im Rückstände gelassen hat. Hierzu gehören auch diejenigen, deren Steuerrückstände als uneinbringlich in Wegfall gestellt worden find, nicht aber diejenigen, denen die Steuern auf Ansuchen erlassen worden sind (siehe unter 4, Abs. 1). Die Zeitdauer eines Jahres ist vom Tage des Ab schlusses der Wählerliste rückwärts zu berechnen. Wird beispielsweise die Liste am 10. Oktober 1909 abgeschlossen, so geht der Steuerpflichtige feines Wahlrechtes nur dann verlustig, wenn die im Rückstände gebliebene Steuer vor dem 10. Oktober 1908 fällig geworden ist. 7. Ob die Unterstützungen im Sinne von 8 10 Abs. 2 Ziffer 5 des Gesetzes vom Unterstützten selbst oder von einer anderen Person (juristischen oder physischen) zurückerstattet worden sind, ist für die Wahlberechtigung ohne Einfluß. Eine Unterstützung, die dem vorläufig unterstützungspflich tigen Ortsarmenverbande von dem Ortsarmenverbande des Unterstützungswohnsitzes oder dem Landarmenverband erstattet worden ist, gilt nicht als erstattet im Sinne von Abs. 2 Ziffer 5. 8. Öffentliches Amt im Sinne von 8 11 des Gesetzes — zu vgl. auch 8 -1 Abs. 3 der Ausführungsverordnung — ist nicht nur das staatliche Amt, sondern jedes öffentliche Amt. Zu den Wahlberechtigten im Sinne von 8 11 unter b zählen mithin auch alle Beamten der Gemeinden, Kirchen und Schulen und solcher Körperschaften, welche die Bestimmung haben, öffentliche Zwecke einer Gemeinde oder eines anderen öffentlichrechtlichen Verbandes zu er füllen, wie z. B. Angestellte städtischer Wasserwerke, amts hauptmannschaftlicher Bezirksanstalten usw. 9. Da nach 8 11 unter ck des Gesetzes jeder, der als Eigentümer oder gesetzlicher Nutzungsberechtigter im König reiche Sachsen Grundbesitz hat, bereits dann stimmberechtigt ist, wenn aus diesem Grundbesitze 100 Steuereinheiten haften und sein Gesamteinkommen 1250 M. übersteigt, oder wenn von diesem Grundbesitz mehr als 2 K» der Land- oder Forst wirtschaft oder dem Obstbau oder mehr als Hs. der Gärtnerei oder dem Weinbau dient, fo kommen von den unters 6 genannten Landeskulturratswählern in der Haupt sache nur die Pächter solcher landwirtschaftlicher Grundstücke in Frage, auf denen nach Abrechnung der die Gebäude samt Hofraum treffenden Einheiten mindestens 120 Steuereinheiten haften; denn die Eigentümer solcher Grundstücke haben schon auf Grund von ck oder eine zweite Stimme. 10. Bei der Auslegung der Begriffe „Ingenieur, Künstler, Schriftsteller pp.", die der Praxis überlassen bleiben muß, werden sich die Behörden von jeder Engherzigkeit frei zuhalten haben. 11. Bei der Auslegung von 8 11, L' und O des Gesetzes darf auch § 12 des Gesetzes nicht außer Acht gelassen werden. Wenn es nämlich in 8 11 unters a heißt, daß zwei Stimmen die Wahlberechtigten haben, die ein Einkommen von mehr als 1600 M. „haben", so hat diese Bestimmung nicht die Bedeutung, daß jeder, der zur Zeit der Auf stellung der Liste ein Einkommen von mehr als 1600 M. bezieht, nun auch mit zwei Stimmen ausgestattet ist, sondern es ergibt sich aus 8 12, daß er die Mehrstimme nur dann hat, wenn er das erwähnte Einkommen im letzten Kalenderjahre vor der Aufstellung der Wählerliste zur Staatseinkommensteuer versteuert hat. Die hier in Frage kommende Mebrstimme hat also weder derjenige, der im Jahre der Wahl das erforderliche Einkommen bezieht, es aber im Vorjahre nicht gehabt hat, noch auch derjenige, der es zwar im Vorjahre gehabt, aber nicht zur staatlichen Einkommensteuer versteuert hat, weil er außerhalb des Königreichs Sachsen lebte. Ob die Wähler das erforderte Einkommen auch noch im Jahre der Wahl versteuern, ist ohne Einfluß. 12. „Einkommen" oder „Gesamteinkommen" im Sinne des § 11 des Gesetzes ist nach 8 12 des Gesetzes das Jahres einkommen, das der Wähler im letzten Kalenderjahr vor der Aufstellung der Wählerliste zur Staatseinkommensteuer versteuert hat. Es kommt mithin nur das tatsächlich ver steuerte, nicht aber das im Einkommensteuerkaiaster geschätzte oder das deklarierte Einkommen in Frage. 13. Die Geistlichen und Lehrer als Nutznießer des Pfarr- bez. Schullehns haben als gesetzliche Nutzungsberechtigte im Sinne von 8 11 zu gelten und demgemäß nach tit. Lck oder 6ck eine dritte bez. vierte Stimme zu bean spruchen. Da nach 8 12 Absatz 3 des Gesetzes das Stimmrecht der Miteigentümer sich für jeden selbständig nach der Größe seines Anteils unter Berücksichtigung der Kulturart gemäß 8 11 unter ^ck und e und IZck und e berechnet, wird bei spielsweise ein Miteigentümer dann zwei Stimmen haben, wenn auf seinen Anteil am Grundbesitze 100 Steuereinheiten entfallen und fein Gesamteinkommen 1250 M. übersteigt, oder wenn auf seinen Grundbesitzanteil mehr als 2 b» ent fallen, die der Land- und Forstwirtschaft oder dem Obstbau dienen, oder mehr als ha, der der Gärtnerei oder dem Weinbau dient. 14. Als Pensionsbezug im Sinne von § l2 Abs. 2 des Ge setzes werden auch die Unterstützungen, die auf Grund von 88 8, 9 oder 35 des Gesetzes, die Verhältnisse der Civil- staatsdiener betr., vom 7. März 1835 (G. u. V. Bl. S. 132), bewilligt werden, sowie die Pensionen nicht wiedergewählter Ratsmitglieder — 8 86 der Revidierten Städteordnung — und nicht wiedergewählter Bürgermeister oder Gemeinde vorstände — Gesetz, die Pensionsberechtigung der berufs mäßigen Gemeindebeamten usw. betr., vom 30. April 1890 (G. u. V. Bl. S. 66), in der Fassung des Gesetzes vom 14. April 1900 (G. u. V. Bl. S. 229) — zu gelten haben, obschon diese letzteren Pensionen nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes keine eigentlichen Pensionen, sondern Entschädigungen dafür sind, daß der Betreffende nicht wiedergewählt worden ist. Auslegung der Wählerlisten. 15. Es wird sich in den Städten Dresden, Leipzig und Chemnitz nicht empfehlen, die Wählerlisten der verschiedenen Wahlkreise aneinem Orte — etwa im Rathause — aus zulegen, sondern es werden die Wählerlisten an einer ge eigneten Stelle innerhalb der Wahlkreise auszulegen sein. 16. Die Wählerliste hat in den Städten mit der Revidierten Städteordnung der Stadtrat, in den Städten mit der Städteordnung für mittlere und kleine Städte der Bürger meister und in den Landgemeinden der Gemeindevorstand auszustellen und auszulegen. Die Bewohner der selb ständigen Güter sind, soweit nicht ausdrücklich andere Vor-