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Der Text der Kantate 1 Frühlingsfreuden Chor: Schon stieg die Sonne wieder zur Höhe und weckte die Welt auf, lachend, die sie vom Winter mühsam Geschaffnes vernichtet. Brüchig geworden, verwandelt der Schnee überall sich in Nichts jetzt. Alles, was da in garstigen Herbsttagen weinend erstorben, alles, was friedlich den Winter über im Teiche sich aufhielt, alles, das kroch rasch in Scharen heraus, die Sonne zu grüßen. Tenor: Adam, ach, erster Mensch auf der übermütigen Erde, mit deiner Frau Eva im Garten Eden den Frühling noch feiernd und die verbotnen, leckren Genüsse heimlich doch kostend: Du und dein Weib auch, Eva, ihr konntet es freilich nicht ahnen, wie sich euer Geschlecht in der Welt einmal ausbreiten würde. Kaum erscheinen wir Menschen heut auf der Erde wie du einst, siehe, gleich laufen aus allen Ecken die Plagen zusammen und verfolgen von unserer Wiege uns stets bis zum Grabe hin. Aber was können wir tun? Solang in der Welt wir uns regen, müssen wir schon jederweis, wie’s Gott will, zufrieden uns geben. Doch wir brauchen nicht stets uns zu plagen: es kommen auch Tage, da wir nach mancherlei Mühsal auch wieder herzlich uns freuen. 2. Sommermühen Chor: Gruß dir, blühende Welt, die die Feste des Frühlings gefeiert! Gruß dir, Mensch auch, der du den sonnigen Sommer erwartest, Gruß dir, der du am Wohlgeruch leuchtender Blumen dich freutest! Seht, wie die liebe Sonne höher zu steigen jetzt aufhört; und nachdem sie ihr leuchtendes Rad auf die Höhe gerollt hat, spielt sie, während sie sitzt, auf dem leuchtenden Himmelsgewölbe. Tenor: Jeder Mensch ähnelt bei der Geburt der sprossenden Knospe, erst allmählich erschließt sich aus ihr im Licht eine Blüte, bis sie nachher verblüht ist, all ihrer Schönheit entkleidet, Frucht nun ansetzt und reift und schließlich ihr Leben beendet. So, genau so ergeht es uns armseligen Menschen. Was kommt heraus, wenn da mancher Miklas stets seinen feisten Bauch aller Welt dick zur Schau trägt und wie eine Blase sich aufbläht? Was kommt heraus, wenn Diksas nackt vor prallvollen Schreinen kniend, stets jammernd nur sein Gold, seine Gelder vergottet? Wundert euch nicht darüber: er hat sich dem Teufel verschrieben. Glaubt mir gewißlich, daß mancher, der Bastschuh zu tragen gewohnt ist, oft einen großen Herrn überragt an Verstand, ja an Weisheit. 3. Herbstfülle Chor: Sieh, wie die Sonne dahinrollt, von uns sich jetzt wieder entfernend. Seht, tagtäglich schon mehr verbirgt sie uns ihre Strahlen. Allerorts ist die Erde durchnäßt, sie weint traurig Tränen. Ailes verließ uns bereits, flog fort, um sich gut zu verstecken. So blieben nur die Felder zurück, die nun überall trauern, und ihre Schönheit erscheint jetzt einem verwahrlosten Grab gleich. Tenor: Jetzt aber, da wir die Last aller Mühsal von uns geschüttelt, wolln wir, als wärn wir zum Festmahl geladen, uns recht erlustieren. Daß sich manche schon saftige, bäurische Späße erlaubten, einer gar während des Essens am Tische „Scheiße" gesagt hat. Doch ihr widerlich Herrenpack, stets saftige Bissen verschlingend und in den Wanst euch gießend immer nur kostbare Weine, o ihr Verschwender, schenkt Gott euch deswegen all seine Gaben, daß ihr, den Schweinen gleich fressend, sie ohne Verstand dann verschlinget? Ach, wohin ist die Redlichkeit unserer Zeit geschwunden! Ja, es wird auch noch künftig so bleiben: die Welt gibt sich närrisch. Dabei wissen doch alle, wie splitternackt einer zur Welt kommt. So die größten der Herren, wie der arme Bauer in Bastschuhn. 4. Wintersorgen Chor: Siehe, des Winters Groll kommt grimmig zurück jetzt, denn der Nordwind mit flatterndem Haar braust, uns zu erschrecken. Schaut nur, wie überall auf den Teichen Fenster sich bilden, ganz so, als ob der Glaser Glas dort eingesetzt hätte. Dröhnt der gefrorene Boden dumpf wie das Fell einer Trommel, wieder beginnt jetzt die Welt den Winter willkommen zu heißen. Tenor: Ach, welch grimmige Finsternis hat schon die Menschen verblendet. Ach, wie schnell zerreiben sich doch die Tage des Menschen! Wissen wir alle doch, wie es uns Armen später gemacht wird, während wir doch als törichte Kinder noch ahnungslos spielten. Komm, du schauriger Nord, und peitsche den Rücken der Räuber, züchtige sie, bedräng sie mit Frösten, daß sie krepieren. In einem friedlichen Winkel, den Winter nicht achtend, schlürfen wir dann eine dampfende Suppe, damit wir uns wärmen. Brüder, ach, seht, ein altes Jahr ist zu Grabe getragen. Was uns das neue Jahr nun, die neu aufsteigende Sonne künftig bestimmen, ahnen wir freilich nicht, könnens nicht wissen. Lang ist die Strecke noch, bis wir die Frühlingszeit wieder erwarten. Tenor und Chor: Seht nur, die liebe Frühlingszeit naht bereits langsam sich wieder; denn schon beginnt die Sonne die Schneefelder wieder zu ängstgen, schon trilliert auch in fröhlichen Flügen wieder die Lerche. Scheiden wir also jetzt, und mit Gottes gnädiger Hilfe machen wir nunmehr uns dran, uns Geräte allmählich zu richten, Denken wir stets an den morgigen Tag, aber auch an die künftgen.