M e t a i (Die Jahreszeiten) Sehnsucht nach Freude, Hoffnung auf Lebendi ges. Liebe. Trost. Verse, mit denen man leben kann — das sind Stichworte für meine Begeg nung mit den „Jahreszeiten" (Metai) von Done- laitis (1714-1780). Also Flucht in Naturpoesie? („Natur" löst ja heute auch Stichworte aus wie Gefährdung, Ent fremdung). Aber bei Donelaitis ist Natur nicht Idylle, son dern Signum für Werden und Vergehen. Der Mensch bleibt beherrschender Bezugspunkt. Also: Eine „Predigt über den Menschen". Keine „Strafpredigt", dafür liebte Donelaitis seine Bauern, die ihn ja hören sollten, zu sehr. Die kunstvollen Hexameter-Verse vereinen sich spielerisch mit den einfachen großen Bildern und Szenen der Natur. Was der litauische Dichter Kristijonas Donelai tis („ein Pfarrer, der es mit den Poesien hatte", wie es in den „Litauischen Clavieren" heißt) vor zweihundert Jahren zu sagen hatte, gewinnt für mich heute eine geradezu unglaubliche Aktua lität. (Die UNESCO erhob seinen 200. Todestag am 18. Februar diesen Jahres zum Gedenktag). Daher der Wunsch, eine gezielte Auswahl der Verse aus diesem litauischen Volksepos als Kan tate zu komponieren. Ich folgte der Gliederung der Dichtung in die vier Jahreszeiten und setzte für die Schönheit der Natur die hellen Kinder stimmen, den Solisten, der über den Menschen predigt, dagegen. Die Orgel flankiert die bei den Kinderchöre, stereophone Schlagwerkgrup pen kommentieren, das Orchester verbindet diesen Apparat. Ich mußte dem großen Ernst wie dem deftigen Humor, der starken Bildhaftigkeit wie dramati schen Spannung gerecht werden. Und die er wähnten „Stichworte" mußten ja auch anklin gen, wenn meine Musik „stimmen" soll. Und so, wie Donelaitis einst von seinen Bauern gehört werden wollte, so möchte auch ich von möglichst vielen Menschen verstanden werden. Das ge bietet einfach das Thema. Das alles zusammen war eine ziemliche Herausforderung an mich und hat meine musikalische Sprache nachhaltig be einflußt. Aus dem Themenkreis von „Metai" wuchsen noch drei weitere Stücke, die alle in ihrem geisti gen Bemühen zusammengehören: Eine Klop- stock-Ode („Weiche von mir, Gedanke des Kriegs"), eine Bobrowski-Motette („Komm Jo na, sag Ninive") und ein Herder-Oratorium („Stimmen der Völker in Liedern"). In diesen Kontrapunkten mögen sich meine Hoffnungen artikulieren. Prof. Rainer Kunad PETER SCHREIER