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Ästhetisches Erfassen der Sturm- und Drangperiode der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts ankam, der trug au- den bisweilen schweren Ausführungen reichen Gewinn. Lebhaften Beifall löste der Bortrag aus. Brdt. * Die Galerie Ernst Arnold, Schloßstraße 54, ist am morgigen Bußtag infolge polizeilicher Verordnung geschlossen. * Än Geschenk für die Universität Leipzig in Gestalt einer silbernen Reiterstatuette ihres Be gründers, Friedrichs des Streitbaren, ist soeben in den Werkstätten deS HofjuwelierS Elimeyer am Reumarkt fertiggestellt worden. Die Statuette wurde der Landes- Universität aus Anlaß ihre» fünfhundertjährigen Be stehens von den Meißner, den Erzgebirgifchen und den Voigtländischen Kreisständen sowie den Provinzialständen des König!. Sächsischen Markgrafentums Oberlausitz ge widmet. Sie ist ein Meisterwerk der sächsischen Silber schmiedekunst. Der Kurfürst sitzt im KrönungSornat mit dem Kurschwette über der Schulter auf einem pracht vollen Streitrosse, dessen natürliche Stellung wohltuend von vielen Pferdefiguren unserer Denkmäler abweicht. Der Kopf deS Kurfürsten, der mit dem Kurhute bedeckt ist, ist nach genauen Studien sehr porträtähnlich modelliert worden: der Blick des Fürsten ist in die Ferne gerichtet. Das Pferd steht auf einem silbernen Postament, das vorn ein Schild mit den Worten: Friedericus Bellicosus Fundator zeigt, während an den vier Ecken die Wappen der oben erwähnten vier Stände angebracht sind. Die Reiterfigur ist in Silber gegossen, während das Postament mit der Hand gearbeitet ist. Das prachtvolle Kunstwerk soll der Universität Leipzig in den nächsten Tagen übergeben werden. Bemerkt sei noch, daß auch sämtliche Entwürfe und Modelle für das Stand- bild in den Ateliers der Firma Elimeyer hergestellt worden sind. * Die neuen Veröffentlichungen der Ver- einigung der Kunstfreunde sind soeben erschienen und bereichern die große Sammlung farbiger Faksimile- Reproduktionen der Meisterwerke älterer und zeitgenössischer Malerei um eine Reihe vorzüglich gewählter Bilder. Arnold Böcklins Schöpfungen nehmen die Hauptstelle ein. Da ist das herrliche Bild der Dresdner Galerie „Ein Sommertag" mit den silberglänzenden Pappeln, die sich leuchtend vom Tiefblau deS Himmels erheben; „Die Villa am Meer", ein Motiv, das er wiederholt bearbeitet hat. Dies ist feine erste Fassung, zugleich das erste Bild, das Böcklin im Jahre 1859 in Berlin zur Ausstellung brachte. Sechs Nachbildungen besonders bekannter Ge mälde Böcklins hat der Verlag in eleganter Mappe ver einigt, darunter „Der Eremit", „Böcklins Selbstporträt", „Frühlingsreigen" und andere. Jedes dieser Mappen- blätter ist auch einzeln zum Preiss von 10 M. käuflich Auch diesmal wurde eine Reihe stim mungsvoller Landschaften, deren Motive die Maler meist in deutschen Wäldern und Bergen fanden, treu dem Originale nachgebildet. So die lustig sprudelnden Jlsefälle, welche Paul Flicke! in seiner Harzlandschaft so sein beobachtete. Julius Wentscher ruft durch seinen von sonnenbeschienenen Kiefern umrahmten Stechlinsee die Erinnerung an Fontanes Roman „Stechlin" immer von neuem wach. Andreas Achenbachs meisterhafte „Eifel landschaft" stammt aus der besten Zeit dieses großen Landschaftsmalers. Eugen Kamps bringt diesmal ein reizvolles Motiv des belgischen Seebades Kuscke. Die Geschichtsmalerei ist durch Prof. Schoebels „Begegnung Friedrichs des Großen mit Kaiser Joseph in Mährisch- Reustadt" vertreten. Einen lustigen Ausflug seiner Lands- leute schildert A. Wiernsz-Kowalsky in der „Probefahrt". Aus Münchner Werkstätten kamen zwei Bilder, die in der Farbstimmung von besonderer Vornehmheit sind, LenbachS „Mutter und Kind" und Gabriel Marx'„Madonna". Noch ist die Fülle der diesjährigen Publikationen damit nicht erschöpft, welche die Vereinigung der Kunstfreunde in diesem Jahre ihren Mitgliedern bietet, und es empfiehlt sich, die Ausstellung der gesamten Kollektion in der Kunsthandlung Emil Richter, Prager Straße, zu besichtigen, die auch Anmeldungen zur Mitgliedschaft entgegennimmt. Kataloge stehen bereitwilligst zur Verfügung. Theater, Konzerte, Vorträge. * Mitteilung aus dem Bureau der König!. Hof- thea ter. Wie bereits angekündigt, geht nächsten Donners- tag im König!. Opernhause B'zets „Carm-n" mit Frau Sigrid Arnoldson in der Titelpartie in Szene. Die übrige Besetzung ist die folgende: Don Josä: Hr. Sembach, ESkamillo: Hr. Plaschke, Zuniga: Hr. Puttlitz, Moralas: Hr. Trede, Micaela: Fr!. Seebe, Dancairo: Hr. Büssel, Remendado: Hr. Pauli, FraSquita: Fr!. Eibenschütz, Mercädös: Frau Bender-Schäfer. Die Vor stellung findet zum Besten der Pensionsanstalt der dar stellenden Mitglieder der Königl. Hoftheater statt. Die nächsten Wiederholungen der neuen Oper „Madame Butterfly" von Puccini in der neuen Aus- ftattüng, mit Frau Nast, Hrn. Sembach, Hrn. Perron, Hrn. Rüdiger und Frau Bender - Schäfer in den Haupt partien finden Freitag, den 19., Dienstag, den 23., und Sonnabend, den 27. November statt. Die Billetts für das zweite Abonnement werden von Donnerstag, den 18. bi» mit Sonntag, den 21. No vember an der Tageskasse des Königl. Schauspiel hauses von vormittags 10 bis mittag- 2 Uhr (Sonn tags von HU bi- 2 Uhr) ausgegeben. Die nächste Neuheit de» Königl. Schauspiel hauses ist das Lustspiel „Wenn der junge Wein blüht" von Björnstjerne Björnson, das Donnerstag, dsn 25. d. M., zum erstenmal aufgeführt wird. Das Werk erlebt hier die deutsche Uraufführung. * Nächsten Donnerstag abends ^8 Uhr findet im Palmengarten der Klavierabend von Rudolf Feigerl statt. — Die Dresdner Liedertafel veranstaltet am 1. Dezember im Gewerbehaus ihr diesjähriges Kon zert — Die Berliner Pianistin Margarete Gelbard wird sich dem Dresdner Publikum erstmals am 2. Dezember im Künstlerhau» vorstellen. — Percy Sherwood gibt seinen diesjährigen Klavierabend am 4. Dezember im Palmengarten; es kommen nur Schumannsche Kompositionen zum Bortrag. — Der Klavierabend der hier nicht mehr unbekannten Pianistin Marie Duboi» findet am 8. Dezember im kl. GewerbehauS- faal statt. — Karten zu diesen Veranstaltungen bei Z. Rie» (Kaufhaus) und Adolph Brauer (F. Plötner), Hauptstraße 2. * DaS Königl. Konservatorium veranstaltet nächsten Sonnabend abends H8 Uhr im Anstaltssaale vor den Mitgliedern des Patronatvereins eine Schauspielausführung al- Nachfeier von Schillers 150. Geburtstage. Zur Aufführung gelangen: Orgel- Präludium: Prolog von Gustav Starcke; Szenen aus „Wollenstem"; „Wühelm Tell"; „Demetrius"; sowie die dramatische Anekdote „Die Gustel von Blasewitz" von S. Schlesinger. Bücher- und Zeitschristenschau. SchMerait-gaberr. Eine historisch-kritische Ausgabe in 20 Bändest der sämtlichen Werke Schiller-, herausgegeben von Otto Güntter und Georg Wit kowski, beginnt in Max Hesses Verlag in Leipzig (Prei- broschiert 15 M., in 10 Leinenbänden 20 M.) soeben zu erscheinen. An der Herausgabe sind beteiligt Karl Berger-Darmstadt, Erich Brandenburg-Leipzig, Th. Engert-Weimar, Konrad Höfer-Weimar, Albert Köster- Leipzig, Albert Leitzmann-Jena und Franz Muncker- München. Der Plan bei der Bearbeitung dieser großen Ausgabe der Werke Schillers entsprang dem Wunsche, dem deutschen Volke in seiner Gesamtheit da- Werk des unsterblichen Dichters zu erschließen. Die Mittel zur Er reichung dieses Zieles sind folgende: 1. Absolute Voll ständigkeit, Korrektheit des Wortlautes und ausführliche, allgemein verständliche Einleitungen und Erläuterungen. 2. Historische Anordnung innerhalb der einzelnen Schaffens gebiete. 3. Die völlig neue, für jeden Schillerfreund höchst wertvolle Beigabe einer zusammenfassenden über- sicht aller Stellen, die von dem Dichter in späteren Auslagen geändert oder gestrichen worden sind. 4. Ein besonderer Registerband mit einem dreifachen General- register: a) der Werke Schillers mit allen ihren Er wähnungen in der Ausgabe, b) der Personennamen, o) der Titel aller vorkommenden Bücher, Aufsätze und Zeitschriften. 5. Die sorgfältigste Ausstattung der Aus gabe: die Schrift ist gut lesbar und deutlich, der Druck scharf und tadellos, das Papier holzfrei. Von dem Werke liegen bisher 2 Bände (Band II und III) vor, welche die „Gedichte" enthalten. Bearbeitet worden sind diese beiden Bände von Otto Güntter, dem Direktor des Morbacher Schillermuseums; er hat auch die Ein leitung geschrieben, die diese Bände begleitet. Das groß zügige Unternehmen ist mit Freude zu begrüßen, und es ist zu wünschen, daß es sich einen großen Anhänger- kreis schaffe. W. Dgs. Schillerliteratur. Als Festgabe zum Schillerjubiläum ist im Verlage der Paul Riotttschen Buchhandlung in Leipzig und New ?)ork eine kleine dramatische Dichtung „Des Dichters Erwachen" von Hermann Riotte erschienen. Das in schöner, schwungvoller Sprache ge schriebene Merkchen schildert eine Episode aus dem Leben Schillers, nämlich die Stunden, die der Schöpfung des herrlichen Liedes „An die Freude" vorausgingen. Die Handlung spielt im Schillerhäuschen in Gohlis bei Leipzig, das bekanntlich von einem Teile der Schillerforscher als Entstehungsort dieser Dichtung angenommen wird. —g—. Prachtwerke. Wir haben an dieser Stelle Kenntnis gegeben von den zahlreichen Veröffentlichungen, die aus Anlaß des Leipziger Universitätsjubiläums, das im Juli d. I begangen wurde, erschienen sind. Zu ihnen gehört auch noch ein soeben erschienenes Erinnerungs- album, das in ausgezeichnet ausgeführten Autotypien nach photographischen Aufnahmen die festlichen Ereignisse schildert, die sich während der JubiläumStage in Leipzig abspielten. Das Album, das den Titel führt „Die Jubelfeier des fünfhundertjährigen Bestehens der Universität Leipzig", ist im Verlage der Roß- bergschen Buchhandlung (Röder und Schunke) in Leipzig erschienen und kostet in geschmackvollen Einband gebunden 3 M. Die auf 65 Seilen dargebotenen 84 Bilder werden von einem erklärenden Texte begleitet, den Privat dozent vr. M. Brahn verfaßt hat. DaS Album ist eine hübsche künstlerische Erinnerungsgabe für die, welche an den denkwürdigen Jubeltagen der Leipziger Universität teilgeuommen haben; aber es wird auch von den einstigen Leipziger Musensöhnen mit Freude begrüßt werden, die nur von fernher das Fest der ehrwürdigen Leipziger Hochschule verfolgen konnten. ys. Neue MufitaNen. Bei dem Mangel an neuer guter Klavierhausmusik wird eine Reihe von Klavier- Poesien, die der hiesige Pianist und Hochschullehrer Hr. Otto Urbach soeben im Berlage von C. A. Klemm (Leipzig, Dresden, Chemnitz) veröffentlichte, von allen willkommen geheißen werden, die sich mit dem Klavier- spiel, sei es lehrend oder lernend, fei es zu ihrem Ver gnügen, ausübend befassen. Diese Klavierpoesien, die samt und sonders instruktiven Zwecken dienen sollen, ohne trockenes Übungsmaterial darzustellen, gehören in das Bereich der musikalischen Charakterstücke, aber, wie vor- ausaeschickt sein mag, nicht zu dem Genre seichter Salon musik. Otto Urbach gefällt sich nicht in den üblichen faden melodiösen Phrasen, sondern spricht als ernster, gediegener Musiker zu uns, der nur mit vornehmen Mitteln, vor allem auch mit denen einer geistvollen Rhythmik und Harmonik, wirkt. Seine besondere Stärke ist sein meisterlicher Klaviersrtz, der, obwohl ost durch gängig nur zweistimmig, doch niemals lückenhaft oder dünn .im Klang erscheint und auch die Pedalwirkung geschickt in Rechnung setzt. Es sind drei Hefte, die uns Urbach bietet. Das erste, op. 32, Frau Hofrat Prof. Krantz gewidmet, betitelt sich „Blütenmärchen" und enthältsechs Nummern:,.Augentrost", „Wilde Rose", „Nelke", „Frauenmantel", „Passionsblume", „Vergißmeinnicht". Schon hier und dann auch in den weiteren Heften zeigt e- sich, daß jedes Klavierstück in technischer Hinsicht seinen besonderen bildenden Wert und Charakter hat. So ist z. B. „Frauenmantel" ein Allegro ^apriccioso ckur '/«, oa» als eine ausgezeichnete Stakkatoübung zu gelten hat. Technisch das anspruchsvollste Stück ist Nr. 6: „Vergißmeinnicht", das zugleich eine gewisse Brillanz de» Vortrags erfordert. Da- zweite Heft, op. 33, „Aus dem stillen Tal", ist der Pianistin Frl. H.lene Zimmermann gewidmet und enthält gleichfall» sechs Nummern: „Träumerei", „Zwiegespräch", „Schwermütiger Tag", „Rautendelein", „Reigen", „Abseits". Originell sind vor allem das „Zwiegespräch" und „Rautendelein". Erstere» kennzeichnet sich als Begegnung einer kapriziösen und erregten Sie und eines ernsten gesetzten Er. Jene be ruhigt sich zwar, aber behält doch das letzte Wort. Im „Rautendelein" vermag man, wenn man will Programm musik zu erkennen, man sieht den Waldschratt, den Heinrich, den Nickelmann auftauchen. Ein Stück voll melodiösem Reiz, dabei rhythmisch und harmonisch pikant und abwechslungsreich ist der Reigen. DaS dritte Heft, op. 34, „Auf der Jugend Pfaden", ist Hm. Prof. Hermann Vetter -»geeignet. ES enthält die Stücke: „Nun die Schatten dunkeln", „Die Müllerskinder", „Ruinen", „Schalmei", „Jugendstreiche" „Heiderhapsodie" und beginnt wieder mit leichten pianistischen Aufgaben. Da ist z. B. Nr. 2: „Die MüllerLkinder" ein reizend kindliches Stück, in scharfem Gegensatz zu dem düsteren „Ruinen" stehend, das rm Technischen wie nach seiten de» Vortrags ganz andere Ansprüche stellt. „Jugendstreiche" ist ein Presto im '/. Takt voll übermütiger Laune und Humor. Aber die „Heiderhapsodie" ist doch in mehr al- einer Hinsicht die Krone dieser kleinen Sammlung musikalischer Ein drücke, Stimmungsbilder oder wie man diese Klavier- Poesien sonst bezeichnen möchte. ES ist ein Stück voller Phantasie und dabei im pianistischen Sinne höchst dank, bar und wirksam; es würde auch im Konzerisaal seinen Platz ausfüllen. O. S. - Die deutsche Natur in Monatsbildern heißt ein Sammelwerk über deutsche Tier- und Pflanzenwelt, das unter Mitwirkung von bekannten Fachmännern von Prof. Hanns Fechner herausgegeben wird. (Verlag von Fr. W. Grunow, Leipzig, je 2,50 M.) Durch die vor- liegenden Hefte soll die Liebe zur Natur fieu belebt und das Verständnis für die geheimen Vorgänge und das unbewußte Leben in Tier- und Pflanzenwelt geweckt werden. Je weiter die Städte ihre steinernen Glieder recken, je entfernter dem eingezwängten Bewohner Feld, Wald, Bach und See gerückt werden, desto größer wird sein Verlangen nach erfrischendem Landaufenthalt. Da führt ihn der Kalender wie ein guter Freund hinaus ins Freie und erschließt ihm in sehr ansprechendem, unter- haltendem Tone Wunder und Gesetze der Natur. Ta wird der Getreidehalm in seinem Wachsen und Reisen, mit seinem Wohl und Wehe wie ein kleiner Romanheld vorgesührt. Die Rüben und Kartoffeln, so niedrig man sie vorher einschätzte, werden Träger einer interessanten Lebenegeschichte. Im Ackerbaukalender verfolgt man, ohne zu ermüden, den Bauer bei seiner segensreichen Arbeit und wird hier wie dort beim Schauen und Genießen auch wissenschaftlich bereichert. In zahlreichen Bildern, stimmungsvollen und lehrreichen, haben Künstler den Kreislauf der Jahreszeiten charakterisiert. Der Kalender ist nicht an ein bestimmtes Jahr gebunden, sondern dient nur zur Einteilung des reichen Inhalts. Die Hefte der deutschen Natur sind jedem Hause zu empfehlen, weil sich daran groß und klein erfreuen kann. O.R. - Richards Junge (Der Schönheitssucher). Romen von Richard Voß. I. G. Cotta, Stuttgart, Bertin Preis 5 M. (unzeb.). Richard Boß legt seine im Ge nüsse klassischer Schönheit und in Begeisterung für Rom und die Campagna schwelgende Seele in die Gestalt eines alten deutschen Gelehrten, des Professors Richard Hille »1ia8 Sor Riccardo, eines liebevoll gezeichneten, vielseitig beleuchteten Charakters. Sein Kindergemüt erfüllt unendliche Güte, opferfreudiges Entzücken für die Werke klassischer Kunst und hingebende Bewunderung für die römische Natur und für das Wesen eines vero Romano cki Roma. In diesen idealen Eigenschaften wird er ergänzt durch eine alte deutsche Malerin, sein weib liches Gegenstück, Tante Dora. Beide haben Pflege kinder, diese die schöne, zarte Bella, jener den aus tiefstem sozialen Elend geretteten Marco. In Richards Jungen erwacht die Künstlerseele, deren Entwickelung das inter essanteste Problem des Romans bildet. Bei seinem Ringen um die Kunst hilft ihm Bella durch ihr Perfön. liches Opfer. In seinem Kampfe um das sittliche Ideal führt eine Theatervorstellung die Wendung herbei. Eine Szene aus Ibsens „Gespenstern" löst ihm die Verant- wortung von der Seele; denn: der Sohn muß ja tun, was der Vater tat. An dieser Erkenntnis scheitert Sor Riccardos heißes Bemühen, den Menschen in Marco zu retten, der von nun an den dunklen Gewalten, deren Spuk er bislang in sich bekämpft hatte, freie Bahn gibt. Er verläßt seinen Wohltäter, verläßt Rom und da- Ideal reiner klassischer Schönheit. In Paris dient er der Mode und wird der Liebling der Frauen. Rom und die römische Villegiatur wird hier von einem Eingeweihten in reizvollen Bildern geschildert. Und aus dem Reich tum seiner Phantasie und aus tiefer LebenSkenntnis hat Richard Boß Menschen geschaffen, die mit ihren Schwächen ringen, die Ideale in sich tragen und, ob sie Erfolg haben oder unterliegen, uns begreiflich sind. O. R. * Meister-Novellen neuerer Erzähler. Band V. Mit fünf Bildnisse.« und einer Einleitung von R. Wenz- Enzio. In Bibliotheksband 2,50 M. Leipzig, Max Hesses Verlag. Diese Novellensammlung des Hesseschen Verlags hat wegen ihrer guten Aus vahl, aber auch wegen ihres wohlfeilen Preises einen großen Abnehmer- und Leser kreis gefunden. Bereinigen sich doch in ihr alte und neuere Schriftstellernamen von gutem Klang. Diesmn! steht Marie Ebner-Eschenbach, die geistvolle Meisterin der Novelle, mit zwei Erzählungen (MaslanS Frau und Die Reisegefährten) an der Spitze. Ihr folgen Ilse Frapan, Albert Geiger, Max Geißler u. a. In der Einleitung findet sich eine kurze Charakteristik der bürgerlichen und literarischen Persönlichkeit der einzelnen Schriftsteller, die vielen Lesern willkommen sein wird. Der Band ist auch in Leineneinband für 3 und in seinem Ganzlederband für 5 M. erschienen. * O. Kämmel, Geschichte de- Leipziger Schulwesen» vom Anfänge deS 13. bi» gegen die Mitte de- 19. Jahr hunderts (1214—1846) mit sechs Bildnissen. Leipzig, B. G. Teubner. 1909. XXVI und 634 S. Brosch. 14 M. Bon den mannigfachen literarischen Unternehmungen, die aut dem 500jährigen Jubiläum der Universität Leipzig ihre Veranlassung nehmen, sind nur wenige ganz fettig ge- worden. Auch die Geschichte deS geistigen Lebens in