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Ausland. Bom böhmischen Landtage. (W.T.B.) Wien, 9. Oktober. Die „Wiener Zeitung" wird morgen nachstehende Kundgebung veröffentlichen: Der böhmische Landtag ist heute vertagt worden. Dieser Schritt ist die notwendige Folge der Ergebnislosigkeit aller Verhandlungen, die zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit im böhmischen Landtag unternommen worden sind. Daß die Dinge neuerlich diesen Verlauf genommen haben, vermag die Regierung weder zu ent täuschen, noch zu entmutigen. Sie hält vielmehr daran fest, daß das Scheitern deS Verhandlungsversuchs nur der Ausgangspunkt eines neuen sein muh. Es wird voraussichtlich im Laufe diese- Jahres den beiden natio nalen Parteien neuerlich die Frage gestellt werden, ob sie an der Befreiung unseres staatlichen Lebens von den unerträglichen Fesseln eines alles vergiftenden und lähmenden nationalen Streites mitwirken wollen oder nicht. Dem nochmaligen — letzten — Versuche wird hoffentlich ein günstigerer Erfolg beschieden sein als dem jüngsten. Jedenfalls aber wird er daS Ergebnis haben, daß Nipp und klar die Verantwortlichkeit für den Fall des neuerlichen Scheiterns der Verhandlungen fest gestellt wird. vom ungarischen Parlament. (W. r. B.) Budapest, 9. Oktober. In der heutigen Sitzung de- Abgeordnetenhauses machte die Volkspartei Obstruk tion und beantragte Feststellung der Beschlußfähigkeit des HauseS. Da die zur Beschlußfähigkeit erforderlichen 100 Abgeordneten nicht anwesend waren, mußte die Sitzung zweimal au-gesetzt werden, um in der Zwischen- zeit Mitglieder herbeizurufen. Schließlich, um H8 Uhr abends, konnte die Beschlußfähigkeit konstatiert und die Sitzung, die sonst regelmäßig bi- 2 Uhr nachmittag- Deutsches Reich. Die Verlobung deS GrotzherzogS von Sachsen. Berlin, 11. Oktober. Se. König!. Hoheit der Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen, der sich zurzeit auf Schloß Wilhelmsthal bei Eisenach aufhält, verlobte sich gestern auf dem in der Nähe gelegenen sachsen-meiningischen Schloß Altenstein mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Karola Feodora von Sachsen- Meiningen. Großherzog Wilhelm Ernst, der am 10. Juni d. I. sein 33. Lebensjahr vollendete, war in erster Ehe mrt Prinzessin Karoline Reuß ä. L. vermählt. Die Ehe fand einen jähen Abschluß mit dem Tode der Großherzogin, die am 17. Januar 1905 in Weimar einer Lungenentzündung erlag. Die zukünftige Großherzogin von Sachsen ist am 29. Mai 1890 in Hannover geboren. Der Vater der Prinzessin Karola Feodora, Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen, ist der zweite Sohn des Herzogs Georg II. von Sachsen-Meiningen und Hildburghausen aus dessen zweiter Ehe mit Prinzessin Feodore zu Hohen- lohe-Langenburg. Die Kunde von der Verlobung wird überall in Sachsen freudige Anteilnahme erwecken. Bom Reichshaushalt. (W. T. B.) Berlin, 9. Oktober. Von der in den Zeitungen gemeldeten Absicht, eine Reichsanleihe für die Balancierung des nächsten Etats aufzunehmen, ist an den maßgebenden Stellen nichts bekannt. Es handelt sich augenscheinlich um eine Verwechselung mit den im 8 2 deS Finanzgesetzes vom 15. Juli 1909 genau bezeichneten Rückständen aus den letzten Jahren, die in einem Nach tragsetat rein rechnerisch zusammenzustellen sind, über die Begebung der Beträge sind Entschließungen noch nicht gefaßt. Umfrage in der eigenen Partei mit Leichtigkeit hätte eruieren können. Zurechtweisungen von Gegnern erst hervorzurufen und dann einzustecken, ist weder der Mühe wert, noch eine für Politiker förderliche Leistung. Damit soll freilich nicht angedeutet sein, daß Bebel» Entgegnung nach irgendeiner Richtung al» Kunstwerk gellen dürfe. Sie ist sogar herzlich schwach ausgefallen, vermeidet sorgfältig da» Eingehen auf alle schwierigen Punkte, -um Beispiel auf den Widerspruch zwischen der Züchtung sozia listischen Klassenbewusstsein» und dem angeblichen Ziele einer Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt, und sie verläuft sich in kleine parlamentarische Foyer-Reminiszenzen, die von ausgesuchter Belanglosigkeit sind. Erst gegen Schluß seiner Aus führungen macht Abg. Bebel einen Versuch, auf die Anregungen seine» Korrespondenten einzugehen: „Was wir erstreben", meint er, „ist nicht von heute auf morgen durchsetzbar. Wir marschieren in Etappen. Jeder Fortschritt auf irgendeinem Gebiete führt un» näher an» Ziel. Damit müssen wir den Fortschritt auf allen Gebieten erstreben wollen. Deshalb werden wir auch jede ehrlich, liberale Forderung, welche die Vertreter des Bürgertum» an den Staat stellen, kräftigst unterstützen. DaS haben wir bisher getan und werden wir ferner tun, und es wird mir und sicher auch allen meinen Parteigenossen nur angenehm sein, wenn wir recht oft in die Lage kommen, die Forderungen der bürgerlichen Parteien unterstützen' zu können. Auf unsere weitergehenden Forderungen verzichten wir damit nicht, wir hörten sonst auf zu sein, was wir sind." — DaS wunderliche kleine Zwischenspiel hat entschieden keinem der beiden Beteiligten etwas genützt; vielleicht wird es auch für den Abg. Haußmann nicht mit bloßen Kondolationen aus seinen demo kratischen Kreisen abgetan sein. Die „Freisinnige Zeitung" vermag, wie sie hervorhebt, an dem tatsächlichen Verhalten der Sozial demokratie nichts von einer Unterstützung liberaler Forderungen zu entdecken. Vielmehr sei es bei jeder neu auftauchenden Frage das erste für die „Genossen", die Liberalen entweder zu ver dächtigen und ihren guten Willen zu leugnen, oder unter Auf stellung der AlleS-oder-NichtS-Theorie die Forderungen als un- genügend zu bezeichnen. „Auf diese Weise kommen dann die Sozialdemokraten dazu, fast in jedem einzelnen Fall, die Liberalen im Rücken anzugreifen. Man lese jetzt nur, was für Bosheiten der Vorwärts anläßlich des Berliner Landtagswahlkampfes auSdenkt, um den entschiedenen Liberalismus auch da zu be kämpfen, wo die Sozialdemokratie eigentlich mit ihm zusammen gehen sollte, und man vergegenwärtige sich insbesondere auch die Angriffe, die von der sozialdemokratischen Presse gegen die frei sinnigen Wahlrechtsagitationen gerichtet worden sind; dann wird man die „tatkräftige" Unterstützung zu würdigen wissen, die ehr lich-liberalen Forderungen durch die Sozialdemokratie zuteil wird." — Ist dieser Hinweis auf die Drachensaat der erbitterten Gegner aller bürgerlichen Parteien vollauf berechtigt, so verliert der Haußmannsche Brief desto mehr an Triftigkeit. erklärte, er werde die Organisation der Arbeiter fördern und für ihren Anteil an den Vorteilen der Industrie wirken. Alle aufrichtigen Republikaner müßten sich um die Regierung scharen, um die Reform durchzuführen Die Angriffe der extremen Parteien von der Rechten und der Linken könnten ihn nicht verwirren. Wenn aber der Versuch gemacht werden sollte, diesen An- griffen Taten folgen zu lassen, werde er da sein, um ihnen )en Weg zu sperren. Der begeisterte Empfang, den die öevölkerung den Truppen bei den großen Manövern bereitet habe, sei die beste Antwort an diejenigen, die behaupteten, daß da- Land, wenn es einmal angegriffen würde, von manchen seiner Kinder im Stiche gelassen würde. Die Armee sei in der Lage, allen Schwierig, leiten zum Trotze ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Ministerpräsident schloß: Das Land bewahrt seine Kraft md wird leben und gedeihen. Es wird niemals zulassen, daß sein Ruhm oder sein Bestand angetastet wird. Wenn unglücklicherweise etwas derartiges vorkommen würde, so würden alle Franzosen marschieren, um das so geliebte Vaterland zu verteidigen. Der Rede des Minister- Präsidenten folgte lebhafter Beifall und der Ruf: ebe Briand! Es lebe die Republik!" Bon Ver Angelegenheit des General- d'Amade. (W. T. B.) Paris, 9. Oktober. General d'Amade ist vom Kriegz- minister zur Disposition gestellt worden. Paris, 9. Oktober. Ministerpräsident Briand hat heute früh den spanischen Botschafter empfangen. Der Kriegsminister hat mit dem Ministerpräsidenten eine Unterredung über die Angelegenheit des Generals )'Amade gehabt. Vorher war General d'Amade vom Kriegsminister empfangen worden, um seine Erklärungen wrt mündlich vervollständigen zu können. Nach dieser Unterredung begab sich General d'Amade in- Ministerium res Innern, wo er mit dem Ministerpräsidenten und dem Kriegsminister eine Unterredung hatte. Auf Grund dieser Unterredung entschloß sich der Kriegsminister, den General d'Amade zur Disposition zu stellen. Im Lause der Unterredung erkannte d'Amade die Autentizität des vom „Matin" veröffentlichten Interviews an, zu denen er, wie er sagte, durch patriotische Besorgnisse veranlaßt worden sei. Er müsse jedoch eingestehen, daß er aus der einem militärischen Befehlshaber zukommenden Reserve herausgetreten sei. Briand erkannte in seiner Antwort die militärischen Eigenschaften des General- d'Amade an und sagte zu ihm, er habe ihm gegenüber eine peinliche Pflicht zu erfüllen, er sei aber Überzeugt, daß General d'Amade als ein Soldat, welcher der militärischen Disziplin unterworfen sei, die natürlichen Folgen seiner Handlungs- weise auf sich nehmen werde. Paris, 10. Oktober. General d'Amade erklärte einem Redakteur des „Matin": Es ist wahr, ich habe mich gegen die Disziplin vergangen, aber ich habe eine Entschuldigung. Ich dachte nur an das Interesse meines Landes. Ich glaubte ja selbst, der Sache des internationalen Friedens zu nützen. Ich dachte, daß ich da eine Pflicht zu erfüllen hätte, und diese Pflicht erschien mir stärker oäs die Pflicht des Schweigens. Ich werde meinen Fehler ohne Murren büßen. Ich werde stillschweigen und in ruhiger Stimmung die Stunde erwarten, wo ich Frankreich wieder dienen kann. — Die meisten Blätter billigen rückhaltlos die Entscheidung der Regierung, welche im Interesse der Dis ziplin unabweislich gewesen sei, geben aber gleichzeitig der Erwartung Ausdruck, daß General d'Amade bald wieder in den aktiven Dienst zurückgerufen werde. Bom Kongreß der radikalen und fozialistifch- radikalen Partei in Ranies. Nantes, 9. Oktober. Der Kongreß der radikalen und sozialistisch-radikalen Partei wählte Vallöe, den ehe maligen Siegelbewahrer des Kabinetts Combes, zum Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Partei. Löon Bourgois hatte aus Gesundheitsrücksichten eine Wieder wahl abgelehnt. Der Kongreß nahm mehrere Resolu tionen an, in denen insbesondere die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Wahlmodus, die baldige Beendigung der Einkommensteuerreform und die Aufhebung der gesetz lichen Erbfolge über das vierte Glied hinaus gefordert werden. Nantes, 10. Oktober. Der Kongreß der radikalen und sozialistisch - radikalen Partei nahm heute vormittag eine Resolution an, die den Wunsch ausdrückt, daß zwischen dem Kapital und der Arbeit eine Harmonie eintreten möge, die es dem Arbeiter gestatte, Kapital besitzer zu werden. Die Resolution fordert weiter das Parlament auf, das Gesetz betreffend die Alters pensionen der Arbeiter und jenes betreffend die Ein kommensteuer zu beschließen, und endet mit den Worten: Schließen wir einen Block gegen die Vaterlands feinde und Klerikalen! Sodann wurde der Kongreß ge schlossen. Prozeß Ferrer. (W.T.B.) Barcelona, 9. Oktober. Vor dem Kriegsgerichte begann heute im Beisein zahlreicher Zuhörer der Prozeß gegen den Direktor der Modernen Schulen Ferrer. Ter Richter erklärte, daß unter den bei Ferrer beschlag nahmten Papieren Dokumente gefunden worden seien, die sich auf den Plan bezogen, Spanien zu einer Republik zu machen, ferner mehrere freimaurerische Schriften und Briefe von Revolutionären, aus denen hervorgehe, daß Ferrer seit langem Beziehungen zu Revolutionären unterhielt. Nach Beendigung des Zeugen verhör- beantragte der Staatsanwalt gegen Ferrer die Todesstrafe, dauernden Verlust der bürgerlichen Ehren rechte und Einziehung deS Vermögens des Angellagten zur Schadloshaltung von Opfern der Revolution. Zur Lage in Griechenianv. (W.T.B.) Athen, 9. Oktober. Heute nachmittag hielt der Ministerrat unter dem Vorsitze des Königs eme Sitzung ab, in der die Gesetzentwürfe beraten wurden, welche die Regierung der Kammer zugehen lassen wird. Der König hatte seit langer Zeit nicht den Vorsitz im Ministerrate geführt. Die Lage gilt al- gebessert; man ist der Ansicht, daß die Kammer da- Programm der Regierung unterstützen und billigen wird. dauert, nach Feststellung der Tagesordnung für den Dienstag geschlossen werben. Der Lalzburger Landtag zu« SO jährige« Bestand de» deutsch österreichischen Bündnisse-. (W.T.B.) Salzburg, 9. Oktober. Der Salzburger Landtag hat einstimmig einen Dringlichkeitsantrag angenommen, worin er die Gedenkfeier an den 30jäbrigen Bestand deS deutsch-österreichischen Bündnisses als die Erinnerung an eine deutsche Großtat Kaiser Franz Josephs und Kaiser Wilhelms I., der erhabenen Monarchen und ihrer Staatsmänner ernst und freudig begrüßt und die Er wartung ausspricht, daß diese- Bündnis des Friedens und der Kraft für ewige Zeiten fortdauern werde. Bou der englischen Finanzbill. (W. T. B.) London, 9. Oktober. Der Schatzkanzler Lloyd George sagte in einer Rede in Newcastle, das Budget sei weder ein Angriff auf die Industrie noch auf das Eigentum, es müsse hervorgehoben werden, daß der Handel sich günstig entwickelt habe. Die Grundsteuern würden wohl wachsen, und dies erkläre die Gegnerschaft der Grundbesitzer gegen die neuen Steuern, gegen die Reichsverteidigung und das Alterspensionsgesetz. Der Minister erklärte weiter, die Regierung wolle alle im Budget vorgeschlagenen Steuern haben oder keine. Daß dem Unterhause allein die Kontrolle der Finanzen obliege, sei ein Grundsatz der Verfassung. Die Lords könnten sich für die Revolution entscheiden, aber wenn diese einmal begönne, werde das Volk sie leiten. Während der Rede des Ministers lärmten einige Zuhörer. Auch mehrere Anhängerinnen des Frauen stimmrechts wurden aus der Versammlung verwiesen. Bon der türkischen Tondergesandtschast an den russischen Kaiserhof. (W.T.B.) Livadia, 9. Oktober. Die türkische Sondergesandt schaft wurde heute vom Kaiser in Abschiedsaudienz empfangen. Die Mitglieder der Gesandtschaft nahmen aus diesem Anlaß an einem Frühstück teil, bei dem Rifaat Pascha rechts vom Kaiser saß. Nach drm Früh- stück wurden Rifaat Pascha und Nazim Pascha von der Kaiserin Alexandra Feodorowna empfangen. (Meldung der St. Petersburger Telegr.-Agentur.) St. Petersburg, 10. Oktober. Die türkische Sonder gesandtschaft hat Jalta verlassen, um nach Konstantinopel zurückzukehren. Der türkische Minister des Äußern und General Nazim Pascha haben sich durch den gnädigen Empfang, den sie beim Kaiser gefunden haben, von den Gefühlen der Freundschaft des Kaiser- für den Sultan und von seinen aufrichtigen Wünschen für das Wohl ergehen der Türkei überzeugen können. Im Laufe der Unterredungen zwischen Rifaat Pascha und Iswolski ist festyestellt worden, daß die beiden Reiche in gleicher Weise an der Aufrechterhaltung und Förderung von Be ziehungen der Freundschaft, des Vertrauens und guter Nachbarschaft interessiert sind. Das gilt nicht nur für ihre politischen Beziehungen, sondern auch für die be deutenden wirtschaftlichen Interessen, die ihnen gemein sam sind. Erreicht werden kann das nur unter der Bedingung, daß der Frieden aufrechterhalten wird, und nur in diesem Sinne müssen sich die beiden Regierungen bemühen wie in der Vergangenheit, so in der Gegen wart. So hat die courtoisievolle Mission Rifaat Paschas und Nazim Paschas den beiden Regierungen Gelegenheit geboten, noch einmal die Gefühle guten Willens zu be kräftigen, von denen sie gegenseitig beseelt sind. Zu dem Vorfall in Chardin. (W. T. B.) Charbin, 8. Oktober. Nach Ermittelungen des aus Mukden hier eingetroffenen deutschen Konsuls haben sich die Vorgänge bei der Zwangsvollstreckung gegen die Brauereigesellschaft Charbin folgendermaßen abgespielt: Gegen die Brauerei war ein russisches rechtskräftiges Urteil ergangen. Die deutschen Mitinhaber der Brauerei erbaten gegen die Vollstreckung dieses Urteils den Schutz des deutschen Konsulats. Der deutsche Bizekonsul legte darauf gegen die Zwangsvollstreckung Protest ein, indem er von der Annahme ausging, daß die Brauerei nicht den Charakter einer russischen Gesellschaft habe, sondern daß zwischen den deutschen und russischen Besitzern der Brauerei nur ein Verhältnis deS Miteigentums bestehe. Er gestattete den beteiligten Deutschen auf ihr Ersuchen, die deutsche Flagge aufzuziehen, verbot ihnen aber, den Maßnahmen der russischen Behörden aktiven Widerstand entgegenzusetzen. Als darauf mit polizeilicher Hilfe die Zwangsvollstreckung vollzogen wurde, sollen zwei Deutsche Widerstand geleistet Haven. Die Feststellungen deS zur Aufklärung der Angelegenheit entsandten Konsuls haben nun ergeben, daß der Gesellschaft tatsächlich ein Anspruch auf deutschen Schutz nicht zustand. Sie hat bisher stet- russischen Schutz beansprucht und erhalten. Unter diesen Umständen ließ der Konsul den Protest zurückziehen und ordnete selbst die Herunternahme der deutschen Flagge an. Wegen deS behaupteten Widerstands zweier Deutscher ist bei dem deutschen Konsul, dessen Gerichtsbarkeit über die beteiligten Reichsangehörigen auch von russischer Seite als zuständig anerkannt wird, Strafantray gestellt worden. Soweit bisher festgestellt, scheint es sich dabei nicht um grobe Ausschreitungen, sondern um ziemlich harmlose Vorgänge zu handeln. Der ganze Vorfall wird hier ruhig behandelt. Sine Rede de- französische« Ministerpräsidenten. (W.T.B.) Perigueux, 10. Oktober. Ministerpräsident Briand hielt heute hier eine längere Rede, die mit großem Bei falle ausgenommen wurde und in der er erklärte, er wolle in der gegenwärtigen Periode der Ruhe die Re publik hoch über die Parteien erheben. Der Minister führte weiter aus, daß die unmittelbar notwendige Reform das Gesetz bett, die Altersversicherung der Arbeiter und der Bauern sei. Die republikanische Partei müsse sich von örtlichen Interessen freimachen, damit das Herz von ganz Frankreich in ihr schlage. Die Regierung werde die Macht nicht behalten, wenn sie nicht imstande sein werde, der republikanischen Partei neues Leben zu geben. Briand berührte sodann die soziale Frage und