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Beilage zu Nr. 207 des Dienstag, 7. September 1S0S. Kunst und Wissenschaft. KSnigU Opernhaus. (C. M. v. Webers „Frei- schütz.") Wohl um die Fähigkeiten Frl. Prickens noch einmal zu erproben, lieb man sie in der Rolle der Agathe eine nicht nur wesentlich lyrische, sondern auch ausgesprochen auf den bvl oanto gestellte Partie singen Das Ergebnis war, daß die Mängel der stimmlichen Schulung stärker erkennbar wurden als bisher und daß damit auch die Aussichten auf eine baldige umfänglichere und ersprießliche Verwendung der jungen Sängerin in unserem Ensemble schwanden. Die poetischen Wirkungen abgerechnet, welche die letztere mit einem hübschen Piano erziclte, blieb ihre Leistung hier, wo es sich in der Hauptsache um ruhige Atemführung und um ein schönes Spinnen des Tones handelt, jedenfalls nicht un wesentlich hinter denen zurück, die man hierselbst von den bisherigen Vertreterinnen der Rolle gewöhnt ist. Da auch die stimmlichen Mittel an sich den vorherigen Darbietungen des Gastes als Elisabeth, Senta und Elsa gegenüber in dieser Gesangspartie nicht ergiebiger waren, da wiederum die Höhe recht scharf und die Mittellage schwach klang, wird es sein Bewenden bei dem an dieser Stelle bereit- einmal abgegebenen Urteil haben müssen, dem nämlich, daß ein Engagement in diesem Fall keinen Gewinn bedeuten würde. Bei Hrn. Ludikar wiederum, der den Casper gab, erscheint es zunächst noch fraglich, ob sein Engagement sich als zweckdienlich erweisen wird. Cpieltalent ist vor handen, auch Stimme, aber beide bedürfen der Kultur. O. S. Refidenztheater. (Sudermanns „Sodoms Ende".) Mit einer ausgezeichnet vorbereiteten, in großer künstlerischer Geschlossenheit gespielten Ausführung wurden gestern abend die Schauspielabonnements» Vorstellungen eingeleitet. In Frl. M. Grundmann hat das Residenztheater ganz augenscheinlich eine Schau spielerin gewonnen, die in den Rollen erster Salon- damen Vortreffliches leistet. Die Künstlerin spielte die schöne Ada Barczinowsky mit großem künst lerischen Elan; sie spielte diese Frau nicht nur auf das schöne Weib hinaus, sondern sie gab ihr in Spiel wie Sprache das, was der Dichter in ihr schildern wollte, die dämonische Kraft über Männerherzen. Man darf, ohne fchon heute abschließend über das künstlerische Vermögen der neuengagierten Darstellerin urteilen zu wollen, sich der Gewinnung des Frl. Grundmann für das Residenz theater freuen. Ebenso glücklich wie in der Wahl dieser Künstlerm ist Hr. Direktor Witt allem Anschein nach bei der Gewinnung seines neuen Vertreters jugend- kicher Liebhaber- und Heldenrollen, des Hrn. Adolf Wagner, und weiterhin bei dem Engagement eines dritten Künstlers, des Hrn. Friedrich Geffers, gewesen. Dieser zeichnete in der gestrigen Vorstellung ein sehr eindrucksvolles Bild der Figur des Prof. Rie- mann, jener überraschte als Willy Janikow durch kraft voll entwickeltes Gestaltungsvermögen und ein schönes, sonores, schwungkräftiges Organ. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Schauspieloorstellungen des Residenz theaters durch die Erneuerung der wichtigsten darstellerischen Stellungen bedeutsam an künstlerischem Reiz gewinnen werden. Von den Mitgliedern des Ensembles, die den Kunstfreunden schon bekannt sind, traten in der gestrigen Vorstellung besonders die Damen Ernestine Münch heim, Else Breuer und Else Conrad und die Herren Carl Friese, Rudolf Opel und Ignaz Janda hervor. Die Regie im Stücke führte geschickt, sorgsam und feinfühlig Hr. Janda. W. Dgs. Wissenschaft, überraschende Nachrichten werden von New dork gemeldet. Nach ihnen ist es dem Commander Peary, der bekanntlich schon einmal bis zum 87. Grad in arktische Zonen vordrang, im April d. I. gelungen, den geographischen Nordpol zu erreichen. Esliegen bisher folgende Meldungen hierüber vor: New York, 6. September. Wie die „Associated Preß" meldet, ist ihr eine Nachricht Pearys, die in Jndianharbor auf Labrador an Land geschwemmt worden ist, von dort auf telegraphischem Wege über Cape Rav auf Neufundland zugegangen. Die Depesche lautet: „stkUB anck Stripes wer« uaileck to nortb- polo" (auf Deutsch: Sternenbanner am Nordpol auf gepflanzt). — Der Sekretär des Arktikklubs Bridgman hat «us St. Johns auf Neufundland folgendes Telegramm erhalten: „Pol erreicht, Dampfer „Roosevelt" unversehrt. Peary". — London, 6.September. Wie das „Reutersche Bureau" aus Saint Johns (Neufundland) meldet, hat Peary dem Gouverneur von Neufundland aus Indian- Harbour (Labrador) ein drahtloses Telegramm über mittelt, in dem er meldet, daß er den Nordpol erreicht habe und in dem er weiter Neufundland zu dem Anteil an der Erreichung beglückwünscht, da der Kapitän und die Mannschaft seines (Pearys) Dampfers Neufundländer seien. — Worchester (Massachusetts), 6.September. Der Vorsteher der Worchester Akademie Abercrombie erhielt folgende Depesche aus Jndianharbour: „Den nörd lichsten Punkt der Erde endlich erreicht. Grüße an die Fakultät und die Studenten. D. B. Mc. Millan." Millan ist der Mathematiklehrer der Aka demie und ein Mitglied der Expedition Pearys. — Kopenhagen, 6. September. „Nationaltidende" schreibt in ihrer Morgenausgabe, daß Cook auf Anfrage erklärte, daß er es höchst wahrscheinlich sinke, daß das Telegramm von Peary selbst abgeschickt worden sei, und daß er auch am Nordpol gewesen sei. Mit der Jahreszeit passe das Ganze auch vortrefflich, vr. Cook sieht es keineswegs für merkwürdig an, daß er von Pearys Expedition keine Spur gefunden habe. Anderseits sei sie wohl später am Nordpol gewesen. Auch treffe man einander nicht in den arktischen Gegenden. — New Pork, 6. September. Nach einem Telegramm Pearys aus Jndianharbour über Cap Ray an die „New Vork TimeS" hat er den Nordpol am 6. April erreicht. — So treten denn nun mit einem Male zwei Amerikaner kurz nacheinander als Bezwinger eines Unternehmen« hervor, das bisher allen Bersuchen der Bezwingung Trotz bot. über den be- haupteten Erfolg der Cootschen Reise gehen die Meinungen noch immer auseinander. Der Professor der Astronomie an der Kopenhagener Universität vr. Ström gren erklärte gegenüber einem Vertreter des „Ritzau- schen Bureaus", daß er eine Unterredung mit vr. Cook gehabt habe, nach der er nicht länger zweifeln dürfe, daß Cook den Nordpol erreicht habe, oder doch wenigstens in feiner unmittelbaren Nähe gewesen sei. Zeitungs berichte, die vom astronomischen Standpunkt Zweifel an dieser Tatsache erwecken konnten, hätten sich bei näherer Untersuchung als auf Mißverständnissen be ruhend, erwiesen. Gegen das von Cook bei dem künstlichen Horizont angewandte Glas sei vom wissen schaftlichen Standpunkte nichts einzuwenden. Da gegen veröffentlicht der „Daily Chronicle" das Ergebnis einer Analyse der Angaben Cooks von einem allerdings ungenannten Gelehrten. Dieser behauptet, vr. Cook habe statt eine Aufzeichnung seiner Erfahrungen von Tag zu Tag vorzulegen, diesen Mangel durch eine Schilderung seiner Hoffnungen und Befürchtungen zu ersetzen geglaubt. Leider scheine er auch seine Instrumente bereits nach Amerika geschickt zu haben, so daß sie nicht von euro päischen Gelehrten geprüft werden können. Ein auch für Laien recht interessanter Einwand wird gegen die Be hauptung erhoben, daß vr. Cook zwischen dem 84. und 85. Grave neues Land in einer Entfernung von 15 Meilen liegen sah, es aber nicht besuchte, um mög lichst schnell an den Pol gelangen zu können. In der Reisebeschreibung heißt es: „Da und dort fanden sich Bisamtiere, Vögel und Bären, die wir schossen und aßen". Wenn vr. Cook das Land nicht besucht hat, wie konnte er wissen, daß es dort solche Tiere gab? fragt der Sachverständige des „Daily Chronicle". Bären und Bögel mögen wohl auf dem Eise, über das vr. Cooks Bahn führte, vorkommen, das Bifamtier aber verläßt nie das Land. Schärfer noch als die englische ist die amerika nische Kritik. Obwohl den dortigen Blättern Sonntag morgen bereits ausführliche Unterredungen mit Cook aus Kopenhagen vorlagen, will man dem Forscher nicht glauben. Im „Arctic Club" in New York wird darauf aufmerksam gemacht, daß Cook auch behauptet habe, den McKinleyberg in Alaska bestiegen zu haben. Auch für diese Leistung hatte er weder Zeugen noch Beweise, sagt die „New York Sun". Andere Blätter suchen durch die Wiedergabe verschiedener Erklärungen Cooks in parallelen Spalten zu beweisen, daß er sich bereits in scharfe Widersprüche verwickelt habe. Man spricht ihm außer dem die Fähigkeit ab, überhaupt die auf einer solchen Entdeckungsreise unerläßlichen wissenschaftlichen Beobach tungen und Messungen vorzunehmen. — Die Vereinigung mitteldeutscher Psychiater und Neurologen wird am 23. und 24. Oktober 1909 in Jena ihre 15. Versammlung abhalten. — Aus London meldet man: Der kürzlich ver- storbene südafrikanische Millionär Harry Barnato hatte in feinem Testament eine Summe von 5 Mill. M. für humanitäre Zwecke auSgesetzt. Wie jett berichtet wird, haben die Nachlaßverwalter beschlossen, die Summe zur Bekämpfung des Krebses zu verwenden. Es soll zu diesem Zwecke ein Laboratorium errichtet werden, das mit dem hiesigen Middelesex-Hospital verbunden werden soll, das schon jetzt eine besondere Abteilung für Krebs kranke enthält. Außerdem sollen Preise gestiftet werden, mit denen die von einer wissenschaftlichen Kommission bestimmten besten Arbeiten auf dem Gebiete der Krebs bekämpfung ausgezeichnet werden sollen. Das Institut wird den Namen des Stifters tragen. Literatur. Aus Paris meldet man: Sarah Bern hardt hat bekanntlich schon vor zwei Jahren ein Drama „Adrienne Lecouvreur" geschrieben. Sie führte es an ihrem hiesigen Theater auf und nahm es später auch mit auf ihre Gastspielreisen. Jetzt dichtet Sarah Bernhardt ein neues Stück. Vorläufig macht sie jedoch nur einige geheimnisvolle Andeutungen darüber. Wie verlautet, ist das Drama in Versen geschrieben. Uber Titel und Inhalt wird vorläufig noch nichts verraten. — Aus Madrid wird gemeldet: Der 5. Esperanto kongreß wurde in Barcelona eröffnet. Die aus- ländischen Delegierten wurden feierlich im Stadthaus empfangen. Der Bürgermeister begrüßte und bewill kommnete die Gäste in französischer Sprache. Vr. Zahmen hof antwortete in Esperanto. f Der amerikanische Dramatiker Clyde Fitch ist im Alter von 44 Jahren auf einer Reise nach Paris in Chalons-sur-Marne gestorben. Fitch hat nicht weniger als 56 Lustspiele geschrieben, von denen einige mit Erfolg auch m Deutschland aufgeführt worden sind. Bilvenve Kunst. Aus Görlitz schreibt man uns: Vom 18. September bis 10. Oktober findet im Garten des hiesigen Handelskammerhauses am Mühlwege eine große Ausstellung von Friedhofskunst statt. Unter den Ausstellern wird die Stadt Görlitz in erster Reihe stehen, die ihre Parkinspektion beauftragt hat, einige Mustergräber aufzustellen, und den Garten in einen nach künstlerischen Gesichtspunkten angelegten Musterfriedhof auf zuteilen. Bei den künstlerisch bedeutenden Leistungen der städtischen Parkinspektion, die auch bei Gelegenheit der vor einigen Wochen hier tagenden Vereinigung deutscher Garten- künstler als nach jeder Richtung vorbildlich anerkannt wurden, ist zu erwarten, daß die gärtnerische Aus schmückung auf derselben künstlerischen Höhe stehen wird, wie die zur Ausstellung kommenden Mustergrabsteine. Von diesen sind bereits 50angemeldet worden. Daneben wird eine große Anzahl von Photographien und Zeichnungen n der den Garten begrenzenden Halle ausgestellt werden. Der Besuch der Ausstellung wird hiernach nicht bloß für diejenigen, die ein Grab auszufchmücken haben, anregend und lehrreich sein, sondern für alle künstlerisch inter essierten Kreise weit über die Grenzen der Stadt hinaus ein Ereignis bilden. — Die ersten Funde einer bisher unbekannten Kunst und Literatur sind mct den Turfan- Expeditionen nach Berlin gelangt. Diese mani- chätschen Reste, die einzigen, die überhaupt bekannt ge- worden sind, veröffentlicht der Leiter der zweiten Expedition A. v. Le Coq soeben in amtlichen Berichten. Sie tammen aus Lhinesisch-Turkestan. Von großer Wichtig- keit ist die manichäische Miniatur. Der Text ist in uigurischen Lettern und in türkischer Sprache. Tie Blätter stammen au- dem 8. oder 9. Jahrhundert. Auf blauem Hintergründe entfaltet sich die eigentümliche Mal weise der Manichäer; sie ist ohne Zweifel aus einer spät- antiken Malschule entstanden und als Quelle der späteren berühmten persischen Miniaturmalerei zu betrachten. Auf der Vorderseite eine« Blattes sind eine Anzahl weiß gekleideter manichäischer Geistlicher an ihren Schreib pulten dargestellt, auf dem Rand der Rückseite eine Reihe reichgekleideter Männer, von denen einer auf einem Saiteninstrument spielt. Zur manichäischen Monu mentalmalerei, die gleichfalls einstweilen nur im Berliner Bölkermuseum vertreten ist, führen die Wandbilder aus den Rundgängen des Klosters Bäzäklik. Jede der äußeren Wände zeigt die Bilder von drei Buddhafiguren meist in einer Umgebung von Dä monen, Göttern, Mönchen und Anbetern oder Gaben spendern. Im ganzen werden 15 Buddha mit ihren Begleitfiguren zur Ausstellung gelangen, jedes Bild in einer Größe von 3x4 m. Die wunderbare Erhaltung der auf Lehm hergestellten Gemälde und ihrer Leim farben, die noch heute volle Leuchtkraft haben, wird dem feinen dunklen Bergfand verdankt, der die Gänge bis zum oberen Mauerrand füllte. Auch sie stammen aus dem 9. Jahrhundert. Für die Entstehung der alten reli giösen Kunst Chinas sind sie von großer Wichtigkeit. Die Gemälde werden in einer großen farbigen Publikation eine würdige Veröffentlichung erfahren. — In einem Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für künstlerischen Schmuck in einsamer Handarbeit, den der Verlag der „Deutschen Gold schmiedezeitung" in Leipzig ausgeschrieben hatte, erhielten den 1. Preis (400 M.) Gustav Jourdan in Schw.- Gmünd, den 2. Preis (200 M.) Alfons Ungerer in Dresden, den 3. Preis (100 M.) Karl Johann Bauer in München. Außerdem wurden an sechs Teilnehmer Be lobungen ausgesprochen. Musik. Eine neue Oper von Camille Saint- Saöns wird wahrscheinlich noch in dieser Spielzeit an der Pariser Großen Oper ausgeführt werden. Der Kom ponist hatte zu einer antiken Tragödie „Töjanire" von Louis Gallet, die am Odöon-Theater und am Arena theater zu Böziers aufgeführt wurde, die Musik ge schrieben. Saint-Scöns arbeitet jetzt das Werk zu einer Over um, deren Titelrolle Frau Segond-Weber singen wird. Theater, Konzerte, Vorträge. * Mitteilung aus dem Bureau der König! Hoftheater. Für die bisherigen Abonnenten und In haber von Stammsitzen im König!. Schauspiel hause ist morgen Mittwoch der letzte Tag zur Erneue rung der Karten. Von kommenden Freitag ab werden die eventuell noch vorhandenen Abonnements und Stamm sitze weiter vergeben. * Residenztheater. Morgen und während der folgenden Tage wird die bei ihrer Erstaufführung am vergangenen Sonnabend mit so großem Beifall auf genommene Schwanknovität „Kümmere dich um Amelie" von Georges Feydeau wiederholt. Kirchliche Leptemberfeste. Die Reihe der öffentlichen Veranstaltungen im Rahmen der Kirchlichen Septemberfeste m Dresden leitete am gestrigen Montag die Abendversammlung zum Jahresfeste der Sächsischen Hauptbibelgesellschaft ein, die sehr gut besucht war aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten. Am Saaleingange wurde ein Aus zug über das Wirken der Sächsischen Hauptbibelgesellschaft im Jahre 1908 verteilt. Vom evangelisch - lutherischen Landeslonsistorium nahmen an der Versammlung die Herren Vizepräsident Oberhofprediger v. Ackermann und Geh. Rat Lotichius teil. Die Versammlung wurde mit dem gemeinsamen Gesang „O heil'ger Geist, kehr bei uns ein" eingeleitet, worauf Hr. Oberkonsistorialrat a. D. v. Kühn in einer Ansprache die Bedeutung der Heiligen Schrift für die evangelisch lutherische Kirche kenn zeichnete und weiter des nach achtjähriger Amtierung in Rücksicht auf sein Alter erfolgten Rücktrittes des Sekretärs der Sächsischen Hauptbibelgesellschaft k. I^io. Wuttig gedachte. Der Geschiedene habe für die Bibelverbreitung und damit für das Wohl des ganzen Volkes mit hin gebender Liebe und nimmermüdem Eifer Großes geleistet. Dafür gebühre ihm unvergänglicher Dank. Schließlich machte der Redner noch darauf aufmerksam, daß vom 1. Oktober 1909 ab die Bibel auch in jeder Buchhand lung zu haben sein wird. Den Hauptvortrag des Abends hielt Hr. Konsistorialrat Hofprediger Kretschmar-Dresden über „Das vierte Evangelium im Feuer der Kritik". Er führte aus, daß der Bibelfreund die Bibel kritik ganz im allgemeinen nicht abzulehnen brauche. Ablehnung gebühre nur der positiv verneinenden Kritik; der Kritik aber, die dem Verlangen nach reiner Wahrheit entspringt, solle man Ehre geben. Nach dieser Einleitung seines Themas schilderte der Redner die Feinheit, Ein fachheit und Tiefe des Evangeliums Johannes, wie sie ist und von großen Philosophen, Dichtern und Gelehrten gelobt und gerühmt wird. Weiter zeigte der Redner die Per- fönlichkeit des Johannes im historischen Lichte und ent rollte nunmehr ein Bild der vor 300 Jahren erstmalig eingesetzten Bibelkritik mit besonderer Berücksichtigung des vierten Evangelium-. Die Schlußfolgerung aller Aus führungen de« Vortragenden war die These, daß das vierte Evangelium im Feuer einer ernsten objektiven Kritik sich immer vertieft, immer herrlicher in seiner vollen Schönheit und Größe leuchtet. Gemeinfamer Gesang und Gebet beschlossen den Abend, nack dessen Beendigung eine Kollekte für die unentgeltliche Ver breitung der Heiligen Schrift unter den Glaubensgenossen im Auslande gesammelt wurde. Der Evangelisch-lutherische HauptmissionS- verein hielt am heutigen Dienstag vormittag im Verein-Hause eine öffentliche MisZon-versamm- lung ab. Nach gemeinsamem Gesang und Gebet be- grüßte d-r Vorsitzende Se. Exzellenz Hr. WirN. Geh. Rat