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9. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Freitag, den 25. April 1980, 20.00 Uhr Sonnabend, den 26. April 1980, 20.00 Uhr oHilhönmooiote Dirigent: Johannes Winkler Solist: Miklös Perenyi, Ungarische VR, Violoncello Robert Schumann 1810-1856 Ouvertüre zu dem dramatischen Gedicht „Manfred" von Lord Byron op. 115 Udo Zimmermann geb. 1943 Sinfonia come un grande lamento (Dem Andenken Federico Garcia Lorcas) Antiphon — Psalm — Antiphon PAUSE Antonin Dvorak 1841-1904 Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll op. 104 Allegro Adagio ma non troppo Allegro moderato ZUR EINFÜHRUNG Zu den bedeutendsten Werken, die Robert Schumann während seiner Dresdner Zeit schrieb, gehört die 1848/49 entstandene Musik zu dem dramatischen Gedicht „Manfred" des englischen Dichters Lord Byron (1788—1824). Der Komponist schuf zu dem 1817 erschiene nen philosophischen Versdrama Byrons, des neben Shelley hervorragendsten Repräsentan ten der revolutionären Romantik in England, eine 15 Nummern umfassende Bühnenmusik, die aus Ouvertüre, Zwischenaktmusik, Solo- und Chorpartien sowie Melodramen besteht und insgesamt erstmals am 13. Juni 1852 unter Franz Liszt im Weimarer Hoftheater zur (szeni schen) Aufführung gelangte. Die Dichtungen Byrons, dessen Protest gegen die Wirklichkeit seiner Zeit allerdings vorwiegend in einer pes simistischen Haltung des „Weltschmerzes" zum Ausdruck kam, übten — wie auf zahlreiche Künstler seiner Epoche — auch auf Schumann eine faszinierende Wirkung aus. An „Manfred" inspirierte ihn der Charakter des mit großer persönlicher Schuld beladenen, leidenschaftli chen und empfindsamen Titelhelden, dessen rastloses Wollen und dessen Streben nach Er kenntnis tragisch scheitern müssen und der MIKLÖS PERENYI, 1948 geboren, gab bereits mit neun Jahren sein erstes öffentliches Konzert in Budapest und konzertierte als lljähriger bei den Salzburger Festspie len. Der Vater, ein Kodäly-Schüler, sorgte dafür, daß sein Sohn schon seit dem siebenten Lebensjahr eine gründliche Ausbildung auf seinem Instrument erhielt (bei M. Zsamboki und E. Banda). Enrico Mainardi lud ihn zu Meisterkursen nach Luzern und Salzburg ein. Nach zweijährigem Studium erwab er 1962 an der Ac- cademia Santa Cecilia in Rom mit Auszeichnung sein Künstlerdiplom und legte 1964 — ebenfalls mit Aus zeichnung — sein Staatsexamen an der Musikakademie in Budapest ab. 1965 und 1966 veranlaßte Pablo Casals seine Teilnahme an Meisterkursen in Zermatt und Puerto Rico, nachdem er 1964 den 2. Preis beim Inter nationalen Casals-Wettbewerb gewonnen hatte. Seit dem hat Perenyi eine überaus erfolgreiche internatio nale Karriere angetreten, die ihn u. a. nach Italien, östereich (Wiener Festwochen, Salzbuger Festspiele), der Schweiz, den Niederlanden, in die DDR, BRD, nach Frankreich, Jugoslawien, Dänemark, Finnland, in die UdSSR, ÖSSR (Prager Frühling), VR Polen, SR Ru mänien, VR Bulgarien, nach Schweden, Goßbritannien und in die USA führte. 1970 wurde ihm der Franz-Liszt- Preis verliehen; seit 1974 unterrichtet er als Professor an der Budapester Franz-Liszt-Akademie. Bei der Dresdner Philharmonie gastierte er bereits 1975 und 1978. schließlich in tiefem Pessimismus endet. Die „Manfred"-Musik op. 115 ist heute als Gesamt werk durch ihre enge Bindung an die nur noch als Kultur- und Zeitdokument bedeutsame Dichtung Byrons nicht mehr lebensfähig. Die im März 1852 in Leipzig uraufgeführte Ouver türe jedoch, ein romantisches Meisterwerk in des Wortes höchster Bedeutung und eine der gelungensten Orchesterschöpfungen Schu manns, ist auch für uns noch (auch ohne ge naue Kenntnis des Drameninhalts) verständlich und außerordentlich eindrucksvoll. Das von stärkster Ausdruckskraft erfüllte geniale Werk stellt ein gewaltiges Seelengemälde in der musikalischen Form einer freien Fantasie dai| Während in der langsamen Einleitung die ge gensätzlichen Charakterzüge des Helden — ruheloses Streben und schmerzliches Resignie ren — geschildert werden, gibt der folgende Allegro-Teil dem Ringen und Kämpfen des schuldbeladenen Manfred Ausdruck, wobei nach heldenhaftem Aufbegehren und leiden schaftlich-erregten Ausbrüchen allmählich Ver zweiflung und Resignation dominieren. In einem kurzen langsamen Schlußteil verklingt die Komposition in zarter Erlösungsstimmung. Des Dresdner Komponisten Udo Zimmer manns 1977 als Auftrag der Dresdner Staatstheater für die Staatskapelle und Prof. Herbert Blomstedt entstandene, 1978 zu den Dresdner Musikfestspielen erfolgreich uraufge führte Sinfonia come un grande lamento ist eine Reflexion auf die Begeg nung mit dem Werk Federico Garcia Lorcas (1899—1936). Für die Internationalen Schwet- zinger Festspiele arbeitet Udo Zimmermann an der Lorca-Oper „Die wundersame Schusters frau". Zur Sinfonie wurde er angeregt nicht] durch dieses Sujet, wohl aber durch die Per" sönlichkeit des spanischen Dichters. Wie vieles in Lorcas Poesie, so ist auch sein letzter, kurz vor seiner Ermordung durch die Franco-Faschisten entstandener Gedichtband autobiographisch geprägt. Lorca erzählt von seinen Schicksalen, in denen er die seines Volkes projiziert sieht. Die dichterische Vision spiegelt historisches Geschehen. Die Verse be sitzen über den Tag hinaus politische Aktuali tät, weil die Warnung vor dem Abfall in die Barbarei unvermindert gültig ist. Zimmermann hat der aus Lorcas „Casida setzt: Partitur einen Ausschnitt vom Weinen" vorange-