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7. ZYKLUS- KONZERT KONTRASTE Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 5. April 1980, 20.00 Uhr Sonntag, den 6. April 1980, 20.00 Uhr ohilHiQmoooio Dirigent: Siegfried Kurz, Dresden Solistin: Gerty Herzog, Westberlin, Klavier Karl Ditters von Dittersdorf 1739-1799 Sinfonie C-Dur Allegro molto Larghetto Menuett Finale (Prestissimo) Boris Blacher 1903-1975 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 in variablen Metren op. 42 (1952) Andante — Allegro — Andante Moderato Molto vivace — Andante — Molto vivace Erstaufführung PAUSE Antonin Dvorak 1841-1904 Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 (Aus der Neuen Welt) Adagio — Allegro molto Largo Scherzo (Molto vivace) Finale (Allegro con fuoco) GERTY HERZOG, Schülerin von Vladimir Horbowski, debütierte 1947 mit dem 4. Klavierkonzert G-Dur von Beethoven im Rahmen eines Sinfoniekonzertes der Ber liner Staatsoper. Im März 1948 spielte sie mit der Dresdner Philharmonie unter Johannes Schüler die Konzertmusik op. 49 von Paul Hindemith und das Con certino von Jean Fran<?aix. Seitdem führte sie ihre Laufbahn durch viele Länder. Sie war u. a. Solistin bei den Wiener und den Berliner Philharmonikern, dem Philharmonie Orchestra London, dem Concertgebouw- Orchester Amsterdam und dem NHK-Orchester Tokio und hat bei den Salzburger, den Westberliner und den Wiener Festspielen mitgewirkt. Mit Hingabe wid met sich Gerty Herzog vornehmlich den Klavierkompo sitionen ihres 1975 verstorbenen Mannes Boris Blacher, die sie in aller Welt gespielt und bekannt gemacht |^t. Bei ihrem Amerika-Debüt 1976 mit dem Cleve- ■nd Orchestra unter der Leitung von Lorin Maazel errang sie großen Erfolg mit dem 3. Klavierkonzert von Blacher, den Variationen über ein Thema von Clementi. SIEGFRIED KURZ wurde 1930 in Dresden geboren. Seit 1945 studierte er an der Staatlichen Akademie für Mu sik und Theater in seiner Heimatstadt zunächst Trom pete, gleichzeitig in der Kapellmeisterklasse Ernst Hint zes sowie Komposition bei Fidelio F. Finke. 1949 wur de er als Leiter und Komponist der Schauspielmusik an die Staatstheater Dresden verpflichtet. Seit 1960 wirkt er als Kapellmeister an der Dresdner Staatsoper. Hier wurde er 1965 zum Staatskapellmeister und 1971 zum Generalmusikdirektor ernannt. Seit 1975 ist er als geschäftsführender Musikalischer Oberleiter der Staats theater Dresden tätig. Der mit dem Martin-Andersen- Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden (1961), dem Kunst preis (1965) und dem Nationalpreis der DDR (1976) ausgezeichnete Künstler, Komponist bedeutsamer Or chester-, Kammer- und Schauspielmusiken, dirigierte alle führenden Orchester der DDR und gastierte u. a. in der UdSSR, VR Polen, in Österreich, Japan, Jugo slawien, in der Schweiz, in der BRD und in den USA. 1979 wurde er zum Professor für Komposition an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dres den ernannt. Bei der Dresdner Philhamonie war er seit 1965 wiederholt zu Gast. ZUR EINFÜHRUNG Karl Ditters von Dittersdorf, Zeit genosse Haydns, mit dem er freundschaftlich verbunden war, darf zu den wichtigsten Vertre tern der Wiener Schule gezählt werden. Der gebürtige Wiener lernte früh das Violinspiel und wurde 12jährig als „Kammerknabe" in die Frivatkapelle des Prinzen von Hildburghausen aufgenommen, der ihm 1761 eine Stelle im Wiener Hofopernorchester verschaffte. 1763 unternahm Karl Ditters (so lautete sein eigent licher Name vor der späteren Erhebung in den Adelsstand) gemeinsam mit Gluck eine Reise nach Italien und wurde dort als Violinvirtuose gefeiert. Zwei Jahre später wurde er Nachfolger Michael Haydns als Kapellmeister beim Bi schof von Großwardein in Ungarn und trat dann nach Auflösung der Kapelle für 26 Jahre in die Dienste des Breslauer Fürstbischofs Graf Schaflgotsch in Johannisberg. Seine letzten Lebensjahre verbrachte der sehr gichtleidende Komponist, der nach dem Tode des Fürstbi schofs (1796) in bedrängte Lage geraten war, auf dem Schlosse eines böhmischen Grafen, bei dem er ein Unterkommen gefunden hatte. — Dittersdorf hinterließ eine außerordentlich große Anzahl von Werken, neben Kirchenmusik, Kammermusik und Instrumentalkonzerten allein über 40 Bühnenwerke und über 100 Sinfonien. Ein hochbegabter, wenn auch freilich nicht ge nialer Musiker, hat der bescheidene, liebens würdige Komponist, obwohl er sich Zeit seines Lebens nicht aus höfischer Abhängigkeit zu befreien vermochte und durchaus nicht ein bürgerliches Selbstbewußtsein wie etwa Haydn und Mozart besaß, in seiner durch sprudelnde Einfallskraft, satztechnisches Können und ge sunden, kräftigen Humor gekennzeichneten Musik doch stets eine starke Bindung zur Volksmusik seiner österreichischen Heimat be wahrt, die sich in seinem gesamten Schaffen immer wieder abzeichnet. Besondere Bedeu tung erlangte Dittersdorf auf dem Gebiet der Oper. Seine Singspiele, darunter das berühm te „Doktor und Apotheker" (1786), das an fangs sogar über Mozarts „Figaro" triumphier te, stellen eine wichtige Stufe der Entwicklung der deutschen komischen Oper dar. Von den oft in kürzester Zeit geschriebenen und bei ih rer großen Anzahl natürlich nicht gleichwerti gen sinfonischen Werken des ehemals sehr be liebten und geschätzten Komponisten wurden vor allem die 12 Programm-Sinfonien nach Be gebenheiten aus Ovids „Metamorphosen" be kannt. Eine der gelungensten und wichtigsten unter den programmlosen Sinfonien ist die 1787 erstmalig verschienene C-Dur-Sinfonie Schon die bei Dittersdorf keineswegs übliche große Orchesterbesetzung hebt diese Sinfonie, in der neben Haydnschen und Mozartschen Elemen ten auch italienische Einflüsse zu finden sind, etwas aus anderen Werken dieser Gattung heraus, ebenso die von dem Komponisten im allgemeinen nur selten angewandten kontra- punktischen Künste im Schlußsatz. — Im ersten, besonderen Einfallsreichtum aufweisenden Satz Der 1903 in Newchwang (China) geborene und am 30. Januar 1975 in Westberlin verstorbene Boris Blacher studierte in Berlin zuerst Architektur, dann Komposition (1922 bis 1926 bei F. E. Koch) und Musikwissenschaft. 1938/39 lehrte er am Dresdner Konservatorium (in die ser Zeit gehörte Herbert Kegel zu seinen Schü lern). 1948 wurde er Professor für Kompositiojj an der Westberliner Musikhochschule, als d<3 ren Direktor er in der Nachfolge Werner Egks von 1953—1970 amtierte. 1960 übernahm er noch zusätzlich einen Lehrstuhl für elektronische (Allegro molto), der zu Beginn noch Anklänge an die alte italienische Opernsinfonie bringt, wechseln heitere,jubelnde Stimmung mit sin, nenden,trüb-wehmütigen Episoden. Das arl schließende Larghetto besteht aus einem drei teiligen, zierlich-beschaulichen Hauptthema, drei einfachen Variationen darüber und der Coda, auf die sogleich das 1. Menuett folgt, das thematische Reminiszenzen an den ersten Satz zeigt und von einem als 2. Menuett be zeichneten ruhigen, schönklingenden Trio er gänzt wird. Unmittelbar nach der Wiederho lung des 1. Menuetts und der Coda setzt nach einem Halbschluß das durch eine Tripelfuge gekrönte, sprühende Finale (Prestissimo) ein. Den Schluß des Werkes aber bildet als Be sonderheit die nochmalige Wiederholung bei der Menuette, die die Sinfonie in der Rück kehr zur Stimmung des ersten Satzes abrun den. Komposition an der Technischen Universität Westberlin. Seit 1968 war er Präsident der Westberliner Akademie der Künste. Während des Naziregimes mit seinem schöp ferischen Werk im Hntergrund stehend, trat er seit 1945 immer mehr hervor und legte ein überaus umfangreiches, vielseitiges Oeuvre vor Blacher, der vor allem mit Bühnen- und Orche sterwerken Erfolge errang, war der Typ eines intellektuellen, geistvollen Tonsetzers, der mit seinem unsentimentalen, kühlen, geistreich be-