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befindlichen EtationSbesatzungen durch Kamelreite Patrouillen beobachtet wkd. Oldenburg, S. Dezember. Als Gast de» Großherzoa» weilte heute Staatssekretär Dernburg im hiesigen Schlosse. Heute abend hielt derselbe in der hiesigen Abteilung der Kolonialgesellschaft im dichtbesetzten Kasinosaale einen einstündigen Vortrag über seinen Besuch in Ostafrika in Anwesenheit de« Großherzoglichen Paare«, des ErbgrohherzogS und sämtlicher Behörden An den Vortrag schloß sich eine größere Tafel im Elisabeth Anna-Palai«. Aus dem Vortrage sei folgende« hervor gehoben: „Ich kann hier kein umfangreiche- lolonialpolitisches Programm entwickeln, wollte ich die-, so würde die Zeit nicht zureichen; auch würden mit Recht Reichstag und BundeSrat unzufrieden sein. Ich bitte daher, mir zu gestatten, lieber in mehr berichtender Weise Vor trägen und dabei von Zeit zu Zeit solche Ausblicke und Er wägungen einflechten zu dürfen, wie sie der Gegenstand darbietet. AIS wichtigste Episode meiner Reise kann ich ohne weiteres den Marsch in- Innere bezeichnen. Einmal deshalb, weil die Fragen der Beschaffung von Arbeit, die die Weißen an der Küste bewegen, nur aus einer Kenntnis der Verhältnisse dort beurteilt werden können, wo die Arbeiter herbeigezogen werden müssen. Dann, weil wenn man Bahnen und Wege ins Innere bauen will, wo weder weiße Ansiedler noch Plantagen unter weißer Leitung bestehen, man die Basis für eine Rentabilität — und ohne eine solche darf man Bahnen nicht bauen — nur im Innern finden kann. Drittens weil ein sichere- Bild über die Zustände selbst im größten Teil des Schutzgebiet- an der Küste überhaupt nicht erhältlich war .... Ein erste- und großes Stück kann man mit der Bahn fahren, aller dings mit keiner deutschen Denn selbst die jetzt beendete Morogoro» bahn reicht mit ihren L20 Ku nicht weiter al- knapp der Quer- auSdehnung unseres Schutzgebiet-. Dagegen haben die Engländer, wie ja wohl bekannt, vom Hafen Mombassa bi- nach Kisumu am Viktoria Nyansa eine Eisenbahn gebaut und mit ihrer Hilfe und der von ihr eingerichtet»« Schiffahrt auf dem Viktoria-Nyansa kann man das Zentrum unseres Schutzgebiet» leichter erreichen, al» auf dem Marsch von der Küste, ein Marsch, der heute noch SO Tage in An- sprach nimmt. Mombassa liegt unter dem 4 Grad südlicher Breite und der Endpunkt der englischen Bahn am Viktoria-Nyansa genau auf dem Äquator, Tabora liegt aus dem 5. Grad südlicher Breite Das ganze Schutzgebiet ist nicht nnr tropisch, sondern es liegt nahezu direkt unter dem Äquator, und da- ist bei allen Erwägungen über die Zukunft nicht zu vergessen. . . Das Land selbst, durch das die Bahn fährt, ist zum großen Teil nahezu unproduktiv. Wenn man den herrlichen Palmenbestand und den in aller tropischen Üppigkeit glänzenden Küstengürtel überwunden hat, folgen mindesten- 400 kw, au- denen die Bahn nahezu keinerlei Frachten ziehen kann, unendliche Ebenen, durchaus menschenleer, weil sehr wasserarm. Hier nun hat sich die Gelegenheit gegeben, in einer geistreichen Ausnutzung der natürlichen Umstände, dem Reisenden Bilder zu bieten, wie sie schöner und romantischer nicht auSgedacht werden können. Die ganze Strecke nämlich ist zu einem Wildreservat erklärt worden, und auf ihr tummeln sich in Herden von Tausenden Zebra» und Gnus, große und kleine Antilopen, Gazelle und Strauße. Hier und da kann man zunächst wie große kahle Bäume auSsehende Giraffen zu zwei und drei zusammenstrhen sehen, und diese Tierwelt weiß, daß sie absolut geschützt ist, sie kommt bis auf 10 bi» 15 m au den vorbeifaufenden Zug heran Auch an Raubzeug fehlt e» nicht. . . . Durch diese wunderbare Tierwelt fährt man nun nahezu einen ganzen Tag Die afrikanischen Bahnen haben keine Schnell- zugsgeschwindigkeit, 46 Stunden dauert die Fahrt, zwei Tage und zwei Nächte, und wenn sie auch interessant ist, so ist sie nicht sehr bequem, denu Schlafwagen gibt es natürlich nicht. Die Mahlzeiten müssen au bestimmten mit Speisehäusern verbundenen Bahnhöfen eingenommen werden, wo daun der Zug oder H Stunde hält Wenn es auch nicht rußt wie auf unseren Eisenbahnen, weil die Feuerung mit Holz erfolgt, so dringt doch ein feuerroter Staub ständig durch alle Ritzen und Spalten ein, und wenn man seine Reise beendet hat, sieht man eher wie ein Indianer al» wie eia Bleichgesicht auS. Die jetzige Hauptstadt Nairobi teilt die Bahn in zwei etwa gleiche Teile; sie liegt ziemlich hoch und ist deshalb von vielen Europäern dauernd bewohnt. Auch sind zahl reiche europäische Ansiedelungen, besonders von Engländern und Buren, die auS Südafrika ausgewandert sind, um Nairobi gruppiert, und eS hatte eine Zeitlang den Anschein, als ob dort eine große weiße Stadt entstehen könne. So wurde sie denn ausgelegt in prächtiger, extravaganter Weise, mit breiten Avenuen, Baustellen stiegen auf fabelhafte Preise und die Stadt, die ursprünglich nur entstanden war, um ein Bauzentrum für die Bahn zu bilden, wuchs an den verfchiedensteu Stellen rapid auf. Aber es zeigte sich, daß auch das Höhenklima nicht vor Seuchen und Malaria schützt und ferner, daß felbst eine hohe und dünne Luft europäische Arbeit sehr erschwert, weil die tropische Sonne dabei täglich neun bis zehn Stunden dem Arbeiter über dem Scheitel steht Und so sind denn jene weißen Ansiedelungen um Nairobi, insbesondere da ein Absatz für die Produkte fehlte, wieder sehr stark im Rückgang gegriffen und ein sehr unzufriedenes Element hat sich dort gebildet. Die Bau» spekulatton ist total zusammen gebrochen ; Bauplätze, die vor vier Jahren um 400 M. zu haben waren, inzwischen aber aus 4000 M gestiegen waren, sind heute zum Ursprungspreis kaum mehr anzu bringen. So ist denn Nairobi vorläufig noch eine Stadt aus Well blech, und wenn sie auch einen langsamen Fortschritt verspricht mit der Hebung von Handel und Wandel, so sind doch die extravaganten Erwartungen für eine weiße Ansiedelung bisher unerfüllt geblieben Auch ein wesentlicher Plantagenbau besteht in Britisch Ostafrika nicht Er scheitert an der dünnen Besiedelung mit Schwarzen und an der Überzeugung der Regierung, daß das Land in der Eingeborenen kultur eine sicherere Basis finden werde, als wie an der Erzeugung von den den Schwankungen deS Weltmarkts stark unterworfenen Plantagenprodukten. Die Dünne der Bevölkerung erklärt auch die Bestrebungen, die beständig dahin gehen, au» dem viel volkreicheren Deutsch-Ostafrika beständig Arbeiter in großen Mengen zur Aus wanderung zu bewegen, eine Tendenz, der nur durch große Vorsicht und angemessene Behandlung unserer Eingeborenen entgegengewirkt weiden kann. Denn einen Zwang auf sie auSzuüben, ist bei einer nahezu 1000 Lm langen Grenze und den verhältnismäßig kleinen Machtmitteln, die wir auS verständlichen Gründen nur in der Kolonie halten, ganz unmöglich. . . . Ein Anblick von überwältigender Schönheit eröffnet sich, wenn die Bahn den großen zentralafrikanischen Graben erreicht, ein steiler Absturz von etwa 6000 Fuß mit der wunderbarsten Natur, der schönsten Fernsicht und den glühendsten Farben. Hier ist nun die Bahn ein Jogenieurkunststück allerersten Ranges und hat selbstverständlich, besonder» da sie nahezu zweimal ganz umgebaut werden mußte, große Summen verschlungen. Hinter dem Graben bei Mau errücht die Bahn die Höhe von 8000 Fuß E» wird dort in der Nacht bitter kalt, und hier find auch einige Grobfarmbetriebe mit Viehzucht, die anscheinend viel versprechen. Dann kommt eia schneller Abstieg in einen ebenen Streifen, der de» Viktoriasee umsäumt und hier liegt der Endpunkt der Bahn, Port Florence aus englisch, Kisumu in der Sprache deS Lande». ES liegt an einer Bucht und macht einen sehr nüchternen und geschäst»- mäßigen Eindruck Denn im Kampfe mit den Seuchen, der Schlafkrankheit und der Malaria hat man nahezu jeden Busch und Strauch, die Herbergen der Fliegen und ihrer Brut, in der Umgegend der Stadt niedergelegt, und die Sorge geht soweit, daß den einzelnen Europäern, meisten» Beamten, selbst die Hecken um ihre Gärten abrafiert wurden In den See hinan» streckt sich eia Pier, an dessen Seite jetzt ein zweiter er richtet wird, und eine Werftanlage, die bei aller Eiufacbdeit groß artige Leistungen vollbringt Denn nicht weniger al« vier große eiserne Schiffe vermitteln den Verkehr aus dem Nyansa, drei Passa gier- und Frachtdampfer und einer, der allein zur Frachtbeförderung bestimmt ist. Diese Schiffe sind Stück für Stück in ihren einzelnen Teilen von England per Dampfer nach Mombassa und von dort wie Plantagenkultur, ist s 1ie muß im Interesse uns« jerer Kolonien und ihrer Entwickelung au- vielen Fällen die Eingeborenenkultur unglaublich viel billiger produziert, für manche Leute nicht sehr erbaulich, aber gesprochen werden. Da- Bild ändert sich natürlich sofort, wo es sich um sehr hochwertige Produkte handelt, die nur mit großen maschinellen Anlagen, wie Sisal, und mit großen Geldaufwendungen, wie Baumwolle bei der Bewässerung, gemacht werden können; denn der Eingeborene kann weder Maschinen bestreiten noch Kapital schaffen. Aber es ist noch ein anderes, wa- ernsthaft in- Auge tände in gleicher Weise zu ihrem Recht kommen und nicht nur die Plantagen geschützt werden, sondern auch andererseits das Schutzgebiet vor einer Entwickelung bewahrt wird, die große Gefahren in sich bergen kann. Ich bin mir der großen Verantwortung wohl bewußt, )ie darin liegt, diese Dinge offen darzulegen, aber ich weiß, daß ich )iese Verantwortung nicht nur deutschem Kapital gegenüber, das in n den Kolonien angelegt ist, trage, sondern auch den vielen Millionen Menschen gegenüber, die sie beherbergen. Um die Station Bukoba hat sich schnell eine Ansiedelung von Händlern, meistens Indern etabliert, obschon auch mehrere europäische Handelshäuser und zwar Mi deutsche, ein amerikanisches und ein italienisches, sich dort nieder- >elassen haben, um einen direkten Export der sür Handelsschuhlrder Entbehrlichen Felle in die betreffenden Konsumländer zu leiten. Die europäischen Häuser treiben Großhandel, aber auch sie bedürfen der deutschen Tauschprodukte. Der Inder betreibt im wesentlichen Klein handel, aber auch er steht nicht etwa direkt zwischen dem Großhändler und dem Eingeborenen, sondern auch er rüstet wieder andere mit Tauschwaren aus, damit sie in das Land ziehen, die Exportwaren aussuchen und sie aus dem Tauschwege erwerben. Ich will hier aus )ie Jnderfrage nicht eingehen, nur das will ich sagen, daß >ie Konstruktion deS ostafrikanischen Handels eine ziemlich eine und komplizierte ist, in die man nicht mit rauher Hand ein ;reifen darf. Derjenige, der mit den Eingeborenen direkt verkehrt, st gewöhnlich ein Suaheli oder Wanjema von der Küste, oder ein Vanjamwesi aus dem Inneren, denn auch dieses Volk hat erhebliche Erwerbsinstinkte Und so geht denn die Ware vom Eingeborenen auf den Eingeborenenhändler, von ihm auf den indischen oder deutschen Grossisten über und von da in den Weltverkehr. Der Tausckwarcn ind mancherlei, hauptsächlich baumwollene Tücher, die aus Indien und Holland kommen, oder in ihren besseren Qualitäten aus Amerika, Perlen und Draht, daneben aber viele nützliche Gegenstände aus Email, Blech und Eisen, das nach und nach seiner größeren Halt »arkeit und leichteren Reinigung halber die eingeborenen Ton- uns kürbisgefäße zu verdrängen sucht. Die kostbarsten aber und vo« Eingeborenen begehrtesten Handelsartikel sind alte Hosen und Röcke, die ihren Weg von der Friedrichstraße bis nach Bukoba finden, in großen Lägern dort ausgestapelt sind, und sür welche die Eingeborene« exorbitante Preise bezahlen in der dem Neger eigenen Nachahmungssucht. Bon Bukoba fährt man einen Tag nach Muansa, der deutschen Hauptstation am Viktoria-Nyansa und dem Sitz eine- Bezirksamts, eine Beamten und Jnderstadt wie überall, umgeben von Hütten der Eingeborenen. Hier betritt man das Land Usukuma, das, soweit eS zum Muansabezirk gehört, ungefähr '/, Million Einwohner Hal von da sollte denn unser überlandSmarsch nach Tabora beginnen Um ihnen zu zeigen, wie langsam und beschwerlich, vor allem wie zeitraubend das Reisen im Innern Afrikas noch ist, will ich Ihnen die Karawane beschreiben, die wir zusammenzustellen hatten, um bei dem Mindestmaß von Komfort und Sicherheit einen 30 tägigen Marsch zu unternehmen. Ich tue dies deshalb, um Ihnen zu zeigen, daß, wenn auch bei Bahnverbindungen aus dem Personenverkehr, be sonders der Weißen, nie eine erhebliche Rente herauskommen wird, doch der ganze Gang der Verwaltung eine ungemeine Erleich terung erfährt ES ist von einem Gouverneur und seinen Beamten nicht zu erwarten, daß sie, um einen Jnnenbezirk zu l Wichtigen, sich drei Monate auf die Reise begeben. Da muß ja aoch zu Hause alles stocken, besonders wenn der Betreffende von jeder brieflichen Nachricht abgeschnitten und lediglich auf einen Telegraphen an gewiesen ist. Es können auch Beamte nicht entsprechend ersetzt werden, und die ganze Verwaltnng wird so ungeheuer teuer durch die Reisekosten und Tagegelder, die entstehen, daß schon hieraus ein nicht unerheblicher Betrag erspart werden wird, wenn wir die Verbindung haben. Und wenn es auch nur 40000 M. im Jahr sind, so verzinst das doch immerhin l Mill.M Nun stehen aber über 400000M. im Etat sür Dienstreisen, Umzugskosten und AuSrastungsgelder, und es stehen im Etat für Transportkosten im Schutzgebiete und für Frachtkoste« und Frachtvergütungen an die Beamten und Offiziere 162000 M! daß daraus ein erheblicher Betrag erspart wird, ist ja klar. Aber darauf lege ich nicht den Hauptwert. Ich lege den Hauptwert aus eine gute Verwaltung, auf ein sicheres Funktionieren der Rechtspflege und aus eine Sicherung von Leben und Eigentum. Wie schwer das die gegenwärtigen Verkehrsverhältnisse machen, soll Ihnen die folgende Schilderung zeigen. Unsere Karawane bestand auS 6 Beamten und 1 Arzt, 4 Unterbeamten und an diese schlossen sich noch 4 Jour nalisten an, die auf eigene Rechnung und mit eigenen Safaris, wie der technische Ausdruck heißt, reisten, im ganzen 15 Menschen, und die Karawane bestand auS ungefähr 600 Menschen, die ja nicht alle auf Staatskosten befördert werden mußten, aber doch die ganze Sache schwer beweglich machten. Im Innern gibt es wenig Rast häuser, und wo sie sind, tut der Europäer gut, sie nicht zu benutzen, denn sie sind der LieblingSauentihalt eines kleinen Insekts, einer Zecke, durch deren Biß da» Rücksallfieber übertragen wird, ein? Krankheit, gegen die es noch keine Vorbeugungsmittel gibt, und die in ihren Folgeerscheinungen sehr gefährlich zu werden Pflegt. Mau muß deshalb in feinem Zelte leben, und da jede» Zelt einschließlich der Ausrüstung mindestens fünf Lasten ist und man mit zwei bis drei Koffern behaftet ist, denn im Innern ist gar nichts zu bekommen, so macht daS schon acht Träger aus den Kopf, ohne die Verpflegung. Dazu kommt, daß Wasser, das nach europäischen Begriffen trinkbar ist, im Innern überhaupt schwer zu haben ist. Der Neger liebt kalkiges, nahezu weiß auSsehendeS Wasser, und nur diese Wasserstellen sind meisten- erschlossen. Wenn man also auf Alkohol ganz verzichtet, so hat man doch Mineral wasser mit sich zu schleppen, und da man höchstens frische- Fleisch im Innern bekommt und Mehl auS der Negerhirse, so ist man für den Rest der Verpflegung aus Büchsen angewiesen, und da- macht inklusive de- Reservrproviants und inklusive der Kochgeschirre, Teller, Gläser rc. weitere acht bi- neun Lasten, so daß die Verordnung jedem Beamten 15 Träger zubilligt. Da- macht also allein 240 Träger, und dazu muß man noch etwa 10 Proz. Reserveträger rechne«, wenn man solche forcierten Märsche durchsühren will, wie ich sie durchzuführen genötigt war, d. h. alfo ungefähr 270 Leute. Nun gehören zu jedem Weißen etwa zwei Boy», welche die Sachen einpacken, beaufsichtigen, die Kleider iu Ordnung halten, die Betten ausschlagen, in der Messe bedienen, d. h. auf 16 Weiße 32 Boys, und dazu kommen noch verschiedene Köche und Küchenjungen, zu sammen etwa 40 Mann. Da hat man schon weit über 300 Dann kann man bet einer solchen Karawane, die auch wertvolle» Etgeutum, eine größere Kaffe mit sich trägt, nicht ohne Deckung ziehen, und wenn vielleicht nicht notwendig, so war doch durch die Vorsicht geboten, daß un» ein Zug von Askari», ungefähr 50 Mann begleitete, nicht nur zur Sicherheit der Weißen gegen die Bewohner, sondern auch zur Ordnung in der Karawane, zum Auf schlagen der Zelte, zu Botengäugen rc. Diese ASkari» haben aber nunmehr jeder auch eine Bedienung bei sich, deun auch sie schlafen gern unter irgend einem Stück Tuch und müssen auch Kochgeschirr und Trinkgesäße rc. haben, und Lasten zu tragen sind sie nicht ge wohnt. Da» ist umso begreiflicher, al» ja natürlich die Temperatur stet» eine sehr hohe ist. Also haben Sie statt 50 Askari» 100 Menschen, und dazu kommt nun noch eine Anzahl von ASkarifrauen, die über die Bahn gebracht und werden iu Kisumu lediglich zusammen gesetzt. Sie werden hier verstehen, wa» da« heißt, wenn ich Ihnen age, daß der große Frachldampfer 1500 Brutto-Registertonnen hat Vie Einrichtung der Paffagierdampser ist die eleganteste, man kommt ich in dem Zentrum von Afrika unter dem Äquator, 1000 Km von >«r Küste, wie in einem erstklassigen europäischen Hotel vor. Eng lische Reinlichkeit, europäischer Komfort und nur der Mangel an 1 Ei», die tiefbraunen gaanesischen Stewards und die in weiße lange Hemden gekleideten Kabirondo-Jungen, welche die Bedienung der Gäste besorgen, erinnern daran daß man im Mittelpunkt deS chwarzen Kontinents ist. Die Goanesen stad portugiesische Misch- inge auS Indien und werden überall, in kleineren Stellen, besonder» auch al» Regierung»b«amte verwandt Die Vorarbeiter aus der Werft sind Inder; die ganze technische Bedienung de» Schiffe» machen Schwarze Da der Viktoria-Nyansa in seiner Mitte noch unbekannt und an seinen Küsten nicht befeuert ist, fahren die Schiffe nur bei Tage. ES ist ein merkwürdiger Kontrast, jene vollendete Behaglichkeit, mit der man über die tiefblauen Fluten diese» Binnen meers von der Größe Bayerns fährt, und die zum Teil kahlen, ganz menschenlosen Inseln und Küsten, welche die Schlaskrankheit in dem letzten Jahrzehnt entvölkert hat, so entvölkert, daß man nahezu in Kisumu keinen Fisch mehr erhalten kann, weil die Fischer auS- lestorben sind. Die Größe der Aufgaben und die Gefahr deS Zu- tand» wirken so mächtig, daß man nur voller Bewunderung und Dank der deutschen Gelehrten denkt, besonder» de- Geh Rat» Koch, die im Interesse der Menschlichkeit und Zivilisation unter großen »ersvnlichen Gefahren diesem furchtbaren Feinde sich entgegeugestellt >aben Die Dampfer bringen den größten Teil der Fracht für die Igandabahn in Kisumu zusammen. Sie besteht au» Baumwolle, die m Britisch-Uganda von Eingeborenen gezogen und dort BolkSkultur geworden ist; auch au» Gummi, der auf diesem al- dem nächsten Wege vom östlichen Kongostaat kommt, au» Rinderhäuteu, Ziegen- und Wildsellen, die aus dem deutschen Gebiet kommen, aus Wachs, da- in Deutsch Ostafrika gesammelt wird, auS Elsenbein und Erdnüssen, auS Rei- und Mai», die in den deutschen Häfen eingehandelt werden E» ist sehr interessant, hier eine kurze finanzpolitische Erwägung anzustellen. 110 Mill. M. hat die Bahn gekostet, 4 Mill. M. wird die jährliche Verzinsung sein, 800000 M ist zurzeit der reelle Überschuß, d h über 3 Mill. M bleibt diese Bahn heute hinter ihrer Verzinsung zurück. Nichtsdestoweniger ist sie eine Kulturtat ersten Ranges, die wirtschaftlich allerdings zunächst unS Deutschen zugute kommt. Ich habe bereits gesagt, daß sie ein ungeheures Kolonialreich sichert. Sie wissen alle selbst, was Kolonialtruppen kosten. In Ostasrika ist daS Kap. 2 des Etats „die Militärverwaltung" heute noch nahezu 3'/, Mill. M., in Südwest gar noch beinahe 24 Mill.^M, 55 Proz. der gesamten Frachten der Ugandabahn kommen auS dem deutschen Gebiet. Bukoba, Muansa und Shirati sind die Häfen. 1800000 M. macht der deutsche Anteil aus, um den die Güter auf der Uganda bahn billiger befördert werden, als eine müßige Verzinsung verlangen würde. Aber welche Wirkung hat die Bahn auf die Entwickelung unseres Schutzgebiets gehabt 9 Mill. M. Handel, und zwar aus schließlich Eingeborenenhandel, hat sie für das Jahr 1907 in diefen drei Häfen möglich gemacht. 600000M Zölle haben wir bei diesem Handel eingenommen, über 1 Mill. Eingeborene sind in das Pro- duktionsstadium eingetreten, nahezu 1 Mill Hüttensteuern sind wir in der Lage, infolge dieser Produktionsfähigkeit einzuheben. Aber auch der englische Verkehr, das Aufblühen von Mombassa ist eine Folge dieser Bahn Daraus können wir zunächst zweierlei lernen, erstens, daß der Nutzen einer Eisenbahn nicht bemessen werden kann nach dem, was sie selbst aufbringt, sondern daß die allgemeine Hebung des Landes und die daraus entstehenden fiskalischen Gefälle die nächste Wirkung zu bilden pflegen, und daß die Einnahmen, die die Landesverwaltung hat, genügende Summen liefern, um eine Bahn auch rentabel zu bauen, zweitens aber, daß Erschließungs- dahnen sür fremde Länder durch eigene nicht produktion-fähige Ge biete kein Geschäft sind, das sich bezahlt macht Das müssen sich die jenigen überlegen, die mit Rücksicht auf den Verkehr, der aus Britisch- Zentralafrika und dem Kongostaat über den Nyansa zu holen wäre, den Bau einer Südbahn in Ostafrika zunächst befürwortet haben. Die Folgen müssen absolut identisch sein mit denen die bei der Ungandabahn eingetreten sind. Man wurde diese beiden genannten fremden Länder wirtschaftlich und fiskalisch entwickeln, und weil diese Einnahmen Fremden zufließen, sür die eigene Bahn keine oder nur eine sehr bescheidene Rente erwarten dürfen. Macht man die nörd liche Rundfahrt um den See, so ist der erste deutsche Landungsplatz Bukoba Es ist eine offene Reede mit starkem Seegang und deshalb sehr ungeeignet, so daß die Verlegung der Station trotz vielem, was da Gutes geschaffen ist, in eine der besser geeigneten nahen Buchten ins Auge gefaßt werden muß. Der Bukobabezirk ist eine sogenannte Residentur, d. h. man hat klugerweise dort eine ausgedehnte deutsche Berwaltungsiätigkeit nicht vorgenommen, sondern herrscht mit und durch die eingeborenen Fürsten, was um so leichter ist, als es deren nicht sehr viele gibt, jeder ein verhältnismäßig sehr großes Volk befehligt und die Herrschaft eine sehr absolute ist. Denn dem herr schenden Recht nach gehört Grund und Boden und was darau wächst, Menschen und was sie besitzen, dem Fürsten absolut und ohne Einschränkung. Die deutsche Verwaltung hat sich mit Erfolg bemüht, diesen sehr barbarischen RechtSzustand zu ersetzen durch einen besseren, für den an Stelle des Eigentums die Verpflichtung zu einer Ab gabe tritt, und in dem Rechtspfl ge durch Weiße nach und nach ver breitet wird. Die Bevölkerung ist ein schöner Menschenschlag, die sich im wesentlichen von Bananen nährt. Die Banane ist eine ein jährige Pflanze, aber sie erneuert sich beständig aus Wurzelschößlingen und wächst bei geringer Pflege und einiger Düngung viele Jahre aus derselben Stelle. So ist denn jede Eingeborenenhütte mit Bananen umgeben, und hier ist der erste Ansatz zu einer Düngungswirtschaft. Der Eingeborene erhält im wesentlichen Kleinvieh (Ziegen) für diesen Zweck, sehr im Gegensatz zu anderen Tellen Ostafrikas, wo diese Nutzbarmachung der tierischen Exkremente unbekannt ist. Die Lxportprodukte sind demnach im wesentlichen jene Kleinviehfelle und iu steigendem Maße der Kaffee Es ist interessant, hier eine Vergleichung mit der Eingeborenen- un Plantageawirtschaft gerade bei diesem Artikel anzustellen. Bekanntlich ist in Üsambara, wo eine gute Qualität Kaffee erzeugt wird, di Plantagenwirtschaft in Kaffee nicht mehr rentabel. Alle Plantagen setzen jedes Jahr Geld zu und versuchen nach und nach andere besser rentierende Gewächse zu ziehen. In Bukoba steigt die Kaffeeproduktton von Jahr zu Jahr und die Qualität ist derart, daß der Export znm großen Teil nach Arabien stattfindet, wo er mit dem dortigen Kaffee vermischt al» Mokka-Kaffee in den Handel kommt. So stehen denu um jede Hütte 10, 20 und 30 Kaffeebäume zwischen den Bananen ES erscheint auf den ersten Blick wunderbar, daß ein mit europäischer Intelligenz betriebener, mit reichen Geldmitteln angelegter und mit maschinellen Einrichtungen zum Teil komplizierter Art für Enthülsung und Trocknung auSgestatteter Betrieb, nicht konkurrenzfähiger ist. Aber gerade dann liegt zum Teil der Mißerfolg. Eine Kasfeeplantage ist belastet mit den Kosten auf Grund und Boden. Den Eingeborenen gehört der Boden frei Sie ist belastet mit den Kosten der Rodung; Plantagen können ja nur da angelegt werden, wo kein Eingeborener- Besitz vorhanden ist. Diese Kosten sind sehr hoch Der Eingeborene zieht den Kaffee al» Zwischenkultur. Eine Plantage ist belastet mit den Kosten eine» europäischen Aufsicht-ratS, einer europäischen Leitung weißen sehr teuren Angestellten im Schutzgebiet und vor aller mit Zinsen aus Kapital und Arbeit für 5 bi» 6 Jahre, nämlic! der Zeit zwischen Anlage und Ertragfähigkeit. Diese Unkosten hat der Eingeborene nicht, er hat gar keine Unkosten. Er macht die Sache nebenbei, er lebt von seiner Banane. Diese Wahrheit, daß in gesaßt werden mutz. Der Kaffeebau war rentabel, solange nicht die ungeheure brasilianische .Überproduktion eintrat, d. h. die Plantage st mehr oder weniger abhängig von der Weltkonjunktur Ob sie be ehen kann oder nicht hängt von Faktoren ab, über die man keine Gewalt hat, und da- ist der Grund, we-halb man dafür sorgen muß, daß ein Schutzgebiet nicht vom Plantagenbau abhängig wird, damit bei sehr schlechten Konjunkturen nicht daS ganze Schutzgebiet, leben und Nahrung der Eingeborenen in Gefahr kommt. La der Eingeborene im Vergleich §ur Plantage eben keine Borkosten un» Zinsen hat, so kann der Preis unendlich tief heruntergehen, alles, was die Sache bringt, ist noch Nutzen. Es ist vielleicht nicht genug, um zu dem Anbau zu reizen, er wird sich nicht uSdehnen, aber daß er ganz erlischt, dagegen schützt die Notwendigkeit, gewisse fiskalische Abgaben zu zahlen und dafür entsprechende Exportkultur zu Pflegen. E» ist deshalb mein Bestreben gewesen, im Schutzgebiet einen genauen Einblick in die Wirtschaftsweise zu bekommen, damit alle Erwerbs