Volltext Seite (XML)
ZUR EINFÜHRUNG Richard Wagner hat durchaus manche Komposition für den Kon zertsaal hinterlassen, aber die Stücke, die am häufigsten in Kon zerten gespielt werden, sind Aus schnitte aus seinen Bühnenwerken: Ouvertüren, Vorspiele, Überleitun gen und Schlüsse sowie Arrange ments für Orchester allein. Wagner selbst begründete diese bis heute nicht abgerissene Tradition. Dies je doch nicht, weil er der Meinung war, die ausgewählten Stücke seien als absolute Konzertmusik rezipier bar, sondern er betrachtete alle Konzerte, in denen er selbst Musik aus seinen Opern dirigierte, einzig und allein als Werbung für die Auf führung seiner Werke auf der Büh ne, als Möglichkeit der Propagie rung für Realisierung auf dem Thea ter, das ihm allein als der angemes sene Ort für seine Musik erschien. Der nicht von Wagner eingeführte Begriff der Leitmotivtechnik im Zu sammenhang mit den anspruchs vollen sinfonischen Strukturen sei ner Bühnenwerke sagt wenig über seine vielfältige Motiv- und The menverarbeitung aus, die sein dra matisches Schaffen prägte, und führte allmählich zur schemati schen Vorstellung eines motivi schen Adreßbuches. Wagner selbst sprach von Grundthemen, deren Verarbeitung und Entwicklung ganz vom dichterischen Gehalt ei nes Werkes bestimmt ist. In welcher Weise Gestalten, Situationen, Stim mungen mono- oder polythema tisch gekennzeichnet sind, ob Moti ve oder Themen nur zur Erinnerung rhapsodisch auftauchen oder sinfo nisch verarbeitet werden, hängt ganz vom dramatischen Gesche hen des jeweiligen Werkes ab. Wagner entwickelte dazu das schon in der französischen Opera comique und von Carl Maria von Weber verwendete Verfahren der Erinnerungsmotive wie die moti visch-thematische Arbeit der klassi schen, besonders der Beethoven- schen Sinfonik weiter und verarbei tete auch Elemente aus der Pro grammatik der Berliozschen Sinfo nie. Das volle Verständnis des pro grammatischen Gehaltes der er klingenden Ausschnitte ist häufig nur im Zusammenhang des ganzen Werkes möglich, da es kaum ein instrumentales Stück gibt, das nicht mit dem vorangegangenen oder folgenden dramatischen Gesche hen unmittelbar verbunden ist. Insgesamt 20 Jahre lang lebte Wagner in Dresden, der dieser Stadt besonders wichtige Impulse für seine menschliche und künstleri sche Entwicklung verdankt. 13 die ser Jahre fallen in seine frühe Ju gend, denn die Familie des 1813 in Leipzig Geborenen siedelte be reits 1814, als die Mutter eine zweite Ehe eingegangen war, nach Dresden über. Bis 1827 (er neute Umsiedlung nach Leipzig) wuchs der Knabe in Dresden auf, besuchte seit 1822 die Kreuzschu le und fand vielfache, befruchten de Anregungen für seine Begabun gen. Wesentlicher freilich wurde für ihn noch die zweite Dresdner Zeit seines Lebens, die 1842, nach