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ZUR EINFÜHRUNG Spieldauer: ca. 56 Minuten phantastische Episoden zu ver zeichnen sind, mischen sich doch bald mehr und mehr ausgelassene Klänge höchst irdischen, dörflichen Musizierens im Rhythmus eines Ländlers in den Tanz. Friedvolle Ruhe und innige, reine Schönheit lassen das folgende Adagio, das Mahler für seinen be sten langsamen Satz überhaupt hielt, zum tiefen Erlebnis werden. Der Satz, von geteilten Violoncelli und Bratschen in zarten, weichen Tönen begonnen, wobei den obe ren Violoncelli die Melodie anver traut ist, wurde als kunstvolle Ver bindung von Variationssatz und So natenformsatz aufgebaut. Gegen den ätherischen Schluß hin (auf der Dominante, also „offen") erscheint bereits einmal das Thema des Fina les. Mit diesem Satz entscheidet sich, wie Paul Bekker erkannte, die Frage, ob im unterhaltsamen Spiel der beiden ersten Sätze, „eine in der Maske der Heiterkeit verborge ne Tiefe des Lebens- und Weltge- fühls zugrunde liege". Im reizvollen letzten Satz schließ lich wird - wie bereits in Mahlers 2. und 3. Sinfonie - die menschli che Stimme in das sinfonische Ge schehen einbezogen: Nach einem kurzen Orchestervorspiel berichtet ein Sopran-Solo - ebenfalls wie bei der 2. und 3. Sinfonie auf einen Text aus der Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn" - mit „kind lich heiterem Ausdruck" in einer schlichten von instrumentalen Zwi schenspielen unterbrochenen Stro phenliedkomposition von den Freu den des Paradieses, verkündet, daß das „himmlische Leben" nur die Fortsetzung des irdischen sei. Eine „christliche Cocagne" (Schla raffenland) nannte Goethe die recht ergötzliche, kindlich-naive Darstellung des Paradieses in die sem Wunderhorn-Text, in dem die „himmlischen Freuden" durch so ir dische Vergnügungen wie gutes Es sen und Trinken ausgemalt werden und die Musik schließlich als höch ste der Freuden gepriesen wird. Mahler hatte das Gedicht, ein bayerisches Kinderlied, schon 1 892 während der Arbeit an der 2. Sinfonie unter dem Titel „Das himmlische Leben" komponiert. Nachdem er die ursprünglich vor gesehene Aufnahme des Liedes in die 3. Sinfonie verworfen hatte, wurde es zum Ausgangs- und Ziel punkt der 4. Sinfonie, als deren Fi nale es von vornherein konzipiert wurde, während den ersten drei Sätzen des Werkes die Aufgabe zufiel, das für einen Finalsatz unge wöhnlich schlichte Lied vom himmli schen Leben als Zielpunkt des Ganzen zu begründen. „Im letzten Satz erklärt das Kind..., wie alles gemeint sei", sagte Mahler und spielte auf die „Heiterkeit einer höheren, und fremden Welt" an, „die für uns etwas Schauerlich- Grauenvolles hat", die aber dem Kind, „welches im Puppenstand dieser höheren Welt schon an gehört", durchaus zugänglich ist. Die Töne, die Mahler für die naiv poetische Stimmung des literari schen Vorwurfs fand, verleihen