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Tioniglieh Sächstschev Staatsanzeigev. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. 1909 Nr. 153. > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: i. V. Regierungsassessor vr Gerth in Dresden. Dienstag, 6. Juli Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift derbmal gespalt.Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allcrgnädigst zu ge nehmigen geruht, daß die Nachgenannten die ihnen von Sr. König!. Hoheit dem Großherzog von Baden ver liehenen Ordensdekorationen annehmen und tragen, und zwar das Verdienstkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen Hofkanzlist präd. Bureauassistent Heeger und die silberne Verdienstmedaille Hoflakaien Opitz II, Richter und Stange und Kutscher Raupach. Herr Amtshauptmann vr. Morgenstern in Chemnitz ist vom 12. Juli bis 14. August dieses Jahres beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Regierungsrat vr. Jani bez. Herrn Regierungsamtmann vr. Kuppert vertreten. 210b I» Der Kreishauptmann. 4738 Die gemäß 8 9, Absatz 1, Ziffer 3 des Reichsgesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden in der Fassung vom 24. Mai 1898 — Reichs gesetzblatt Seite 361 fg. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise der Hauptmarttorte im Juni d. I. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Ber- gütuug für das von den Gemeinden und Quartierwitten im Juli d. I. an Militärpferde zur Verabreichung gelangende Pferdefutter beträgt in: Chemnitz (Stadt u. Land) Flöha Mattenberg Annaberg Glauchau Hafer 100 kz Heu 100 kß Stroh 100 kg 22 M. 18 Pf. 11M. 21 Pf. 7 M. 35 Pf. 22 M. 05 Pf. 9 M. 66 Pf. 5 M. 25 Pf. Chemnitz, am 5. Juli 1909. 202 a V Königliche Kreishauptmannschaft. 4737 Für den Monat Juni 1909 sind behufs Ver gütung des von den Gemeinden, resp. Quattierwirten innerhalb der betreffenden Lieferungsverbände im Monat Juli 1909 an Militärpferde zur Verabreichung ge langenden PferdefutterS in den Hauptmarktorten der Lieferungsverbände des Regierungsbezirkes Zwickau folgende Durchschnitte der höchsten Preise für Pferde, futter mit einem Aufschläge von fünf vom Hundert fest gesetzt worden. Amtshptmschft. Schwarzenberg Amtshptmschft. Zwickau Stadt Zwickau Amtshptmschft. Auerbach Amtshptmschft. Oelsnitz Amtshptmschft. Plauen Stadt Plauen Hafer 100 kg 22 M. 43 Pf. 22 M. 05 Pf. Heu 100 kg Stroh 100 kg 11 M. 03 Pf. 6 M. 30 Pf. 11 M. 03 Pf. 7 M. 88 Pf. Zwickau, am 5. Juli 1909. 241 v Königliche Kreishauptmannschaft. 4739 Ernennungen, Versetzungen r«. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche de» Ministerium» der Finanzen. Forstverwaltung. Pensioniert: Die Förster Seibt vom Marbacher und Uhle vom Neustädter Revier. Bei der Staatsschulden-Verwaltung ist ernannt worden: Wagner, seither Expedient, zum Bureauassistenten. Am Geschäftsbereiche der Generaldirettio» der König!, «ammlnn-en für »««ft «nd «isseuschast. Angestellt: Der Militäranwärter F. Moritz Schmiedel als Auffeher bei den König!. Sammlungen, der Wächter beim Japanischen Valais H. Hermann Dämmig als solcher mit Staatsdienereigenschaft. Im Geschäftsbereiche deS Mi«istert«mS de» Kult«» ««d öffentliche« Unterricht». Zu besetzen: Die Filialkirchschulstelle zu Sallschütz b. Mügeln. Koll.: Die oberste Schulbehörde. Außer Amtswohnung im neuerbauten Schulhause u. Gartengenuß da- gesetzl. Grundgehalt vom Schuldienste, dazu Rebenbezüge für Verwaltung, Fortbildungsschule u. Turnen (325 M.) und 275 M. vom Kirchendienste. Gegebenenfalls 60 M. für die Frau oder Schwester des Lehrer- als Entschädigung für den Handarbeits unterricht. Vollständige Bewerbungen bis 14. Juli an den K. Bezirksschulinspektor zu Oschatz,- — die 1. Lehrerstelle an der vierklassigen Schule zu Ringenhain. Koll.: Ooerste Schul- behörde. Mindestgehalt und Amtswohnung mit Gattengenuß. Überdies Entschädigung für Unterricht in der Fortbildungsschule und an die LehrerSfrau 60 M. für Nadelunterricht. Vorschrifts mäßige Bewerbungen sind bis 15. Juli bei dem K. Bezirksschul inspektor zu Bautzen einzureichen. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Dom Königlichen Hofe. Dresden, 6. Juli. Se. Majestät der König hat heute den Staatsminister a. D. Grafen v. Hohenthal und Bergen besucht und ihm Allerhöchstseine Photo graphie in Goldrahmen und mit einer überaus gnädigen Widmung versehen persönlich überreicht. Dentsches Reich. Bom Reichstage. Sitzung vom 5. Juli 1909. Am BundesratStisch: Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben, Staatssekretär Sydow. Auf der Tagesordnung stand zunächst die zweite Beratung des Gesetzes wegen Änderung des Schankgefäßgesetzes. Das Gesetz sieht die Bestimmung vor, daß Schankgefäße nur Quanten enthalten dürfen, die vom Liter abwärts durch Stufen von Zehnteilen, und vom halben Liter abwärts durch Stufen von Zwanzigteilen des Liters gebildet werden. Abg. Neuner (nl.) befürwortete die Schaffung von Über gangsbestimmungen. Abg. Zubeil (soz) wünschte die Verweisung der Vorlage an eine Kommission. Nachdem sich Abg. vr. Pachnicke (frs. Vgg.) in demselben Sinne ausgesprochen und Ministerialdirektor v. Jonquiöres das grundsätzliche Einverständnis der Regierung erklärt hatte, wurde die Einsetzung einer besonderen Kommission von 14 Mitgliedern beschlossen. Es folgte die zweite Lesung des Gesetzes über das Erbrecht des Staates. Abg. vr. Junck (nl.): Das Erbrecht des Fiskus ist durchaus populär, weshalb wir kein Bedenken tragen, dem grundlegenden § 1 zuzustimmen. Abg. Dove (frs. Vgg.): Es entspricht durchaus der Gerechtig keit, den Staat als Erben entfernten Verwandten des Erblassers, die sich vielleicht nie um ihn gekümmert haben, vorzuziehen. Abg. Ulrich (soz.): Das Vermögen des einzelnen ist nicht das alleinige Produkt seiner eigenen Arbeit, sondern der gemein samen Arbeit aller in Betracht kommenden Faktoren. Aus diesem prinzipiellen Grunde halten wir das Erbrecht des Staates für gesellschaftlich und sozial berechtigt. Der Redner spricht von den Raubzügen der Voreltern derjenigen Leute, die heute die Klinke der Gesetzgebung in der Hand haben. Präsident Graf Stolberg: Sie sprechen von Räubern und Raubzügen. Ich nehme an, daß Sie damit nicht Mitglieder dieses Hauses meinen. Abg. Ulrich (soz) fortfahrend: Wenn der Entwurf nach unserem Sinne ausgebaut würde, dann käme die besitzende Klasse nicht so glimpflich davon. Der Staatssekretär ist eben nur der Kommis der bürgerlichen Parteien. Staatssekretär Sydow: Der Vorredner hat sich mit Gründen für die Vorlage erklärt, denen ich mich nicht anschließen kann. Seine Ansicht, ich hätte mich von Angst vor der Mehrheit leiten lassen, ist durchaus unrichtig. Der Präsident rief hier nachträglich den Abg. Ulrich wegen deS Ausdrucks „Kommis der bürgerlichen Parteien" zur Ordnung. Abg. Gröber (Z.): Unsere Bedenken gegenüber der Vorlage liegen nicht in dieser selbst, sondern in ihren Konsequenzen Dieser Vorlage entgegengesetzte Bestimmungen sind seinerzeit mit vielem Bedacht in das Bürgerliche Gesetzbuch hineingearbeitet worden. Abg. Ablaß (frs. Vp.): Die Vorlage greift auf alte deutsche Rechtsquellen zurück. Deshalb sollten besonder- die Antisemiten ihr zustimmen. Abg. v. Oertzen (Rp.): Ich habe die Erklärung abzugeben, daß wir allerdings den Au-vau deS staatlichen Erbrecht» für durchaus berechtigt halten. Wir sind aber der Ansicht, daß die Vorlage zu weit geht. Abg. Stadthagen (soz.) sprach ferner für, die Abg. Raab (wirtsch. Vgg.) und Frhr. v. Richthofen (kons.) gegen die Vor lage. Ein Antrag de» letzteren, die namentliche Abstimmung wegen der schlechten Besetzung de» Hauses auszusetzen, wurde nach kurzer Debatte zurückgezogen, und hierauf 8 1 mit 191 gegen 136 Stimmen bei einer Stimmenthaltung abgelehnt. Ebenso wurden die übrigen Telle des Gesetzes nebst Ein leitung und Unterschrift abgelehnt, so daß eine dritte Lesung nicht möglich ist. Es folgte die zweite Lesung des Weinsteuergesetzes. Die Kommission beantragt unter Ablehnung des Regierungs entwurfs einer Abänderung des Schaumweinsteuergesetzes vom 9. Mai 1902 zuzustimmen. Abg. Graf Kanitz (kons.) begründete ein von ihm ein gebrachtes Ersatzgesetz. Danach soll die Steuer für Wein- und Traubenmost im Werte von mehr als 40 M. für den Hektoliter 7H Pf. für den Liter betragen und außerdem für Wein in Flaschen noch ein Zuschlag erhoben werden. Der Redner erklärte, eS entspräche der Gerechtigkeit, nachdem Bier und Branntwein belastet seien, auch eine allgemeine Weinsteuer einzuführen, ins besondere da der Wein vorwiegend das Getränk der Wohl habenden sei. Staatssekretär Sydow: Der Ansicht, daß man aus den eben erwähnten Gründen an dem Flaschenwein nicht vorbeigehen sollte, sind auch die Verbündeten Regierungen. Einer allgemeinen Weinsteuer zuzustimmen, sind sie dagegen nicht in der Lage, weil sie zunächst den Winzerstand treffen würde, über dessen schwierige Lage niemand im Zweifel ist. Dazu kommt die Rücksicht auf die Bundesstaaten, die schon eine allgemeine Weinsteuer haben und es daher mit einer doppelten Besteuerung zu tun haben würden. Abg. vr. Weber (nl.): Da es für den Winzerstand un möglich ist, die Steuer auf den Konsumenten abzuwälzen, stimmen wir sowohl gegen den Antrag, als gegen die Vorlage der Verbündeten Regierungen. Abg. Graf Kanitz (kons.) beantragte für den Fall der Ab- lehnung seines Ersatzantrags Wiederherstellung der Regierungs vorlage. Abg. Gröber (Z.): Die Freilassung der kleinen Weine wäre ohne praktische Bedeutung, da es keine Weine unter 40 M. für den Hektoliter mehr geben wirh. Hessen hat nach schweren Kämpfen die Weinsteuer beseitigt, ebenso früher Bayern, während in Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen um ihre Besei tigung noch gekämpft wird. Das Reich sollte sich daher hüten, in denselben Fehler zu verfallen. Abg. Lehmann (soz.): Diese Weinsteuer ist für uns nicht annehmbar, weil wir die indirekten Steuern prinzipiell ablehnen. Abg. Schultz (Rp.) befürwortete den Antrag Kanitz. Abg. Blanckenhorn (nl.): Die Bestimmung des Antrag- Kanitz, daß Weine unter 40 M. für den Hektoliter freibleiben sollen, kommt zu spät, denn die Zeiten sind dahin, wo man in Baden gegen Zahlung von 1 M. eine Stunde lang Wein trinken konnte. (Große Heiterkeit.) Abg. Stauffer (wirtsch. Vgg.): Die Besteuerung der Faß weine wäre prinzipiell nicht von der Hand zu weisen, dennoch haben wir Bedenken gegen den Antrag Kanitz, weil die Steuer auf den Konsumenten nicht abgewälzt werden kann. Abg. vr. David (soz.): Der Vorschlag der Konservativen würde für viele Tausende von Winzern derNagel zum Sarge ihrer wirtschaftlichen Existenz sein Abg. vr. Rösicke (kons.) erklärte, daß er mit einigen seiner Freunde im Interesse des Winzerstandes gegen die Weinsteuer stimmen werde. Abg. Graf Kanitz (kons.): Ob Weine bis 40 oder 50M. für den Hektoliter steuerfrei bleiben sollen, ist mir gleichgültig, das wesentliche ist, daß die kleinen Weine freibleiben. Damit schloß die Debatte. Abg. Erzberger (Z.) bat als Kommissionsberichterstatter um Ablehnung der Weinsteuer, dagegen um Annahme der erhöhten Schaumweinsteuer. Der Antrag Kanitz wurde in seinem ersten Paragraphen ab gelehnt und der Rest zurückgezogen. Ebenso wurde die Re gierungsvorlage vollständig abgelehnt. Darauf wurde über die Schaumweinsteuer verhandelt. Die Kommission schlägt vor, die Steuer für die Flasche im Verkaufspreise von 2 M. auf 75 Pf., im Preise von mehr als 2—5 M. auf 1 M., 5—7 M. auf 2 M. und von mehr als 7 M. auf 3 M. zu bemessen. Der Eingangszoll für Schaumweine soll 150 M. für den Doppelzentner betragen. Abg. Emmel (soz ): Im Hinblick auf die in Frankreich als Gegenmaßregel gegen unsere Schaumweinsteuer drohenden Er schwerungen für unsere Textilindustrie bitte ich den Kommissions- beschluß abzulehnen. Abg. Erzberger (Z): Die KommissionSsassunq ist ein stimmig eingenommen worden, ich weiß nicht, welche Gründe die Sozialdemokraten veranlaßt haben, ihre Ansicht zu ändern. Abg. vr. Müller-Meiningen (frs. Bp): Richt nur die elsässische Baumwollindustrie fürchtet Gegenmaßregeln, sondern auch die bayerische Brauindustrie und andere deutsche Industrien. Abg. Erzberger (Z.): Vielleicht lasten sich bi- zur dritten Lesung Ermäßigungen vorsehen, fall» Frankreich auch seinerseits der deutschen Einfuhr Entgegenkommen beweist. Direktor im Reich»schatzamt Kühn: Rach Ansicht der Verbündeten Regierungen ist kein Anlaß zu Befürchtungen vor handen, wenn der Zoll sich in angemessenen Grenzen hält. Damit schloß die Debatte. Es stimmten für die Kommissions vorlage 200, dagegen 125 Abgeordnete, 3 enthielten sich der Stimmabgabe. Die Schaumweinsteuer ist somit angenommen. Darauf wurde ein Antrag auf Vertagung angenommen. über den Vorschlag des Präsidenten, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung da» Gesetz zur Verhinderung der zollwidrigen Verwendung von Gerste zu setzen und sodann die Fortsetzung der Steuervottagen vorzusehen, entstand eine lebhafte Geschäft»- ordnungsdebatte, weil die Linke verlangte, daß die Reichsfinanz reform ohne Unterbrechung vollendet werde. Die Abstimmung ergab die Annahme de» Vorschläge» de» Präsidenten; demnach: Nächste Sitzuckh Dienstag 11 Uhr: zollwidrige Verwendung von Gerste, Fortsetzung der Steuervorlagen. Stuttgart, 5. Juli. Der frühere Reich»tag»- und Land taggabgeordnete Kommerzienrat Han» Hähnle ist gestorben.