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Tloniglieh Sciehstsehev StaatsMrzetgev. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. 1909 Nr. 156 > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: i. V. Regierungsassessor vr. Gerth in Dresden. Freitag, 9. Juli Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der6mal gespalt.Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum aus 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. auf GeschSftSanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Ministerialdirektor im Justizministerium Geh. Rat Vr. Eugen Arthur Kirsch den Titel und Rang eines Wirklichen Geheimen Rates zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Leutnant Alexander Oskar Max Heynig, Adju tanten des 7. Feldartillerie-Regiments Nr. 77, für eine von ihm am 9. April unter eigener Lebensgefahr be wirkte Lebensrettung die silberne Lebensrettungsmedaille zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß die Nachgenannten die ihnen von Sr. Hoheit dem Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Regenten des Herzogtums Braunschweig, verliehenen Herzog!. Braunschweigischen Ordensdekorationen annehmen und tragen, und zwar die 1. Klasse des Ordens Heinrichs des Löwen Oberhosmarschall Frhr. v. dem Bussche- Streithorst und Oberstallmeister v. Haugk, das Kommandeurkreuz 1. Klasse desselben Ordens Ober zeremonienmeister Graf Wilding v. Königsbrück und Hofmarfchall Sr. König!. Hoheit des Prinzen Johann Georg, Herzogs zu Sachsen, v. Mangoldt-Reiboldt, das Kommandeurkreuz 2. Klasse desselben Ordens Kammer herr Frhr. v. Koenneritz auf Erdmannsdorf, die 4. Klasse desselben Ordens Hofwirtschaftsinspektor Rechnungsrat Walther, Hausmarschallamtssekntär Kanzleirat Schubert, Kammerzahlmeister Kanzleirat Schließer und Oberbereiter Drechsler, das Verdienstkreuz 1. Klasse Hofexpeditor John, das Verdienstkreuz 2. Klasse Rechnungsführer Eckelmann, Hofkoch Krebs, Schloßverwalter Voll precht, Bureauassistent Schaarschmidt und Prinzl. Hofkanzlist Bräuer, das Ehrenzeichen 1. Klasse Schloß portier Pitschmann, Silberpolierer Freyer, Hoflakaien Döring, Horn, Loose und Schaffrath, Kellerei gehilfe Estler, Heiduck Schröter, Hausdiener Richter, Kutscher Bonitz, Hoftheaterportier Böhme, Prinzl. Kammerlakai Gloan und Prinzl. Wagenhaller Pit tack. Der unterzeichnete Kreishauptmann ist für die 2te Hälfte dieses Monats beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Geheimen Regierungsrat Beeger vertreten. . 445III Vautzcn, am 7^ Juli 1909. 4807 von CrauShaar, Kreishauptmann. Bezirksarzt vr. Wengler in Glauchau ist für die Zeit vom 15. Juli bis mit 7. August dieses Jahres be urlaubt und mit seiner S^llvertretung Bezirksarzt vr. Zehlert in Chemnitz beauftragt worden. Chemnitz, am 5. Juli 1909. 457 VII Die Königliche Kreishauptmannschaft. 4808 Es sind beurlaubt die Herren Bezirkstierärzte 1. Freytag-Plauen vom 11. Juli bis 1. August, 2. vr. Lange-Dippoldiswalde vom 11. Juli bis 7. August, 3. Beterinärrat vr. Fambach-Glauchau vom 12. bis 27. Juli, 4. Kuhn-Flöha vom 16. Juli bis 14. August, 5. vr. Göhre-Großenhain vom 17. Juli bis 10. August und mit deren Stellvertretung die Herren Bezirkstierärzte zu 1. Deich-Olsnitz, - 2. vr. Otto-Dresden-Stadt, - 3. Schaller-Zwickau, - 4. Beterinärrat Kunze-Chemnitz, - 5. Prof. vr. Richter-Dresden-A. 4813 beauftragt worden. — Dresden, am 8. Juli 1909. Kgl. Kommission für das Beterinärwefen. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. A« Geschäftsbereiche de» »tntsterin«» der Finenze». Bei der Post-Verwaltung sind ernannt worden: Luft, seither Postnerwalter in Klosterlausnitz (S.-A.), al» solcher in Taura: Winter und Böttger, seither gegen Tagegeld beschäftigte Postassistenten, Fritzsch^, Adler, Laro, Kleinwächter, Münch, Hahnemann und Knauer, seither gegen Vergütung beschäftigte Postassistenten, als etatmäßige Postassistenten. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Deutsches Reich. Bom Reichstage. Sitzung vom 8. Juli 1909. Am Bundesratstisch: Staatssekretär Sydow, preußischer Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben. Rach Eröffnung der Sitzung um 11 Uhr 15 Min. trat das HauS zunächst in die zweite Lesung des Reichsstempel gesetzes ein. In der Vorlage sind vorgesehen Steuersätze auf Aktien, Anteilscheine, Kuxe, Renten- und Schuldverschreibungen, mit Ausnahme derjenigen des Reiches und der Bundesstaaten, ferner Jnterimsscheine der Einzelstaaten auf diese Wertpapiere, sowie der abgestempelten ausländischen Juhaberpapiere mit Prämien, ferner ein Scheck mit Umsatzstempel und eine Erhöhung des Effektenstempels. Abg. Graf Westarp (kons.) berichtete über die KommissionS- Verhandlungen. Nach einem Kompromißantrage der neuen Mehrheit soll an Stelle der früher angenommenen Kotierungssteuer eine Talon steuer in das Stempelgesetz eingefügt werden. Die Quittungen im Bankverkehr sollen ebenso wie die Schecks behandelt und der Umsatzstempel beseitigt werden. Ein freisinniger Antrag bezweckt die Herabsetzung einer An- zahl der von der Kommiffion vorgeschriebenen Sätze. Abg. Speck (Z.): Nachdem der Kotierungssteuer von der Regierung ein Unannehmbar entgegengesetzt worden ist, sind wir in die Notwendigkeit versetzt, in der Heranziehung des mobilen Kapitals eine neue Form einer Besitzsteuer zu suchen. Der Redner begründete sodann den Kompromißantrag auf Einführung einer Steuer auf Gewinnanteil- und Zinsbogen mit Ausnahme der Reichs- und Staat^papiere (sogenannte Talonsteuer). Bon Vertretern der Börseninteressen sei selbst erklärt worden, daß die Börse wohl in der Lage sei, diese Steuer zu tragen. Mit dem Antrag Bärwinkel (nl), die Steuerfreiheit auf alle mündel sicheren Papiere auSzudehnen, erklärte sich der Redner einver standen. Im übrigen ziehe er aus diesem Antrag den Schluß, daß die Nationalliberalen sonst mit dem Kompromißantrag ein verstanden seien. (Heiterkeit und: Sehr gut! im Zentrum.) Staatssekretär Sydow: Die Erhöhung des Effekten stempels im Gesamtbeträge von 20 Mill, statt der von der Regierung vorgeschlagenen 10 Mill., würde m erster Reihe die ausländischen Jndustrieobligationen treffen und das Geschäft, insbesondere die Kulisse fast unterbinden. Die Talonsteuer wird von den Verbündeten Regierungen nicht gerade für wünschens wert gehalten, wenn aber von ihr das Zustandekommen der Reichsfinanzreform abhängt, und unsere Anforderungen bezüglich des Ertrags der Steuer erfüllt werden, werden ihr die Ver bündeten Regierungen kein Unannehmbar entgegensetzen. (Hört, hört! linkS). Abg. Vr. Weber (nl.): Der sächsische Finanzminister hat die Kotierungssteuer als ein Unding bezeichnet. Glaubt man denn, daß das Monstrum der Talonsteuer besser ist als die Kotierungs steuer? Und doch hören wir von der Regierung, daß sie diese Steuer akzeptiert! Dabei würde sie nur erreichen, daß die aus ländischen Depots deutscher Kapitalisten immer mehr vergrößert werden. (Sehr richtig!) Bleiben wir nicht konkurrenzfähig bei der Begebung von Anleihen, so gehen uns große industrielle Auf träge verloren, so auf dem Gebiete des Schiffsbaues, auf dem gegenwärtig Unterhandlungen im Werte von 200 bis 270 Mill, schweben. Trotz ihres Wunsches, das mobile Kapital zu be steuern, werden meine Freunde auf Grund schwerer sachlicher Bedenken der Talonsteuer in der vorliegenden Form niemals zu stimmen. Preußischer Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: Die Regierung hat kerne Veranlassung, für die Vorlage im einzelnen einzutreten (Hört, hört! links), aber ich möchte bemerken, daß die Talonsteuer keinen Eingriff in die Finanzhoheit der Einzelstaaten bedeutet, und daß die schweren Bedenken, die unseres Erachtens gegen die Kotierungssteuer vorlagen, bei der Talonsteuer wegfallen. Der Umsatzstempel wird nicht in unangemessener Weise erhöht, ebensowenig der Stempel auf Obligationen ausländischer Staaten und Korporationen, wodurch eS unserer Börse möglich bleibt, unsere Industrie im Auslande zu unterstützen und unseren politischen Einfluß zu wahren. Im übrigen werden die Härten der Talonsteuer wesentlich gemildert durch den § 7b, der die Möglichkeit der Stundung und die Nichtanrechnung von Fehl jahren vorsieht. Preußischer Handelsminister Delbrück: Ich bitte, den Antrag Speck, der auch die für Rechnung inländischer Besitzer autgegebenen oder in da» Inland eingeführten Zin»bogen be steuern will, als inkonsequent und ungerecht abzulehnen. Wir haben un» nur nach schweren Bedenken entschlossen, in diese in vielen Beziehungen höchst mangelhafte Steuer (Lebhaftes Hört, hört!) »u willigen. Erschweren Sie unsere Situation nicht da durch, daß Sie uns zu Konzessionen zu drängen versuchen, die wir vor unserem Gewissen nicht verantworten können. (Lebhaftes Hört, hört! und Unruh« links.) Abg. Mommsen (frs. Bgg): Der Charakter dieser Steuer al» Stempel ist nicht- als ein Borwand. Der Kompromißantrag ist in allen seinen Teilen, besonder» aber hinsichtlich der au»ländi schen Papiere, undurchführbar; ihn sachlich zu bekämpfen, ist überflüssig. Für Erleichterungen werden wir zu haben sein und stimmen deshalb dem Antrag Bärwinkel zu Abg. Singer (soz.): Es ist sonderbar, daß der Handels minister, der die Steuer als höchst mangelhaft hinstellte, der Ma jorität die Formulierung der einzelnen Paragraphen geliefert hat. (Hört, hört!) Abg. Frhr. v. Gamp (Rp.): Wenn das Reich noch einmal in die Lage kommen sollte, erhebliche Summen zu brauchen, so wird der Reichstag an der Reichseinkommen- und Vermögens steuer nicht vorbeigehen können. (Lebhaftes: Hört, hört! links.) Mit der Kotierungssteuer hat die Talonsteuer nichts gemein. Reichsbankpräsident Havenstein: Durch eine Be lastung der ausländischen Werte wird die Konkurrenzfähigkeit deS deutschen Marktes geschwächt, deshalb bitte ich um An nahme des Regierungsvorschlages. Der verschärfende Antrag Speck schadet dem Verkehre mit ausländischen Papieren un gemein. Abg. Saempf (frs. Vp.): Der Verfasser des vorliegenden Entwurfs verdiente den Preis für einen Steuervorschlag, wie er nicht sein soll. (Sehr richtig! links.) Mit dieser Ansicht bin ich nicht weit entkernt von der zweier Vertreter der Verbündeten Regierungen. Die Talonsteuer trifft nicht die Börse, sondern die Inhaber der Wertpapiere. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Speck und Dove schloß die Diskussion. Nachdem der Antrag Speck zurückgezogen war, wurde die Vorlage unter Ablehnung mehrerer Abänderungsanträge der Linken, dagegen Annahme einiger Anträge Gamp in einfacher Abstimmung angenommen. Für die Talonsteuer stimmten namentlich 222, dagegen 134 Abgeordnete, einer enthielt sich der Stimmabgabe. Die Talon steuer ist somit angenommen. Es folgte der Scheckstempel, der von der Kommission auf 10 Pf. festgesetzt ist, mit Ausnahme der Postschecks und derjenigen Schecks, die dem Wechselstempel unterliegen. Abg. Singer (soz ): Der Scheckstempel wird den Scheck verkehr erheblich beeinträchtigen und ist ebenso zu verwerfen wie der Stempel auf Quittungen im Bankverkehr Abg. Kaempf (frs. Bp.): Meine Freunde können den Ver bündeten Regierungen, die, um eine Vermögens- und Erbschafts steuer zu vermeiden, Verkehrssteuern einführen und das Bestreben nach Modernisierung der Zahlungsmethoden erschweren, auf diesem Wege nicht folgen. Reichsbankpräsident Havenstein: Der Scheckverkehr hat sich trotz der wenigen Jahre seines Bestehens vorzüglich ein gebürgert, so daß es schon jetzt zulässig erscheint, ihn mit einem Stempel zu belegen. Der Stempel auf Bankquittungen ist keine verschleierte Quittungssteuer. Abg. vr. Weber ^nl.): Die Steuer wird dazu beitragen, daß der Scheckverkehr wieder zurücktritt und der Geldumlauf sich ver mehrt. Dadurch wird das Geld verteuert. Damit schloß die Debatte. Für den Scheckstempel stimmten 217, dagegen 131 Abgeord nete, zwei enthielten sich der Stimmabgabe. Der Scheckstempel ist somit angenommen, der Rest des Gesetzes wurde ohne Debatte genehmigt. Es folgte die zweite Lesung des Gesetzes betreffend Änderungen im Finanzwesen, Fahrkartensteuer, Zucker steuer und Beseitigung der Unfallversicherungs-Bor- s chriften. Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: Bei der Finanz reform bestand von vornherein die Absicht, eine dauernde Schei dung zwischen den Finanzen des Reiches und denen der Einzel staaten herbeizuführen. Den Einzelstaaten wird eine geordnete Finanzwirtschaft erschwert, wenn sie mit unübersehbaren Forde rungen des Reiches rechnen müssen. Die Verbündeten Regierungen hoffen daher, daß, wenn nicht jetzt, es doch später gelingen wird, das Haus von der Notwendigkeit einer Verständigung in diesem Sinne zu überzeugen. Abg. vr. Paasche (nl.) beantragt, die aus den Rechnungs jahren 1906 bis 1908 herrührenden gestundeten Matrikular- beiträge als Anleihen des Reiches in den Etat einzustellen, und führt zur Begründung aus: Die Reichsschuldentilgung wird später mit größeren Bedarfsziffern zu rechnen haben. Bi» 1913 werden die Reichsschulden eine Höhe von 5 Milliarden erreicht haben. Da ist es bedauerlich, daß der gleichzeitige Antrag Gamp den Beginn der Schuldentilgung wieder auf ein Jahr hinausschieben will. ES wäre erwünscht, die Orusul» Franckenstein ganz ouf- zugeben und die Matrikularbeiträge als Ultimum rvkuxium zu be trachten. Staatssekretär Sydow: Der Zweck der Reform, eine feste Grenze zwischen den Finanzen des Reiches und denen der Einzelstaaten zu ziehen, ist nicht erreicht worden. Daneben bleibt die Frage offen, wa» mit den ungedeckten Matrikularbeiträgen aus der Zeit vor dem 1. April 1909 und den eventuellen Fehl beträgen des Jahres 1909 werden soll. Wenn die Deckungskosten auf die Reichskasse nicht übernommen werden, so wird das den Effekt haben, daß man die Matrikularbeiträge erhöht. Dazu wären 15 Mill, jährlich nötig. Abg. vr. Pachnicke (frs. Bgg.): Wenn die Regierungen Steuern zustimmen, die vom Handelsminister al» höchst mangel haft bezeichnet wurden, so beweist da», daß sie nicht mehr re gieren, sondern regiert werden. Die Verbündeten Regierten (Sehr gut! — Heiterkeit) haben keinen Anlaß, sich über die Regelung der Matrikularbeiträge zu beklagen. Darauf wurde die Sitzung bi» H9 Uhr abends vertagt. Schluß 7 Uhr. Abendsitzung: Die Beratung de» Gesetze» betreffend Änderungen im Finanzwesen re. wird fortgesetzt. Abg. Stadthagen wirst den Meürükitsparteien vor, daß sie den Mittelstand ruimeren. (Großer Lärm, Pfeifen.)