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Italien. (W. T. B.) Rom, 14. Dezember. Der russische Botschafter Murajew begab sich Abends nach dem Splendidhotel, um einen Besuch abzustatten. Dort wurde er von einem Schlaganfalle betroffen und verstarb sofort. Der Bot schafter war schon einige Tage leidend. Heute machte er nach einer Automobilfahrt einen Spaziergang. Vor dem Splendidhotcl fühlte er sich unwohl und verlangte nach einem Zimmer. Ein Arzt wurde hcrbeigerufen. Trotz aller angewandten Sorgfalt starb der Botschafter alsbald. England. (W.T.B.) London, 14. Dezember. Der König nahm heute im Buckingham-Palast die Investitur derjenigen Personen vor, denen kürzlich Ordensauszeichnungen verliehen worden waren. Den beabsichtigten Besuch bei Lord Burton in Rongenore, der morgen stattfinden sollte, gab der König auf und beschloß, um die Kur zu Ende zu führen, nach Brigthon zurückzukehren. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Von dem ge schützten Kreuzer „Amethyst", der in Portsmouth für seine Ausfahrt im Anfang nächsten Jahres zum Dienst an den Küsten Südafrikas und Südamerikas bereitgestellt wird, sind Teile der Visierapparate eines 12 om-Ge- schützes über Bord geworfen worden. Als der Tat ver dächtig wurden drei Mann verhaftet. Eine allgemeine Mißstimmung scheint an Bord des „Amethyst" nicht zu bestehen. Die Bisierapparate sind bereits wieder ge borgen worden. über 350 Mitglieder des Unterhauses, unter denen sich Premierminister Asquith, der Minister des Äußern Grey, der Führer der Konservativen Balfour und viele andere hervorragende Politiker befinden, haben durch den englischen Botschafter in Konstantinopel dem neuen ottomanischen Parlament eine von ihnen unterzeichnete Adresse überreichen lassen, die dem jüngsten Parlament die herzlichen Grüße des ältesten entbietet und die Hoff nung ausdrückt, daß die Einführung des parlamentarischen Regimes für die Einwohner des türkischen Reiches segen reich sein werde. Das Unterhaus nahm in dritter Lesung den Gesetz entwurf betreffend den achtstündigen Arbeitstag der Berg arbeiter mit 264 gegen 89 Stimmen an. DaS Oberhaus hat die Gesetzesvorlage betreffend die anderweitige Regelung der Londoner Hafenverhältnisse in zweiter Lesung angenommen. London, 15. Dezember. „Daily Telegraph" meldet: Mit Rücksicht darauf, daß die britische Flagge an beiden Küsten von Zentralamerika gezeigt wird, und gewisser maßen wegen des bemerkenswerten Erfolgs der Kreuz fahrt des ersten Kreuzergeschwaders unter dem Vize admiral Scott, hat die Admiralität Befehl gegeben, daß noch zwei Geschwader in den südamerikanischen Ge wässern kreuzen sollen. „Shearwater" und „Algerine" werden an der Westküste von Zentralamerika kreuzen. „Cambrian" und „Flora" werden die mehr südlich ge legenen Häfen der Pacifischen Küste von Südamerika be suchen. Ebenso wird der Kreuzer „Pelorus", der auf der Heimfahrt von Südafrika begriffen ist, die Ostküste Südamerikas besuchen. Diese Schiffe stellen ein größeres und mächtigeres englisches Geschwader dar, als cs je früher in diesen Gewässern gesehen worden ist. Rußland. (W. T. B.) Sosnowice, 14. Dezember. Am Sonnabend nach mittag erschien vor einem hiesigen Caso ein Polizei aufgebot in Begleitung einer Militärpatrouille und ver haftete sämtliche 23 Gäste nebst den Kellnern. Ein Tei der Verhafteten wurde nach Bendin, der andere Teil in das hiesige Arbeitergefängnis geführt. Die Verhafteten sind meist jüdische Handelsangestellte, die einer Geheim- vcrbindung angehört haben sollen. Frankreich. (W. T. B.) Paris, 14. Dezember. Eine Note der „Agence Havas" erklärt: Bei der Ankunft des Präsidenten Castro in Bordeaux ließ die französische Regierung ihn wissen, daß sie sich seinem Aufenthalte in Frankreich nicht widerfetzen werde, wenn er den Wunsch ausspreche, sich dort einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen, und daß sie sich ebensowenig einer persönlichen Intervention Castros zur Wiederherstellung der normalen Beziehungen zwischen Frankreich und Venezuela widersetzen werde, sofern Castro von jeder Kundgebung, welche die Ordnung zu stören geeignet sei, absehen wolle und die Verhandlungen mit aller diplomatischen Zurückhaltung ausgenommen werden würden. Im Falle, daß sich Castro diesen Be dingungen nicht fügen sollte, würde er des Landes ver wiesen werden. Der Präsident machte diesen Erklärungen gegenüber keine Bemerkung und teilte dem Minister des Äußern am folgenden Tage mit, daß er nach Cöln reisen werde. Kein französischer Beamter hat Auftrag erhalten, den Präsidenten im Namen der Regierung zu begrüßen. (Wiederholt.) Paris, 14. Dezember. Die Deputiertenkammer nahm heute einen Gesetzentwurf an, nach dem die Inseln Anjouan, Mohelli und Grande Commore zu französischen Kolonien erklärt werden. Darauf wurde in der Beratung des Einkommensteuergesetzes sortgefahren. Algier, 14. Dezember. In Colomb-Bechar über fielen am 13. Dezember 50 Fremdenlegionäre einen Eisenbahnzug, in dem sich General Bigy befand, zwangen ihn zum Zurückfahren und marschierten dann ab. über »ie Beweggründe der Tat, die als Meuterei betrachtet wird, ist nichts bekannt. Paris, 15. Dezember. Nach einer neueren Meldung aus Le Kreider wurden die 50 Fremdenlegionäre von einem ihrer Kameraden geführt, der eine gestohlene Leutnantsuniform trug. Nachdem sie den Eisenbahnzug angehalten hatten, flüchteten sie in der Richtung auf die Grenze. Die zu ihrer Verfolgung ausgeschickten Truppen verhafteten vier Flüchtlinge, die übrigen dürften über die Grenze entkommen sein. Die Niederlande und Venezuela. (W. T. B.) Haag, 14. Dezember. Amtlich wird bekannt ge- eben, die Regierung sei zu den Maßnahmen gegen das »ersönliche Regiment Castros geschritten, um sich eine Garantie dafür zu schaffen, daß sich die gegen nieder- ändische Schiffe gerichteten Belästigungen, bezüglich der Lastro eine beruhigende Erklärung für die Zukunst nicht habe geben wollen, nicht wiederholen. Der niederländischen Regierung ist die Wegnahme »es venezolanischen Schiffes, das im Verdacht stand, Munition für andere Häfen an Bord zu führen, bestätigt worden. Mit dieser Beschlagnahme hat die nieder- ändische Regierung mit der Ausführung von Repressalien begonnen, die, wie sie behauptet, den völkerrechtlichen Grundsätzen nicht zuwiderlaufen. Die Niederlande haben >as venezolanische Volk davon in Kenntnis gesetzt, daß ich die Repressalien gegen die Regierung Castros und richt gegen die Bevölkerung richten. Es wird zugegeben, >aß sich der Streitfall in einer neuen Phase befindet, )ie Gerüchte von einer Kriegserklärung «erden aber dementiert. (Reutermeldung.) London, 14. Dezember. Wie über Port of Spam aus Caracas vom 11. d. M. ge meldet wird, hat der venezolanische Minister des Äußern dem diplomatischen Korps eine Protestnote gegen die wiederholten Vergewaltigungen territorialer Rechte Vene zuelas durch die holländischen Kriegsschiffe, die sich seit »em 2. d. M. in den venezolanischen Gewässern befinden, ung der Mächte darstellen, die zusammenkommen, um »ie Übereinstimmungen ihrer Auffassungen vor aller Welt kund zu tun und zu bestätigen, daß sie die Dinge so ae- ordnet haben, daß dem Frieden keine Gefahr mehr droht. - (Reutermeldung.) Konstantinopel, 14. Dezember. Die türkische Regierung war vor emiger Zeit an die englische Regierung mit dem Ersuchen herangetreten, ihr Seeoffiziere zur Reorganisation der Flotte zur Verfügung zu stellen. Die Frage, die aus finanziellen Gründen in »er Schwebe gelassen worden war, ist nunmehr wieder praktisch geworden. Es wird jetzt bekannt, daß Konter admiral Gamble für zwei Jahre in türkische Dienste tritt. Einige Einzelfragen, so der dem Konteradmiral in der türkischen Marine zu gewährende Rang bleiben der Re- gierung noch Vorbehalten. Zur Lage in Persien. (Reutermeldung.) Teheran, 14. Dezember. Die englische und die russische Gesandtschaft halten den neuen Staatsrat für unbefriedigend und richteten deshalb an den Minister )es Äußern eine gemeinsame Mitteilung des Inhalts, »aß durch die Einsetzung eines Staatsrats die vom Schah feierlich gegebenen Versprechungen, eine Repräsentativ versammlung einzuberufen, nicht erfüllt worden feien. Nur eine solche könne dem Lande die Ruhe wiedergeben. Zur Lage in Britisch-Jndien. (W. T. B.) Kalkutta, 14. Dezember. Die Untersuchung ergab, daß die Verschwörung in Bengalen von größerer Aus- dehnung ist, als man zuerst annahm. Sie war besonders gut organisiert und hatte eine Propaganda-, eine Finanz-, eine Militär- und eine Nachrichtenabteilung. Mannigfaltiges. Dresden, 15. Dezember. * Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde besuchte gestern abend das Geschäft des Juweliers und Goldschmieds Karl Frötschner, König Johannstraße, Ecke Schießgasse 6. * Der Sarkophag für die hochselige Königin- Witwe Carola ist soeben in der Kunstgießerei von Pirner u. Franz in Vorstadt Löbtau fertiggestellt worden und soll morgen in der Königsgruft der Katho lischen Hofkirsche zur Aufstellung gelangen. Die irdische Hülle der Heimgegangenen erlauchten Frau ruht gegen wärtig in einem mit Metalleinsatz versehenen eichenen Sarge, der mit Purpur- und Goldborten geschmückt ist. Dieser Eichensarg wird in den bronzenen Sarkophag gestellt, worauf dieser mit einem fünf Zentner schweren Deckel bedeckt und zweimal verschlossen wird. Der Sar kophag schließt sich in seiner Ausführung dem architekto nischen Charakter der Katholischen Hofkirche an und ist im Stile Ludwigs XIV. gehalten. Der mit vier starken Handhaben versehene Deckel zeigt am Kopfende eine aus einem Kissen liegende Königskrone, über die ein Palmen- zweig gelegt worden ist. Die Mitte des Deckels nimmt ein Kruzifix ein, unter dem sich eine Inschrift befindet, die den Namen und den Geburts- und den Todestag der hohen Verklärten angibt. Darunter liest man den Spruch . „Reguiesout in paoe": das sächsisch-schwedische Allianz wappen bildet den Abschluß des Deckels. Am Fußende des Sargkörpers ist ein sprechend ähnliches Medaillon- Porträt der verstorbenen Königin angebracht, über dem ein schwebender und zum Himmel zeigender Engel einen Zypressenzweig als Symbol der Liebe und Barmherzigkeit hält. Von hier aus ziehen sich links und rechts Girlanden von Rosen und Lilien hin, die auch die Längswände des Sarges zieren. Am Kopfende sind, oben links und rechts feinmodellierte Engelsköpfchen angebracht worden, während an beiden Längsseiten Kartuschen mit lateinischensBibelsprüchen (1. Joh. 3,18 und Matth. 5,7> angeordnet sind. Der Deckel liegt über einem Falz auf dem Sargkörper und wird, wie bereits bemerkt, durch zwei verschiedene Schlösser geschlossen. Das Ge samtgewicht des Sarkophags beträgt etwa 30 Ztr. Seine Herstellung erforderte rund sechs Monate Arbeitszeit. Die größten Ausladungen des Sarkophags betragen in der Länge 3,05 m, in der Breite 1,65 m und in der Höhe (Kopfseite ohne Krone) 1,45 m. Das Gußmetall besteht aus 90 Proz. Kupfer, 6 Proz. Zink und 4 Proz. Zinn. Der erhöhte Zusatz von Weißmetall erfolgte, um dem Sarkophag eine etwas hellere Färbung und einen goldigen Glanz zu geben. Der Entwurf de» Kunstwerks stammt von Hrn. Hosbaurat Frölich, während das Modell von Hrn. Hofbildhauer Kurt Roch hergestellt wurde. Die Kunstgießerei von Pirner u. Franz fübrte den Guß des Sarkophags in mustergültiger Weise aus. * Ihren hundertsten Geburtstag feiert heute in seltener Rüstigkeit und Frische Ihre Exzellenz Frau Therese v. Mangoldt geb. Frenn v. Putsani. Sie wurde am 15. Dezember 1808 als Tochter des Oberhof meisters der Prinzessin Maria Theresia, der späteren Ge mahlin des Hochsellgen Königs Anton von Sachsen, Frhrn. v. Putsani geboren. Im Jahre 1827 wurde sie zur Hof- dame der Prinzessin Mana Theresia ernannt und ver blieb in dieser Stellung bis zu deren Tode. Ein Jahr später heiratete sie den nachmaligen Generalleutnant und Kommandeur der Kavalleriedivision Hans v. Mangoldt, der vorher militärischer Erzieher weiland Ihrer Majestäten der Könige Albert und Georg war. Seit dem Jahre 1865 ist die nunmehr hundertjährige Dame verwitwet und wohnt seit langer Zeit in Dresden in dem Hause Zinzen- dorfstraße 5. übersandt. Die Note hebt hervor, daß eine Blockade nicht erklärt worden sei und das Kreuzen der Schiffe an den Küsten den Handel aller neutralen Mächte schädige. New Pork, 14. Dezember. (Aufdeutsch-atlantischem Kabel.) In Caracas veranstalteten viele Bürger und Studenten vor dem Gebäude des „Constitutional", der Zeitung des Präsidenten Castro, eine Kundgebung gegen die Regierung. Bei einem Zusammenstoß mit den An- gestellten der Zeitung wurden mehrere Personen durch stevolverschüsse verletzt und eine getötet. Vizepräsident Gomez erklärte angesichts des Vorgelgens Hollands für Venezuela den Verteidigungszustand. Das Dekret wurde vom Polke mit Begeisterung ausgenommen. Spanien. (W. T. B.) Madrid, 14. Dezember. Die Deputiertenkammer beriet heute über eine Gesetzesvorlage betr. den See verkehr und im besonderen über die Zölle, die von spa nischen und fremden Schiffen, die aus europäischen, asiatischen und afrikanischen Mittelmeerhäfen kommen, erhoben werden sollen. Die Vorlage stößt in den spa nischen Mittelmeerhäfen auf starken Widerspruch. In Navabermosa in der Provinz Toledo wurden im Verlaufe von Streitigkeiten bei der Erhebung von Oktroyabgaben zwei Personen getötet und 'eine verwundet. Zur Lage auf dem Balkan. (Meldung des Wiener KK. Telegr.-Korresp.-Bureaus.) Konstantinopel, 14. Dezember. Die „Jeni-Gazetta" schreibt zur Eröffnung der Verhandlungen mit Österreich- Ungarn, sie glaube, daß die Verhandlungen bald günstig enden würden und daß Osterreich-Ungarn sie nicht dadurch hindern werde, daß es einen Schadenersatz für den Boykott verlange. „Sabah" meint, es sei nötig und richtig, daß die Pforte bei den Verhandlungen eine feste und ernste Politik pflege und alles anwende, um der Freiheit und der Ehre entsprechend die verletzten Rechte zu sichern. (Wiederholt.) Achmed Riza ist hier eingetroffen. Wie „Tanin" meldet, ist der Jntendanzchef und Divifionsaeneral Achmed Feisi Pascha, der früher Gesandter in Cetinje war, zum Wali und Militärkommandanten von Tripolis ernannt worden. (Meldung des Wiener K. K. Telegr.-Korresp.-Bureaus.) Sofia, 14. Dezember. Die letzten von den hiesigen Vertretern Osterreich-Ungarns und Deutschlands unter nommenen informativen Schritte bei der bulgarischen Regierung sind von letzterer gestern durch eine Verbal- note beantwortet worden, worin sie sich bereit erklärt, mit der Türkei die unterbrochene Ablösungsverhandlung wegen der Bahngesellschaft wieder aufzunehmen. Das Wiener „Fremdenblatt" schreibt: Auf die letzte russische Note hat die österreichisch-ungarische Regierung als Mittel, um ihre Auffassung zum Zwecke der Konferenz in die Wirklichkeit umzusetzen und zugleich dem von Ruß land ausgehenden Wunsche nach Ermöglichung einer freien Diskussion aller Punkte des Konferenzprogramms zu ent sprechen, angegeben, daß eine uneingeschränkte Erörterung der Konferenzpunkte nicht auf der Konferenz, sondern noch bevor sie zusammentrete, Platz greifen solle. Die Mächte sollten sich vorher ihre Auffassungen über die ein zelnen Punkte mitteilen und sich erst dann, wenn sich aus dem für und wider ihrer Auffassungen eine einheitliche Meinung gebildet habe, an den Konferenztisch setzen. Europa sollte von der Konferenz keine Überraschungen erwarten. Vielmehr sollte die Konferenz eine Versamm- empkio^vo ^ir bvckvutovck« 2ukubr«Q bsso nOors ja vc>Q M. IOO bi» 3000 pr. kusvk H Oo. IVaisenfiausatrLÜe 25 — — l'elspkon Nr. 1754. W7