Volltext Seite (XML)
Sitzungsgebäude entfernt. Die geheime Sitzung dauerte fort. Die Zahl der Deputierten soll inzwischen auf 200 gestiegen sein. Wie verlautet, ist die Entscheidung über den Antrag auf Absetzung des Sultans noch nicht ge fallen. Die „Kölnische Ztg." meldet auS Konstantinopel von Mittemacht: In der heutigen geheimen Sitzung in San Stefano, an der Abgeordnete und Senatoren teilnahmen, wurde die Absetzung des Sultans mit 150 Stimmen be schlossen. Bedenken bestehen lediglich über den Zeitpunkt der Absetzung. Der Scheich ul Islam soll ein Fethwa darüber vorbereiten. Konstantinopel, 23. April. Wie der „Couriere de Orient" angeblich auf Grund verläßlicher Informationen wissen will, hat die Gesundheit des Sultans unter dem Eindruck der letzten Ereignisse stark gelitten. Der Sultan leide an Gehirnstörungen, was die Ärzte sehr beunruhige. Diese Meldung scheint dem „Wiener K. K. Korrespondenz- dureau" zufolge absichtlich lanciert zu sein. Zur Lage in Syrien. (W.T. B.) Konstantinopel, 22. April. Einer Kon sulardepesche zufolge hat sich die Bevölkerung in Da maskus und anderen Orten unter der Einwirkung der Zivil- und Militärbehörden beruhigt. — Nach einer weiteren Depesche wird die Zahl der Opfer während des armenischen Massakres im Wilajet Adana auf 15000 geschätzt. Ganze Dörfer sind vernichtet. Die Wilajets- behörden verlangen von dem armenischen Bischof zur Rechtfertigung vor Europa die Erklärung, daß die arme nische revolutionäre Bewegung die Massakres hervorrief. Sie drohen, andernfalls alle Überlebenden zu vernichten. Die Armenier in Konstantinopel und in anderen Orten sind sehr geängstigt. Schiffssendungen der Großmächte. (W. T.B.) Pola, 22. April. Das Schlachtschiff „Erzherzog Ferdinand Max" und der Torpedojäger „Sa tellit" dürften heute abend nach den türkischen Gewässern auslaufen. (W. T. B.) Wien, 22. April. Infolge von be unruhigenden Nachrichten über grobe Ausschreitungen des Pöbels in verschiedenen kleinasiatischen Hafenstädten sind der Panzerkreuzer „Kaiser Karl VI." und der Kreuzer „Zenta" in das östliche Becken des Mittelmeers entsanot worden. (W-T.B.) New York, 22. April. Einer Meldung der „Sun" zufolge ist der geschützte Kreuzer „Takoma" nach den türkischen Gewässern beordert worden. Zur Lage in Persien. Meldung der St. Petersburger Telegr.-Agentur".) Täbris, 22. April. Der in Ain ed Daulehs Lager ent- sandte russische kommerzielle Senior und der englische Vizekonsu! brachten die Nachricht zurück, daß der Ober- kommandierende keinerlei Befehl vom Schah hinsichtlich des Waffenstillstands und der Einfuhr von Lebensmitteln nach Täbris erhalten habe. Die Lage sei wiederum äußerst gefährlich geworden für die Konsulate und die Ausländer. (W.T. B.) Teheran, 22. April. Einer der Kom mandanten der Schahtruppen in Täbris hat sich den Waffenstillstand zu nutze gemacht, indem er eine wichtige nationalistische Stellung im Südwesten der Stadt besetzt hat. Die britische und die russische Gesandtschaft haben gegen diesen schweren Bruch der Kriegsgebräuche auf das Nachdrücklichste protestiert. Paris, 22. April. Der „Agence Havas" wird aus Teheran gemeldet: Die Aufständischen von Jspahan und Rescht marschieren nach Teheran. Vom ErprLsiventen Castro. " (W.T.B.) St. Nazaire, 23. April. Der Dampfer „Versaille" mit dem früheren Präsidenten Castro an Bord ist hier angekommen. Mannigfaltiges. AuS Sachsen. * Die Zeit der Heimatfeste naht wieder. Da dürste es angezeigt sein, auf einige Gesichtspunkte hin zuweisen, die bei der Abhaltung dieser Feste sehr wert voll sind und die von einem hervorragenden Kenner der Sächsischen Volkskunde, Hrn. Prof. O. Seyffert, in dem XI. Jahresbericht des Vereins für Sächsische Volkskunde veröffentlicht worden sind. Es heißt da u. a.: Die Heimatfeste haben bereits ihre feststehende Ordnung ge funden. Sonnabend abend findet Begrüßung statt, der Sonntag verzeichnet einen gemeinsamen Kirchgang, Schmückung der Gräber, Konzert auf dem Marktplatz, nachmittags einen Festzug. Ein Lampionzug der Kinder durch die beleuchtete Stadt macht den fröhlichen Abschluß. Am Montag sind Ausflüge in die Umgebung vorgesehen. In irgendeiner Halle findet eine Ausstellung bemerkens werter Altertümer der Umgegend statt. Sie bringt einen historisch echten Zug in das Gegenwartsbild. Zu einer bedenklichen Tat können aber die Festzüge auswachsen. Es ist nicht zu leugnen, daß es gerade bei einem Heimat feste angebracht ist, geschichtlich wichtige Begebenheiten der Vaterstadt in die Erinnerung zu rufen. Aber von der Theorie zur Praxis ist oft ein schwerer Schritt. Die geliehenen zweifelhaften Maskenkostüme, die Perücken und die allzu eifrige Tätigkeit ungeschickter Friseure und Dekorateure erzeugen nicht immer das erhoffte historische Gepräge. Sollte ein Festzug sich nicht durch neuzeitliche Mittel ungleich wirksamer machen lassen, als durch eine — um ein hartes Wort zu gebrauchen — verlogene Maskerade? Der Gestaltungskraft würden neue Wege gezeigt und einem gesunden Fühlen und Erfinden Tür und Tor geöffnet. Die in Felle eingewickelten alten Germanen, dre Ritter in Blechrüstungen und falschen Bärten, den Klemmer auf der Nase, die Knappen mit den dicken Perücken und den knallrotgeschminkten Wangen, die Gretchen mit den strohgelben Zöpfen sind doch recht fragliche Erscheinungen. Theaterspiel paßt nicht in die Wirklichkeit der Straße und ist schließlich nur bei Aufgebot aller Mittel — sachkundiger Hilfe und vielem Gelde — erträglich. Ein Regenwetter, bei dem die Zuschauer unter den Regenschirmen auf die falschen Ritter schauen, siehe Einweihung der Hohkönigsburg, hinterläßt außer den betrübenden doch sicher viele komische Eindrücke. Sind aber in einer Gegend noch Volkstrachten lebendig, oder reicht die Erinnerung noch ai> solche heran, so soll man nicht versäumen, eine Gruppe aus ihnen zu stellen. Hier trennen nicht viele Jahrhunderte Zuschauer und Festzugsteilnehmer, hier braucht keine Anleihe an Masken kram genommen zu werden, und doch lacht eine bunte Welt uns entgegen, und manchem Besucher werden die Bilder aus der Jugendzeit wieder erwachen. Überhaupt soll man das Eigenartige, das eine Gegend besitzt, bei einem Heimatsfeste ganz besonders betonen. Aber wie oft kann man erleben, daß man zur Lüge greift, wo man es gar nicht nötig hat, wo die gesunde, frische Wahrheit erst zur Seite geschoben werden muß, um dem Unechten Platz zu machen. Wie unangenehm berührt es, wenn z. B. ein ländlicher Erntewagen mit bäuer lichen Maskeraden den Festzug „schmückt", wenn die Bauermädel, die man so leicht unverfälscht haben kann, in roten Seidenröckchen mit Goldstreifen den geschminkten Bäuerinnen unserer Oper gleichen. * Der Landesverband Königreich Sach sen des Flottenbundes deutscher Frauen hat sich auch im letzten Geschäftsjahr in zufriedenstellender Weise entwickelt und war in der Lage, die ansehnliche Summe von 5535 M. an die Zentralstelle des Flottenbundes deutscher Frauen abzuliefern. Auch die Anzahl der Orts gruppen hat sich vermehrt und erst kürzlich wurde wieder eine solche in Loschwitz Weißer Hirsch unter dem Vorsitze der Frau Major Döring gebildet. Übrigens tritt der Flotten bund deutscher Frauen demnächst in Dresden wieder mit einer größeren Veranstaltung in die Öffentlichkeit. Es ist ihm gelungen, Hrn. Hofprediger a. D. Pfarrer Kehler zu einem Bortrage über die nationalen Aufgaben der Frau zu gewinnen, der demnächst im großen Saale des Vereins- Haufes stattfinden soll. * Unter den mannigfachen Bestrebungen kulturell sittlicher Art unserer Zeit ist der Kampf gegen den internationalen Mädchenhandel dasjenige Gebiet, auf dem noch viel mehr geschehen muß, wenn das chandbare Geschäft verschwinden soll. Bei uns zu Lande fördert in freiwilliger Tätigkeit ein Sächsisches Lan deskomitee zur Bekämpfung des Mädchenhandels, an dessen Spitze Pfarrer Mätzold in Dresden steht, die Be wegung gegen diese Schmach unseres Jahrhunderts. Nach dem soeben erschienenen Jahresbericht hat dieses Komitee in enger Verbindung mit der Dresdner Zentralpolizeistelle zur Bekäinpfung des Mädchenhandels vor allen Dingen vorbeugend zu wirken gesucht. Dabei hat sich u. a. gezeigt, daß gerade Sachsen als Grenzland für die Verschleppung österreichischer Mädchen nach dem deutschen Reichsgebiet in Frage kommt. Der Zentralpolizeistelle gelang es, mehrere Fälle von Mädchenhandel im Berichtsjahre zu ermitteln und zur Bestrafung zu bringen, was um io mehr Aner kennung verdient, als die Seelenverkäufer international organisiert und außerordentlich gerieben find. Auf der 6. Deutschen Nationalkonferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels stellte das sächsische Landeskomitee den Antrag, bei der Reichsregierung nach der Richtung vor stellig zu werden, daß die Eintragung minderjähriger Ausländerinnen in die Kontrollisten für Prostituierte zu unterbleiben hat bez. daß solche Minderjährige aus dem Reichsgebiet ausgewiesen werden. Dieser Antrag fand Annahme. Weiter schloß sich das Landeskomitee einer Resolution der Deutfchen Nationalkonferenz an, wonach mit allen zu Gebote stehenden Mitteln dahin gewirkt werden soll, daß die Kasernierung der Prostituierten aufhört. Die nächste Deutsche Nationalkonferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels wird im Oktober d. I. in Leipzig tagen. * Die Ausstellung der Lößnitzortschasten für Handwerk rc., die bekanntlich vom 22. Mai bis 28. Juni 1909 stattfindet, wird einen ganz besonderen Reiz durch das originelle „Bergnügungseck" erhalten. Es ist als Dorfplatz nach Art eines slawischen Rundlings gedacht. Bon diesem Platze erheben sich u. a. eine Schmiedeschenke, ein Bauerngehöst mit Kaffee- und Bierfchank, ein Spritzenhaus und ein altdeutsches Fischerhaus. Auf der Längsseite des Vergnügungsecks wird ein Natur theater erstehen, das auch als Tanzplatz zu benutzen ist. Umrahmt wird das Theater, in dem sonntäglich Vor stellungen stattfinden sollen, von zwei kleinen Häuschen, von denen das eine als Dorfmuseum ausgeführt wird, während das andere für Blumen-, Postkartenverkauf und Waffel bäckerei vorgesehen ist. Außerdem wird die Sektkellerei Bussard in einem schmucken Lößnitzer Winzerhause ihre Erzeugnisse kredenzen, wie auch der Lößnitzer Wein in traulicher Weinstube, umgeben von den Rebengewächsen der Lößnitzberge, zu erhalten sein wird. Den Abschluß des Vergnügungsecks bildet ein Kinematographentheater. * Leipzig, 22. April. Das Reichsgericht verwarf die Revision des am 11. März d. I. vom Schwur gericht Mülhausen wegen Mordes zum Tode ver urteilten Fuhrknechts Viktor Alfons Kueny, so daß das Urteil nunmehr vollstreckbar geworden ist. Pockau-Lengefeld, 22. April. Die Papierfabrik der Firma C. Hübler in Görsdorf ist ein Raub der Flammen geworden. Das Feuer kam nachts im Papier saale der alten Fabrik zum Ausbruch, verbreitete sich schnell über das gesamte Dachgeschoß und drohte auch das gegenüberliegende neue Fabrikgrundstück, das durch den Mittelbau mit diesem verbunden ist, zu ergreifen. Es gelang jedoch, den Brand auf seinen Herd zu be schränken, so daß der Mittelbau mit den darin enthaltenen Holzschleifereimaschinen, sowie das neue Fabrikgrundstück mit allen Maschinen und Geräten dem verheerenden Element entrissen werden konnten. Die Ursache des Brandes ist noch nicht festgestellt worden. Frankenberg, 22. April. Eine sichere Spur, die auf den Täter des Raubmords an der Elfriede Wenzel führt, konnte auch bis heute noch nicht festgestellt werden. Der am Dienstag sistierte Konditorlehrling Baldauf wurde wieder auf freien Fuß gesetzt, da gegen am Mittwoch, wie schon gemeldet, ein junger Kaufmann, namens Götze, unter dem Verdachte der Täterschaft in Hast genommen. Weiter wird eine Spur in Chemnitz verfolgt. Die der Ermordeten geraubt^ Summe beträgt, wie nunmehr festgestellt worden ist, nichL nur 60, sondern 200 M. Pausa, 22. April. Gestern früh brach auf dem Boden des Brauhauses der Unionsbrauerei von Wil helm Güpfert u. Co. Feuer aus, das in kurzer Zeit den ganzen Dachstuhl vernichtete. Der günstigen Windrichtung ist es zu danken, daß die Flammen nicht das Wohn gebäude mit ergriffen; sonst wäre die daneben liegende Mälzerei der Firma Gebrüder Schmidt in Elsterberg kaum zu retten gewesen. Obwohl versichert ist, dürfte der Unionsbrauerei ein bedeutender Schaden entstehen. Man vermutet Brandstiftung. Bei der Löscharbeit neigte sich die aufgestellte Schiebeleiter der Freiwilligen Feuer wehr zur Seite. Der darauf stehende Feuerwehrmann Schultheiß hatte die Geistesgegenwart, den Karabiner haken zu lösen und herabzuspringen. Bei dem Sprunge aus beträchtlicher Höhe kam er glücklicherweise mit einer Fußverletzung davon, doch mußte er vom Platze getragen werden. Jagd und Sport. * Das diesjährige Preisreiten des Dresdner Reit vereins wird am 24. April ^2 Uhr nachmittags auf der großen offenen Reitbahn der Gardereiterkaserne abgehalten. Es verspricht durch die zahlreich abgegebenen Nennungen sehr interessant zu werden Der Zutritt ist außer den Mitgliedern nur denjenigen gestattet, die im Besitze einer Eintrittskarte sind. Diese Katten, Herrenkarte 5 M., Damenkatte 3 M., sind durch Vermittelung von Vereinsmitgliedern zu erhalten. * Für die Sternfahrt durch Deutschland, die aus Anlaß des Deutschen Motorfahrertags am 19. Mai nach Schandau stattfindet, haben die Herren Generaldirektor Kom merzienrat Förster (Seidel u. Naumann) und Direktor vr. Dieterich- Helfenberg je einen Preis von 100 M. gestiftet. Die beiden Preise sollen in der Form von Ehrenpreisen für die besten Leistungen bei dieser Sternfahrt verliehen werden. Berlin-Karlshorst, 22. April. I. Rittersporn-Hürden- Rennen. 3200 m. Hrn. I. Beutlers Leeward (Rastenberger) 1. Morphium 2. Magenta 3. Tot.: 39:10. Platz: 14, 14, 20:10. — II. Demminer Jagd-Rennen. 4000 m. Lt. v. Schmidt- (Fortsetzung siehe nächste Seite.) »etterdertcht der König!« ESchs. Landeswetterwarte. «wenm-sverlauf i« Sachse» am 22. April 1RW. Der 22. April verlief völlig heiter und trocken. Die Temperatur sank in der Nacht vielenorts, selbst in tieferen Lagen bis unter Null. Alle Stationen meldeten Reif. Die Winde waren zumeist östlichen Ursprungs. Das Barometer stand bis zu 4.7 über dem Normal werte. Die Nachrichten vom Drachen- bez. Ballonaufstieg in Linden berg fehlen. «eld»»g bom Aichtelberg (1213 m), de» 23. AprU, früh 7 Uhr. Barometer: Gefallen. Mäßiger Nordwestwind. Tem- pemtur:-s-4.2 " 6. Bewölkung: Heiter, leichte Wolken. Schwache Schneedecke bi- zu 1000 m herab, glänzender Sonnenunter- und aufgang, Abend- und Morgenrot, Schneetiefe 90 vm. «etterlage i« Europa am 23. AprU. früh 8 Uhr. Der hohe Druck verliert an Intensität. Das westliche Tief breitet sich östlich aus. Seine Annäherung wird kenntlich durch Rückgang des Druckes und durch Auftreten zunächst leichter Bewölkung. Ob durch das Ties eine endgültige Witterungsänderung herbeigeführt wird, ist noch fraglich. Aller Voraussicht-nach zieht daS Tief in nordöstlicher Richtung an uns vorbei. Sachsen würde sonach nur von den Ausläufern de- Tief berührt werden, die sich als Teil- tief- darstellen und meist zu Gewittern führen. Jedenfalls ist vorläufig nur mit weiterem Anstieg der Temperatur und mit dem Auftreten lokaler Gewitter oder örtlicher vereinzelter Regensälle zu rechnen. Peogaase Air Sonnabend, »e» 24. April. Böige Winde meist südwestlichen Ursprung»; veränderliche Bewölkung; wärmer; lokale Gewitter oder einzelne Regenschauer. Wetterkarte vom Freitag, 23. April, früh 8 Uhr. Windströmung und Linien gleichen Luftdruckes. Witterungszustand und Temperatur 'O- Lie Zahlen Hedeulen Barometerstände. Lie Zahlen bedeuten Temperaturgrad«, die 7(00) ist weggelasten worden. Kältegrade sind durch — kenntlich. 5 etilen erklär«!» .4 S O mNiederM. stürmisch stark frisch schwach windstill wolkenlos bedeckt ! bedeckt H bedeckt bedeckt Regen Schnee Nebel Tunst I iiraupeln I »KewUler W Hagel