Johannes Brahms Symphonie Nr. 2, D-dur, Op. 73 Kaum ein Jahr nach Beendigung der Ersten war die Arbeit an der D-dur- Symphonie abgeschlossen, offenbar zu Brahms’ eigener, mit Selbstironie quittierter Überraschung, denn er fand, das neue Werk sei keine SYM PHONIE geworden, „bloß eine SIN FONIE“. Seinen kauzigen Schaber nack trieb er auch mit Simrock, dem er einen Walzer avisierte, oder mit dem Chirurgenfreund Theodor Bill- roth, den er auf „ein klein unschuldi ges Stück“ neugierig machte. Obwohl Brahms alle klanglichen Reizmittel verschmähte und sich fast ostentativ in den Grenzen der klassi schen Orchesterbesetzung hielt (zweifaches Holz, vier Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken und Streicher) - diese auch oft noch zu kammermusikalischer Diskretion reduzierte brachte er Wirkungen hervor, die den Klang als solchen zum Träger des Ausdrucks verabsolu tieren, ein für den Handwerks- Ethiker Brahms seltenes Phänomen. Die Schlußpartien des ersten und des letzten Satzes schwelgen im vollen D-dur des großen Orchesters, gegen Ende des 3. Satzes tauchen die Streicher des Scherzando-Themas ins glänzende Licht von Fis-dur, und selbst der neblige 2. Satz wird mit einem glühend-sinnlichen H-dur- Akkord beendet, der Tonart, die im vollen Tutti am sattesten leuchtet, wie wir vom „Tristan“ und vom Kopfsatz aus Tschaikowskys 6. Symphonie HERTIE SCHWABING • LEOPOLDSTR 82 • 80802 MÜNCHEN • TELEFAX 33 66 69