Volltext Seite (XML)
Dresdner W Journal. königlich Sächsischer Staatsnnzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 31. 4> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. <r Montag, 8. Februar 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstrabe 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mart vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. »674. Ankündigungen: Die Zelle kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Telle 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. PreiSermäßigg. auf GefchäftSanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Oberbuchhalter bei der Staatsschuldenverwaltung Kammerrat Dittrich bei seinem Übertritt in den Ruhe stand den Titel und Rang eines Hofrates in der IV. Klasse der Hofrangordnung zu verleihen. - Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Oberlehrern an der Bürgerschule in Oelsnitz i. V. Theodor Hermann Ernemann und August Friedrich Völkel das Verdienstkreuz zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Markthelfer Albert Otto Gustav Schurig in Dresden für die von ihm am 9. September 1908 mit Mut und Entschlossenheit und durch eine ausgezeichnete Leistung bewirkte Errettung einer Frauensperson vom Tode des Ertrinkens in der Elbe die bronzene Lebensrettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. Se. Majestät der König haben den Fleischermcistern Emil August Kletzsch und Paul Oskar Kletzsch in Dresden, Inhabern der unter der Firma F. W. Gottlöber Nachf. E. W. Niedenführ in Dresden betriebenen Fleischerei, das Prädikat „Hoflieferanten Sr. Majestät des Königs" Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Obergendarm Hartmann >n Dresden das ihm von Sr. Majestät dem König von Spanien verliehene Militärverdienstkreuz annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Redakteur und Schriftsteller Mäder in Dresden das ihm von Sr. König!. Hoheit dem Fürsten von Montenegro verliehene Ritterkreuz des Lrdens Danilo I. annehme und trage. Die versichcrung-.Aktien.Gcfellfchaft „Allianz" in Berlin hat als Hauptbevollmächtigten für den Bezirk der Kreishauptmannschaft Leipzig gemäß 8 115 Absatz 2 des Reichsgesetzes über die privaten Versicherungsunter nehmungen vom 12. Mai 1901 Herrn R. A. Michael mit dem Wohnsitze in Leipzig, Grimmaische Straße 21, bestellt. 16 ui x Dresden, am 4. Februar 1909. 869 Ministerium des Innern, Abteilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 8. Februar. Se. Majestät der König wohnte gestern vormittag dem Gottesdienste in der katholischen Hofkirche bei und unternahm mit Allcrhöchstfeinen Kin dern nachmittags einen Ausflug in die Heide. Heute vormittag nahm Allerhöchstderselbe militärische Meldungen, sowie die Vorträge der Herren Staats minister und des Kabinettssekretärs entgegen. .Se. Maje stät der König hat Sich hierbei auch durch den Ver treter des Ministers des Innern, Ministerialdirektor Wirk lichen Geh. Rat Merz, eingehenden Bortrog über das Hochwasser in verschiedenen Landesteilen erstatten lassen und mit großem Bedauern Kenntnis davon genommen, daß nicht nur große Schäden an Fluren und Gebäuden entstanden, sondern sogar einige Menschenleben zu be klagen gewesen sind. Zur Frühstückstafel waren an den K. u. K. Oster- reichisch-Ungarifchen Gesandten Frhrn. v. Braun mit Ge mahlin und den Kämmerer und Sektionsrat Grafen Tibor Szspäry Einladungen ergangen. Se. Majestät der König wird Sich am nächsten Montag 1 Uhr 17 Min. mittags zum Besuche des Herzog!. Hofes nach Altenburg begeben und am Dienstag, den !6. Februar, vormittags 11 Uhr 16 Min. in Leipzig ein treffen, um dafelbst Vorlesungen an der Universität bei zuwohnen und einige Fabriken, sowie gemeinnützige An stalten rc. zu besuchen. Die Rückreise von Leipzig nach Dresden wird am Donnerstag, den 18. Februar, abends nach dem Gewand hauskonzett erfolgen. Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem Könige hat von gestern bis 20. d. M. der Kammerherr v. Oppell auf Friedersdorf übeM>mmen. — Die Königliche Familie vereinigte sich gestern zur Mittagstafel bei Ihrer Königl. Hoheit der Prin zessin Mathilde. — Bei Ihren Königl. Hoheiten dem Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg findet heute abend 7 Uhr größere Tafel statt, an der auch Se. Majestät der König, Ihre Kaiferl. und Königl. Hoheit die Frau Erzherzogin Maria Josepha und Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde teilnehmen werden. Daran schließt sich eine Soiree an, zu der noch weitere Ein ladungen ergangen sind und bei der Hr. Geh. Hofrat Prof. vr. Lamprecht einen Vortrag über seine Reise nach Amerika halten wird. Mitteilungen ans der öffentlichen Verwaltung. Oberverwaltung-geeicht. Sind Baupolizeibehörden zu Erteilung von Auskünften verpflichtet? Durch ihren Rechtsbeistand richteten die Eigentümer eines Gärtnereigrundstücks, das nach dem Bebauungsplan zu einem Teile öffentlicher Platz werden soll, an die Baupolizeibehörde das Ersuchen, ihnen über den Zeitpunkt der Errichtung der bereits an dem Platze an liegenden Häuser, über die bei der Baugenehmigung hinsichtlich der Platzbefchasfung gestellten Bedingungen und Ähnliche» schrift lich Mitteilungen zukommen rn lassen, da sie einen Teil ihre» Grund besitzes selbst bebauen und sich deshalb volle Gewißheit über die Rechtslage beschaffen wollten. Das Baupolizeiamt eröffnete ihnen, daß es die Beantwortung der gestellten Fragen grundsätzlich ab lehnen müsse. Es werde hierauf dann einzugehen sein, wenn über den Umfang der Anliegerleistungen nach Einreichung eines bestimmten Bauvorhabens Entschließung gefaßt werden müsse. Den hiergegen erhobenen Rekurs verwarf die Kreishauptmann schaft. Das Oberverwaltungsgericht stimmt in seinem auf die Anfechtungsklage ergangenen Urteile der Ansicht der Rekursinstanz bei, daß eine Pflicht der Baupolizeibehörde zur schriftlichen Aus- kunftserteilung in einem Falle der vorliegenden Art weder im bestehenden Landesrechte noch in der Ortsgefetzgebung begründet sei. Zugegeben werde dem Kläger nur so viel, daß es in Sachsen allgemein üblich sei, die Verwaltungsbehörden um Auskunfts erteilungen in amtlichen Angelegenheiten anzugehen und daß die Behörden derartigen Ansuchen meist entsprächen. Damit rechne auch das Verwaltungskostengesetz vom 30. April 1906, das im §1 Absatz 2 „bloße Auskunstserteilungen, Ratschläge, Vermittelungen, An regungen und dergleichen" — die, wie es in der Begründung zum § 1 heiße, „das erfolgreiche Wirken der Behörden wesent lich bedingen" — für kostenfrei erkläre Daraus folge aber noch nicht ein Recht des einzelnen auf Erteilung von Aus kunft und insbesondere in schriftlicher Form. Wie weit die Behörde in ihrem Entgegenkommen gehen wolle, bleibe ihrem pflichtmäßigen Ermessen überlassen. Jedenfalls könne ihr in baupolizeilichen Angelegenheiten nicht angesonnen werden, im Interesse von Privatpersonen umfangreiche Erörterungen anzu stellen und namentlich in verwickelten Verhältnissen Auskunft über fremde Grundstücke zu geben, die nur den Zweck habe, den Antragstellern als Unterlage für ihre rein privatwirtfchaftlichen Entschließungen zu dienen und ihnen eigenes Nachforschen zu er sparen oder zu erleichtern. Deutsches Reich. Vom Reichstage. Sitzung vom 6. Februar 1909. Auf dem Platze des Präsidenten lag aus Anlaß der 200. Sitzung ein prächtiger Strauß aus Flieder und Rosen. Am Bundesratstisch Staatssekretär Or. v. Bethmann-Hollweg, Unterstaatssekretär Wermuth. Präsident Graf Stolberg eröffnete die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. mit folgenden Motten: Ich eröffne die 200. Sitzung. Die Herren Schriftführer haben, liebenswürdig, wie sie immer sind, meinen Platz mit diesem herrlichen Bukett geschmückt. Ich sage ihnen meinen Dank dafür. Wir haben feit dem 13. Februar des »origen Jahres 100 Sitzungs tage gehabt, wir können also wohl sagen, daß der Reichstag fleißig gearbeitet hat. Soweit es sich dabei um ein Verdienst handeln kann, ist e» nicht mein Verdienst, sondern unser aller. Wenn die Arbeit bisweilen auch nicht ganz leicht gewesen ist, so nehme ich doch an, daß Sie sie gern tun in der Hoffnung, daß sie dem Vaterland zum Segen gereiche. (Lebhaftes Bravo!) Auf der Tagesordnung stand die Weiterberatung des Etats des Innern (Gehalt des Staatssekretärs). Abg Bruhn (dtsch. Rfp.): Mit Genugtuung erfüllt eS un», daß in letzter Zeit auch für den Mittelstand etwa« geschehen ist, indem der kleine Befähigungsnachweis eingeführt worden ist. Der Resolution, in der die Konzession-Pflicht für den Flaschen- bierhandel verlangt wird, stimmen wir nicht zu. Gerade der kleine und kleinste Geschäftsmann würde dadurch getroffen und der Schnapskonsum gefördert werden. Was die Abonnenten versicherung durch Zeitungen betrifft, so ist e» auch unS erwünscht, wenn zunächst Erh-bungen über den Umfang etwaiger Mißstände veranstaltet werden. Abg. Becker-Arnsberg (Z.): Mit der geplanten Halbierung der Beiträge und des Stimmrechts in den Krankenkassen sind die Gewerkschaften, und zwar die christlichen, sozialdemokratischen und auch die Hirsch-Dunckerschen nicht einverstanden. Auch die Ver treter der Arbeitgeber haben sich bis auf einige wenige bei der Konferenz im Reichsamt das Innern gegen eine solche Halbierung ausgesprochen. Zur Annahme empfehle ich die von mir ein gebrachte Resolution, daß bald eine Novelle zum Zolltarifgesetz vorgelegt werde, wonach den Inhabern von reinen Walzwerken, Eisen- und Stahlgießereien, Martin-Stahlwetten und Puddel- wetten bei der Ausfuhr ihrer Erzeugnisse Einfuhrscheine zum zoll freien Bezüge des Einstandsmaterials für ihre Auslandsproduktion verliehen werden können. Abg. Gras v. Kanitz (konf.): Ebenso wie der Vorredner wünsche ich dringend, daß Mittel und Wege gefunden werden, um der Notlage der Walzwerke abzuhelfen. Jedoch ist es für uns noch zweifelhaft, ob die gemachten Vorschläge durchführbar sind. Das Roheisen wird von vornherein auszuschalten sein von denjenigen Materialien, die zollfrei einzuführen sind, denn die Roheifenpreise sind sehr erheblich zurückgegangen. Anders liegt die Sache beim Halbzeug in der Stahlwerkindustrie. Der Stahl werksverband hat auch zu Zeiten der Hochkonjunktur seine Fabri kate billiger im Inlands abgegeben, als die reinen Walzwerke. Das einfachste Mittel zur Beseitigung der Notlage der reinen Walz werke wäre die Errichtung eigener Hochöfen; aber noch wichtiger wäre eS, dafür zu folgen, daß die Kohlenwerke sich entschließen, die Preise herabzusetzen und den Absatz im Jnlande zu erleichtern. Der Kohlenvettauf nach dem Auslande ist immer noch viel billiger als nach dem Jnlande; Arbeiterentlassungen sind zum 1. April in sichere Aussicht gestellt, und große Läger sammeln sich an. Durch Aufheben der Eifenzölle würde eine große Kalamität in der Eisenindustrie hervorgerufen werden. Ein Reichsberggesetz könnten wir nicht gutheißen, den Einzelstaaten darf ein so wich tiges Hoheitsrecht wie das Bergrecht nicht genommen werden. In Preußen liegt dieses Recht beim Handelsminister Delbrück in den besten Händen. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Die Annahme der Resolution Becker würde ich für einen bedenk lichen politischen Fehler halten. (Verfall rechts.) Abg. vr. Stresemann (nl.): Ich hoffe, daß die deutsche Industrie sich durch Beteiligung an der Brüsseler Weltausstellung neue Absatzgebiete schaffen wird. Wir sollten aber einmal selber in Berlin eine Weltausstellung veranstalten, dann braucht unsere Industrie nicht immer als Gast in fremde Hauptstädte zu wandern. Wünschenswert wäre es, wenn der Wortlaut des deutsch-portu giesischen Handelsvettrags bekannt gegeben würde, um die In dustrie zu beruhigen. Hoffentlich kommen wir auch bald zu einem Handelsabkommen mit Kanada. Eine wirtschaftliche Isolierung wäre ebenso gefährlich, wie die politifche Isolierung. Es ist daher notwendig, auch ein kaufkräftiges Inland, eine leistungs- und ver brauchsfähige Landwirtschaft zu erhalten. Gegen die Resolution Becker haben wir große Bedenken, wir wünschen aber die Vor legung einer Denkschrift über die Lage der Eisenindustrie und über die Möglichkeit staatlicher Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und gedeihlichen Fortentwickelung. Abg. Zubeil (soz.): In das Loblied auf den Staatssekretär können wir nicht einstimmen. In der Sozialpolitik hat er den Befähigungsnachweis noch nicht erbracht. Das letzte Stück Selbst verwaltungsrecht wird in der neuen „Reichsversicherungsordnung" den Arbeitern genommen. Für die gesundheitlichen Zustände in den Steinbrüchen müssen wirksamere Vorschriften erlasfen werden; Tausende von Arbeitern gehen da elendiglich an ihrer Gesundheit zugrunde. (Heiterkeit.) Das Verbot des Gebrauchs von Bleiweib sollte für das ganze Reich durchgesührt werden, da sollte der Bundesrat dafür folgen, daß feine Anordnungen von den Einzel staaten und Kommunen befolgt werden. So kümmert sich die Stadt Berlin nicht um dieses Verbot. Zur Milderung der Arbeitslosigkeit ist bisher noch nichts geschehen, vielmehr scheint speziell die Eisenbahnverwaltung es darauf anzulegen, durch Arbeiterentlassungen die Arbeitslosigkeit noch zu vermehren. Der Redner ging dann auf die Arbeitsverhältnifse bei der Firma des Abg. Carstens ein und wurde schließlich wiederholt vom Vize präsidenten vr. Paasche ersucht, nicht die Privatverhältnisse eines Abgeordneten in den Bereich seiner Erörterungen zu ziehen. Abg. Carstens (frs. Vp ): über schlechte Behandlung können sich meine Arbeiter nicht beklagen. Nachdem die Sozialdemokraten aus meinem Betriebe heraus sind, herrscht dort Ruhe und Zu friedenheit, während früher nur gehetzt wurde. Ich will nicht er- öttern, wessen Tätigkeit für das deutfche Volk segensreicher ist, ob die des Staatssekretärs v. Bethmann-Hollweg oder die des Hrn. Zubeil. (Sehr gut!) Über ein Ausnahmerecht kann sich die Sozialdemokratie doch nicht beklagen, sonst muß man an ihrem guten Glauben zweifeln. (Unruhe bei den Sozialdemo kraten. Sehr richtig! bei den Freisinnigen.) Was die Reso lutionen betrifft, so werden wir für die Konzessionspflicht de» Flaschenbierhandels nicht zu haben sein. Der sozialdemokratischen Resolution betreffend die Glashüttenverhältnisse stehen wir im allgemeinen sympathisch gegenüber, möchten aber doch davor warnen, hier zuviel zu verlangen. Durch die bevorstehende Ein führung der Glasblasmaschinen würde die Beschäftigung der Arbeiter in den Glashütten wesentlich erschwert werden. Darauf wurde die Weiterberatung auf Montag 2 Uhr ver tagt. * Schroda, 7. Februar. Bei der gestrigen Rei chStagSersatz- wahl für den Wahlkreis Schrimm-Schroda wurden im ganzen 17 936 Stimmen abgegeben. Hiervon erhielt v. NiegolewSki (Pole) 13 919, v. Günther (RchSp.) 4009 Stimmen, zersplittert waren 8 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt. * Die in Berlin am 6. Februar ausgegebene Nr. 8 des Reichsgesebblatts enthält eine Bekanntmachung, betreffend die Bildung von Weinbaubezirken.