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Mniglieh Sächsischer Staatsaiizeiger. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 42. c> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. <r Sonnabend, 20. Februar 1909. Bez«g»prei»: Beim Bezüge durch die Expedition, Strotz« Zwingerstrahe 20, sowie durch di« deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittag». — Fernsprecher: Expedition Nr. 129b, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 2b Pf., die Zeile gröberer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich lTingesandt) 7b Pf. Preisermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Bon der Firma Ar. vitck u. Lo in Prag und Dresden werden neuerdings Haarfärbemittel unter dem Namen „Panax Haarfarbe" und „Biteks Jmmerjung" in den Berkehr gebracht, die gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. Auch die unter der Bezeichnung „Benctianifche Mixtur" von A. Broux in Paris in Verkehr gebrachten Haarfärbemittel enthalten gesundheitsschädliche Bestandteile. Vor Gebrauch dieser Mittel wird gewarnt. Dresden, den 16. Februar 1909. 144, 148 HU Ministerium des Innern. In den Amtsblättern nachzudrucken. 1148 Öffentliche Sitzung des Kreisausschusses Freitag, den 26. Februar 1S«S, mittags 12 Nhr, im Sitzungssaale der Königlichen Kreishauptmannschaft — Schlotzstratze 34/36, II. Geschoß —. Die Tagesordnung hängt in der Hausflur des Dienst- gebäudes zur Einsicht aus. , 4611 Dresden, am 19. Februar 1909. H67 Königliche Kreishauptmannschaft. Ächtuhrla-euschluß in Großzschocher-Windorf betreffend. Bon einer Anzahl beteiligter Geschäftsinhaber in der Landgemeinde Großzschocher-Windorf ist beantragt worden, gemäß 8 139k. der Reichsgewerbeordnung für alle offenen Verkaufsstellen dortselbst mit Ausnahme der Sonnabende den Achtuhrladenschluß anzuordnen. Zur Absetzung des nach 2—4 der Reichskanzler ¬ bekanntmachung vom 25. Januar 1902, Reichsgesetzblatt Seite 38 geordneten Verfahrens ist Herr Gemeinde vorstand Nitzsche in Großzschocher Windorf als Kommissar bestellt worden. 1163 Leipzig, am 15. Februar 1909. Königliche Kreishauptmannschaft. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Den im Bereiche des Finanzministeriums beschäftigten Assessoren ist der Amtsname „Finanzassessor", den bei den Gerichten und ' den Staatsanwaltschaften beschäftigten Assessoren der Amtsname „Gerichtsassessor" und den Assessoren und Bezirksassessoren im Bereiche derMinisterien des Innern und des Kultus und öffentlichenUnterrichtsderAmtsname „Regierungsassessor" beigelegt worden. Mt diesen Amtsbezeichnungen ist ein Hofrang nicht verbunden. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 20. Februar. Bei Er. Majestät dem König findet nachmittags 5 Uhr eine größere Tafel statt, zu welcher Einladungen ergangen sind an: den König!. Großbritannischen Ministerresidenten Mr. Mansfeldt de Cardonnel Findlay, Ihre Exzellenzen den Staateminister und Minister des Kömal. Hauses v. Metzsch- Reichenbach, Ctaatsminister vr. Bea, General der In fanterie v Reyher, General der Infanterie Erwin v. Minck witz, Kaiser!. Russischen Gesandten a. D. Geh. Rat Baron v. Wrangel, die Wir!!. Geh. Räte v. v. Zahn, Präsident des Evangelisch-lulhexischen Landeskonsistoriums, Edler v. der Planitz und Merz, die Generalleutnants v. Seydlitz, Kommandant von Dresden, und v. Hoenning O'Carroll, Remonteinspekteur, ferner an den RegierungSamtmann Grasen zu Castell-Lastell und den Oberleutnant Grafen zu Castell-Castell im Gardereiterregiment, die Geh. Räte vr Apelt, vr. Schröder, vr. Wahle, v. Baumann, Lotichius, Frhrn. v. Salza und Lichtenau, vr. Bonitz, Weger, den Generalmajor Wahle, Kommandeur der 1. Infanterie- brigade Nr. 45, Generalmajor Krug v. Nidda, Kom mandeur der 3. Kavalleriebrigade Nr. 32, den Präsidenten des Landgerichts vr. Müller, den Senats präsidenten beim Oberverwaltungsgericht vr. Wachler, Senat-Präsidenten beim Oberlandesgericht Brühl, Kaiser!. Oberpostdirektor Lehmann, Oberst Frhrn. v. Lindeman, Chef des Generalstabs, die Kammerherren v. der Decken auf Hof, v. Winckler, v. Carlowitz - Maxen und Frhn. v. Koenneritz, die Oberkonsistorialräte v. Dibelius, v. Kühn, die Geh. Justizräte Ortmann, vr. Grützmann, vr. Mayer und vr. Lessing, die Geh. Finanzräte Kohlschütter und Donath, Geh. Medizinalrat Generalarzt Vr. Rupprecht, die Geh. Regierungsräte vr. Genthe, vr. v. Oppen und Stadler, die Oberverwaltungsgerichtsräte Hecht, vr. Hoff- mann, vr. Rößler und vr. Mehr, Geh. Schulrat vr. Kühn, Geh. Oberbaurat Grimm, die Geh. Bauräte Prof. vr. Ulbricht, Schönleber, Schmidt, die Obersten Edler v. der Planitz, Kommandeur des Schützenregiments Nr. 108, v. Schönberg, Kommandeur des 12. Infanterieregiments Nr. 177, und Wilsdorf, Abteilungschef im Kriegsmini sterium, sowie Oberst z. D. v. Zenker, Kommandeur des Landwehrbezirks I Dresden. — Bei Ihren Königl. Hoheiten dem Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg findet heute abend 7* Uhr ein kleines Diner statt, nach welchem Hr. Regierungsbaumeister vr.-inx. Langenegger-Zwickau einen Vortrag über die Ausgrabungen in Jericho halten wird. Mitteilungen ans der öffentlichen Verwaltung. Tie Regierung des Großher;ogtums Mecklenburg- Schwerin hat in der Person des Vorstands des Revisions departements im Großherzoglichen Finanzministerium in Schwerin Geh. Finanzrats Krüger seinen Kommissar an die Königl. Oberrechnungskammer in Dresden abge- ordnet, damit er von deren Einrichtung und Geschäfts betrieb eingehende Kenütnis nimmt. Für den Fall des Zustandekommens der für die beiden Mecklenburgischen Großherzogtümer geplanten konstitutionellen Verfassung ist nämlich auf die Errichtung einer ihnen gemeinsamen selbständigen obersten staatlichen Behörde für die Kon trolle des gesamten Staatshaushalts in Aussicht ge nommen. Bei deren Organisation aber soll das Er gebnis der Studien verwertet werden, denen der ab-> geordncte Kommissar in der sächsischen Oberrechnungs kammer obliegt. --- Die Tagesordnung für die Freitag, den 26. Februar, mittags 12 llhr in Dresden stattsindende Kreisausschuß sitzung enthält folgende Gegenstände: Kehrbezirksänderung in der Amtshauptmannschaft Pirna; drei Gesuche um Erweiterung der Erlaubnis zur Abhaltung öffemlicher Tanzmusik; Beschwerde des Redakteurs Gustav Riem in Dresden betreffs der Gebühren erhebung für den Demonstrationsumzug am 1. November 1908. Es folgt eine nichtöffentliche Sitzung (Rekurse in Gemeindesteuer- und Verkehrsabgabensachen). Deutsches Reich. Born Reichstage. Sitzung vom 19. Februar 1909. Am Bundesratstische zu Beginn der Sitzung niemand. Präsident Gras Stolberg eröffnete die Sitzung um 2 Uhr 5 Min. Auf der Tagesordnung stand zunächst die Fortsetzung der Beratung des sozialdemokratischen Antrags auf Ein führung des Koalitionsrechts für ländliche Arbeiter, nebst zwei den gleichen Gegenstand betreffenden Petitionen des Dienstbotenvereins Nürnberg und Umgegend (Änderung der Rechts verhältnisse des Gesindes, Abschaffung der Gesindeordnung, Aus dehnung der Bersicherungsgesetze, Sonntagsruhe rc.) und des polnischen Agrarvereins in Thorn (Aushebung der Gesindeordnung und Gewährung des Koalitionsrechts an die ländlichen Arbeiter.) Auf Antrag des Abg. Frhrn. v. Hertling (Z.) wird eine Zentrumsresolution gleichzeitig mit zur Beratung gestellt, in der ein Gesetz gefordert wird, das für diejenigen Gebiete Deutsch lands, in denen entgegenstehende Bestimmungen bestehen, auch den landwirtschaftlichen Arbeitern unter Wahrung der besonderen Bedürfnisse der Landwirtschaft die Freibeit gewährleistet, Ver einbarungen zum Zweck der Erreichung besserer Arbeitsbedingungen zu treffen. Abg. Arendt-Labiau (kons.): Ich weise die Angriffe der Sozialdemokratie, die von den ländlichen Verhältnissen keine Ahnung hat, auf die ländlichen Arbeitgeber zurück. Die Lage der ländlichen Arbeiter ist keineswegs so trostlos, wie eS immer hingestellt wird, sie ist viel besser al« die der städtischen Arbeiter. (Große Unruhe link«, lebhaftes Bravo recht», andauernder Lärm.) Abg. Zubeil (soz.): Der Vorredner glaubte, der Sozial demokratie sagen zu dürfen, sie verstehe nichts von den ländlichen Verhältnissen. (Sehr wahr! recht«.) Da möchte ich wissen, was Hr. Werner, der am ersten Beratungstage sprach, al« früherer Kaufmann (Glocke de« Präsidenten.) Präsident Graf Stolberg: Ich bitte, nicht auf die Privatverhältnisse eine« Abgeordneten kinzugehen. Abg. Zubeil (fortfahrend): Hr. Werner meinte auS seiner Sachkennttri« heraus, Schuld an den schlechten Arbeiterverhält. nissen auf dem Lande trage nicht die lange Arbeitszeit, sondern die Verhetzung der Sozialdemokratie. (Sehr richtig! recdts.l Demgegenüber sage ich: Die Leute dürfen nicht gezwungen werden können, 14 oder gar 16 Stunden arbeiten zu müßen. Die Überstunden müßten ihnen wenigstens entlohnt werden. Vernünftige Kontrakte sollten geschlossen werden, dann werden auch die Kontraktbrüche verschwinden. Auch durch eine weitere Herabsetzung der Milclärdienstzeit könnte den ländlichen Verhält nissen gedient werden. In erster Linie treten wir natürlich für unseren Antrag ein, welcher der Kaiser!. Botschaft vom 17. No- vember 1881 entspricht; in zweiter Linie stimmen wir dem Zentrumsantrage bei. Abg. Bindewald (Refp.): Unseren hessischen Landarbeitern bietet der sozialdemokratische Antrag nichts Neues, sie haben schon heute das Koalitionsrecht. Großgrundbesitz kennen wir nichr, Hessen hat nur Bauernschaften, in denen die ganze Familie tätig ist. Wenn ich somit als Süddeutscher dem Anträge auch zu stimmen könnte, so kann ich es doch nicht für das ganze Reich tun, die Verhältnisse sind eben in den verschiedenen Gegenden vollständig verschieden. Die einzelstaatliche Gesetzgebung müßte hier vorgehen. Der sozialdemokratische Antrag ist nicht ehrlich gemeint, er hat seine Hintergedanken, denn nichts liegt der Sozial demokratie ferner, als die Seßhaftmachung des Bauernstandes. (Sehr richtig! rechts.) Besser wird es erst werden, wenn der Zehn-Gebote-Hoffmann unser Kultusminister und Hr. Zubeil Landwirtschastsminister ist. (Große Heiterkeit.) Abg. Werner (Refp.): Wenn ich nicht von Hrn. Zubeil persönlich angegriffen worden wäre, hätte ich nicht das Wort ge nommen. Ich meine, di« Hunde, die da bellen, beißen nicht. Hr. Zubeil kann mich absolut nicht beißen. (Große Heiterkeit.) Ich wiederhole, die Sozialdemokratie versteht nichts von den ländlichen Verhältnissen und will nichts davon verstehen. Wo hat Hr. Zubeil denn seine wirtschaftlichen Kenntnisse her?, etwa aus seiner früheren Budike? (Große Heiterkeit.) Abg. Zubeil (soz): Hr. Werner hat seine Studien nicht fortsetzen können, weil ihm das Geld ausging und ich hätte meine Gastwirtschaft heute noch, wenn ich mehrere solcher Gäste gehabt hätte, wie Hrn. Werner (Große Heiterkeit.) Im Schlußwort empfahl Abg. Stadthagen (soz.) nochmals den Antrag seiner Partei. Darauf wurde über den Antrag, den sozialdemokratischen Antrag und die Zentrumsresolution an eine 21gliedrige Kommission zu verweisen, namentlich abgestimmt. Cs stimmten für Kommijsionsberatung 208, dagegen 106 Ab geordnete, ein Abgeordneter enthielt sich der Abstimmung. Di« Kommissionsberatung wurde somit beschlossen. Die Petitionen wurden an die gleiche Kommission verwiesen. Es folgte der polnische Antrag auf Vorlegung eines Gesetzes betreffend die Freiheit des Grundeigentum erwerbs. Der Antrag besagt: Keinem Reichsangehörigen dürfen mit Rücksicht auf das Glaubensbekenntnis, die politische Ge sinnung, oder die Nationalität Beschränkungen irgendwelcher Art bei dem Erwerb oder der Veräußerung von Grundeigentum oder der Errichtung von Wohnstätten auferlegt werden. All« entgegenstehenden landesgesetzlichen Bestimmungen werden aus gehoben. Abg. vr. v. Dziembowski - Pomian (Pole) begründet« diesen Antrag und führte aus: Unser Antrag verfolgt den Grund satz: Alle Reichsbürger sind vor dem Gesetz gleich, eine Be schränkung auS persönlichen Gründen ist nicht zulässig. Wenn wir eine redigierte Form für den Antrag gewäblt haben, so ist dies geschehen, um von vornherein volle Klarheit zu schaffen und spätere künstliche Interpretationen durch die preußische Regierung auszuschalten. Jeder, der ein volles Rechts empfinden hat, muß unserem Antrag beitreten, es widerspricht dem Wesen eines Kulturstaats, jemand in der Weise zu beein trächtigen, wie es in Posen geschieht. Auch im Interesse der Verhinderung der Landflucht empfiehlt sich unser Antrag. Tie Leute müssen in die Stadt gehen, wenn sie auf ihrem Grund und Boden sich kein Heim bauen dürfen. (Sehr richtig! bei den Polen.) Unser Antrag stellt keine politische Aktion dar, er will nur schreiende Mißstände beseitigen. Wenn etwa auf den Kriegs zustand in polnischen Gegenden hingewiesen und ein Kriegsrecht konstruiert werden sollte, so muß ich darauf Hinweisen, daß auch im Kriege da- Privateigentum geschützt ist. Raum für alle bat die Erde, auch für die Polen muß Raum vorhanden sein. (Bei fall bei den Polen.) Abg. Graf v. Praschina (Z.): Vom Standpunkt des Rechtes, der Gerechtigkeit und des Stuatsinteresscs treten wir dem An träge bei. In der Reichsversassuug wird ausdrücklich das Eigen tum für unverletzlich erklärt. Das Ansiedelungsgesetz war ein äußerst gefährlicher Schritt, wie überhaupt die Ostmarkenpolitik als verfehlt anzusehen ist. Wie wird es, wenn in den Re gierungskrisen einmal ein anderer Wind weht? Auch da gibt es Tage von Damaskus und aus Saulussen werden auch in Ne gierungskreisen Paulusse. Nach unseren Begriffen ist der Staat nicht omnipotent, es gibt ältere Rechte, die auch der Staat zu respektieren hat, da« ist er sich selbst schuldig. Mit einer guten agrarischen Politik ist die heutige Polenpolitik nicht vereinbar. Man sollte dieses Volk für den Staat zu gewinnen suchen, und daher empfehle ich den Antrag. (Beifall im Zentrum.) Abg. Stadthagen (soz.): Das Ansiedelungsgesetz ist ein schwerer Bruch der Reichsverfassung. Neben den Polen sollen auch die Sozialdemokraten getroffen werden, um sie in Preußen unmöglich zu machen. Das Ansiedelungsgesetz ist ein gewöhn- kicher Diebstahl und Raub an den Rechten der Kleinbauern. Aber darau» machen sich die Konservativen nichts, sie treiben Hehlerei und Stehlerei. (Glocke.) Präsident: Sie dürfen nicht unter Bezeichnung von Ab geordneten den Borwurf von Hehlerei und Stehlerei erheben. Ich rufe sie zur Ordnung. Abg. Stadthagen: Ich meinte keinen Abgeordneten. Präsident: Dann konstatiere ich, daß Sie niemand aus dcik Hause meinen.