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Gesandten Frhrn. v. Braun, ferner Ihre Exzellenzen den Oberhofmarschall v. dem Bussche-Streithorst, den Ober- kammerherrn Grafen Wallwitz, den Oberstallmeister General leutnant z. D. v. Haugk, den König!. Kämmerer General leutnant z. D. v. Criegern, sowie den Stadtkommandanten Generalleutnant v. Seydlitz^ In Vertretung Sr. Exzellenz des Hrn. Staatsministers vr. Grafen v. Hohenthal und Bergen, der zu seinem großen Bedauern infolge dringender Amtsgeschäfte verhindert war, der Eröffnungsfeier bei zuwohnen, waren die Herren Ministerialdirektor Geh. Rat vr. Roscher und Geh. Regierungsrat Stadler anwesend. Außerdem bemerkte man noch Se. Exzellenz den Generaladjutanten Sr. Majestät des Königs, Hrn. Generalleutnant v. Müller, sowie die Herren Kreis hauptmann vr. Rumpelt, Oberbürgermeister Geh. Finanz rat a. D. Beutler, Generaldirektor der Staatseisenbahnen v. Kirchbach, Polizeipräsident Koettig, sowie eine Ver tretung der beiden städtischen Kollegien mit den Herren Bürgermeister vr. Kretzschmar und vr.May, sowie Stadt- verordneten-Vizevorsteher Obermeister Unrasch an der Spitze. Kurz vor ^12 Uhr trafen Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg, sowie Prinzessin Mathilde im Ausstellungspalaste ein. Den beiden erlauchten Prinzessinnen wurden kostbare Blumensträuße am Eingänge der Kuppelhalle überreicht. Punkt '^12 Uhr fuhr Se. Majestät der König im Automobil am Eingang der Halle vor und wurde hier v n dem Ausstellungskomitee mit dem Ehrenvorsitzenden Hrn. Oberbürgermeister Geh. Finanzrat a. D. Beutler und dem Vorsitzenden Hrn. Obermeister Lößnitzer ehrfurchts vollst begrüßt. Beim Eintritte der Mitglieder des Königs hauses in die Kuppelhalle erklangen schmetternde Fan faren, worauf der Vorsitzende des Ausstellungskomitees, Hr. Obermeister Lößnitzer, das Wort zur Eröffnungs ansprache ergriff. Alerdurchlauchtigster, großmächtigster König, allergnädigster König und Herr! König!. Hoheiten! Ein Menschenalter ist vergangen, seit in der Residenz Lw. Majestät die erste Kochkunstausstellung Deutschland» stattfand, eine Ausstellung, die für alle größeren Städte unsere- engeren und weiteren Vaterlands vorbildlich wirkte. Zum größten Teil waren e» die Zeitverhältnisse, an denen der wiederholt geäußerte Wunsch, in unserer Vaterstadt die Verbesserungen auf dem Gebiete der Kochkunst, de- Nahrungsmittelgewerbes, der Maschinen und Ge räte der Allgemeinheit von neuem vor Augen zu führen, scheiterte. Nachdem uns aber im Jahre 1901 die Anerkennung als Handwerker zuteil geworden ist und wir im Zeitenlaufe die Wohltaten kennen gelernt haben, die das Gewerbe unter dem Schutze de- Gesetzes genießt, und eine engere Zusammengehörig keit der Berufskreise herbeiführt, haben wir uns entschlossen, nach nunmehr33 Jahren eine zweite Kochkunstausstellung zu veranstalten, vor deren Eröffnung wir stehen und die den Beweis liefern foll, daß wir auch als Handwerker der Kunst treu geblieben sind und das Kochgewerbe als Kunstgewerbe betrachten. Aber nicht die Koch kunst im allgemeinen wollen wir zur Anschauung bringen, sondern deutsche Kochkunst, die Arbeiten und Erzeugnisse deutscher Köche und deutschen Gewerbfleißes. Daß wir stolz sind, uns deutsche Köche nennen zu können, danken wir vor allem der hohen Gnade Ew. Majestät und Ew. König!. Hoheit, auf Allerhöchstdero Befehl schon seit Jahren da- französische Menu durch die deutsche Speisenfolge ersetzt worden ist, eine Verbesserung auf dem Gebiete deutscher Kochkunst, die wir auch als Richtschnur für unsere Ausstellung be trachtet haben. Zugleich bitten wir Ew. Majestät, für die Aller höchste Gunstbezeugung der Übernahme der Schutzherrschaft über unsere Ausstellung und für die Verleihung des wertvollen Ehren preises unseren ehrfurchtsvollsten Dank aussprechen zu dürfen Hiernächst gilt unser Dank Hrn. Oberbürgermeister Geh. Finanz rat a. D. Beutler für die gütige Annahme des Ehrenvorsitzes und die uns zuteil gewordene Unterstützung durch Rat und Tat, sowie dem König!. Ministerium des Innern für die zur Verfügung ge stellten Staatsmedaillen und den städüschen Körperschaften, Ber einigungen und Gönnern unseres Unternehmens für die Stiftung von Ehrendenkmünzeu und Ehrenpreisen. Dank aber auch allen Vertretern der uns verwandten Gewerbe, die durch Beteiligung an unserer Ausstellung nicht unwesentlich zu einem vollen Ge lingen des Werkes beigetragen haben. Alle diese Beweise des Wohlwollens werden uns zu weiterem Streben begeistern und anregen, um den Ruf der deutschen Kochkunst auch fernerhin be wahren und erweitern zu helfen. Ew. Majestät wollen jetzt die Gnade haben, unsere Ausstellung für deutsche Kochkunst und ver wandte Gewerbe für eröffnet zu erklären. Nunmehr erfolgte die Eröffnungserklürung durch den Monarchen, worauf Obermeister Lößnitzer fortfuhr: Wir aber schließen alle unsere Wünsche in die Worte: Der Beschützer und Förderer deutscher Kunst und Wissenschaft, des Handels und Gewerbes, Se. Majestät unser allergnädigster König und das gesamte Haus Wettin hoch, hoch, hoch! Begeistert stimmte die Versammlung in das dreifache Hoch ein und das in der Kuppelhalle aufgestellte Orchester intonierte die Sachsenhymne. An die Eröffnungsfeier schloß sich ein Rundgang durch sämtliche Ausstellungsräume, an dem die Mitglieder des Königshauses teilnahmen, sowie ein von der Aus stellungsleitung dargebotenes Frühstück im Roten Saale des städtischen Ausstellungspalastes. * Die Ausstellung kann als außerordentlich reichhaltig und übersichtlich bezeichnet werden. Beim Durchschreiten der Säle sieht man an der zweckmäßigen Anordnung, daß das Unternehmen gut und fachmännisch vorbereitet worden ist. Die Ausstellung bietet nicht nur ein Bild von dem heutigen hohen Stande der Kochkunst, sondem sie weist auch überzeugend darauf hin, welche reiche und ausgedehnte Industrie mit der Kochkunst in Verbindung steht und wieviel Tausende von Arbeitern täglich durck sie beschäftigt werden. Die hauptsächlichsten Ausstellungs stücke sind in dem großen Hauptsaale untergebracht worden, der in geschmackvoller Weise mit Lorbeerbäumen und Wappenteppichen geschmückt worden ist. Bon der großen Rückwand grüßt aus einem grünen Blattpflanzen hain die Kolossalbüste des hohen Protektors der Aus stellung Sr. Majestät des Königs. Unter diesem Arran gement haben drei hervorragende Kochkünstler Dresdens Kollektivausstellungen veranstaltet. Rechts hat der Verein Dresdner Köche ein mächtiges kaltes Büfett ausgestellt, in dessen Mitte sich ein Springbrunnen mit einem von Seepferden gezogenen Muschelwagen, in dem ein Neptun den Dreizack schwingt, hervorhebt. Au silbernem Grunde sieht man leckere Forellen in Aspik Austern, Hummern und andere hervorragende Delikatessen. In einem stimmungsvollen geschlossenen Raume hat Hr. Hostraiteur Stange (Neustädter Bahnhof) zwei Neinere Bufetts errichtet, die ebenfalls durch die geschmackvolle Anordnung der auf ihnen ausgestellten Delikatessen außer ¬ ordentlich anziehend wirken. Die andere Seite der Rück- wand nimmt eine natürlich wirkende Waldlandschaft ein, in deren Rahmen Hr. Hoftraiteur Strohbach (Hotel Palmengarten) ein fürstliches Jagdfrühstück im Walde erviert hat. Selbst der brodelnde Kessel, die notwendigen Verpackungskisten für Geschirr, Gläser rc. sowie auch einige Kochkisten fehlen nicht. Weiter haben hier noch rervorragende Erzeugnisse der Kochkunst ausgestellt Hr. Traiteur König vom Dresdner Künstlerhause, ein mäch tiges kaltes Büfett mit seltenen Leckerbissen und wunder vollem Blumenschmuck, der Verein Dresdner Köche ein künstlerisch arrangiertes Büfett mit einer wirkungsvollen natürlichen Geflügel-Dekoration, der Ökonom des Alt- tädter Logenhauses, Hr. Johannes Schäfer, eine prächtig jedeckte Tafel rc. Ferner sei noch an dieser Stelle die Ausstellung des Hrn. Max Schmidt, Ökonom des Pionier-Offizier-KasmoS erwähnt, der ein Diner von zwölf Personen ausgestellt hat, das die Freude eines jeden Feinschmeckers erregen dürfte. Auch verschiedene Einzelleistungen aus dem Gebiete der Koch- unst sind hier in der Nähe vorhanden. Der große Hauvtsaal enthält ferner noch Kollektivausstellungen von stonserven, Naturgemüsen, Backwaren, Pulsnitzer Leb- uchen rc., ferner eine Ausstellung des Chemischen Unter- uchungsamtes der Stadt Dresden, einen vornehm aus- jestatteten Pavillon der bekannten Konservenfabrik vr. Z. Naumann, DreSden-Plauen, und einen großen Aufbau >er Waffelfabrik Gebr. Hörmann in Dresden-Mickten, eine Wildfütterung im Walde darstellend. Zu dem prächtigen Schaustück wurden allein 53 Ztr. Waffeln und Zucker verarbeitet. Auch ein Pavillon der weltbekannten Firma Maggi sei an dieser Stelle mit erwähnt. In den Neben- älen sind zahlreiche Maschinen, Jndustriegegenstände, beflügel, Fleisch und andere Eßwaren ausgestellt. Auf Einzelheiten der Ausstellung kommen wir noch zurück. Mannigfaltiges. Dresden, 9. Januar. * Freiwillige Gaben jeder Art, die zur Linderung >er Not in Sizilien bestimmt und an die mit der Ver teilung oder Weiterbeförderung der Liebesgaben betrauten Komitees gerichtet sind, werden im Bereiche der sächsischen und preußisch-hessischen Staatseisenbahnen bis auf Wider ruf frachtfrei befördert. Zu beachten ist dabei, daß die Frachtbriefe für derartige Sendungen mit dem Vermerke „Liebesgaben für Sizilien" versehen werden. * Hr. Prof. vr. Leist aus Gießen wird nächsten Sonnabend, den 16. Januar in der Gehe-Stiftung aber „das Bereinswesen und seine Bedeutung" prechen. Der Vortrag findet im großen Saale des Vereinshauses statt und beginnt pünktlich 8 Uhr abends. (Siehe auch Ankündigung.), - Der im Jahre 1877 gegründete Zigarren abschnitt-Sammelverein veranstaltet Mittwoch, den 13. Januar, abends 8 Uhr im großen Saale des Ge werbehauses seine diesjährige Christbescherung. Zu dieser erhalten wiederum 50 Kinder, Knaben und Mädchen, neue vollständig nach Maß angefertigte An züge, Schuhe und Stiefeln, Kopfbedeckungen, Wäsche und sonstige nützliche Gegenstände überreicht. * Der dreitägigen Tauperiode ist wieder Frost wetter gefolgt, das gestern gegen Abend die nassen Straßen rasch mit einer glitzernden Eisschicht überzog. Besonders die Straßen mit Asphaltbelag mußten stark mit Sand bestreut werden, um einen gefahrlosen Verkehr zu schaffen. Die Eisdecke der Gewässer ist zwar vom Tau wetter etwas angegriffen, wird aber rasch wieder an Festigkeit gewinnen. * Aus dem Polizeiberichte. In der Nacht vom 29. zum 30. Dezember vorigen Jahres ist, wie schon be richtet wurde, auf der Straße von der Königin Carola- nach der Albertbrücke, direkt an der Mauer des ehemaligen Militärlazaretts, eine eiserne Kassette, nußbaumartig gestrichen, 29 x 22 x 1Z vm groß, enthaltend 17 Stück alte, beziehungsweise fremdländische Münzen, erbrochen aufgefunden worden. Die Kassette ist jedenfalls irgend wo gestohlen worden. Es wird nochmals gebeten, jed wede sachdienliche Auskunft über den Bestohlenen, die Täterschaft bez. darüber, wie die Kassette an den Auf- findungsort gelangt ist, der Kriminalabteilung zu Akten zeichen 6. vnb. 5148/08 mitzuteilen. — In der Pirnaischen Vorstadt versuchte in der verwichenen Nacht ein Kutscher durch Einatmen von Kohlenoxyd gasen sich zu vergiften. Er wurde mit dem Un fallwagen nach der Heil- und Pfleganstalt gebracht. — Vermißt wird feit 2. Januar d. I. der 40 Jahre alte Brückenzolleinnehmer Franz Otto Bielitz. Er ist an ge nanntem Tage von seiner Dienststelle an der Äbe ent lang, Richtung Waldschlößchen, nach Hause gegangen und seitdem fehlt von ihm jede Spur. Ausgeschlossen ist nicht, daß Bielitz die Eisdecke der Elbe betreten hat und verunglückt ist. Bielitz trägt schwarze Uniform und Mantel mit gelbem Vorstoß. — Der Dresdner Kanarienzüchterverein ist nach feiner vom 1. bis 3. d. M. im hiesigen Bürgerkasino abgehaltenen Aus stellung bei der Verausgabung der Gewinne von un bekannter Seite durch Fälschung der Lose 05706 und 04021 um den 357. und 540. Gewinn, bestehend aus je einem Kanarienhahn in kleinem Holzbauer, betrogen worden. Die Lose 05706 und 04021 sind insofern gefälscht worden, als durch Aufkleben einzelner Zahlen die Losnummern Nr. 04704 und 04025, auf welche die vorgenannten Gewinne gezogen sind, hergestellt worden sind. Sachdienliche Wahrnehmungen hierüber wolle man bei der Kriminalabteilung der König!. Polizeidirektion Dresden melden. * Der Bericht der Feuerwehr auf den Monat Dezember v. I. verzeichnet die hohe Anzahl von 163 Bränden, die sich in 4 Groß-, 2 Mittel- und 157 Kleinfeuer zerteilen. Anderweite Hilfe — Aufheben gestürzter Pferde »c. — wurde in 24 Fällen geleistet. Die Unfallwagen wurden in Begleitung eines als Samariter ausgebildeten Feuerwehrmann- 200 mal abgeschickt. Au- Lachsen. Rothschönberg, 8. Januar. Aus Anlaß der von zuständiger Seite nachgewiesenen 600jährigen Seß Hastigkeit des v. Schönbergischen Geschlechtes auf Rittergut Rothschönberg richtete Se. Majestät der König an dessen jüngst verstorbenen Besitzer, Hrn. Kammerherrn Egon v. Schönberg, nachstehende- huld volle- ^Schreiben: Lieber Kammerherr v. Schönberg! Ich möchte den morgenden Tag nicht anbrechen sehen, ohne Ihnen gegenüber dessen zu gedenken, daß sich an ihm mehr al» ein halbe- Jahrtausend vollendet, seitdem Rothschönberg in den Besitz Ihrer FamUie gelangt ist. Wenn da« Schönbergsche Geschlecht gerechte Ursache hat, auf diese sech» Jahrhunderte mit Befriedigung zurückzublicken und sich de- verdienten Ansehen- zu freuen, da- es.bei Mir und bei Allen im Lande genießt, so erscheint Mir unsere Zeit mit ihrer Beweglichkeit und Unstätigkeit besonder- dazu angetan zu sein, sich bei diesem Anlasse auch die hohe sozialpolitische Bedeutung zu vergegenwärtigen, welche einem jahrhundertelangen und in so mancher Hinsicht heilsamen Festhalten der heimatlichen Scholle innewohnt. Gern und dankbar gedenke Ich jedoch vor allem auch der Tatsache, daß in diesem langen Zeiträume so viele Ihres Ge schlechts Meinen Vorfahren am Throne in guten und bösen Tagen treu zur Seite gestanden und in ihrer Hingebung an Fürst und Vaterland ein leuchtende- Vorbild bewährter Gesinnung hinter lassen haben. In dem Wunsche, daß diese- schöne und glückliche Ver hältnis, welches da» Schönbergsche Geschlecht mit seinem Königs hause und mit dem Volke verbindet, immer weiterdauern möge, bleibe Ich Ihnen in Huld und Gnaden wohl beigetan als Ihr wohlgeneigter König (gez.) Friedrich August. Leipzig, 8. Januar. Vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafsenat des Reichsgerichts erfolgte heute vormittag die Verhandlung gegen den Maurer und Aasarbeiter Franz Josef Huber aus Moersch (Kreis Ettlingen, Baden), der des Verrats militärischer Geheimnisse beschuldigt wird. Der Angeklagte wurde, nachdem Reichsanwalt vr. Preiser ausgeführt hatte, es sei möglich, daß der Angeklagte die Tat in einem Dämmer zustände begangen habe, freigesprochen, weil der objektive Tatbestand nicht nachweisbar ist. (Teilweise wiederholt.) — In verschiedenen größeren Städten ist in der letzten Zeit ein Betrüger unter dem Namen I. E. Benson aufgetreten, der überall dreiste Scheckschwindeleien trieb und vor dem deshalb schon wiederholt gewarnt werden mußte. Derselbe Mensch hatte sich jetzt hier in Leipzig unter dem Namen I Hill in einem Hotel ersten Ranges einlogiert und seine Rechnung dann mit einem Iber 10 Pfd. Sterl, lautenden Scheck bezahlt. Der Scheck, der von einem hiesigen Bankhause eingewechselt wurde, wurde erst zu spät als gefälscht erkannt. Der angebliche pill »lia» Benson ist etwa 35 Jahre alt, von schmächtiger Figur und hat schwarzes, etwas ergrautes Haar. — Wie an den beiden vorhergehenden Tagen zogen auch heute wieder größere Scharen von Arbeits- osen vor das Rathaus, um eine Deputation an den Oberbürgermeister zu entsenden. Da sie hier nicht empfangen wurde, begab sie sich zum Armenamt, wo ihr verkündet wurde, daß den Arbeitslosen in den Distrikten, zu denen sie gehörten, Armenunterstützung zuteil werden vürde. Von der Stadt aus werden übrigens, soweit es irgend möglich ist, Arbeitslose beschäftigt. Die Teil nehmer der Demonstration haben sich an allen Tagen bisher durchaus ruhig und besonnen verhalten. Chemnitz, 8. Januar. In der gestrigen Stadt verordnetenversammlung erklärte Oberbürgermeister vr. Sturm, daß Chemnitz jetzt über 600 Arbeitslose be- chäftige, und daß man sich im Rate der Stadt ent- chlossen habe, für 10 Stunden zu bezahlen, selbst wenn >er Arbeitstag infolge der Jahreszeit nur 8 Stunden ge habt habe. Jeden Tag kosten die Arbeitslosen Chemnitz 1500 M., eine hohe Summe, die es verständlich mache, ;aß man bald am Ende der Mittel angelangt sei. Von )er vom Gewerkschaftskartell gewünschten Zählung der Arbeitslosen verspricht man sich, wie der Oberbürger meister erklärte, nicht viel, gleichwohl habe man die Zählung im Rate beschlossen. Freiberg, 9. Januar. In der hiesigen Gas anstalt erfolgte heute früh kurz nach 6 Uhr eine schwere Explosion, wodurch das Reinigungshaus zer stört und 6 Arbeiter verletzt wurden, davon einer so schwer, daß er ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Das Unglück ist dadurch entstanden, daß sich in dem Reinigungsraume zu viel Gas angesammelt hatte. Als ein Arbeiter außerhalb des Raumes seine Laterne an zünden wollte, erfolgte mit weit hörbarem Knall eine Explosion, wodurch die Leute der umliegenden Häuser aus dem Schlafe geschreckt worden und in weitem Um kreise die Fensterscheiben zersprangen. Glauchau, 8. Januar. Der Bezirksausschuß hat in seiner jüngsten Sitzung dem Übereinkommen der Gemeinde Gersdorf mit den Gemeinden Hohenstein-Ernstthal, Oels- nitz i. E. und Lugau zwecks Gründung eines Gemeinde verbands zur Förderung der Anlegung einer elektrischen Bahn Hohenstein—Ernstthal—Gersdorf—Oelsnitz i. E. die Genehmigung versagt, aber nach Vornahme gewisser, zum Teil schon von der Gemeinde Gersdorf zugestandenen Abänderungen und Ergänzungen des Übereinkommens bez. des aufgestellten Statuts in Aussicht gestellt. AuS dem Reiche. (Berl. Morgenbl.) Berlin, 9. Januar. Der Straf senat des Kammergerichts wies die Beschwerde wegen Ablehnung des Antrags auf Haftentlassung Adolph Eberbachs ab. Die Untersuchung gegen Fritz und Adolph Eberbach in Sachen Kaiserhof ist soweit ge fördert, daß die Akten der Staatsanwaltschaft zugestellt werden konnten. (W.T. B.) Hamburg, 9. Januar. Der Mitschuldige des verhafteten Roeskilder Kirchenräubers Wernicke- wisz, namens Wöllmer, wurde hier verhaftet. (W.T. B.) Bremen, 8. Januar. Auf Bahnhof Lang wedel wurde gestern nachmittag um 5 Uhr 16 Min. em den Überweg in Kilometer 93,750 benutzendes Fuhr werk vom V-Zuge 144 angefahren und teilweise zer trümmert. Der Wagenführer und die Pferde blieben unverletzt. Der Unfall wurde durch zu späte- Schließen der Wegeschranke herbeigeführt, V-Zug 144 erlitt eine Verspätung von 12 Minuten. Die Untersuchung ist ein- gelertet.