trapunkt setzen. Owen wurde 1917 in Frankreich verwundet; während der Genesungszeit schrieb er in Eng land den größten Teil dieser Ge dichte. 1918 wieder an die Front verpflichtet, ist er eine Woche vor Kriegsende im Alter von 25 Jahren in Nordfrankreich gefallen. Seine Worte sind harte, schonungslose, auch von bitterem Zynismus ge zeichnete Kommentare zum sinnlo sen, verbrecherischen Völkermord. Britten wählte aus Owens Versen solche aus, die sich in unmittelba ren Bezug zum überlieferten Mes setext bringen ließen. Einen der Verse Owens setzte Britten seinem Requiem als Motto voran: „Mein Gegenstand ist der Krieg und das Elend des Krieges. Die Dichtung ist im Elend - - - Alles, was ein Dich ter heute tun kann, ist warnen." Brittens Kunst, Stimmungen auf klein stem Raum zu erzeugen, ist vom er sten Takt an so suggestiv wie die Fähigkeit, Kontraste mit einfachsten Mitteln hervorzubringen. Verblüffend und fesselnd in der Wahl der Klang farben, hält diese Musik in jedem Takt das Interesse des Hörers wach. Der ohnehin schon großen Beset zung von Chor und Orchester fügt Britten noch Knabenchor (in unse rer Aufführung: Kinderchor), Kam merorchester und Orgel hinzu und erzielt dadurch Klänge von unerhör ter Plastik. Die textlichen Gegensät ze zwischen dem lateinischen Mes setext und den Owen-Gedichten werden durch eine kompositorische Teilung bewußt unterstrichen: den liturgischen lateinischen Text über nehmen Sopransolo, gemischter Chor mit Orchester und Kinderchor mit Orgelbegleitung. Die Gedichte Owens sind dem Tenor- und Bariton solo übertragen, die ein Kammer orchester begleitet. Das große Or chester wird erweitert durch um fangreiches Schlagzeug und einen Blechbläserchor, der stechende und messerscharfe Akzente setzt. Dem Kammerorchester gehören ein Holz bläserensemble, Horn, Schlagzeug, Harfe und Streichquintett an. Das War Requiem gliedert sich in sechs Sätze: Requiem aeternam, Dies irae, Offertorium, Sanctus, Agnus Dei, Libero me. Der erste Satz umreißt mit wenigen Takten die dü stere Stimmung einer Totenfeier. Zu den beklemmenden, streng sylla- bischen Psalmodieren des gemisch ten Chores „Requiem aeternam" ertönt im Hintergrund die Totenglok- ke. Der Tonfall der Musik folgt ganz dem sakralen Vorbild mittelalterli cher Tonkunst. Das erste Gedicht von Wilfred Owen bringt eine tiefe inhaltliche Dissonanz, einen voll kommenen Stimmungsbruch zum er sten Abschnitt. In einem Rezitativ des Tenors über erregenden Streicher rhythmen, Harfentremoli und Glissan di wird in zynischem Ton der Sinn dieser Totengebete brüsk in Frage ge stellt. Die Verzweiflung über den Tod auf dem Schlachtfeld macht sich im Hohn über die asketische Totenfeier Luft. Diesen bedrückenden Antago nismus bindet das liturgische, ab schließende „Kyrie eleison". Der zweite Satz „Dies irae", Tag des Zorns, wird hier als Tag der