ZUSAMMEN GEHÖRIGKEIT ALS ZIEL Er ist wohl neben Pierre Boulez der derzeit bedeutendste Dirigent Frank reichs. Jetzt hat es ihn an die Elbe nach Dresden verschlagen, wo er als Nachfol ger von Jörg-Peter Weigle die Dresdner Philharmonie übernommen hat. Und er hat viel Spaß dabei - Michel Plasson, der von der französischen Provinz aus Weltkarriere gemacht hat. Seine Dresdner Verpflichtung ist das erste feste Engagement des 60jährigen Pultstars außerhalb Frankreichs. Michel Plasson, in Paris geboren, stammt aus einer Musikerfamilie. 1962 hatte er den ersten Preis im renommierten Dirigentenwettbewerb von Besan^'on ge wonnen, anschließend arbeitete er in den Vereinigten Staaten unter so berühm ten Lehrmeistern wie Leopold Stokowski, Pierre Monteux und Erich Leinsdorf. Und von allen drei scheint er profitiert zu haben. Steht er am Pult, dann meint man plötzlich etwas von Stokowskis russophilem Temperament, Monteux fran zösischem Esprit und Leinsdorfs deutsch-österreichischer Gründlichkeit und Disziplin zu spüren. Seine Karriere begann als Generalmusikdirektor in Metz. 1968 wurde Michel Plasson ständiger Dirigent des Orchestre National du Capitole in Toulouse. Auch als Chef der dortigen Oper fungierte er. Es entwickelte sich eine Lang zeitbeziehung, eine der beständigsten und erfolgreichsten Orchesterehen der Gegenwart. Die Schallplatten, die man gemeinsam aufgenommen hat, sind längst Legion. Es gelang Plasson, aus einer provinziellen Musikvereinigung einen Eliteklangkörper zu formen. Ähnlich wie nach ihm Simon Rattle oder Mariss Jansons sieht Plasson sein Heil eher in einer kontinuierlichen Erzie hungsarbeit mit einem Orchester als in vielen Kurzgastspielen rund um den Globus. Dennoch ist er bei solch berühmten Orchestern, wie den Berliner Phil harmonikern, dem London Philharmonie, dem Leipziger Gewandhausorchester und dem NHK Orchester Tokio ein gerngesehener und regelmäßiger Gast. Vor allem sein Einsatz für die französische Musik ist längst legendär. Partner schaften mit Künstlern ersten Ranges wie Mirella Freni, Alfredo Kraus, Nicolai Gedda, Jessye Norman, Teresa Berganza, Jose Carreras und Hildegard Behrens belegen dies. Kaum einer in diesem Jahrhundert hat soviel getan für die franzö sische Opern- und Orchestermusik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Was lange verpönt war, besonders in Deutschland, ist durch Michel Plasson und sein großartiges Orchester wieder salonfähig geworden.