ZUR EINFÜHRUNG Mozart hatte das Anfangsmotiv des „Benedictes" bereits 1784 in das Übungsbuch einer Schülerin eingetragen anvertraute Idee. Ob Süßmayr die se Teile „völlig neu" komponierte oder - was zu vermuten ist - Skiz- zen-Material Mozarts (und in wel chem Umfange) einbeziehen konn te, wird so lange das eigentliche Rätsel des Requiems bleiben, solan ge keines der offenbar verlorenge gangenen Notizblätter bzw. Zet telchen auftaucht, die auf Mozarts Schreibpult gelegen haben sollen und die Süßmayr bei der Vervollstän digung des Werkes geholfen haben könnten. Das solche existiert haben müssen, darauf deutet zumindest hin, daß Mozart das Anfangsmotiv des „Benedictus" bereits 1784 in das Übungsbuch einer Schülerin ein getragen hatte und daß zwischen Skizzen zur „Zauberflöte" auch Ge danken zum „Rex tremendae", zum „Recordare" und zu einer Fuge in d-Moll (wahrscheinlich Abschluß des „Lacrimosa") stehen. Die erste Aufführung des Requiems in der vollständigen Fassung veran staltete Baron Gottfried van Swieten, Diplomat, Musikliebhaber und Mä zen aus Wien am 2. Januar 1793 zugunsten von Mozarts Witwe. Der Auftraggeber - offenbar ohne Kennt nis davon - ließ das Werk unter der von ihm von vornherein vorgesehe nen Ankündigung „Requiem com- posto del Conte Wallsegg" am 14. Dezember 1793 in der Wie ner Neustadt und am 14. Februar 1794 in der Kirche zu Maria Schutz am Semmering musizieren. Obwohl noch Brahms über Süß- mayrs Arbeit schrieb: „Er hat die Anlage Mozarts sorgsam kopiert und sie mit so viel Fleiß wie Pietät ergänzt", hat es doch seit der Erst ausgabe im Jahre 1 800 immer wie der große Kritik gegeben. Schon in der „Allgemeinen Musikalischen Zeitung" vom 1. Oktober 1801 wur de „die zum Theil sehr fehlerhafte Instrumentalbegleitung" beanstan det. Richard Strauss äußerte in ei nem Brief an seine Eltern, er wolle „aus der furchtbar putzigen Instru mentation einiges herausstreichen". Auch Bruno Walter unternahm „Schritte zu einer Revision der Rou tine-Instrumentierung Süßmayrs". Weil sich außerdem eine ganze Reihe satztechnischer Fehler fand, die einem Werk unter Mozarts Na men unangemessen schienen, wag te der Münchner Geiger, Pädago ge und Musikwissenschaftler Franz Beyer, mit dem Schaffen Mozarts durch jahrzehntelange Beschäfti gung vertraut, in den 70er Jahren unseres Jahrhunderts den Versuch, ganz neu dessen „Sprache nach zuspüren und sie freizulegen". Beyers in unserer heutigen Auffüh rung erklingende Neufassung, die in der Praxis inzwischen erprobt und bei Peters in Frankfurt erschie nen ist, unterscheidet sich von der traditionellen Fassung Süßmayrs durch die Revision des Mozartschen Textes an Hand des Autographs, durch Korrekturen und Retuschen in nerhalb der Süßmayr zugeschrie benen Teile sowie durch eine an Mozarts Klangbild orientierte Instru mentation. (Von Mozart selbst wur de ja nur der „Introitus" vollständig ausgeführt.) Hans Ludwig Hirsch