Modest Tschaikowski, Verfasser der Libretti zu den Opern „Pique Dame" und „Jolanthe" Drama im Februar 1883 kennen gelernt, als er es in einer Nummer der Zeitschrift „Der russische Bote" las. Von dem poetischen Reiz des Stoffes, „der Originalität und der Fülle von lyrischen Momenten" war er bezaubert und beschloß so gleich, diese Vorlage zu vertonen. Das Libretto der Oper, das Tschai kowskis Bruder Modest anfertigte, und zwar nach der von Wassili So tow besorgten russischen Überset zung des Dramas, in der es auf den Bühnen des Petersburger Alex- andertheaters und des Moskauer Kleinen Theaters gespielt wurde, war indes erst Ende April 1891 fer tiggestellt. Wie schon bei vielen anderen Opern begann Tschaikowski die Arbeit an Jolanthe" damit, daß er sich die Grundidee des Werkes, dessen Anlage sowie die musikali sche Charakterisierung der einzel nen Personen sorgfältig überlegte. In Jolanthe" erreicht die Grund idee des Werkes, die sich in dem Drang zum Licht manifestiert, ihren sinnfälligsten Ausdruck in dem Au genblick, wo in dem Herzen des blinden Mädchens erstmals die Lie be aufkeimt und das Mädchen der Existenz der sichtbaren Welt ge wahr wird - in der Duett-Szene Jo lanthes und Vaudemonts. Und eben mit diesem Höhepunkt - einer Duett-Szene, die Tschaikowski „Du ett vom Licht" genannt hat - be gann er die Arbeit an seiner letzten Oper. Eine erste musikalische Charakteri sierung Jolanthes, gewissermaßen ein sinfonisches „Porträt" des Mädchens, findet sich in der Intro duktion zur Oper. Die düster getön te Musik schildert die Stimmung des Leides, des vergeblichen Bemühens, sich aus Gehemmtheit und Erstarrtheit loszureißen. Hier wird die seelische Welt des blin den Mädchens enthüllt: Die Unruhe und der Drang, die aus dieser Mu sik sprechen, ähneln den geheim nisvollen Ursachen der Wehmut und Sehnsucht Jolanthes. Das The ma, das diese Welt des Mädchens schildert, kann als „Blindheitsmo tiv" bezeichnet werden. Das Thema der Introduktion begeg net uns auch im weiteren Verlauf der Oper, allerdings anders har monisiert und mitunter melodisch verändert. Der Kern des Themas er scheint in Momenten, die Jolanthes Leid charakterisieren: vor ihrem Arioso „Weshalb kannt' ich früher weder Sehnsucht noch Kummer