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„Don Quixote" - Fantastische Variationen über ein Thema rit terlichen Charakters" über schrieb Richard Strauss sein Opus 35, das 1898 in Köln seine Uraufführung erlebte. Auch in die ser Komposition erkennen wir ihres Schöpfers Bestreben, Programmati sches in vorhandenen musikali schen Formen wiederzugeben, der Gefahr des Auseinanderfließens durch Bindung an die gewählte Form zu begegnen, wie das im Rondo des „Till Eulenspiegel" oder in der frei behandelten Sonaten hauptsatzform des „Don Juan" ge schehen war. Doch konnte man in den frühen Tondichtungen, im „Macbeth" oder im „Don Juan", auch in „Tod und Verklärung" seine Bindung an ein Programm im We sentlichen als eine Bindung an eine Idee verstehen, galt hier noch mehr das Beethovensche Wort über die Pastoralsinfonie, „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei", so erweist sich der Strauss des „Don Quixote" - so wie später der der „Sinfonia domestica" oder der „Alpensinfonie" - als artistischer Beherrscher musikalischer Detail zeichnung, mehr als Illustrator denn als Programmatiker. Aber spürt man auch die offensichtliche Freude des Komponisten an der musikalischen Schilderung äuße rer, manchmal sogar äußerlicher Geschehnisse, so bewundert man darüber hinaus die Meisterschaft, mit der Strauss es versteht, den kauzigen, zutiefst tragikomischen Charakter des „Ritters von der trau ¬ rigen Gestalt" plastisch wiederzu geben, in den verschiedenen Situa tionen zu variieren, ihn mit der erdverbundenen Schläue der Sancho-Pansa-Thematik zu kontra stieren und ihn zudem - besonders am Schluß - mit der Warmherzig keit mitfühlender Empfindung zu überglänzen. So wächst gerade der „Don Quixote" über zweifellos vorhandene filmisch illustrierende Momente zur gleichsam sinfoni schen Charakterkomödie hinaus. Aus der Vielzahl der Episoden, die den herrlichen Roman des Cervan tes so prall füllen, wählte Strauss zehn aus, denen er jeweils eine Variation widmete. Die Introduk tion zeigt - nach Strauss' eigenen Worten - „Don Quixote, mit der Lektüre von Ritterromanen beschäf tigt. Er verliert den Verstand und beschließt, als irrender Ritter durch die Welt zu ziehen." Skurril klingt schon hier in der Einleitung das Quixote-Thema an, dazu kommt eine sehnsüchtige Oboenmelodie, dem idealistischen Streben des Rit ters und seinem Sehnen nach der schönen Dulcinea Ausdruck verlei hend, schließlich ertönt noch ein kriegerischer Fanfarenstoß der ge dämpften Trompeten. Die eigentli che Themenaufstellung erfolgt aber erst später: In bizarrem Melos, auch rhythmisch kompliziert ge zeichnet, tritt das „ritterliche The ma" daher im solistischen Violon cello, dem als Begleiter das San- cho-Pansa-Thema beigegeben ist, humorvoll, bauernschlau, ein we nig plustrig in Baßklarinette und Spieldauer: ca. 35 Minuten