Bereits als Kind hatte Strauss versucht, Erlebnisse einer großen Bergpartie in Töne umzusetzen. sches Modell nun ihrerseits die Kur ve „Aufstieg-Abstieg" wählte: eine symmetrische Struktur, deren musi kalischer Wert auch ohne Pro gramm zu bestehen vermag, „denn die Vorstellung von Gewit ter, Sturm und raschem Abstieg des Wanderers vom Berggipfel führte den Komponisten dazu, das im Hauptsatz aufgestellte Themen material in der Reprise zusammen gerafft, dynamisch gesteigert und durchführungsartig verwandelt in umgekehrter Reihenfolge und teil weise auch in der Gegenbewe gung zu bringen" (Willi Schuh). Das in der Skizze bis ins Jahr 1900 zurückreichende Werk wurde schließlich zwischen dem 2. und 3. Akt der „Frau ohne Schatten" in genau 100 Tagen in strumentiert (1. November 1914 bis 8. Februar 1915). Trotz der 15 jäh rigen Entstehungszeit hatte Strauss das ursprüngliche Nietzsche-Kon zept seiner Sinfonie bis zuletzt auf rechterhalten - auch wenn er kurz vor der Reinschrift den Titel „Anti christ" tilgte; als Beweis kann eine Briefstelle gelten, die nur wenige Tage vor Beendigung der Partitur fast wörtlich Nietzsches „Anti christ" zitiert: „Ich habe trotz allem die Hoffnung an eine bessere Menschheit noch nicht aufgege ben, vielleicht wenn einmal das Christentum von der Erde ver schwunden ist!" (an Hugo von Hof mannsthal, 16. Januar 1915). Daß Strauss dennoch alle Nietzsche- Anspielungen rückwirkend entfern te, mag damit erklärbar sein, daß er persönlichste Anschauungen, zumal in religiöser Hinsicht, nicht gern der Öffentlichkeit preisgab. Das Werk, nunmehr nach seinem Nebentitel „Eine Alpensinfonie" genannt, sollte ursprünglich dem von Strauss geschätzten Dresdner Generalmusikdirektor Ernst von Schuch gewidmet sein. Nach des sen Tod wurde die Widmung auf Nicolaus Graf Seebach und „die Königliche Kapelle zu Dresden in Dankbarkeit" übertragen. Mit den Dresdnern unter Richard Strauss fand auch die Uraufführung statt, anläßlich eines Gastkonzerts am 28. Oktober 1915 in Berlin. Besit zerin der originalen Partitur reinschrift ist heute die Pariser Bibliotheque Nationale, der Strauss das Manuskript im Jahre 1945 schenkte. Bereits als Kind, nämlich 1879 in Murnau, hatte Richard Strauss ver sucht, die Erlebnisse „einer großen Bergpartie auf den Heimgarten" in Töne umzusetzen. „Die Partie" - so schrieb er Ludwig Thuille, seinem Jugendfreund - „war bis zum höch sten Grad interessant, apart und originell. Am nächsten Tage habe ich die ganze Partie auf dem Kla vier vorgestellt. Natürlich riesige Tonmalereien und Schmarren (nach Wagner)." Sein heidnisches Credo nach Nietzsches „Antichrist" schätzte Strauss jedoch weit höher ein, was einem Brief an Hofmanns thal anläßlich der Wiener Erstauf führung zu entnehmen ist: „Alpen sinfonie müssen Sie hören: es ist wirklich ein gutes Stück!"