des musikalischen Satzes gehört. Bruckner drückte die satztechnische Schulbank länger als jeder andere Komponist seines Ranges. Nach der Elementarausbildung in der Ju gend studierte er - mittlerweile längst als anerkannter Musiker in Linz tätig - im Fernunterricht bei dem gefürchteten Kontrapunktlehrer Simon Sechter (Wien), und zwar von 1855 bis 1861 (I), später dann unter Anleitung des Linzer Kapell meisters Otto Kitzler - nach der Theorie folgte nun der praktische Orchestersatz, namentlich die Be kanntschaft mit Partituren Wagners - Probleme der Formbildung und vor allem der neueren Instrumenta tion (neben Wagner auch die „Fausf'-Sinfonie von Liszt und Wer ke von Berlioz). Dann erst wagte er sich an seine ersten Versuche auf dem Gebiet der Orchestermusik. Vorher hatte er nur kirchliche Gebrauchsmusik ge schrieben. Die erste, offiziell ge zählte Sinfonie komponierte Bruck ner erst 1856 bis 1866, also im Al ter von über vierzig Jahren. Bruckners Idee des Sinfonischen fußt trotz der tiefen Verehrung für Ri chard Wagner auf ganz anderen Überlegungen als die Musikdramen des Bayreuther Meisters, von denen Bruckner, wie bekannt, nur die Mu sik verstand (oder sollte man nicht sagen: verstehen wollte?). Er ent deckte für die Sinfonie die Nei gung, das Thematische als Anlaß, nicht mehr als Absicht des Musizie rens zu nehmen. Das heißt: Die sin fonische Form ist bei ihm primär ein dynamischer Zug von immensen Steigerungswel len, denen die „Einfälle" im De tail untergeordnet sind; sie werden als „Material" ge braucht. Alles Thematische ist bloße Oberflä che, zentral ist der geradezu „körperliche" Vor gang des Sich- Dehnens und Spannens bis hin zu gewaltigen Eruptionen und geballten Höhe punkten, teilwei ¬ se - wie im dritten Satz der neun- Anton Bruckner ten Sinfonie - auf knirschenden Dis- (1894) sonanzen oder - an den Schlüssen - als alles überstrahlender Ruhe klang, dem Pendant zu den vor thematischen, atmosphärischen An fängen mit Tremolo, die gleichsam die Hörgrenze abtasten. Kein Wunder, daß es Bruckner sich leisten kann, einen thematischen Vor gang einfach abbrechen zu lassen, wenn die Innenspannung es gerade nahelegt. Form ist bei Bruckner alle mal eine abgestufte Folge thema tisch verschieden konturierter Blöcke - oft durch Generalpausen vonein ander getrennt. Der kämpferische Dualismus der Sinfonien Beethovens ist damit völlig aufgegeben. Es war aber gerade der Anfang der Neunten Sinfonie Beethovens,