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ZUR EINFÜHRUNG Spieldauer: ca. 68 Minuten Die 7. Sinfonie ist Anton Bruckners populärstes Werk der Bruckner so faszinierte, die Idee nämlich, nicht mit einem fixier ten Thema zu beginnen, sondern dort, wo die Musik zunächst nur Luftschwingung ist. Daraus mochte sich dann die thematische Kontur entwickeln. Da Bruckner primär klanglich und nicht motivisch dach te, ist der Ausbruch des Hauptthe mas immer ein Ziel, kein Ereignis, das nur durch seine Physiognomie selbst spricht. Bruckners Musik ist wie Ernst Bloch bereits 1918 er kannte, „Klang, der sich erst bildet" und ihre Form ist „Unruhe, Zerstö rung, Überhöhung, dauernde Visierung", eine Art künstlerisches Abenteuer. Die vom 23. September 1881 bis zum 5. September 1883 kompo nierte Sinfonie Nr. 7 E-Dur ist Anton Bruckners Durchbruch als Sinfoniker, ja sie wurde zweifellos das populärste Werk des Komponi sten, vermutlich wegen des „zum Andenken seines unerreichbaren Ideals, des heißgeliebten, unsterb lichen Meisters aller Meister" Ri chard Wagner komponierten Ab gesanges des zweiten Satzes. Als Arthur Nikisch am 30. Dezember 1884 im Neuen Theater zu Leipzig die Uraufführung brachte, war der Erfolg zwar noch gemäßigt, weil das Leipziger Publikum sehr kon servativ war, aber immerhin konn te Bruckner bereits befriedigt fest stellen, daß „zum Schluß eine } /a Stunde applaudiert wurde", ob wohl die meisten Zuhörer eher ver dutzt als begeistert waren. Bruck ner war es gewohnt, daß bei Auf führungen seiner Sinfonien die Zu hörer scharenweise den Saal zu verlassen pflegten; da wog der Leipziger Beifall schon viel. Offen sichtlich war es selbst den so kon servativen Leipziger Zuhörern auf gegangen, daß sie das Werk eines großen Sinfonikers vernommen hatten. Den eigentlichen Durch bruch erzielte die Sinfonie jedoch erst einige Monate später in Mün chen, als Hermann Levi (Wagners ,,Parsifal"-Dirigent) am 10. März 1885 die Erstaufführung dort diri gierte. Die kurz darauf bereits er folgte Drucklegung machte die ra sche internationale Reputation des Werkes möglich. Es war aber doch fast ein Wunder, daß die Münch ner Erstaufführung so durchschlug, denn Levi schrieb während der Proben an Bruckner: „Das Orche ster hat natürlich gestutzt und gar nichts verstanden. Die Leute sind nämlich hier unglaublich reac- tionär." Um so erstaunlicher war die grenzenlose Begeisterung bei der Aufführung, die immerhin die Wiener Philharmoniker, sonst auf Bruckner schlecht zu sprechen, nö tigte, nicht länger zurückzustehen und - ein Jahr später - die erste Wiener Aufführung unter Hans Richter zu wagen. Gegen den auch dort einhelligen Erfolg stemm te sich nur der Bruckner-Gegner Eduard Hanslick erwartungsge mäß, schrieb einen seiner üblichen Verrisse und hörte nur „unabsehba res Dunkel". Wie war der plötzli che Durchbruch des Sinfonikers Bruckner möglich?