ZUR EINFÜHRUNG Wilfried Krätzschmar: Anmerkungen zur Uraufführung von „Reigen" für Orchester Daß ich gerne für Orchester kom poniere, dazu hat die Dresdner Philharmonie sicherlich nicht un wesentlich beigetragen. Kein Zö gern also gegenüber der Anfrage, für die Jubiläumsspielzeit eine Komposition beizusteuern. Denn da ist außerdem die Verbunden heit eines Dresdners vorhanden, da sind Respekt und Anerkennung des Konzerthörers gegenüber dem künstlerischen Wirken dieses re nommierten Klangkörpers, und da ist vor allem auch die ganz per sönliche Erfahrung des Dresdner Komponisten, der rückblickend seinen Werdegang so entschei dend von der Arbeit der Philhar moniker begleitet sieht. Ich erinne re mich dankbar an so manches ereignishafte musikalische Erleb nis, an den Zugewinn künstlerisch praktischer Erkenntnis, an ästheti sche Auseinandersetzung - auch mit dem Publikum!, - an das ge meinsame Abenteuer von Ur- und Erstaufführungen z. B. mit Hartmut Haenchen, Günther Herbig, dem unvergessenen Johannes Winkler. Ich beobachte voller Hochachtung die von hohem künstlerischen Ernst getragene Verantwortung, auch im Hinblick auf anspruchs volle Spielpläne, samt der Über zeugung, sich zum Erhalt der eige nen Frische und der eines lebendi gen Kunstbetriebes auf die Arbeit mit Autoren einzulassen, die noch am Leben sind (und außerdem noch nicht mit den Preisetiketten der Kultursupermärkte beklebt) - diese Hingabe an Kunst, die nur dort wirklich stattfindet, wo dem Risiko nicht heuchelnd ausgewi chen wird. Daß ich gern Orchestermusik schreibe und daß ein Orchester jubiläum den Anlaß gibt, dürfte die konzertanten Züge des Stückes be wirkt haben: virtuose Aufgaben für einzelne Instrumente und Gruppen, auch für den Orchesterapparat als Ganzes; Gelegenheiten zum Prä sentieren, sei es mit rasanten Pas sagen des Zusammenspiels, mit rhythmisch vehementen Kaskaden oder auch einmal „nur" mit dem schönen Ton des Instruments. Eingebunden sind solche Elemente allerdings in ein tiefer grundiertes Gesamtkonzept (die Jubiläums gabe sollte sich nicht im anspruchs losen Albumblatt begnügen), ein Konzept des spannungsvollen Zu sammenwirkens sinfonisch aufge bauter Entwicklungen auf dem Un tergrund eines weiter ausgreifen den Sujets. Es sind sozusagen Or chesterkonzert und Sinfonie in dem nahezu halbstündigen Drama im mer zugleich im Spiel. Der ernste Grundton des Stückes kommt aus einer Thematik, die zu gestalten mich schon recht lange beschäftigt: „Reigen" als umfas sende Metapher, als hintergründi ges Gleichnis für die Dinge von Le ben und Tod. (Der Titel hat also nichts mit Arthur Schnitzlers Text im Sinn - zumindest nicht vordergrün dig; auch nichts mit dem Elfenrei gen seliger Geister fürs räkelnde Zurücklehnen in eine halbherzige Aufmerksamkeit, oder mit schauri-