ZUR EINFÜHRUNG Alma Mahler Die Form und Satztechnik von Mah lers „Fünfter" ist ungewöhnlich komplex: nicht nur durch die Zu sammenfassung in drei Abteilun gen, die unterschiedliche Sätze (1. und 2. sowie 4. und 5.) zusam menfügt, sondern auch durch die teilweise scheinbare Überwuche rung von Mahlers Kontrapunkt, der in diesem Werk eine viel größere Rolle spielt als in anderen Sinfo nien. Zu seiner Freundin Natalie Bauer-Lechner sagte der Kompo nist über das riesenhafte, eine ei gene Abteilung bildende Scherzo, daß darin „auch nicht ein Körn chen ungemischt und unverwan delt bleibt". In der Tat wird das musikalische Material so ver mischt, daß die einzelnen Themen nicht mehr als solche wahrnehm bar sind. Was mit dem Material geschieht, entzieht sich jeder ein deutigen Analyse. Aber auch da für gibt es wieder eine inhaltliche Erklärung: Man hat das Gefühl, daß Mahler etwas sucht, was er selbst nicht erklären kann. Das Gefühl der Unruhe und Unrast (sie he „Schwager Kronos") und der Unerfülltheit macht sich breit. Das hat sicher etwas mit der Lebens phase zu tun, in der er sich be fand. Er war um die Vierzig. Ein Alter, wo man sich aufs Neue selbst Fragen stellt über das War um, was mit starken Zweifeln be antwortet wird. In diesem Licht muß auch der Trauermarsch gesehen werden, mit dem die Sinfonie eröffnet wird: Ich denke, daß Mahler in diesem Marsch noch nicht weiß, wo es hingeht. Bei anderen Mahlerschen Märschen (z.B. 6. Sinfonie) gibt es eine Art militärische Aggressivi tät. Hier nichtl Die Trompete bläst ihren strengen Appell, aber es gibt keine Antwort. Der Zweifel herrscht vor und eine gewisse Trostlosig keit: Warum tue ich das alles? Der zweite Satz stellt eine Umkeh rung des ersten dar: Ist der erste traurig, mit Momenten des Wider standes, so gibt sich der zweite ra send und verbissen, um dann zu rückzufallen in die Trauer des er sten. Der zweite Satz ist ein Auf stand gegen den ersten. Die zwei Teile gehören zusammen wie die verschiedenen Seiten des Lebens; sie bilden eine Einheit, worin die ganze Idee der Sinfonie zu finden ist, die dann sicher durch die Ereig nisse, die mit dem Adagietto um-