BRIEF DES KOMPONISTEN Spieldauer: ca. 21 Minuten hatte, war eigentlich eine ganz plakative: Seit dem ersten Hören von Gustav Mahlers 6. Sinfonie beeindruckt (und verwundert) mich immer wieder die große Holzkiste, die Mahler als Instrument vor schreibt. Meines Wissens wird die se in keinem anderen Stück der Musikgeschichte eingesetzt. Völlig unabhängig von Mahlers Intentio nen (und überhaupt seiner Musik- und Geisteswelt) wollte ich dieses Instrument auch verwenden, es an markanten Stellen einsetzen. So beginnt das Stück gleichsam mit einem Urknall. Und wie ein fernes Echo darauf erscheint fast im Unter grund ein wichtiges Motiv, was der Komposition auch einen Teil des Titels gegeben hat: ein leises, aber sehr gespanntes Pulsieren von zwei großen Trommeln. Dieses Pulsieren taucht immer wieder auf, einmal - wie am Anfang - fast unmerklich im Hintergrund, ein anderes Mal über nehmen es die Streicher extrem vor dergründig, fast gewalttätig. Oder das ganze Orchester fängt ein schnelles Pulsieren an - was dann wieder in einen „Urknall" mündet. Der zweite Begriff des Titels „Far be" bezieht sich natürlich auf die Klangfarbe. Sie spielt in großen Teilen der Komposition eine domi nierende Rolle. Uber lange Strek- ken bleiben die Harmonien fast unverändert, eine Melodie im ei gentlichen Sinne gibt es nicht, das wichtigste ist die ständige Verände rung der Klangfarbe, das Um instrumentieren des immer Glei chen, das immer Gleiche in stän dig anderem Licht - vielleicht ist es dann doch nicht mehr das „immer Gleiche"? In diese liegenden Har monien quasi eingefädelt sind Motivsplitter, Fragmente von melo discher Entwicklung, die aber, da sie ausschließlich aus Tönen des schon erklingenden harmonischen Hintergrundes bestehen, anfangs eher wie Ornamente wirken denn als eigenständiges Element. Doch wird dieses „melodische" Element zunehmend wichtiger und reißt das ganze Orchester mit. Dies alles geschieht in drei unterschiedlich langen Anläufen, unterbrochen, kommentiert oder auch nur beglei tet von dem immer wieder auftau chenden Pulsieren in den beiden großen Trommeln. War bisher der „harmonische" Hin tergrund, eine Art Klangfläche, das wichtigste, dem sich die melo dische Entwicklung unterzuordnen hatte, kehrt sich das musikalische Geschehen nun ins Gegenteil um. Ein langer melodischer Bogen (der Bläser) steht im Vordergrund, doch wie Schatten (der dritte Schlüssel begriff des Titels) bleiben die Töne liegen (in den Streichern) - die Me lodie zeichnet die Harmonie vor. Ein etwas ruppiges Schlagzeug-In termezzo bricht diesen Prozeß ab und leitet in den nächsten Teil über, in dem die Streicher das Pulsieren aggressiv übernehmen, kontra punktiert von schrillen „Choral-Ver suchen" der Blechbläser. Etwas be sänftigend übernehmen die Hörner diese Choral-Intonation, darüber entfalten die Altflöte und die Oboe