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Redactton, Verlag und Druck von C. M. Gärtner in Schneeberg. 94 Freitag, den 23. April 1886 Justrtionlgkbühre» die gespaltene Zelle 10 Pfennige. die zweispaltige Z^ile E amtlicher Jnsemie d Lü Pseritti^r. Dienstag, den 27. April 1886, Vorm, halb 12 Uhr kommen in der Güntherschen (Behrend'schen) Restauration in Neustädtel 1 Visschrank, 1 Speiseschrank, 4 Fäßchen mit Kümmel, Pommeranze, Pfeffermünze und R»m, 3 Flaschen Wein, Büchsen mit Spargel, Schnittbohnen, Steinpilzen u. s. w., sowie eine geschliffene Bowle gegen sofortige Bezahlung zur Versteigerung. Schneeberg, den 22. April 1886. Der Gerichtsvollzieher beim König!. Amtsgericht. Lyon. Mittwoch, dm 28. April 188k, Nachmittags 3 Uhr kommt in der Heinrich Mehlhornschen Restauration in Aue 1 Bogmaschine gegen sofortige Bezahlung zur Versteigerung. Schneeberg, den 22. April 1886. Der Gerichtsvollzieher beim Königl. Amtsgericht. Lyon. Bekamltmachrrng, Wasserzinsen betr. Die am 1. April jeden Jahres fälligen communltchen Wusserjiuse stud auf da» Jahr 1886 spätestens bis zu« 30. April ». o. an die Gtadtkaffe abzuführen. Etwaige Reste unterliegen von da ab exeeutivischer Beitreibung. Johanngeorgenstadt, am 21. April 1886. LagesgsMMe. DstttschlANL, Die nachfolgenden sozial-politischen Ausfüh rungen entnehmen wir dem „Düsseldorfer Anzeiger." Da uns die seiber, ebenso zutreffend wie zeitgemäß erscheinen, geben wir sie vollinhaltlich nieder: Es ist schon häufig, aber immer noch nicht genug da rauf hingewiesetl worden, welchen unabsehbaren Nachtheil demokratische und sozialdemokratische Bolksaufwisgler den arbeitenden Klassen durch systematische Mißtrauenserregungen gegen die Monarchie zufügen. Die Schwierigkeiten, welche mit der Verbesserung gesellschaftlicher Zustände verbunden find, stellen sich an sich schon als so große dar, daß alle wirklichen Freunde der nothleidenden Klaffen vor dem Ver brechen zurückschrecken sollten, diese natürlichen Schwierig keiten und Hindernisse noch künstlich durch Verhetzung der Arbeiter gegen ihren besten und mächtigsten Freund, gegen die landesväterliche Monarchie, zu vermehren. Wenn ein hervorragendes Mitglied der konservativen Partei am 2. April im Deutschen Reichstage meinte: ein erleuchtetes Königthum gebe kräftigeren Anstoß zu einer guten Soztal- reform, als alle Demokratieen, alle Republiken der Wett — so ist das vollkommen richtig, so daß der demokratische Ab geordnete Kroeber keine Veranlassung hatte, darauf mit Hohn zu fragen, was das erleuchtete Königthum denn voll bracht habe. Er bezeichnete die Arbeiterverficherung dann a!S eine „Kleinigkeit", gegen welche die Demokratie „zur Brechung von Sklavenketten" doch mehr geleistet habe. „Ich erinnere — fuhr er fort — nur an die französische Revo lution, an die Befreiung der Negersklaven in Nordamerika. Die sranzvfische Nationalversammlung brach die Leibeigen schaft und die Hörigkeit und stellte die hohe Parele der Demokratie fest in den drei Worten: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, welche mehr Religion enthalten, als Herrn Stöckers ganze Lehre!" Was Herr Kroeber hier in einigen Sätzen zu Tage förderte, ist der Inbegriff eine- ganzen Systems demokra tischer Geschichtsfälschungen. Jedes Wort, was er vor brachte, ist unrichtig und steht mit der historischen Wahrheit in Widerspruch. In Preußen beginnt das „erleuchtete Königthum" nicht erst mit der gegenwärtigen arbetterfteund- ttchen Gesetzgebung. Das Hohenzollernthum war stets auch tu volkswirthschaftltcher Hinsicht die verkörperte Landesväter- lichkeit. Davon haben ausländische Gelehrte noch mit mehr Begeisterung Zeugniß abgelegt, als preußisch« und deutsche. Wir erinnern in dieser Beziehung nur an den großen eng- ltschen Schriftsteller Carlyle, der die volkswirtyschaftltchen Thaten Friedrich Wilhelm I. und Friedrich« de» «roßen in einem unsterblichen Werke verherrlicht hat. Die früheren preußischen Könige lösten die sozialen Fragen ihrer Zett auch mit den Formen und mit den Mitteln ihrer Zeit. „Wie es dem preußischen Königthum gelang — sagt Schmöller —, in 200jährige« Kampfe den dritten Stand, da» Bürger- und Bauernthum ,« retten, zu heben und mtt den vorher allein berechtigten Klassen zu versöhnen, so wirb es im 19. Jahrhundert den Streit des vierten Stande- mtt den übrigen Klassen schlichten, den vierten Stand harmonisch in den StaatS- und GesellschastSorganiSmuS einfügen." W:nn Herr Kroeber nur der Demokratie Geneigtheit und Fähigkeit znspricht, „Sklavenketten zu brechen", so ver gißt er, daß es irr e!ner erleuchteten Monarchie dazu nie mals des Bürgerkriegs und der Schreckensherrschaft bedarf. In Preußen bewirkte das „erleuchtete Königthum" die Auf hebung der Leibeigenschaft und Hörigkeit durch friedlich- Mittel, während die Demokratie und Republik nur durch furchtbare Bürgerkriege dazu im Stande war. Auch in Frankreich wäre vor 100 Jahren ein durchgreifendes Re- fcrmwerk im Bunde mit dem wohlwollenden Ludwig XVI. ohne Revolution und ohne Schreckensherrschaft zu Stande gekommen, wenn nicht die demokratische Thorheit als dämo nisches Hinderniß dazwischengetreten wäre. Der französische Geschichtsschreiber tz. Tatne hat diese den Demokraten aller dings höchst unbequeme Geschtchtswahrheit außer allen Zwet- jel gestellt. Selbst die Aufhebung der Sklaverei in Nord amerika ist keineswegs dem zu danken, was in Europa als „Demokratie" gilt. Das von unseren Demokraten zurück- gewiesene CHMeutbum spielte in der großartige >r geistigen Bewegung zu Gunsten der Lklavenemaüzipatio . die eigent liche Heldenrolle. Die Verschweigung dieses llmstandes ge hört ebenfalls zu den Geschichtsfälschungen unserer Demo kraten. Der ungeheuerlichste Frevel gegen die historische Wahr heit besteht aber wohl in den Kroeberschen Worten, daß die demokratische „Parole" Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit mehr Religion enthielte, als das Chcistenthum. Möge Herr Kroeber bei Taine doch nachlesen, unter welchen blutigen Scheußlichkeiten sich diese demokratische Religion gleich in ihren ersten Anfängen offenbarte, während wirkliche Religionen grade in ihren Jugendtagea ihre» volle« moralischen Glanz ausstrahlen. Von „Gleichheit und Brüderlichkeit" gegen die Nichtbr- sitzenden weiß die Geschichte aus „Republiken" wenig zu be richten. ,Je freier die Gesellschaft als solche sich im Staate bewegt -- sagt Schmöller mit Recht — desto größeren Spielraum hat auch der Egoismus der wirthschaftllchen Klassen. Nicht in Monarchien, sondern in Republiken hat die schnödeste Klassenherrschaft sich im Laufe der Geschichte gezeigt. Eine Krasse folgt der andern in der politischen Herr schaft, und keine ist fähig, dauernde Zustände zu schaffen. Den Gefahren der Zukunft kann deshalb nur durch ein Mit tel die Spitze abgebrochen werden: dadurch, daß das König- und Beamtenthum, diese einzrgen neutralen Elemente im sozialen Klaffenkampf, entschlossen und sicher die JnUiattoe zu erner großen sozialen Reformgesetzgebung ergreifen und ^.n diesem Grundgedanken ein oder zwei Menschenalter un verrückt festhalten." — Ein römisches Telegramm, wonach die preußische Regierung die Vorschläge des Vattcans bezüglich weiterer Revision der Maigesetze bereits angenommen haben soll, hatte in Berlin Aussehen erregt, erweist sich aber, so schreibt man der „N.-Z.", als grundlos. Bis jetzt find weitere Ver handlungen mtt der Curie überhaupt nicht angeknüpft wor den. Ein unterrichteter Gewährsmann will wissen, daß sich die Verhandlungen über die weitere Revision der Maige setze nicht so leicht gestalten dürsten, wie es die Opportuni sten voraussetzen. Es sei, so wird versichert, beabsichtigt, der Curie sofort die von der preußischen Regierung in Lus- ficht genommene Grenzlinie zu bezeichnen, bis zu welcher die Regierung mtt ihren Coneesstonen an die Curie zu gehen gedenkt. ES wird für wahrscheinlich gehalten, daß der Ge- sandte heim Vatiean, Herr v. Schlözer, die diesseitigen Vor schläge der Curie übermitteln dürfte. Jedenfalls bezweckt das längere Verbleiben des Gesandte« in Bersin wohl auch dessen Mitwirkung bet de« Brrathungen über die ferner« Verhandlung zwischen der preußischen Regierung und der Curie. Die „N.-Z." bemerkt hier,»: So die uns zugehend« Mitteilung. Wir meffrn unserers«it- der Erwähnung von »Grenzlinien"'für die Zugeständnisse an die Curie nach den gemachten Erfahrungen nicht den mindesten Werth bei. Die Nattonalltberal« scheinen bei der Ablehnung der Kirchen vorlag« orrharren zu »ollen, jedoch erklären sie, daß selbst dieser über alle Maßen wichtige Vorgang ihr Vertrauen zum Fürsten Bismarck nicht erschüttere. So schreibt die Tageblatt für Schwanenberg und Umgegend. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden in Aue, Grünhain, Hartenstein, Johanngeorgenstadt Lößnitz, Neustädtel, Schneeberg, Schwarzenberg und Wildenfels. SGrWb.Mkssrem Eharfreitag. So haben sie dich doch ans Kreuz geschlagen, Der eine Welt voll Liebe in sich faßt! Das Buge bricht! Die Wange ist erblaßt! Der letzte kam von deinen Büßertagen! Du, Heiland! schweigst! Doch deine Jünger klagen: / Schau, Römer, hin, den du gekreuzigt hast, Am Marlerholz die hingewelkte Last Wird einst dein stolzes Reich in Trümmer schlagen! Der Tempelvorhang reißt! Aus Tag wird Nacht! Das Grab hält länger nicht sein morsch' Gebein! Die Welt im Staub vor dir, den sie verlacht'! Fürwahr, des Höchsten Sprosse mußt du sein! Von deinen Lippen stirbt's; „ES ist vollbracht!" Du senkst das Haupt und schlummerst sühnend ein! Fritz Ranke. Thieme-Garmann. „Nat.-Lib.-Corr.": „Tine Unterschätzung' des Ereignisse, welches sich zu Anfang der Woche im Herrenhaus« vollzogen hat, liegt uns wahrlich fern; seine Tragweite halten wir für gänzlich unabsehbar. Aber einen verhängnißvollen Bruch zwischen dem Reichskanzler und der nationalltberalen Partei in ihm zu finden, find wir nicht im Stande. Der Unter schied zwischen beiden liegt nicht in dem Ziele, sondern in den Wegen, es zu erreichen. Beide wollen aufrichtig den FriedenSschluß zwischen Staat und Kirche; aber während unsere Freunde ihn erstreben in der Form einer festen ge setzlichen Institution, scheint Fürst Bismarck ihn mehr als eine persönliche Vertrauensfrage zu behandeln. Lon dem Standpunkte aus erscheint jetzt wohl auch die gesammte Mai gesetzgebung unterschiedslos als eine Kampfgesetzgebung, wäh rend doch zweifellos ein großer Theil derselben als dauern- der Ausdruck einer gerechten Grenzabsteckung zwischen den beiderseitigen Gebieten gedacht ist. Schon Herr Miquel hat indeß im Herrenhaus« erklärt, daß unsere Partei sich nur freuen könnte, wenn sie durch den Erfolg eines Besseren belehrt, wenn das von ibr mit dem Kanzler gemeinsam er- > strebte Ziel auf diesem Wege erreicht würde. Unter diesen Umstanden ist nicht einzusehen, wie die ktrchenpolitischs An gelegenheit an sich zu einem Bruch zwischen dem Kanzler und den Nationalltberalen führen sollte. Dazu kommt, daß die Lage aller übrigen politischen Verhältnisse wahrlich nicht zu einem solchen Bruche ermuntert. Fürst Bis aarck hat im Herrenhause selbst den Gedanken von sich gewiesen, die Freundschaft der Mittslparteien dranzugeben unv dagegen die des CentrumS einzutauschen. Und dazu hatte er vollen Grund. Angenommen, die Verständigung mit dem Papste kommt voll und ganz zu Stande, so wird darum das Een- trum sich weder alsbald auflösen, noch sein bisheriges We sen in sein Gegenthetl verkehren. Eine so fest eingelebte, straffe Organisation wie die Centrumspartet fällt so rasch nicht «Einander, noch verliert sie ihre alten Gewohnheiten. Selbst im günstigsten Falle wird sich die Rückwirkung des Friedensschlusses auf die Wahlen des bisherigen Cemrums- gebieres nur sehr allmäliz bemerkbar machen. Das Cen- trum wird noch lange Dauer hinaus zum Mindesten über- wiegene Oppositionspartei sein. Und darum wico es nach wie vor die Aufgabe bleiben, die Mittelparteien auf Kosten der Oppositionsparteien, einschließlich des Lsntrums, zu stärken, wenn anders ein gedeihliches Zusammenarbeiten der gesetzgebenden Factoren ermöglicht werden soll." Berlin, 21. April. Der „Post" wird aus Wien heute depeschirt: Berichten aus Canea zufolge find gegen wärtig in der Sudabai 62 Kriegsschiffe und 25 Torpedoboote vereinigt. — Londoner Meldungen zufolge soll der neueste Vorschlag Englands bezüglich einer verstärken Kollekttvaktion gegen Griechenland gute Chancen der Annahme seitens aller Mächte haben, demgemäß dürfte schon in kürzester Frist an die Athener Regierung die Aufforderung ergehen, binnen 8 Tagen abzurüsten, mtt dem Hinzufügen, daß für den Kall der Nichtbeachtung dieser Aufforderung Griechenland allein für alle Konsequenzen die Verantwortung zu tragen hätte. Oesterreich — Ueber den Brand von Stry bringt die Wiener „Neue Freie Presse" die folgenden weiteren Meldungen: Lemberg, 18. April. Der Brand in Stry hatte, wie aus »er Borstatton Bilcze telegraphirt wird, eine größere AuS- »ehnung, als anfänglich angenommen wurde. 600 Häuser, darunter die Gebäude der Beztrkshauptmannschaft, der Be zirksvertretung, des Steueramtes, ferner das Gymnasium, die Kirchen und die Synagoge, ote Militär-Magazine und Wohngebäude der Beamten der Dniesterbahn re. find voll ständig ein Raub der Flammen geworden. Die Militär- kaffe und das Waffenvepot wurden gerettet. Leider ist der Verlust vieler Menschenleben zu beklagen. Der ganze Stadt- theil vom Ringplatz« entlang der Herrengaffe bis zur Al brechtbahn ist ganz zerstört. Die Häuser find bis auf den Grund ntedergebrannt. Viele Tausende von Personen sind obdach- und unterstand-los. Da- Elend ist sehr groß. Au dem Schaden find viele Versicherungs-Gesellschaften velyet- ligt, zumeist die Krakauer Versicherung». Gesellschaft, der „Oesterreichische Phönix", ote „Liunions", die „^uisnäu" u. s. w. — Von den üffenttichea Gebäuden vermochte man nur die Poft zu retten. Da- Augmentations-Lager des bärtigen Landwehr-Bataillon- ist gleichfalls ein Raub der Flamme« geworden, blo» die Grgäuzung-depot- de» Jufaa-