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Maurice Ravel, einer der prominentesten Vertreter französischer Musik um die Jahrhundertwende, begann zunächst in direkter Nachfolge Debussys. Später erst fand er zu einem eigenen Stil. „Ravel ist ein typischer französischer Musiker: auf dem gleichen Boden erwachsen wie Couperin und Rameau, und wie der letztere verbirgt er meisterhaft die Kunst eben durch die Kunst selbst", schrieb einmal H. Prunieres. Was ist es, das an Ravels Musik so fasziniert? Das Unbeschwerte, Graziöse, Charmante, Zauberhaft-leichte, Witzige, aber auch das klanglich Rausch hafte. Charakteristisch sind für sein Schaffen auch die Beziehungen zur spanischen Folklore, die sich am erregendsten wohl in dem berühmten „Bolero" niederschlu gen, aber auch in der „Rhapsodie espagnole", in der einaktigen Oper „Eine spa nische Stunde", in „L'Alborado del Graziöse" zum Ausdruck kommen. „Das Spa nische bedeutete im Lebenswerk von Maurice Ravel mehr als eine pittoreske Note, eine farbige Nuance. Der Sohn eines Franzosen und einer spanischen Mutter fühlte sich seinem Wesen zutiefst verbunden" (A. Hiebner). In seinem Spätschaf fen, das u. a. von Strawinsky und Schönberg nicht unbeeinflußt war, wurde sein Stil — im Ggensatz zu Debussys — kräftiger, realistischer und erstrebte wieder klare Formen. Ravel, der Spätromantiker, typischer Vertreter des fin de siede, verkörpert die abklingende bürgerliche Musikkultur seines Landes wie in Deutsch land Richard Strauß etwa oder in Spanien Manuel de Falla. Konzertante Spielmusik, doch entschieden im kammermusikalischen Bereiche an gesiedelt, stellt Ravels Komposition „Introduction et Allegro" für Harfe mit Be gleitung von Streichquartett, Flöte und Klarinette (1905/06) aus seiner frühen Schaffensperiode dar. Es ist ein anmutig-gefälliges, brillantes Stück Musik mit berückenden, hauchfeinen Harmonien, impressionistisch-verschwebenden, dabei kristallklaren Klängen, mit einer üppigen Flut wogender Harfenarpeggien, ohne daß auf Melodie, Zeichnung und Rhythmus als „greifbare" Bestandteile dieser vielfältig schillernden Kunst verzichtet würde. Zu Beginn erklingen in träumeri scher Improvisation zwei Motive. Aus dem ersten wird bei seiner Wiederholung ein langsames Walzermotiv abgeleitet, das zweite, in der Einleitung nur in Achtel- triolen auftretend, wird zum Träger der im Mittelpunkt des Stückes stehenden ausdrucksvollen Durchführung. Die Entwicklung gipfelt in einem großen konzer tanten Solo, in dem die Harfe, mit großen Glissandi die beiden Hauptmotive in umgekehrter Reihenfolge vorträgt. Die Reprise führt zur Coda mit einer letzten Steigerung. Zu Franz Schuberts meisterlichsten Quartettschöpfungen gehört der nach gelassene, 1820 entstandene Einzelsatz in c-Moll. Das leidenschaftlich bewegte, ergreifende Stück fesselt von den ersten, aufwühlenden Takten an. Dem phanta stischen Hauptgedanken folgen zwei edle gesangliche Themen: eines in As-Dur und ein fast beethovenisch anmutendes in G-Dur mit tröstendem Charakter. Doch unterliegen sie schließlich der Unruhe des ersten Themas, das sich auch in den letzten Takten unheimlich-beklemmend behauptet. Dr. Dieter Härtwig Das 6. Zyklus-Konzert, Anrecht B 2, findet nicht, wie irrtümlich auf der Rückseite der Anrechtskarte vermerkt, am 26. Februar 1964, sondern wie im Konzertplan angegeben am 16. Februar 1964 statt. Nächstes Konzert im Anrecht D und Frei verkauf 3. Kammermusikabend Dienstag, 3. März 1964, 19.30 Uhr Beethoven-Abend II1/9/14 EMZ 1263 02 It-G 009/6/64