STEINSAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Dienstag, den 21. Januar 1964, 19.30 Uhr der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Ausführende: — Pause — Menuetto-Allegretto Adagio - Presto - Adagio Introduktion und Allegro für Harfe, Streichquartett, Flöte und Klarinette Günter Siering, Violine Günther Schubert, Violine Herbert Schneider, Viola Erhard Hoppe, Violoncello Heinz Schmidt, Kontrabaß Heinz Butowski, Oboe Helmut Rucker, Flöte Friedrich Damm, Klarinette Barbe Seydel, Harfe Hans Otto, Cembalo Quartett-Satz c-Moll op. posth. Allegro assai Streichquartett op. 54 Nr. 2, C- Dur Vivace Franz Schubert 1797-1828 Maurice Ravel 1875-1935 Joseph Haydn 1732-1809 Henry Purcell 1658- 1695 Aus der Musik zu „The Fairy Queen” (Die Feenkönigin) für Streichquintett Oboe, Flöte und Cembalo Prelude Hornpipe Air Rondeau Hornpipe Chaconne J'g Tanz des Gefolges der Nacht Tanz der grünen Männer Affentanz Air Zur Einführung Als Englands wohl bedeutendster nationaler Komponist gilt, wenn man von dem zeitgenössischen Tonsetzer Benjamin Britten absieht, ein Meister des 17. Jahr hunderts: Henry Purcell. Der musikalischen Tradition seines Vaterlandes, insbesondere dessen Volksmusik, zutiefst verpflichtet, aber auch Einflüssen aus Italien, Frankreich und Deutschland aufgeschlossen, schrieb er großartige Vokal werke, Kantaten, Kirchenmusiken, die Oper „Dido and Aeneas" (1675), fünf Halb opern (das sind Opern mit gesprochenem Dialog oder Schauspiele, in denen die Musik einen bedeutenden Anteil einnimmt), Kammermusikwerke und Dutzende von Schauspielmusiken. Die aus dem Jahre 1692 stammende Halboper „The Fairy Queen" (Die Feenkönigin), die zu den wertvollsten und edelsten Schöpfungen des englischen Meisters zu rechnen ist, stellt in textlicher Hinsicht ein Arrangement von Shakespeares „Sommernachtstraum" durch einen Anonymus dar. Purcells Partitur zu dem Werk war kurz nach seinem Tode verschwunden. 1701 setzte man 20 Guineen für den Finder aus, freilich ohne Erfolg. Erst gegen die Wende des 19. Jahrhunderts wurde eine vollständige Partitur wiederaufgefunden, zum Teil von des Komponisten eigener Hand. Die Musik ist in verschiedenste Formen auf geteilt, Arien, Chöre, Tänze, Orchesterstücke. Aus der großen Zahl von reinen Instrumentalstücken (Vor- und Zwischenspiele, Aufzüge, Tänze) zu Purcells „Som mernachtstraum-Musik" erklingt zu Beginn unseres heutigen Konzerts, von Streich quintett, Flöte, Oboe und Cembalo musiziert, eine Auswahl von elf reizvollen Sätzen, die die lyrische, anmutige und auch heiter-groteske Seite Purcellscher Kunst so recht zeigen. Da gibt es ein festliches Prelude, zwei lustige Hornpipes (altenglische Schalmeientänze), zwei liedartige Airs (von denen eine den strah lenden Abschluß deV Suite bildet), ein Rondeau (Rundgesang), eine herrliche Cha conne (alter italienischer und spanischer Tanz im langsamen %-Takt mit Basso ostinato und Variationen), deren Anfang die bekannte Händelsche d-Moll-Sara- bande vorwegnimmt, eine Jig (altenglischer Tanz; im Stück ein instrumentales Nachspiel zum 1. Akt), einen „Tanz des Gefolges der Nacht“, einen „Tanz der grünen Männer" und einen „Affentanz" (mit ulkigen Sprüngen und Haltepunkten). Die drei letztgenannten Titel vermögen ein kleines Bild von der Buntheit der Purcellschen Partitur zu geben, die eine Menge allegorischer Personen und Figu ren vorsah. Joseph Haydns Streichquartette op. 54, 55 und 64, in den Jahren 1789/90 ent standen, sind dem Wiener Tuchgroßhändler Tost, einem leidenschaftlichen Gei ger, gewidmet und tragen daher die Bezeichnung „Tostsche Quartette". In dieser Werkreihe, in der ein vertiefter Mozart-Einfluß spürbar wird, ist besonders die erste Violine anspruchsvoll behandelt. Für die motivische Arbeit der Ecksätze sind vor allem die ersten Themen wichtig, aus denen vielfältige Spannungen bei lebendiger Rede und Gegenrede der vier Instrumente gewonnen werden. — Das Streichquartett op. 54, Nr. 2 in C-Dur hat pastoralen Charakter. Großstufig geglie dert ist das Vivace-Hauptthema des ersten Satzes, das bei seiner ersten Wieder kehr in der Dominanttonart von zwei bedeutungsvollen Generalpausen flankiert wird, über Passagen erscheint ein anmutiger Seitengedanke. Verschiedene Ton arten berührt die Durchführung. In der Reprise fallen echoartige Wirkungen im Pianissimo auf. —■ Gesangvoll ist das Thema des Adagios. Von der ersten Violine übernimmt es die zweite. Im Verlauf der ausdrucksvollen musikalischen Entwick lung kommt es zu zunehmender stimmungsmäßiger Aufhellung. — Dem kraftvollen Menuett ist ein harmonisch eindrucksvolles Moll-Trio beigegeben, das sich aus dem fanfarenhaften Menuett-Thema als Variante entfaltet. — Ungewöhnlich ist der Beginn des Finales: ein ausgedehntes pastorales Adagio, dessen Thema nach einander erste Violine, Bratsche und erste Violine entwickeln. Nach einer Moll- Variante des Adagios folgt das wie ein Perpetuum mobile anmutende Presto, das in einer Fermate gipfelt. Das gekürzte Adagio beschließt das Finale pianissimo.