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K O i\ GR E S S - S A AL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, den 25. Januar 1964, 19.30 Uhr Sonntag, den 26. Januar 1964, 19.30 Uhr 7. Außerordentliches Konzert Dirigent: Gerhard Rolf Bauer Solistin: Martha Mödl. München, Sopran Eine Faust-Ouvertüre Träume Der Engel Schmerzen 3 Lieder nach Gedichten von Mathilde Wesendonk (instrumentiert von Felix Mottl) Richard Wagner 1813-1883 Siegfried-Idyll „Tristan und Isolde” Vorspiel und Isoldes Liebestod Pause — Vorspiel zum Bühnenweihfestspiel „Parsifal” Schlußgesang der Brünnhilde aus „Götterdämmerung” Martha Mödl, München Zur Einführung Richard Wagners 18 4 0 entstandene „Faust"-Ouvertüre ist zweifellos das gewichtigste, ausgereifteste Jugendwerk des Komponisten. Das Werk entstammt der bitteren Zeit seiner Pariser Notjahre. Fausts Ringen mochte dem jugendlichen Musiker als Gleichnis jener Kämpfe erscheinen, die er in seinem Inneren wie nach außen damals zu bestehen hatte. Die ideell auch in der Nähe des „Fliegenden Holländer" stehende Ouvertüre weist mit ihrer spannungsgeladenen Chromatik schon auf die spätere, musikgeschichtlich so bedeutsam gewordene Harmonik des Musikdramas „Tristan und Isolde” hin. Vier Themen liefern das gedankliche Ma terial der Komposition. Das erste davon, das verschiedenartig abgewandelt wird, hat als Hauptthema zu gelten. Nach heftigen Auseinandersetzungen treibt die Entwicklung der Katastrophe zu. In versöhnender Verklärung, hoffnungsvoll schließt sodann das bekennlnishafte Stück. Als der wegen seiner Teilnahme an der Revolution steckbrieflich gesuchte Wag ner 1849 aus Dresden fliehen mußte, fand er in der Schweiz Asyl und begegnete jener Frau, der er entscheidende Schaffensimpulse verdankte, jedenfalls zu „Tristan und Isolde" und „Die Meistersinger von Nürnberg": Mathilde Wesen donk. Während seines Züricher Asyls hatte Wagner Freundschaft mit dem ver mögenden Kaufmann Otto Wesendonk und seiner dreizehn Jahre jüngeren Frau geschlossen. Den Hauptwunsch des Komponisten, eine ruhige Wohnung für sich allein als Stätte ungestörter Arbeit zu gewinnen, erfüllte Otto Wesendonk, der ihm im Februar 1857 ein kleines Landhaus neben seiner Villa mit Ausblick auf See und Gebirge, das „Asyl auf dem grünen Hügel", einräumte. Im August 1857 bezogen die Wesendonks ihr Haus neben Wagners „Asyl“, so daß nun der Meister und Mathilde Wesendonk in engster Nachbarschaft lebten. Die zunächst nur freundschaftlichen Bindungen zu dieser schwärmerisch veranlagten, künstlerisch tief empfindenden Frau verwandelten sich bald in eine leidenschaftliche Liebe, die jedoch nach harten inneren Kämpfen in schmerzlicher Resignation ausklingen mußte. In einem Brief an seine Schwester Kläre vom 20. August 1858 berichtete Wagner über sein Verhältnis zu Mathilde Wesendonk: „Was mich seit sechs Jah ren erhalten, getröstet und namentlich auch gestärkt hat, an Minnas Seite (seiner ersten Frau), trotz der enormen Differenzen unseres Charakters und Wesens, aus zuhalten, ist die Liebe jener jungen Frau, die mir anfangs und lange zagend, zwei felnd, zögernd und schüchtern, dann aber immer bestimmter und sicherer sich näherte. Da zwischen uns nie von einer Vereinigung die Rede sein konnte, gewann unsere tiefe Neigung den traurig wehmütigen Charakter, der alles Gemeine und Niedere fernhält und nur in dem Wohlergehen des anderen den Quell der Freude erkennt. Sie hat seit der Zeit unserer ersten Bekanntschaft die unermüdlichste und feinfühlendste Sorge für mich getragen und alles, was mein Leben erleichtern konnte, auf die mutigste Weise ihrem Manne abgewonnen ... Und diese Liebe, die stets unausgesprochen zwischen uns blieb, mußte sich endlich auch offen ent hüllen, als ich vorm Jahre den .Tristan' dichtete und ihr gab ... Doch wir erkann ten sogleich, daß an eine Vereinigung zwischen uns nie gedacht werden dürfe: somit resignierten wir, jedem selbstsüchtigen Wunsche entsagend, litten, dulde ten, aber — liebten uns! Und in den „Erinnerungen" Mathilde Wesendonks lesen wir folgendes: „Die in Zürich verlebten Jahre waren für Wagner eine Zeit der Sammlung, der Arbeit und der inneren Abklärung, die nicht weggedacht werden kann, ohne den Faden sei ner Entwicklung gewaltsam zu zerreißen. Er war ein anderer, als er kam und da er ging!... Er liebte sein Asyl, wie er sein neues Heim in der Enge bei Zürich nannte. Mit Schmerz und Trauer hat er es verlassen — freiwillig verlassen! Wa rum? Müßige Frage! Wir haben aus dieser Zeit das Werk: „Tristan und Isolde"! Der Rest ist Schweigen und Sichneigen in Ehrfurcht!"