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haltung des Ganzen wird von einer gewissen tänzerischen Schwermut bestimmt. Den bedeutend sten Satz der Sinfonie stellt, wie schon angedeutet, das Finale (Allegro) dar, das im drohenden Unisono des f-Moll-Themas einsetzt, um rasch den ersten heftigen Steigerungen und Entladungen zuzustreben. Verschiedenste Motive werden miteinander gekoppelt. Auch das trauermarschähn liche Thema aus dem langsamen Satz erscheint wieder. Nachdem sich erregte Balladcnstimmung ausgebreitet hat, ertönt ein jubelnd sich aufschwingendes, befreiendes Hornmotiv in Trioien, das vom ganzen Orchester aufgenommen wird. Tn trotziger Kampfesstimmung bei meisterhafter Kontrapunktik, mit der die Themen miteinander verknüpft werden, geht die Entwicklung bis zur Reprise. Dann aber tritt eine lyrische Beruhigung der Stimmung ein, bei Tempoverbreiterung wird ungebrochenes F-Dur erreicht. Das Motto-Motiv und das ins Sanfte gewendete Hauptthema des ersten Satzes haben das letzte Wort. Pianissimo, träumerisch klingt die Sinfonie aus. Doch nicht Resignation, sondern Tröstenwollcn ist das Fazit des Werkes, das durch die Schlichtheit seiner Sprache und Mittel so nachhaltige Wirkung erzielt. D. II. Aus dem reichhaltigen und vielseitigen Schaffen Cesar Francks haben sich in Deutschland neben etlichen Orgelwerken und einiger Kammermusik eigentlich nur seine d-Moll-Sinfonie und die heute erklingenden Sinfonischen Variationen einen festen Platz in den Konzertsälen erringen können. Die relativ geringe Anteilnahme, die man in Deutschland dem Leben und Schaffen die ses Meisters zollt, ist um so verwunderlicher, als seine Musik der deutschen durchaus nicht wesens fremd ist und als für Franck Anregungen der deutschen Musik seiner Zeitgenossen Brahms und Wagner als auch Bachs geistig und formal von großer Bedeutung waren. Der im Jahre 1822 in Lüttich geborene Komponist, Sohn eines wallonischen Vaters und einer deutschen Mutter, gelangt früh in den Bannkreis von Paris. Frühzeitig mit Preisen für Klavicr- und Orgelspiel ausgezeichnet, bleibt dem reifen Komponisten die gebührende Anerkennung ver sagt. Unter ärmlichen Verhältnissen lebt er als Musiklchrer und Organist in Paris, bis ihm 1872 eine Professur am Pariser Konservatorium angetragen wird. Erst etliche Jahre nach seinem Tod (1890) beginnen sich seine Werke durchzusetzen. Die verschiedensten Kulturkreise, die sich in dem in Frankreich lebenden Wallonen Franck, der - wie schon angeführt - für deutsche Musik eine große Neigung besaß, berühren, gelangen in seinen Kompositionen zu einer interessanten Mischung. Dabei ist wichtig festzustellen, daß diese verschiedenen Einflüsse - das deutsche Ba rock (Bach), das französische Barock (Rameau), die deutsche Romantik (Brahms), die Spätroman tik (Liszt, Wagner, Berlioz) - von Franck keineswegs eklektisch benutzt werden, sondern durch seine schöpferische Persönlichkeit eine ganz eigene Verarbeitung erfahren. Die musikalische Spra che der Romantik, ins Romanische transponiert, eine an Rameau und Bach geschulte, häufig kon- trapunktisch durchsetzte Formklarheit und eine mit französischer Delikatesse beleuchtete Instru mentation sind die Wescnsmerkmale der Musik Francks. Die Sinfonischen Variationen für Klavier und Orchester, 1885 entstanden, gehören zu den reifsten Leistungen des Komponisten. Bereits der Titel „Sinfonische Variationen“ deutet darauf hin, daß es sich in dem vorliegenden Werk nicht um eine Reihung einzelner, unabhängiger Ver änderungen des Themas handelt (wie cs beispielsweise bei den Mozart-Variationen von Reger der Fall ist), sondern, daß das Thema, besser: die Themen in sinfonischer Technik variiert werden. Dieses sinfonische Prinzip zeigt sich bereits in der Themenaufstellung. Wie im Sonatenhauptsatz werden zwei Themen gcgcnübcrgestcllt: das erste von den Streichern unisono intoniert, aus kon sequenter Verfolgung eines prägnanten, rhythmisch bestimmten Motivs erwachsend, markant, männlich im Charakter, dem das zweite - vom Soloinstrument vorgetragen - sofort folgt: eine schwärmerische Melodie, in delikater Weise harmonisiert. Nach der knappen Themenexposition beginnen nun im Gegen- und Miteinander von Klavier und Orchester die kunstvollen Variatio nen. Die Übergänge sind fließend gehalten, das sinfonische Prinzip bleibt erhalten. Kurze hin getupfte 3 /-i-Takt-Episoden schieben sich in die Entwicklung ein. Ein Fis-Dur-Mittelteil - molto piü lento - bildet einen stimmungsmäßigen Gegensatz. Thematisch sind die Celli in diesem Teil stark beteiligt. Über einem ausgedehnten Oktavtriller des Solisten beginnen Celli und Bässe mit dem zweiten Thema den dritten Teil des Werkes, in dem thematisch nun noch dieses zweite Thema zahlreiche musikalische, satztechnische und also auch charakterliche Veränderungen er fährt. Das Werk bietet dem Solisten reiche pianistischc Entfaltungsmöglichkeiten. Manchmal, so besonders im Fis-Dur-Mittelteil, erinnert die Behandlung des Soloinstruments an Chopin, an dem auch die schwebende Harmonik geschult zu sein scheint. r g Sein Klavierkonzert f-Moll, op. 21, vollendete Fryderyk Chopin ebenso wie das c-Moll-Konzert, op. 11, im jugendlichen Alter von kaum 20 Jahren. Die Uraufführung des Werkes, bei der der Komponist den Solopart selbst übernommen hatte, fand am 17. März 1830 in Warschau statt. Obwohl das f-Moll-Konzert bei seiner späteren Veröffentlichung im Jahre 1836 der polnischen Gräfin Dclfina Potocka gewidmet wurde, war cs ursprünglich unter dem Eindruck seiner Jugend liebe zu Konstancja Gadkowska, einer Opernsängerin am Warschauer Nationalthcatcr, entstan den. Das Konzert, mit dem Chopin übrigens auch in Paris debütierte, knüpfte zwar in seiner for malen Anlage und in technischer Hinsicht an die virtuosen Klavierkonzerte der Zeit an, zeigt sich aber in seiner Tiefe des Gefühls, seiner Poesie, seiner reich figurierten typischen Melodik und in seiner bezaubernden jugendlichen Frische und Leichtigkeit bereits als echtes Werk seines Schöpfers. Der erste Satz (Maestoso) entwickelt sich in seinem Verlauf zu einem ausgeprägt virtuosen Mu sikstück. Auf zwei kontrastierenden Themen, einem betont rhythmischen und einem eher lyrisch ausdrucksvollen, auf bauend, bringt der Satz in seiner Durchführung statt einer Verarbeitung dieser Themen im Sinne dramatischer Spannung und Entspannung eine reiche Ausdeutung des thematischen Materials durch die Erzeugung wechselnder Stimmungen, wobei, das Soloinstrument mit glitzernden Passagen, brillanten Läufen und feinen, arabeskenhaften Ornamenten die Grund gedanken virtuos umspielt. Das folgende Larghetto gehört zu Chopins poetischsten Einfällen über haupt. Dieser schwärmerisch-innige Satz, der von einem bezaubernden Nocturne eingeleitct wird, scheint in seiner wundervollen, liedhaften Melodik, seiner damals ganz neuartigen harmonischen Sprache den von verhaltener Erregung durchglühten Ausdruck reinster, zärtlichster Gefühle widerzuspiegeln. Nach einem leidenschaftlich-bewegten Mittelteil (Appassionato) erklingt noch einmal, jetzt ganz zart und verträumt, der Einleitungsteil des Larghettos. Das Finale des Wer kes (Allegro vivace) ist ebenso wie der Schlußsatz des e-Moll-Konzerts in freier Rondoform an gelegt und von tänzerischem Schwung erfüllt. Drei polnische Volkstänze bestimmen die rhyth mische Gestaltung des wirkungsvollen, elegant-bravourösen, aber auch lyrischer Episoden nicht entbehrenden Satzes. Neben dem ständig wiederkehrenden Hauptthema, einer Melodie im Rhythmus des Kujawiaks, eines nicht übermäßig schnellen Tanzes im 3 Ai-Takt mit unregelmäßigen Akzenten auf dem zweiten oder dritten Taktteil, begegnen Teile in Mazurkaform und endlich in der feurigen, glanzvollen Schlußcoda auch der Rhythmus des wirbelnd dahinjagenden, raschen Obcrcks. U. H. LITERATUR HIN WEIS 1. Kalbcck: Joh. Brahms (Berlin 1910) Pozniak: Chopin (Halle 1952) Cesar Franck in „Die Musik in Geschichte und Gegenwart Bd. 4 (Kassel) Mitteilungen Die Dresdner Philharmonie wurde eingeladen, bei der diesjährigen Ostseewoche vom 6. bis II. Juli 1963 5 Konzerte zu geben. Als Solistin wurde für diese Konzerte die bekannte polnische Koloratursopranistin Bogna Sokorska verpflichtet. Anläßlich des repräsentativen polnischen Festivals für Neue Musik „Warschauer Herbst“ wird die Dresdner Philharmonie im September 1963 in Warschau konzertieren. Eine anschließende Tournee führt durch fünf pol nische Städte; die Konzerte stehen unter Leitung von Prof. Heinz Bongartz und Gerhard Rolf Bauer. Vorankündigung: 4./5. Mai 1963, jeweils 19.30 Uhr: 12. Außerordentliches Konzert Dirigent: Gerhard Rolf Bauer • Solistinnen: Maria Roschtschina, Moskau, Marina Jaschwili, Moskau, Tatjana Prijmenko, Moskau BEETHOVEN-ABEND Freier Kartenverkauf! 11./12. Mai 1963, jeweils 19.30 Uhr: 13. Außerordentliches Konzert Dirigent: Gerhard Rolf Bauer • Solist: Prof. Wladislaw Kcdra, Warschau/Wien Werke von W. A. Mozart, F. Chopin, S. Rachmaninow, F. Liszt und A. Malawski Freier Kartenverkauf! 6094 Ra 111 9 5 463 1,6 ltGOO9 25 63