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Ve fügung Wenn nun an der Hand dieser Ziffern behauptet wird, sowohl hinsichtlich der Linienschiffe, (hier stehen 65 englische 81 französischen und deutschen Linienschiffen gegenüber), wie auch hinsichtlich der Stärke der Hochseeflotte, die in Eng« lano 193, in Deutschland und Frankreich zusammen 211 Fahr zeuge zählen würde, sei der von der Regierung und der Volks vertretung Englands als notwendig bezeichnete Zwei-Mächte- Standpunkt nicht aufrecht erhalten, so ist zunächst zu bemerken, daß der Grundsatz, nach dem da» Weißbuch bei der Zusammen stellung der Gefechtseinheit verfahren ist, sich der Beurteilung entzieht. Die Haltlosigkeit einer derartigen Behauptung erhellt aber noch aus anderen Erwägungen Zunächst ist nach mensch lichem Ermessen an eine gemeinsame maritime Aktion Deutsch land» und Frankreichs gegen England nicht im entferntesten zu denken. Weit eher liegt, zumal angesichts des Mittelmeer« abkommens und der sich immer enger gestaltenden Beziehungen der beiden Kanaluferstaaten, eine Koalition der Flotten England« und Frankreichs im Bereich der Möglichkeit Faßt man diese Möglichkeit ins Auge, dann stehen, nach den Angaben des Weißbuchs, einer englisch.französischen LinienschiffS- flotte von 106 Fahrzeugen ganze 40 deutsche Linienschiffe und einer englisch-französischen Hochseeflotte von 293 Linienschiffen und Kreuzern 111 deutsche Fahrzeuge gegenüber Die beiden Seemächte hätten verbündet also etwa das dreifache der Flotten stärke Deutschland«! Wenn also wirklich der englische Zwei- Mächte-Standpunkt ziffernmäßig durchbrochen sein sollte, so wäre damit an der Tatsache der enormen maritimen überlegen- heit Englands nicht das geringste geändert. Dieser Überzeugung haben auch die Vertreter der englischen Admiralität wiederhoü Ausdruck gegeben, indem sie im Unterhause den besorgt nach der Sicherung der englischen Küsten fragenden Parlamentariern erwiderten, daß Englands Flottcnmacht niemals größer, ein heitlicher und schlagbereiter gewesen sei als gerade jetzt! Da« Weißbuch gibt auch Zahlen, die einen Vergleich der Kleinschiff- Flottcn ermöglichen. Danach hat England 106, Frankreich 229, Deutschland 84, Amerika 32, Japan 86 Torpedoboote, Eng land 151, Frankreich 65, Deutschland 73, Amerika 25, Japan 56 Zerstörer. Unterseeboote sind in der englischen Flotte 48, in der französischen 99, in der deutschen 3, in der amerikanischen 22 und in der japanischen 7 vorhanden ES ergeben sich folgende Gesamtstärken in den Kleinschiff- Flotten: England 305, Frankreich 463, Deutschland 160, Amerika 69, Japan 149 Fahrzeuge Auf diesem Gebiete der maritimen Wehrmacht ist also England doppelt, Frankreich bei nahe dreifach so stark al» Deutschland In der französischen Flotte überrascht die außerordentlich große Zahl der Torpedo boote und der Unterseeboote. Frankreich hat von jeher mit Rücksicht auf seine ausgedehnten Küsten dieser Waffe besondere Sorgfalt zugewendet, allerdings nicht immer mit dem ge wünschten Erfolge. Abschließend sei darauf hingewiesen, daß die Gesamtstärke der vereinigten Kleinschiff-Flotten England« und Frankreich« 768 gegen 160 deutsche Fahrzeuge betragen würde und daß die vereinigte englisch-französische Flottenmacht über 1061 Fahrzeuge verfügen könnte, denen die deutsche Flotte nur 271 Linienschiffe, Kreuzer, Torpedoboote rc. ent gegenzustellen hätte. Ausland. Zur Zweiten Haager Friedenskonferenz. ' (W T. B.) Haag, 4. Juli. In der heutigen Sitzung der zweiten Unterkommission der ersten Kommisfion, deren Vorsitz Lson Bourgeois führte, gelangten die deutschen und englischen An träge betreffend die Errichtung eine» Internationalen Prisen-AppellationSgerichtShofS zur Beratung. Der deutsche Delegierte Frhr. Marschall v. Bieberstein hielt eine Rede, in der er darauf hinwies, daß gegenwärtig das Gericht eines jeden kriegführenden Landes über die Gültigkeit der Prise, die e» gemacht habe, selbst abzuurteilen habe Man könne von einem solchen Gericht immer annehmcn, daß es keine ge nügende Gewähr für Unparteilichkeit biete, weil die Prisen nn allgemeinen für Rechnung der Staaten gemacht würden Der Staat sei demnach Richter in eigener Sache. E» handle sich also darum, einerseits die Interessen der Privatleute zu schützen, anderseits Reibungen zu vermeiden, die aus dem Verdachte der Parteilichkeit erwachsen könnten. Man wende ein, daß eS erst der Abfassung einer Gesetzessammlung bedürfe, bevor man einen Gerichtshof errichten könne, der das Gesetz anzuwenden habe. Die Herstellung einer Gesetzessammlung bilde aber einen Teil des Programms der Konferenz. Der deutsche Vorschlag wolle, daß die Berufung den Beteiligten selbst gestattet sein solle, was den Staaten eine Berufung ersparen würde, die bei einer Zuflucht- nahme zu einem internationalen Gerichtshof Schwierigkeiten haben könnte Der deutsche Vorschlag gestehe den Untertanen der Krieg führenden und der Neutralen dasselbe Berufungsrecht zu, was den modernen Grundsätzen entsprechend erscheine, nach denen ein Krieg nicht gegen Untertanen, sondern gegen Staaten geführt werde. Er setze die Berufung nach dem ersten Urteil fest, was da« Verfahren vereinfachen und abkürzen und zugleich Empfindlichkeiten fernhalten würde, die eine Kritik der Urteile eines hohen nationalen Gerichtshofs wachrufen könnte, beson der» wenn diese Urteile nachher aufgehoben würden Der Vorschlag wähle Haag als Sitz de» internationalen PrisengerichtShofi und gebe dem Bureau des schon bestehenden genannten Ge richtshofes die Funktionen einer Kanzlei der neuen Einrichtuna, der so durch die Autorität des ständigen Schiedsgerichtshofs ein höheres Ansehen verliehen werde Der deutsche Vorschlag möchte, daß dem internationalen Prisengerichtshof zwei von den Kriegführenden zu ernennende Admirale beigeordnet würden. Das habe den Zweck, in den Gerichtshof durchaus fachmänni sche Elemente einzuführen Die Zuziehung von zwei Admiralen würde keinen überwiegenden Einfluß auSüben. Die Idee der Einrichtung eines Prisengerichtshofs habe schon 30 Jahre lang das Institut für internationales Recht beschäftigt, dessen Ar beiten den deutschen Antrag beeinflußt hätten Der Redner schließt, indem er die Hoffnung ausspricht, man werde schließlich die Schwierigkeiten überwrnden können Dafür scheine ihm eine Garantie zu sein die Art und Weise, wie diese Idee von den beiden größten Mächten ausgenommen sei —Darauf beginnt die Diskussion über den Fragebogen, der von Fry, Kriege und Re nault aufgestellt ist. Fry (England) ist einverstanden besonder» mit dem ersten Punkt. Ist e« notig, einen internationalen Appell- gerichtShof für Prisen zu errichten? Er hält e» für notwendig den Gerichtshof aus Richtern zu bilden, die sozusagen ohn Nationalität seien. Davon stamme der Charakter de» englischen Antrag«, der nnr internationale Richter wolle Der Redner möchte, daß man jetzt da« Prinzip der Errichtung eine« Gericht«hof« im allgemeinen und später erst die Detail« berate Bourgeois gib dann ein Resümee der Lage und schlägt al» Präsident eben« mit der au«- nehmer wollte nach der Sitzung auch nur andeuten, welchen Mitteln fortan gewirkt werden soll. Alle Mäßigung „verdächtigen" Elemente waren von der Sitzung geschloffen. Garibaldi-Gedenkfeier in Italien. Herzog, au» dem Hause Nassau stammend, hat sechs Töchter, aber keinen Sohn. Graf Georg v Merenberg, ein Sohn au« der Ehe de« Prinzen Nikolaus von Nassau mit der geschiedenen Frau Natalie v. Dübelt geb. v. Puschkin, nachmaligen Gräfin v Merenberg, nimmt mit der Behauptung, er sei nächster Agnat, da» Thronfolgerecht für sich in Anspruch Wiederum schlagen wie bei der Lippeschen Erbfolgefrage die Streitwellen darüber hoch, ob die Ehe eine ebenbürtige ist oder nicht, ob sie eine morganatische oder voll rechtiwnksame, ob die Ver weigerung der Zustimmung zur Ehe de« Prinzen Nikolaus seitens des Familienoberhaupts für das Nachfolaerecht erheblich ist oder nicht. Dem modernen VeiffassungS- leben entspricht es einzig und allein, daß die gesetzgebenden Gewalten in Luxemburg über die Thronfolge entscheiden Nach der luxemburgischen Verfassung (Art. 3) kommt für die Erb folge der Erboerein vom 30 Juni 1873 in Betracht. Steht der Erbverein der weiblichen Thronfolge, dem vom Großherzog geplanten Übergang der Krone auf seine älteste Tochter, ent gegen, so wird eS eines Gesetze«, und wenn hierin eine Ände rung der Verfassung liegt, der Beobachtung der zu solcher Änderung vorgeschriebenen Formen bedürfen Hierzu gehört in Luxemburg die Einberufung einer konstituierenden Versamm lung. Damit wäre über das Thronrecht entschieden über das Fideikommißvermögen des Hauses Naffau aber haben nicht die gesetzgebenden Gewalten, sondern die deutschen Gerichte zu urteilen Deulfchlanv und Frankreich. (W. T B.) Paris, 5. Juli. Da» „Echo de Paris" veröffentlicht eine Unterredung mit dem Minister de« Äußern Pichon, in der er u a erklärte, daß er in der heutigen Kammersitzung die Er- eigniffe darlegen werde, die sich seit seiner im März anläßlich der Ermordung de« vr Mauchamp gehaltenen Rede in Marokko abgespielt haben. Die Nachrichten aus Marokko lauteten seit einiger Zeit günstiger. Die französischen Forderungen seien vollständig befriedigt worden. Die diplomatischen Ver treter der Mächte in Tanger hätten seit einigen Wochen in vollständigem Einvernehmen und mit dem Wunsche gearbeitet, die ihnen unterbreiteten Fragen einer raschen Lösung entgegen zuführen Er glaube nicht, zu optimistisch zu sein, wenn er behaupte, daß die Akte von Algeciras gegenwärtig der Aus führung entgegengehe Die Regelung der wichtigsten Fragen, wie Polizei, Zölle, Waffenschmuggel, sei vorbereitet. Was die Bestrafung der Mörder des vr. Mauchamp betreffe, so habe Frankreich darauf bezügliche formelle Versprechungen seitens des MaghzenS erhalten und Frankreich werde dafür Sorge tragen, daß diese Versprechungen auch gehalten würden Der Sultan werde sich nach Rabat begeben, um die Ordnung im Süden Marokkos wiederherzustellen und den Ausländern die verlangten Bürgschaften zu geben. Den Treibereien RaisuliS werde ein Ende gemacht werden. Falls Denis Cochin über die jüngste französisch-spanische Abmachung interpellieren sollte, werde er erwidern, daß diese Abmachungen vorwiegend friedlich und gegen keine andere Macht gerichtet und daß sie nur die logische Folge der freund- chaftlichen französisch-spanischen Politik seien Es sei auch ehr wohl möglich, daß er die französisch-deutschen Beziehungen treffen und erklären werde, daß diese Beziehungen höflich und korrekt seien und daß demzufolge alle Gerüchte, nach denen eine Spannung zwischen Deutschland und Frankreich bestehe, jeder Begründung entbehre Paris, 5. Juli Der konservative Deputierte JuleS de la Roche verständigte den Minister des Äußern Pichon, daß er in der heutigen Kammersitzung eine Anfrage über die Reise Etiennes nach Deutschland an ihn richten werde. Der Minister erklärte sich bereit, diese Frage zu beantworten. Die Winzerbewegung in Frankreich. (W T. B.) Paris, 4. Juli. Aus Narbonne wird gemeldet, daß in )er heutigen Geheimsitzung der absolut Unversöhnlichen unter dem Präsidenten der WinzerauSschüffe beschlossen wurde, vom passiven Widerstand zum aktiven überzugehen. Kein Teil ¬ beraumt. Zum ungarisch-kroatischen Konflikt. (W. T. B) Budapest, 4. Juli. Der Banus Rakodczay erklärte einem Berichterstatter, die Straßenkundgebungen in Agram seien ziem lich geringfügig gewesen; er beabsichtige, keinerlei ungesetzliche Schritte zu unternehmen, er denke auch nicht an eine Maß regelung der Presse. Er hoffe, die Leidenschaften würden sich bald beruhigen, und eS werde möglich sein, im Agramer Land tag eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden Nur falls un- erwarteterweise die Agitation ungesetzliche Mittel anwenden sollte, we.de er mit größter Energie auftreten Den Vorwur der Magyarisierungibestcebungen weise er entschieden zurück jeder Gedanke einer Magyarisierung liege ihm ebenso fern, wie der ungarischen Regierung. Der kroatische Landtag ist auf de» 11. Juli unberufen worden. Zur luxemburgischen Thronsolgesrage. über den Thronfolgestreit in Luxemburg schreibt die „Deutsche Juristenzeitung": Wilhelm, der regierende Groß- (W. T. B) Rom, 4. Juli. In der heutigen Kammersitzung sind Saal und Tribünen gedrängt voll. Man bemerkte auf den Tribünen viele Garibaldianer in roten Hemden. Gleich nach Eröffnung der Sitzung hält Präsident Marcora eine Gedächtnisrede auf Garibaldi. Die ganze Versammlung hört die Rede stehend an. Der Präsident weist besonders auf die Vaterlandsliebe und die Menschenfreundlichkeit Garibaldis hin. Die Rede wird oft von Beifall unterbrochen und am Schluß mit Hochrufen auf Garibaldi ausgenommen. Der Ministerpräsident Giolitti dankt Marcora für die glänzende Verherrlichung Garibaldis und ersucht die Kammer, fine Dankbarkeitskundgebung für Garibaldi zu veranstalten, in- >em sie sogleich einen Gesetzentwurf zugunsten der Veteranen »er nationalen Kriege genehmigen möge. Man schreitet zur Ab stimmung über den Entwurf, der mrt 250 gegen 6 Stimmen angenommm wird. Der Präsident schlägt vor, die Sitzung zu Ehren Garibaldis aufzuheben. Der Vorschlag wird angenommm und die Sitzung unter Hurrarufen für Garibaldi geschloffen. Rom, 4. Juli. Der König hat heute einen Erlaß unter zeichnet, durch dm für gewisse Vergehen, darunter Majestät« beleidigungen und gewisse politische Vergehen, Amnestie erteilt wird und bestimmte Geldbußen erlassen werden Von der englischen Flotte. (W. T B) London, 4. Juli. Im Oberhause schilderte der erste Lord der Admiralität die Stärke der englischen und ausländischen Flotten. Er kam zu dem Ergebnis, daß mit dem au» Schlacht schiffen bestehenden Teil der Kanalflotte keine andere Flotte der Welt einen Vergleich aushalten könne Die HeimatSfiotte sei, wie die Versuche über Schnelligkeit und Treffsicherheit er geben hätten, eine furchtbare Waffe. Von den russische« Terroristen. (W. T B.) St. Petersburg, 4 Juli. Im Peterhofer Park wurden zwei junge Leute arretiert, die sich verdächttg gemacht hatten ES heißt, eS sei ein neue« Attentat geplant gewesen St. Peter«bura, 4. Juli. An der Pariser Börse warm heute infolge von Gerüchten über ein Attentat gegen den Kaiser alle Werte abgeschwächt Wie die „St Petersburger Tele graphenagentur" mttteilt, sind diese Gerüchte völlig aus der Luft gegriffen alls vor, die Frage zuerst im allgemeinen und nachher im be- onderen zu erörtern Im Laufe der Debatte schlägt Bourgeois, unterstützt von Affer-Niederlande, ferner vor, ganz frei zu diskutieren, ohne abzustimmen, um sich später Über die Ent würfe zu entscheiden Der Vorschlag wird angenommen hieran schließt sich ein Meinungsaustausch zwischen Fry England, Kriege-Deutschland, Hagerup-Norwegen, Bustamente- Cuba und Borel-Schweiz über die Frage, ob der Staat oder die verletzte Privatperson die reklamierende Partei sein soll Man geht darauf zum Artikel 4 des Fragebogens über, der die Frage behandelt, wann der internationale Gerichtshof in Funktion treten soll. Auch hierüber findet ein Meinungs austausch statt Haag, 4. Juli. Die vier Präsidenten der Kommissionen ,aben sich dahin geeinigt, daß, um die Arbeiten zu be- chleunigen, nach nächstem Sonnabend neue Vorschläge nicht mehr angebracht werden dürfen. Heute nachmittag trat die erste Unterkommission der dritten Kommission zusammen, um über da» englische Projekt zu beraten, da» die unterseeischen Minen und verschiedene Abänderungsvorschläge betrifft. Der Präsident Hagerup-Norwegen gab eme Zusammenfassung der Vorlage und aller Amendement», worauf man in die vorläufige Diskussion eintrat, an der sich die Delegierten von Brasilien, Japan, Spanien, Italien, Frankreich, der Niederlande, Belgien, Deutschland, Portugal und Schweden beteiligten. Schließlich erklärte Ottley, der seetechnische Delegierte Englands, daß die englische Regierung für die Ausnahme stimmen werde, die Italien und Japan zu machen wünschten zugunsten der Treib minen, die mit einer Vorrichtung versehen seien, die sie nach einer gewissen Zeit ungefährlich mache Aus vem österreichischen Abgeorvnetenhause. (W. T. B.) Wien, 4. Juli. In der fortgesetzten Verhandlung über ne Dringlichkeitsanttäge betreffend die Vorgänge bei den Wahlen in Galizien gibt der Minister des Innern Frhr. v. Bienerth eine authentische Darstellung der Vorfälle in Przemysl sowie über den blutigen AuSgang der Wahl in Horncko. Er führt aus: Aus den Erhebungen gehe hervor, daß die Polizei erst nach wiederholten Ermahnungen und nur zum eigenen Schutze nach schweren Gewalttätigkeiten der Menge von der Waffe Gebrauch gemacht habe. Die Regierung bedauere nicht minder als die Antragsteller die Vorfälle, sie verwahre sich jedoch ent- chieden gegen die Verallgemeinerung vereinzelter Fälle. Wo die veiteren Untersuchungen irgendwelches inkorrekte Vorgehen eine« lautlichen Organs ergeben sollten, würden selbstverständlich entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Der Minister bespricht eingehend die Beschwerden über die Wahlmißstände, die vielfach einander widersprechend von den beiderseitigen Parteigängern vorgebracht worden sind und den Gegenstand eingehender Er hebungen bilden. Er sagt: angesichts der eigentümlichen Ver- lältniffe in Galizien könnten die Vorgänge nicht überraschen Der LegittmationSauSschuß werde Gelegenheit haben, die Gültig keit jeder angefochtenen Wahl zu prüfen. Die Regierung mißbillige selbstverständlich auf das entschiedenste alle Wahl- mißbräuche, müsse sich jedoch dagegen verwahren, daß dieselben schlechthin den staatlichen Organen zugeschrieben würden. Der Minister weist dann unter lebhaftem Beifall der Polen aufs aller- entschiedenste die gegen den Statthalter von Galizien gerichteten Angriffe zurück, der iviederholt die gemessensten Instruktionen an )ie ihm unterstehenden Organe erteilt habe Aus den eingeleiteten Erhebungen ergebe sich, daß namentlich die gegen die Bezirks hauptleute erhobenen Beschuldigungen unzutreffend seien, keinesfalls aber von einem System der Wahlbeeinflussung die Rede sein könne. Der Minister bittet schließlich um Ablehnung der Dringlichkeit. In der fortgesetzten Beratung der Dringlichkeitsanträge betont Chiari die unbedingte Notwendigkeit der Klarstellung der Miß bräuche. Frhr. v. Battaglia und Petelenz bekämpfen den Terrorismus und die an Anarchismus grenzende Agitation der Sozialdemokraten, die um jeden Preis versuchten, Einfluß unter der Bevölkerung »u erreichen und den Umsturz der Gesellschafts ordnung herbeizuführen. (Lebhafter Widerspruch bei den Sozial demokraten, Beifall bei den Polen) Es handle sich nicht um eine galizische, sondern um eine österreichische Angelegenheit; wer für die Erhaltung der Autorität der Behörden und der bürgerlichen Parteien sei, müsse gegen die Dringlichkeit stimmen Mehrere ruthenische sozialdemokratische Redner wenden sich hierauf gegen die Angriffe der Mitglieder des Polenklubs und betonen, nur ein Untersuchungsausschuß könne die Wahrheit der vorgebrachten Anschuldigungen festftellen. Nach einigen Ausführungen Löwensteins, der die gegen den Polenklub inszenierte Hetze verurteilt und dann gegen die Zionisten polemisiert, die eine Kluft schaffen wollten zwischen Judentum und weltlicher Kultur, lehnt das HauS die Dringlichkeit sämt licher Anträge ab. Dulemba protestiert hierauf m einer An frage an den Präsidenten gegen die in den letzten Tagen beeinträchtigte Redefreiheit und gegen die persönlichen Beschimpfungen der Abgeordneten Die Ruthenen er heben sich und singen mehrere Minuten lang, ob gleich der Präsident ununterbrochen läutet und zur Ruhe mahnt, ruthenische Lieder, währenddessen die Minister den Saal verlaffen. Dulemba fragt den Präsidenten, was er zu tun gedenke, um die Würde und da« Ansehen de« Hauses zu wahren und die persönliche Ehre der Abgeordneten in Schutz zu nehmen. Der Präsident erwidert, er bedaure diese Vorfälle und könne außer den geschäftSordnungsmäßiaen Mitteln nur einen Appell an die Abgeordneten zur Mäßigung richten. Nachdem dann noch Graf Sternberg dagegen protestiert hatte, daß einige Abgeordnete die heftigsten Angriffe vorbringen konnten, ohne daß ihnen da« Wort entzogen wurde, wird die Sitzung geschloffen und die nächste Sitzung auf morgen an-