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Dresdner Journal : 29.06.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190706299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19070629
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19070629
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-06
- Tag 1907-06-29
-
Monat
1907-06
-
Jahr
1907
- Titel
- Dresdner Journal : 29.06.1907
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Deutsches Reich. Zum Rücktritte des StaatSserretär- des Innern und des prentzischen «ultuSministerS. Berlin, 28. Juni Dem Staat»minister vr. Grafen v PosadowSky Wehner ist bei dem Ausscheiden auS seinen Ämtern das nachstehende Allerhöchste Handschreiben zugegangen: Mein lieber StaatSmiuister Gras v. PosadowSky! Ihrem Ansuchen um Entlassung auS den Ämtern als StaatS- Minister und Staatssekretär des Innern habe Ich durch Erlaß vom heutigen Tage entsprochen. Ich kann e- Mir aber nicht versagen, Ihnen für die treuen und erfolgreichen Dienste, welche Sie mit un ermüdlicher Hingebung an die Ihnen gestellten großen und schwierigen Ausgaben Mir und dem Baterlande geleistet haben, Meinen wärmsten Dank noch besonders auSzusprechen. Als Zeichen Meines unver änderten Wohlwollens verleihe Ich Ihnen Meine Büste in Marmor, welche Ihnen zugehen wird. Ich verbleibe Ihr wohlgeneigter Kaiser und König gez. Wilhelm I. k. Kiel, an Bord M. I. Hohenzollern, den 24. Juni 1S07. An den StaatSmiuister vr. Grafen v. PosadowSky-Wrhner. Da« dem StaatSminister vr. v. Studt zugegangene Aller höchste Handschreiben lautet: Mein lieber StaatSminister vr. v. Studt! Nachdem Ich Ihnen durch Erlaß vom heutigen Tage die nach gesuchte Dienstentlassung in Gnaden erteilt habe, drängt es Mich Ihnen meinen besten Dank für die treuen Dienste auSzusprechen, die Sie in den langen Jahren Ihrer ehrenvollen Laufbahn Mir und dem Baterlande geleistet haben. Um aber Ihre reichen Erfahrungen und Ihre staatsmännische Einsicht dem Staate auch ferner zu er holten und Ihnen ein Zeichen Meines besonderen Bertrauens zu geben, habe Ich Sie aus Lebenszeit in das Herrenhaus berufen. Ich verbleibe Ihr wohlgeneigter König gez. Wilhelm U. Kiel, an Bord M I. Hohenzollern, den 24. Juni 1907. An» den StaatSminister vr. v. Studt. Staatssekretär Dernburg. Berlin, 29. Juni Staatssekretär Dernburg kehrt Mon tag den 1. Juli von seinem Urlauh nach Berlin zurück und wird die Amtsgeschäfte vor seiner Ausreise nach Deutsch- Ostafrika noch einmal übernehmen. Generalstabsreise der Kriegsakademie. (Neue Pol. Korresp.) Berlin, 29. Juni. Am 1. Juli dieses Jahres beginnt die Generalstabsreise der Mitglieder des dritten Lehrjahrs der Kriegsakademie, die drei Wochen dauert. Die drei Hörsäle des genannten Lehrjahrs halten ihre Übungen in Thüringen, Niederschlesien und der Sächsischen Schweiz ab. ES leiten die Militärlehrer der Kriegsakademie: Oberstleutnant Moser, Major Grünert und Major Ludendorff. Von den Verhandlungen über einen deutsch - dänischen Handelsvertrag. (W T. B) Berlin, 28. Juni. Nachdem die Verhand lungen wegen Abschluffes eines deutsch-dänischen Handelsvertrags so weit geführt worden sind, wie dies vor der parlamentarischen Erledigung des den Verhandlungen zugrunde gelegten Entwurfs eines neuen dänischen Zolltarifs möglich war, haben die dänischen Kommissare heute Berlin wieder verlaffen. Die Fortsetzung der Verhandlungen wird voraussichtlich im Laufe des nächsten Winters erfolgen, nachdem der dänische Reichstag über den neuen Zolltarif Beschluß gefaßt haben wird. Die Winzerbewegung in Frankreich. (W. T. B.) Narbonne, 28. Juni. In einer heute in Argelliers abgehaltenen Versammlung von Delegierten des Weinbau- Schutzkomitee» wurde beschlossen, Grundlagen für eine Föderaüon der vrer Departement« zu schaffen. Die Versammlung beschloß, ferner, daß die Zahlung der Steuern zu verweigern sei, daß die Gemeindebehörden rhre Entlastung geben sollen, und daß die Freilassung der Verhafteten zu fordern sei. Schließlich wurde noch das Mindestmaß der zugunsten des Weinbaues zu deckenden Forderungen festgesetzt. ArgellierS, 29. Juni Nach der gestrigen Versammlung beschloß das Weinbauer-Schutzkomitee eine Adresse an den Senat zu richten, in der rS heißt, der Süden, der stets seine Pflichten gegen Frankreich erfüllt habe, halte eS für unmöglich, daß ihm nicht zu seinem Heile die Hand zu brüderlichem Druck entgeaengestreckt werde. Pari«, 28. Juni. Deputiertenkammer. Da« Haus und alle Tribünen sind dzcht besetzt Bedouce, von der Partei der unifizierten Sozialisten, interpelliert wegen der Vorgänge im Süden. Er führt au«, die furchtbare Bewegung, die irr vier Departements durch die Notlage geschaffen sei, sei keine separatistische, denn der Süden sei patriotisch, sie sei vielmehr eine ausschließlich wirtschaftliche Bewegung. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen fagt Bedouce, eS habe zunächst geschienen, al« ob die Regierung die Bewegung im Süden begünstige, dann aber habe sic die Regierung plötzlich für eine reaktionäre an gesehen. Redner wirft dem Ministerpräsidenten vor, er habe die Unterdrückung der Bewegung in dem Augenblicke airgeordnet, wo die Bevölkerung der Süddrpartement« ansing, sich zu beruhigen Bedouce schildert die ernsten Vorkommniffe, die AxSlaxd. österreichisches Abgeordnetenhaus. (W. T. B) Wien, 28. Juni. Abgeordnetenhaus. Nach Vornahme der Ausschußwahlen wird die Verhandlung des Dring- lichkeiirantrag» betreffend die Sanierung der Landesfinanzen fortgesetzt. Der Generalredner Abrahamowicz erklärt, der Zu satzantrag Renner betreffend die Einführung de« allgemeinen und gleichen Wahlrechts zu den Landtagen stehe mit dem Dring« lichkeitSantrage in keinem Zusammenhänge und sei al« ein selbständiger Antrag zu behandeln. Redner verlangt, daß hierüber die Entscheidung de« Hause» herbeigeführt werde. Ab; Diamand tritt dieser Anschauung entgegen, wendet sich gegen die gestrigen Ausführungen de» Ministers des Innern und er klärt, die Regierung würde die Länder schweren inneren Er schütterungen auSsetzen, fall» sie auf diesen» Standpunkte ver harren würde Redner greift heftig den Polenklub an, der in dem galizischen Landtage nackte Klassenherrschaft treibe, er be antragt namentliche Abstimmung über den Zusatzantrag Renner. Der Vizepräsident Zacek erklärt, da» Präsidium überlaste die Entscheidung, ob der Zusatzantraa Renner al» solcher oder al» selbständiger Antrag zu behandeln sei, dem Hause. Der Ab geordnete Pernrrstorfer protestiert dagegen und beantrag namentliche Abstimmung über diese Frage Der Abgeordnel Pergelt erklärt unter andauernden Protesten der Sozial demokraten, daß der Dringlichkeitsantrag und der Antra Renner in keinem Zusammenhang stehen, empfiehlt jedoc gemeinsame Abstimmung, da die Verhandlung über den vr. Peter» erklärt, er habe nicht die Pflicht gehabt, dem Gouverneur über die Hinrichtungen zu berichten General- leutnant v Liebert bestätigt diese Auffassung. Nach einer kleinen Pause wird da» zweite Urteil de» Disziplinargericht» verlesen, da» gleichfalls wegen wiederholten Dienstvergehen« auf Dienst entlassung erkennt, über da» erste Urteil hinau»gehend wurde vr. Peter» auch verurteilt wegen ungerechten Vorgehen» gegen den Häuptling Malamia, wegen zu harter Bestrafung von Weibern und wegen Hinrichtung der Jagodja. Noch eingehender al« im ersten Urteil wird dargelegt, daß vr. Peter« den Mabruck aus persönlichen Motiven habe hinrichten lasten Die Straftat Mabruck« sei nicht tode«würdig gewesen Die Unter nehmung gegen den Häuptling Malamia habe vr. Peter« nur wegen der Zurückholung der geflohenen Weiber begonnen. Dann heißt e« in dem Urteil weiter: Einen politischen Hinter grund hatte diese« Vorgehen nicht, vr. Peter« hatte nicht da« Recht, die militärische Macht für solche persönliche Zwecke zu verwenden Die Flucht der Weiber war keine Desertion, ihre harte Bestrafung deshalb auch nicht geboten; die Auspeitschung war viel zu grausam, über die Jagodja war die Kettenhaft- strafe zu Unrecht verhängt, ihre Hinrichtung war nicht gerecht fertigt Nach der Verlesung der Urteile trat die Mittags pause ein. lNachmittagSsitzung) Infolge der vorgestrigen Aussagen vr Arends erbot sich die Witwe de« Kolonialdirektors Kayser telegraphisch, noch persönlich zur Verhandlung zu erscheinen. Außer ihr werden für Montag noch eine Reihe von Zeugen benannt. — Generalleutnant z. D v. Liebert schildert als Sachverständiger die Zustände am Kilimandscharo im Jahre 1891 Die Niederlage der deutschen Schutztruppe war so schlimm, daß man für den Besitz der ganzen Kolonie Ostafrika fürchtete. Alle Schwarzen am Kilimandscharo kannten diese Niederlage. Diese Gegend war stets unsere kriegerischste, und zur Zeit, wo PeterS dort war, ganz besonders, zumal PeterS nur eine kleine Macht bei sich hatte und als Zivil beamter unter Konflikten mit den Militär» litt Man schickte PeterS in eine nahezu hilflose Lage Liebert schildert dann die oortigen Neger als materiell und ohne Milde, stets geneigt rum Lügen und Stehlen. Die Neger selbst legten auf Menschenleben kein Gewicht: Tod, Hängen, Hinrichten hätten in ihren Augen eine ganz andere Bedeutung als bei uns. Auch die dort lebenden Europäer nähmen andere Anschauungen darüber an Er, Liebert, selbst sei stets zur Milde geneigt ge wesen, habe aber als Gouverneur erfahren, daß diese sich, gegen Gefangene geübt, bitter räche. Vielleicht könne man an der Küste milde sein, aber PeterS im Innern konnte eS nicht Er war der Überzeugung, daß man nur mit Härte durchkommt, er mußte dieser seiner Überzeugung folgen und hatte deshalb Er folg Liebert kritisiert sodann die beiden Disziplinarurteile, die er al« Justizmord bezeichnet. DaS Disziplinargericht habe alle Afrikakenner ferngehalten, nach besten Standpunkt müßten wohl die meisten Afrikaner wegen falscher Berichterstattung belangt werden Ganz irrig sei auch die Ansicht, daß AuSpeitschen unmenschlich sei, dies sei vielmehr lediglich die landesübliche Strafe. Das Entweichen der Weiber sei in Afrika stet« das erste Zeichen eine« bevorstehenden Ausstands. PeterS mußte deshalb streng vorgehen. Liebert schließt: „Ich gehöre nicht zur Peters Clique, ich bin noch niemals öffentlich für PeterS ein Zusatzantrag stattgefunden habe und der Zusatzantrag Renner al» selbständiger Dringlichkeit»antrag eingebracht worden sei. Das Hau» beschließt hierauf in namentlicher Abstimmung mit 178 gegen 142 Stimmen, daß der Zusatzantraz Renner al« selb ständiger Antrag zu behandeln sei. Der DringlichkeitSantrag Teßmann wird darauf angenommen DaS Hau« beginnt so dann mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge betreffend Maßregelungen von Beamten. In der Begründung der Dring- lichkeitSanträge kritisieren die Antragsteller Gloeckl, Strantky- (Freialldeutsche) und Hock auf« schärfste die Beamtenmaßregelungen und treten für schleunigste Schaffung einer gerechten Dienst- pragmatik und einer auf modernen Rechtsgrundlagen beruhenden Reform des Disziplinarverfahrens ein Hierauf wird die Sitzung abgebrochen Die nächste Sitzung findet am Dienstag statt Auf der Tagesordnung steht die Wahl in die Staats schuldenkommission und die erste Lesung de« Budgetprovisorium«. österreichisch-italienische Ministerbesuche. (W. T. B.) Wien, 28. Juni. Wie die „Politische Korre spondenz" aus Rom meldet, rst der Besuch de« Minister« des Äußern Frhrn v Äehrenthal bei dem Minister de« Äußern Tittoni für Mitte Juli in Aussicht genommen Frhr v Aehren- thal wird sich dann mit Tittoni nach dem Schloß Racconigr bei Turin begeben, um sich dem König und der Königin xon Italien vorzustellen. Der Gegenbesuch TittoniS wird im Laufe des Sommers auf dem Semmering erfolgen Von dort wirb sich dann Tittoni mit dem Frhrn v Äehrenthal nach Ischl begeben, um sich dem Kaiser Franz Joseph vorzustellen. Zweite Haager Friedenskonferenz. (W. TB) Haag, 28. Juni. Die vierte Kommission hielt heute nachmittag unter dem Vorsitz de« StaatSrat« MartenS eine Sitzung ab, der auch der Präsident der Friedens konferenz Nelidow beiwohnte. Zur Verhandlung stand die Frage betreffend das Privateigentum zur See Ein zu dieser Frage eingebrachter Vorschlag Englands besagt, daß e« zwei Arten von Kriegsschiffen geben soll, nämlich Schlachtschiffe und Hilfsschiffe. AIS Schlachtschiff soll jedes Schiff gelten, das eine anerkannte Flagge führt, auf Staatskosten ausgerüstet ist, um den Feind anzugreifen, und deren Offiziere und Mann schaften hierzu von der Regierung, der sie unterstellt sind, in gebührender Form ermächtigt sind. DaS Schiff darf den Charakter als Kampfschiff nur vor dem Verlaffen des heimat lichen HafenS annehmen und darf ihn erst nach der Rückkehr in den heimatlichen Hafen ablegen. Als Hilfsschiff soll jede» Handelsschiff, möge eS einem der kriegführenden Staaten oder einem neutralen Staate angehören, gelten, das für den Trans port von Marinemannschaften, Kriegsmunition, Kohlen, Lebens mitteln oder jeder anderen Art von Seemunition verwendet wird, oder das für die Ausführung von Reparaturen oder für die Beförderung von Depeschen oder anderen Nachrichten bestimmt ist, vorausgesetzt, daß das Schiff verpflichtet ist, ihm von der kriegführenden Flotte direkt oder indirekt mitgeteilte Befehle zu befolgen. Ebenso soll jede« Schiff, das für den Transport von Landtruppen verwendet wird, al« Hilfsschiff gelten. Die Be ratung diese« Vorschlags wurde noch ausgesetzt, weil die Kommission ihn erst noch studieren will. Alsdann wurde die Beratung der in einem von Marten» ausgearbeiteten Frage bogen enthaltenen, auf die Umwandlung von Handelsschiffen in Kriegsschiffe bezüglichen Fragen begonnen. Vizeadmiral Roell (Niederlande) und der erste japanische Delegierte Tsudzulr brachten Vorschläge bezüglich de« Verfahrens bei solchen Um wandlungen ein. In betreff des Privateigentums zur See liegt ein amerikanischer Antrag vor, der das Prinzip der Unverletzlichkeit diese» Eigentums enthält. Macchio (Österreich- Ungarn) erklärte, daß Österreich-Ungarn für dieses Prinzip ist. Ruy Barbosa (Brasilien) schloß sich dem Vorschlag Amerika« an. Choate (Amerika) erklärte, er habe vom Präsidenten Roosevelt den Auftrag erhalten, den von Amerika 1899 ein gebrachten Vorschlag wieder vorzulegen, und fügte hinzu, Zräsident Roosevelt lege der Frage solche Wichtigkeit bei, daß er wünsche, daß ein Beschluß über sie gefaßt werde. Tornielli. (Italien) wies auf die dem amerikanischen Vorschlag günstige Haltung Italiens hin. Die eigentliche Beratung ver Frage soll nächsten Dienstag stattsinden. — Dem Vernehmen nach enthält der italienische Antrag zur Frage der Verwendung von Torpille« folgendes: Unter- > seeische, automatische, schwebende Minen müssen mit einem Apparat versehen sein, dec sie unschädlich macht eine Stunde, nachdem sie ins Meer geschleudert worden sind, oder, wenn es sich um festliezende Minen handelt, sobald sie sich vom Meeresgründe losgelöst haben. — Japan will den ersten Artikel : de« englischen Torpille-AntragS durch folgende Bestimmungen ersetzen: Unterseeische, automatische Kontaktminen, die nicht geankert sind, sind verboten. Ausgenommen von diesem Verbot sind Minen, die so hergestellt sind, daß sie absolut unschädlich l werden, nachdem sie eine gewisse beschränkte Zeit unter Wasser i gewesen sind, so daß sie für die neutralen Schiffe außerhalb > der unmittelbaren feindlichen Aktionssphäre keine Gefahr bieten. Koloniales. * Prozeß Peters. (Fortsetzung.) In der gestrigen Sitzung verliest der Vorsitzende zunächst ein Telegramm der „Vossijchen Zeitung" an den Gerichtshof, wonach der Artikel „Nebcnregierung" nicht vom Geh LegationSrat Hellwig, sondern m der Redaktion des Blattes geschrieben sei AuS der Aus lage der kommissarisch vernommenen Schriftstellerin Freiin v. Bülow geht hervor, daß ihr Bruder, der PeterS' Nachfolger am Kilimandscharo war, sich stets sehr günstig über Peters aus gesprochen hat. Der kommissarisch vernommene Rechtsanwalt Scharlach in Hamburg sagt im Sinne seiner Verteidigungs- lchrift für Peters aus und kritisiert nachdrücklich das Verfahren des Disziplinargerichts. Der ebenfalls kommissarisch ver nommene frühere Gouverneur Frhr. v. Soden bestätigt unter anderem, daß PeterS' Lage am Kilimandscharo äußerst schwierig war. Ein anderer Mann wie PeterS wäre zurückgeschreckt und umgekehrt oder er wäre gelötet worden. Für die Hinrichtung des Mabruck und der Jagodja hätten die englische Mission und Bischof Smithies als Motiv sexuellen Verkehr der beiden miteinander angenommen; dieselbe Annahme hätten auch andere, aber durchaus nicht alle Europäer geäußert AuS der kommis sarischen Aussage des Abg. v. Kardorff geht hervor, daß dieser die Hinrichtung MabruckS und der Jagodja für gerechtfertigt hält und daß v. Wißmann ebenso geurteilt habe vr. Peter- erklärt, er habe sich entschlossen, die Urteile des Disziplinar gerichts vorzulegen; denn nach dem Ergebnisse der Verhand lungen sei cS nicht mehr zweifelhaft, daß diese Urteile nicht mehr als echte Rechtsdokument angesehen werden könnten. Damals seien keine Afrikakenner als Sachverständige vernommen worden; der damalige Hauptzeuge Leutnant Bronsart v Echellen- dorf gelte heute nicht mehr al« glaubwürdig Hierauf werden die Urteile de« Di»ziplinargerich1S verlesen Im ersten Uriei! vom April 1897, da« auf Dienstentlassung erkennt, werden . sämtliche Vorgänge am Kilimandscharo eingehend geschildert Danach wollte der Neger Mabruck bei seinen Einbrüchen zu den im Vorraume de« Stationsgebäude« schlafenden Weibern gelangen. DaS Gericht nahm an, daß bei der Hinrichtun Mabruck» kein förmliches Gericht abgehalten wurde; e« rüg daß nur Privatanaestellte von Vr. PeterS, nämlich Frchr v. Pechmann und Jahnke, zugezogen wurden, dagegen nicht auch Leutnant v. Bronsart. Persönliche Gründe und sexueller Verkehr MabruckS mit den StationSweibern haben vr. PeterS zu der Hinrichtung bestimmt Jagodja sei mehrfach geprügel . worden, doch spiettm bei ihrer Hinrichtung keine sexuellen un persönlichen Gründe mit. vr. PeterS habe in seinem Bericht an den Gouverneur v Soden beide Hinrichtungen verschwiegen DaS Gericht verurteilte vr Peter« wegen pflichtwidriger Hin richtung Mabruck« au« persönlichen Motiven und wegen falscher Berichterstattung, billigt dagegen die Hinrichtung der Jagodja und tadelt mehrere Äußerungen vr Peter» über sein Verhalten getreten, aber ich werde ihm seine große nationale Tat niemals vergessen" Kunstmaler Frhr. v. Pechmann schließt sich als Sachverständiger dem Generalleutnant z. D. v Liebert voll- ommen an. Sachverständiger Eugen Wolf glaubt, PeterS wäre mit Milde auch durchgekommen. Er greift allerlei Einzel- >eiten aus dem Leben PeterS' an, stellt Wißmann hoch über Peters und bekundet, Wißmann habe PeterS' Vorgehm am Kilimandscharo als schmachvoll bezeichnet. Wolf wird vom Vorsitzenden einigemal ersucht, bei der Prozeßsache zu bleiben. Der Sachverständige Oberstabsarzt a D. Becker schildert die Unruhen am Kilimandscharo vor und nach PeterS' dortigem Aufenthalt DaS Gericht, da« die beiden Hinrichtungen beschloß, ei nicht nur ein sogenannte», sondern ein tatsächliches Gericht irwesen, das in Afrika gar nicht ander« gebildet werden konnte Die Todesstrafe für Diebstahl sei hart, aber unter gewissen Um- tänden notwendig; dasselbe gelte von der Todesstrafe für Flucht Wenn dre Jagodja konspiriert habe, sei ihre Hin richtung notwmdig gewesen. Rat Martin als Sachverständiger bekundet, wenn bei den Hinrichtungen die von Peters angegebenen Gründe vorgelegen hätten, wären sie gerecht gewesen, sonst nicht Pater Acker bemerkt als Sachverständiger, v. Liebert habe nur die schlechten Seiten der Schwarzen hervorgehoben, ihre guten Seiten dagegen vergessen. Die Schwarzen sollten An stand, Sitte und Gerechtigkeit von uns lernen, nicht aber wir afrikanische Sitten annehmen. Diebstahl, Einbruch und Flucht seien keine Gründe zur Todesstrafe, beide Hinrichtungen feien >aher ungerechtfertigt. Prügelstrafe müsse sein, aber nicht bis Blut fließe Da» DiSziplinarurteil müsse er billigen. Exzellenz v. Liebert bemerkt, Pater Acker urteile nach seinem Leben an der Küste Im Innern müsse man oft die Macht zeigm. Pater Acker erwidert, die Patres im Innern urteilten ebenso wie er. Die Vernehmung der Sachverständigen ist damit zu Ende. Weiterverhandlung Montag.
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