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Dresdner W Zouma!. Mniglieh SAchstschev Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 142 -o Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Do enges in Dresden. Freitag, den 2t. Juni 1907. BeznyspreiS: Beim Einzelne Nummern 10 Bezüge durch die Spedition, Große Zwinaerstraße SO, sowie durch die Poft im Deutschen Reiche » Mart vierteljährlich. Pf. — Erscheint: Werktag» nachmittag». — Fernsprecher Nr. 1S9S. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der «mal gespalt. Ankündigungsseite 2b Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3 mal gesp. Teriseite im amtl. Teile «v Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 7b Pf. PreiSermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Mit Allerhöchster Genehmigung ist die Wahl des Ober- Lergrats Prof. Vr. pb. Erhard in Freiberg zum Rektor der Bergakademie Freiberg für die Zeit vom 1. August dieses bis mit 31. Juli nächsten JahreS bestätigt worden. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlicher» Hofe. Dresden, 21. Juni. Se Majestät der König wird vom 25. bi» 27. d. M. eine Landesreise in die Regierungs bezirke Chemnitz und Zwickau unternehmen. Mitteilungen aus brr öffentliche» Berwaltuug Dresden, 21. Juni. Unter dem Vorsitze Sr. Exzllenz des Hrn StaatSministerS v Schlieben und im Beisein der vortragenden Räte und Hilfsarbeiter des Kultusministeriums fand heute in dessen Räumen die 32. Jahreskonferenz der Bezirksschul inspektoren des Landes statt, zu der auch die Schul direktoren Häßler-Plauen, vr Kraner-Pirna, Schmieder- Marienberg und Trabitzsch-Rochlitz zugezogen worden waren Der Konsirenz wohnte al» Vertreter des Evangelisch-lutherischen Landeskonsistorium» Hr. Oberkonsistorialrat vr. Kohlschütter bei. Se. Exzellenz begrüßte zunächst die Erschienen und gab hierauf einen kurzen Übel blick über die Entwickelung des sächsischen Volksschulwesens in den letzten Jahrzehnten. Auf Grund der Tagesordnung wurden alsdann über die Einführung eines biblischen Lesebuchs in den Volksschulen, die ungeteilte Unterrichts zeit in den Volksschulen und die Einrichtung der Schul prüfungen von den zu Berichterstattern bestellten Bezirksschul inspektoren Vorträge erstattet, an die sich eine Besprechung anschloß °° Die König!. Großbritannische Gesandtschaft»» kanzlei befindet sich von jetzt ab Wiener Straße 38. — Die in Lvanxeliois beauftragten Herren Staatsminister haben zugunsten de» Baues einer Kapelle für die Volks- Heilstätte AlbertSberg bei Rautenkranz eine allge meine Kirchenkollekte bewilligt, für deren Einsammlung nach vorheriger, am 6 Sonntage nach TrinitatiS — 7. Juli — dieses Jahres, sowie am Tage der Kollekte selbst zu bewirkender Abkündigung der 7. Sonntag rach TrinitatiS — 14 Juli — dieses Jahres festgesetzt worden ist. Alberisberg gehört zu den beiden Heilstätten für unbemittelte Lungenkranke aus dem ganzen Lande, die in dem waldreichen Gebiete an der Grenze zwischen Erzgebirge und Vogtland von der barmherzigen Nächstenliebe begrübt worden sind und unterhalten werden. AlbertSberg dient für männliche, Carolagrün für weibliche Kranke. Der Verein zur Begründung von Volktheilstätten für Lungenkranke im Königreiche Sachsen, der beide Anstalten er richtet hat und unterhält, hat aus eigenen Mitteln und mit Hilfe von Freunden zwar für Carologrün eine Kapelle bauen können, die un Juli 1906 eingeweiht worden ist. Den männ lichen Kranken in der Heilstätte Albertiberg aber fehlt für ihre Gottesdienste eine gleiche Andachtsstätte Jetzt müßen die Gottesdienste dort in einem Raume abgehalten werden, der nur ein dürftiger Notbehelf ist. Trotzdem ist auch in AlbertSberg die ganz freiwillige Teilnahme an den Gottesdiensten und den Abendmahlsfeiern so lebhaft, daß das Bedürfnis einer würdi geren und ausreichenderen Stätte für dieselben klar erwiesen ist. Der Verein will daher auch in AlbertSberg den Bau einer Kapelle beginnen. Ihm selbst fehlen aber die erforderlichen Mittel, um den Bau allein zu bestreiten. Er wendet sich des halb, zumal die Kapelle den kirchlichen Bedürfnissen armer Kranker saus dem ganzen Königreiche dienen soll, an die ge samte Landeskirche und bittet inständig um Hilfe bei seinem Kapellenbau. E« handelt sich um eine Stätte, in welcher der Trost des Evangeliums viele besonders Mühselige und Be ladene erreichen soll, darunter auch manchen, der vielleicht lange fremd geworden ist im Hause Gotte« Zett»»gSsch»». Ja der „Jungen Garde", dem Mannheimer Organ des Verbands junger Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands, ist folgender, nach der Zeitung der französischen „Jugend genoffen" bearbeiteter Hetzartikel abgedruckt: »Die Volksschule und die Fortbildungsschulen sind, trotz ihrer scheinbarer, politischen Unparteilichkeit, in den Händen der Bourgeoisie gefährliche Werkzeuae Mit ihrer Hilfe werden die künftigen Arbeiter erzogen zum Respekt vor dem Eigentum, vor der Obrigkeit, vor der Gesetzlichkeit, vor der Disziplin und vor der ganzen kapitalistischen! Wirtschaft, und nicht» konnte dem Bürgertum solchen Schrecken ein- jaaen, wie der Anblick, daß sein Lehrerpersonal, seine Kopfarbeiter sich mit den Handarbeitern zu gewerkschaftlicher Tätigkeit zusammen finden. Wir sagen also, daß die sozialistische Partei nicht nur da» Recht, sondern die Pflicht hat, möglichst früh eutgegenzuarbeiten und au» den Arbeiterhirnen die falschen Vorstellungen und Vorurteile, die von Jugend aus durch die herrschenden Klaffen eingrpflanzt werden, gründlich auSzutilgen, noch bevor sie Wurzel geschlagen haben. Die Priester warten auch nicht, bi» man das ManneSalter er reicht hat, — sie fälschen da» Urteil und verneinen die Vernunft der jungen Menschen: noch viel früher, al» die weltlichen Bourgeois packen sie das Kind beim Schopf. Sie taufen eS, bevor eS gehen und sprechen kann, sie konfirmieren es, bevor es imstande ist, zu begreifen, um was eS sich handelt. Wir müssen ohne Verzug dem Beispiel unserer Gegner folgen, soweit eS die Erziehung der Arbeiter betrifft Ihre Lehre schadet unserer Sache, aber ihre Unterrichtsmethode ist nicht zu verachten. Die Jugendorganisationen müssen die Vorschulen des Sozialismus werden." Der Mannheimer Verband steht mit dem Berliner Vereine von Lehrlingen und jugendlichen Arbeitern in engen Be ziehungen Man kann also beide Organisationen als die Vor schulen der Sozialdemokratie betrachten. In dem vorstehenden Aufsatze ist da« Ziel der sozialdemokratischen Jugendbewegung deutlich bezeichnet: Vertilgung des Respekts vor Eigentum, Obrigkeit, Gesetzlichkeit, Disziplin — und nicht zu vergeßen vor Thron und Altar. Was aus einer Arbeiterjugend werden muß, die in die Hände so gewissenloser „Erzieher" kommt, wie die der Leiter der Jugendorganisationen, das bedarf nach alledem nicht der besonderen Ausmalung. Die Thronrede, mit der Kaiser Franz Joseph den österreichischen NeichSrat eröffnet hat, findet in den Wiener Blättern die freundlichste Aufnahme und fast ungeteilte Zustimmung Die „Neue Freie Presse" sagt, die Thron rede sei ein persönlicher Erfolg des Kaisers Kein anderer Fürst könne seinem Parlament einfach und schlicht erzählen, daß er in der Jugend für die Befreiung der Bauern zu sorgen hatte und jetzt nach 60 Jahren verlange, daß Gesetze für die Notdurft der alten und gebrechlichen Arbeiter beschloßen werden Die österreichischen Sozialisten seien gestern im Zeremoniensaale der Hofburg erschienen und diese einfache, natürliche Politik habe allgemein den Eindruck der Selbstverständlichkeit gemacht Österreich sei mit der Krone einig. Das „Fremdenblatt" bemerkt, die Thronrede zähle zu den bedeutsamsten Aktenstücken dcr neuesten österreichischen Geschichte. Noch in fernen Zeiten werde sie al» wichtige Urkunde unserer Tage zitiert werden; sie sei überreich an sachlichem Gehalt und ergreifend durch den hohen Ton, der sie durchklinge. Das gewaltige Programm, daß sie verkündige, sehe keineswegs an den tiefernsten Problemen vorbei, die das alte Parlament in ihrem ver hängnisvollen Banne gehalten hätten, aber es sei von dcr gerechten Ermattung durchdrungen, daß das neue Haus eine andere, richtigere Stimmung zu ihnen suchen werde Das „Neue Wiener Tagblatt" lobt den „energischen Zug" der Thronrede. Sie vermeide den poetischen Schmuck und die tönende Phrase. Ein fester Wille und die Erkenntnis der Pflichten einer Regierung seien unverkennbar. Es sei ein politisches Verdienst, daß die Thronrede den neuen Rechten auch die neuen Pflichten Nipp und klar entgegenstelle. Bei allem Skeptizismus, dm die Erfahrung in die Herzen der österreichischen Bevölkerung gepflanzt habe, rege sich heute doch die Hoffnung, daß der sittliche und politische Ernst, der die Deputierten an der Schwelle des neuen Volkshauses begrüßt, ein starkes Echo finden werde Die „Zeit" hebt besonders jene Stellen aus der Thronrede hervor, die sich auf da« Ver hältnis zu Ungam beziehen Auch die Völker hegtm zu den neuen Abgeordneten das Vertrauen, daß sie die ungarische Frage in ihrem Sinne lösen würden. Der Ausgleich werde in allererster Linie der Prüfstein sein für diese« Parlament Die „Österreichische Volkszeitung" sagt, die Thronrede gehöre zu den inhaltreichstcn, die der Monarch je an da« Parlament gerichtet habe E« gebe kaum ein Gebiet de« politischen und wirtschaftlichen Dasein«, da« durch sie nicht berührt würde Man könne diese Kundgebung der Krone als die soziale Reformthronrede bezeichnen. Da« „Neue Wiener Journal" erklärt, die Thronrede sei ein Bekenntnis zum Volksstaate Selbst auf militärischem Gebiete werde dem Volk«- bedürfni« Rechnung getragen Nicht als Werkzeug traditioneller Großmach t«grfühle, sondern als Schutzwehr der Produktion werde die bewaffnete Macht der Fürsorge de« Parlament« empfohlen und zugleich versprochen, da« „Heer der allgemeinen Wehrpflicht im Einklang« mit den Wünschen der Bevölkerung zu erhalten " Da« „Deutsche Volksblatt" meint, die Fülle der an- gekündigten Reformen wirke fast verwirrend Das Blatt ist außerordentlich sympathisch durch jenen Teil der Thronrede be- nihtt, der dem Verhältnisse zwischen beiden ReichShälstm ge widmet ist Er lasse darauf schließen, daß die Krone sich allen Angriffen auf die Einheitlichkeit der Monarchie energisch wider setzen werd« Die „Deutsch« Zeitung" sagt, di« Thron- rrd« enthalte die Worte eine« verevrungswurdlgen Greis««, der in der Schule der Erfahrung gelemt habe, alle« von einer Hohm Warte aus zu besehen und zu beurteilen Die „Ar beiterzeitung" erklärt, aus der Thronrede spreche das Gefühl de« Stolze« über den gewaltigen politischen und sozialen Fort schritt, den die Wahlreform für Österreich, für den Staat, wie für die Völker bedeute. Der Kaiser habe wohl den Anspruch, daß in der Summe seines Wirken« gerade diese Rede nicht ungewürdigt bleibe Teutsches Reich. Ter Reichskanzler Kürst v. Bülow in Kiel. (W T. B) Kiel, 20. Juni. Der Reichskanzler Fürst v. Bülow traf heute nachmittag '-»4 Uhr hier ein und wurde vom Gesandten 0r Frhrn. v. Jenisch empfangen, der ihn auf dem Wasserweg nach der „Hohenzollem" geleitete. Der Bundesrat. (W.T.B) Berlin, 20. Juni. In der heutigen Sitzung des Bunde«- ratS wurde dem Autschußbericht über die Vorlage, betreffend den Entwurf eines Gesetzes über die Erleichterung ke« Wechsel protests zugestimmt Koloniales. * (Amtliche Meldung ) Berlin, 20. Juni Dampfer „Willehad" mit dem AblösungStranSport für da« Ost asiatische Detachement ist am 19 d M wohlbehalten in Port Said eingetroffm und an demselben Tage nach Suez weitergegangen A«Sla»d. Aus dem österreichischen Parlamente. (W. T B) Wien, 20. Juni. Das Herrenhaus nahm heute die Wahl mehrerer Kommissionen vor, darunter die einer Kom mission von 21 Mitgliedern, die damit beauftragt wurde, dem Hause baldigst Vorschläge über die Stellungnahme gegenüber der Thronrede zu unterbreiten Wien, 20. Juni. Im Abgeordnetenhause fand heute nach der Kenntnisnahme der eingebrachtcn Wahlproteste die Auslosung ter neuen Abteilungen statt, denen die Wahlakten zugewiesen werden Hierauf erfolgte die Verlesung der staats rechtlichen Verwahrungen der Tschechen, Kroaten, Serben und Ruthenen, worauf die Sitzung geschloßen wurde Die nächste Sitzung findet am 25 d. M stat^ Tagesordnung: Präsidenten wahl. Zu Ven Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn. (W. T. B.) Budapest, 21. Juni. In der gestrigen Konferenz der Unabhängigkeit»Partei wurde der PaßuS der österreichischen Thronrede erörtert, in dem für ein gemeinsame« Zollgebiet Stellung genommen und erklärt wird, daß eine wirtschaftliche Trennung die politische Zusammengehörigkeit erschüttern würde Mehrere Abgeordnete interpellierten in bezug hierauf die Regierung, worauf der Handelsminister Koßuth erklärte, für die österreichische Thronrede sei allein die österreichische Re gierung verantwortlich. Die unter der Verantwortung der österreichischen Regierung abgegebenen Erklärungen könnten der Politik der ungarischen Regierung in keiner Weise zur Richt schnur dienen und an dem wiederholt dargelcgten Standpunkte der ungarischen Regierung nicht« ändern, wonach mit Österreich nicht ein Zollbündnis, sondern ein Zollvettraz bi« zum Jahre 1917 abgeschlossen werden soll Im Laufe der Debatte fügte Kultusminister Graf Apponyi dieser Erklärung hinzu, er halte e« für natürlich, daß dre Auffaßung Österreich« in politi'cher wie in wirtschaftlicher Beziehung von der ungarischen abweiche. Au« der physischen Identität de« österreichischen Kaisers und des ungarischen Königs dürsten keine nachteiligen Schlüße gezogen werden, denn staatsrechtlich sei die eine Eigenschaft von der anderen vollkommen gesondert Tie öster reichische Thronrede könne weder die Rechte Ungarn«, noch die Politik dcr ungarischen Regierung berühren Die Erklärungen beider Minister wurden mit großem Beifall ausgenommen Bon der Zweiten Saager Friedenskonferenz. (W. T. B) Haag, 20. Juni. Der Großorient der niederländischen Freimaurer sagt in einer Resolutton, er begrüße, indem er der erhabenen Idee de« Weltfrieden« huldige, die Eröffnung der Zweiten Haager Konferenz und hoffe, die Konferenz werde da« Streben nach dem fördern, wa» die Menschen und die Völker verbindet, und sie werde da« zu beseitigen wißen, wa« di« Geister und die Seelen trennt Ja einer Besprechung der Vorsitzenden der vier Kommissionen und de« Generalsekretär« der Konferenz wurde beschloßen, daß die erst« und die zweite Kommission 'ich am 22 , die dritte un» vierte am 24 d M konstituieren sollen