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Dresdner Journal : 16.05.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190705161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19070516
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19070516
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-05
- Tag 1907-05-16
-
Monat
1907-05
-
Jahr
1907
- Titel
- Dresdner Journal : 16.05.1907
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leisten, da sie ja damit zur Befestigung der von ihr dem Unter- > gange geweihten Staat», und Gesellschaftsordnung beitragen müßte. Die bisherigen Ergebnisse der vorgestrigen österreichischen ReichSratSwahlen bilden den Gegenstand der Besprechung in sämtlichen Wiener Blättern Die „Neue Freie Presse" findet, daß da» Wahlergebni» durch drei auffällige Er- scheinungen charakterisiert werd«: durch die ungewöhnlich große Zahl der Stichwahlen, durch ein starke» Anwachsen der Sozialdemokraten und durch die unverkennbaren Zeichen des Niedergangs, welche die christlichsoziale Partei ungeachtet ihres sporadischen Vordringen« in die Provinzen zeige Das An wachsen der Sozialdemokratie sei eine natürliche Folge des all gemeinen Wahlrechts und habe für da« Bürgertum in Öster reich nichts Bedrohlicheres, als im Deutschen ReiHe oder in Frankreich und England. Die Rückgänge, welche dre christlich soziale Partei in Wien und Niederösterreich erlitten habe, würden durch die vereinzelten Erfolge in den Provinzen nicht ausgewogen und berechtigten zu der Erwartung, „daß in künftigen Wahlen da« Truggebäude der Parier zusammen brechen werde". Der Gesamteindruck, den der vorgestrige Tag hinterlassen habe, sei, daß „Rot und Schwarz" dre Farben sind, die im ersten Parlament des allgemeinen Stimmrechts dominieren werden Da» „Neue Wiener Tagblatt" stellt fest, daß die Wahlen den nationalen und bürgerlichen Parteien schwere Wundengeschlagen haben; unzweifelhaft gesiegt hätten nur die Sozialisten, die heute schon so viele Mandate zählten, als sie selbst nicht zu erhoffen wagten, während die Christlichsozialen lange nicht die denkbar günstigste Situation erreicht hätten Jedenfalls habe e« mit dem Traum der Übernahme der politischen Führung durch diese Partei sein Bewenden, weil andere, swrmische Parteien nachrückten, die an Kopfzahl nicht viel hmter den Christlichsozialen zurückstünden und die darum da« „Reich«, regieren" nicht so leicht machen würden Da« „Fremden- blatt" führt, auf die großen Erfolge der Sozialdemokratie hinweisend, au«, daß sich diese die mühevoll errungene Ge legenheit, sich im Parlamente vernehmbar zu machen, nicht zerstören und sorgfältig darüber wachen werde, daß sie nicht gestört werde Der Radikalismus der Sozialdemokratie sei um nichts bedenklicher, al« der nationale Radikalismus, der oben drein da« Parlament ein Jahrzehnt lang arbeitsunfähig gemacht habe. Deshalb zähle zu den bedeutsamsten Ereignissen de« Wahltag«, daß die Namen Schönerer und Franko Stein au« der Abgeordnetenliste verschwänden Deutsche- Reich. Wiesbadener Kaisertafle. (W. T. B.) Wiesbaden, 15. Mai Se Majestät der Kaiser unter nahm morgens einen Spazierritt und empfing dann im Schlöffe den General der Kavallerie z. D v Langenbeck zur Meldung Später hörte Er die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts und des preußischen Kriegsministers und empfing dann den Abt von Maria-Laach, der auch zur Frühstückstafel geladen war. Der Kaiser hat den preußischen Kriegsminister v Einem » I» ouits de« Kürasfierregiment« „v. Schlieffen" Nr 4 gestellt. Der vierte Abend der Festspiele brachte Saint - Saön«'I „Samson und Dalila", dem der Kaiser mit dem Prinzen August Wilhelm von Preußen beiwohnte Die Kaiserin. (W T. B.) Homburg v d H, 15. Mai. Ihre Majestät die Kaiserin, Die gestern abend gegen 9 Uhr im Automobil mit den Prinzessinnen hierher zurückgekehrt ist, machte heute früh mit den Prinzessinnen in zwei Vierspännern einen Ausflug nach dem Römerkastell am Kleinen Feldberg, von wo die Rückkehr um ^1 Uhr erfolgte. Zur Geburt ves spanischen Thronerben. (W T «) Potsdam, 15. Mai. Prinz Friedrich Leopold von Preußen ist heute mittag nach Madrid abgereist, um als Ver treter Sr. Majestät des Kaisers an den dort stattfindenden Tauffestlichkeiten teilzunehmen Ausland. Zn den ReichSratswahlen in Österreich. Die gestrigen Wahlen bieten, da sie eine unverhältnis mäßig große Zahl von Stichwahlen erforderlich gemacht haben, noch kern endgültiges Bild der neuen österreichischen Volks vertretung Immerhin gestatten sie bereits die Feststellung folgender Tatsachen: Die Sozialdemokratie hat Erfolge errungen, die ihre eigenen Erwartungen weit übertreffen; sie verfügt nach den bisherigen Meldungen bereits über 57 Mandate und kommt noch in etwa 60 Fällen in Stichwahlen. Der extreme Natio nalismus hat bei den Tschechen eine scharfe, bei den Deutschen eine fast vernichtende Niederlage erfahren; Schönerer und Franco Stein sind unterlegen, Wolf kommt (in Trautenau) gegen den Führer der Fortschrittspartei in Böhmen, Eppinger, m eine wenig aussichtsvolle Stichwahl. Die deutsche Volkspartei hat Einbußm erlitten, die Fortschrittspartei ihren Besitz in Böhmen und Mähren ziemlich behauptet Die Jungtschechen haben Ver luste erlitten; selbst Kramarz und Herold müßen ihre Mandate erst von Stichwahlen erwarten; die Chriftlichsozralen haben ihren Besitz in den Landgemeinden Niederösterrnchs, die nun vollständig in ihrem Besitze sind, auf Kosten der deutschen Volkspartei vermehrt, dagegen konnten fle Wien nur unter teilweise sehr hartem Kampfe und mit einigen Einbußen an die Sozialdemokraten behaupten In den anderen Ländern haben sie einige Erfolge, die aber erheblich hinter ihren allerdings hochgespannten Hoffnungen zurückbleiben. Die Agrarier haben zwar bei Deutschen und Tschechen einige markante Führer verloren, scheinen aber doch eine sehr starke Position im neuen Hause zu haben Der Liberalismus hat in Wien nur einen Kandidaten (Kuranda) durchgesetzt und dürste einen zweiten (Baron Hock) bei der Stichwahl behaupten; in der Leopold- stad t kommt vr Ofner mit feinem christlichsozialen Mitbewerber in e ne Stichwahl, an deren für ihn günstigen Aukgang aller dings nicht zu zweifeln ist. Von Munstern sind nur Prade und Pacak endgültig gewählt worden. vr. v. DcrschaUa, vr. Forscht und in einem zweiten Bezirke auch vr. Pacak kommen in Stichwahlen, die allerdings ihre Wahl ergeben dürften vr. Marchet ist in Baden unterlegen Im einzelnen liegen heute folgende Meldungen vor: * (W.T B) Wien, 16. Mai Das Ergebnis der gestrigen Wahlen aus sämtlichen Kronländern mit Ausnahme von Galizien ist folgendes: Gewählt worden sind Deutschfortschrittliche 7, Mitglieder der deutschen Volkspartei 5, Christlich Soziale 59, Sozialdemo kraten 57, Katholisches Zentrum 28, Jungtschechen 4, Alt- tschechen 2, Tschechisch-Nattonalsoziale 1, tschechische Agrarier 6, klerikale Tschechen 4, deutsche Agrarier 9, Freialldeutsche 3, Ruthenen 6, Rumänen 2, Italiener 10, slowenische Volkspartei 19, liberale Slowenen 4, Kroaten 1, Parteilose 1, Freisinnige 1, polnische Klerikale 1, Deutsch-Klerikale 1. Wien, 15. Mai Von den 130 auf Böhmen ent fallenden Mandaten ist das Ergebnis auS 125 Wahlkreisen be kannt; darunter sind 71 tschechische und 54 deutsche. In den tschechischen Bezirken sind 45, in den deutschen 31, in«gesamt 76 Stichwahlen erforderlich In 49 Wahlbezirken, darunter 26 tschechischen und 23 deutschen, wurden endgültig gewählt: 4 Jungtschechen, 1 Alttscheche, 1 tschechisch-nationaler Sozialist, 3 tschechische Agrarier, 1 Mitglied der deutschen Volkspartei, 3 Freialldeutsche, 7 deutsche Aararier, 29 Sozialdemokraten (davon 12 deutsche und 17 tschechische). In den 6 Wahlbezirken von Görz und GradiSca wur den gewählt: 2 Italienisch-Konservative, 1 Italienisch-Liberaler. 1 Slowenisch-Liberaler, 1 Slowenisch-Klerikaler; in einem Falle findet Stichwahl statt zwischen einem Slowenisch. Liberalen und einem Slowenisch - Konservativen — In den 6 Wahlbezirken Istriens sind 3 Slowenisch-Nationale gewählt worden. In 3 Bezirken findet Stichwahl statt zwischen 3 Italienisch-Libe ralen einerseits und 2 Slawisch-Nationalen und 1 Christlich- Sozialen anderseits. — In den 12 Wahlbezirken Krains wurden gewählt: 10 Mitglieder der slowenischen VolkSpartei, 1 Deutsch-Fortschrittlicher (Fürst Karl Auersperg in Gottschee). In einem Wahlbezirke ist Stichwahl nötig zwischen dem Bürger meister von Laibach, Hribat (national-fortschrittlich) und Kregar (slowenische Volkspartei). — In der Bukowina, auf die 14 Mandate entfallen, wurden gewählt: 5 Jungruthenen, 1 freisinniger, 1 konservativer Ruthene, 1 Deutsch-Fortschritt licher, 1 Parteiloser, 1 rumänischer Demokrat; in 4 Wahl kreisen findet Stichwahl statt Wien, 15. Mai In dm 19 deutschen Wahlbezirken Mährens sind 5 Deutschfortschrittliche, 2 Deutschvolkliche und 2 Sozialdemokraten gewählt worden. Zehn Stichwahlen sind erforderlich, an denen 7 Sozialdemokraten, 3 Deutschfortschritt- liche, 3 Christlichsoziale, 3 Deutschvolkliche, 2 Alldeutsche, 1 deutscher Agrarier und 1 selbständiger Kandidat beteiligt sind. In den 30 tschechischen Wahlbezirken Mähren« sind gewählt wordm 4 Kompromißkandidaten der Christlich sozialen und Konservativen, 3 Sozialdemokraten, 2 Alttschechen und 1 Agrarier An den 20 notwendigen Stichwahlen sind 14 Sozialdemokraten, 11 Kompromißkandidaten der Christlich sozialen und Konservativen, 6 Jungtschechen, 4 Agrarier, 2 Alt tschechen, 1 Anhänger der Gewerbepartei, 1 Realist und 1 selb ständiger Kandidat beteiligt. In den 4 Wahlbezirken Vor- l arlbergs sind durchweg Christlichsoziale gewählt worden (Von einem besonderen Korrespondenten) Wien, 15. Mai. Ministerpräsident Frhr v Beck wurde heute vom Kaiser in einer 1'/s, Stunde dauernden Audimz empfangen. Wien, 15. Mai. Der Unterrichtsminister hat auf den Ausfall der Wahlen hin dem Ministerpräsidenten sein Porte feuille zur Verfügung gestellt. Dieser hat jedoch erklärt, daß hierzu keine Veranlassung vorliege, welche Auffassung auch an höchster Stelle gebilligt werde. (Voff Ztg.) Budapest, 15. Mai. Die Sozialdemokraten veranstalteten am 15. Mai abends vor der Redaktion des hie sigen sozialdemokratischen Blattes anläßlich des großen Wahl siegs der österreichischen Genoffen eine Straßenkundgebung, wo bei Reden gehalten wurden und die Arbeitermarseillaise gesungen I wurde. AIS die Menge so stark anwuchs, daß der Straßen-! verkehr gestört wurde, schritt die Polizei ein und zerstreute die Manifestanten (Berl Tgbl ) Czernowitz, 15. Mai. Erst jetzt ist der Schaden zu übersehen, dm der Pöbel am 14. Mai auS An laß der Wahlen hier angerichtet hat. Ganze Häuserreihen sind durch Steinbombardemmt« demoliert morden Im neuen Theater ist keine Scheibe mehr ganz Militär hielt die Stadt bis 4 Uhr früh besetzt. Jetzt ist die Ruhe wieder eingetreten. Zur Krage der Vegrenzung der Rüstungen. In der gestrigen Sitzung der italienischen Deputierten kammer hat der italienische Minister des Äußern Tittoni ge legentlich einer Rede über die auswärtige Politik Italiens ! (vgl. die diesbezügl. Meldung in vorliegender Nummer. Die Schrift!) auch die Frage der Begrenzung der Rüstungen berührt, die auf der demnächst zusammmtretendm zweiten Haager Friedenskonferenz besprochen werden soll. Der italienische Staatsmann sprach sich folgendermaßen hierzu auS: „Die englische Initiative zur Erörterung der Begrenzung der Rüstungen auf der Haager Konferenz ist, für jetzt, nichts al« eine Reproduktion der russischen Initiative vom Jahre 1898, Und zwar die generelle Behauptung von der Opportunität einer solchen Begrenzung Aber wenn die russische Initiative keine Besorgnisse erweckt hat und rukig betrachtet worden ist, warum sollte heute der englische Vorschlag zu Befürchtungen Anlaß geben, als ob aus ihm, entgegen seinen friedlichen Absichten, ein gefährlicher Konflikt zwischen dm Mächten entspringen sollte? Im Jahre 1898 hatte die russische Initiative keine Folge, weil e« nicht gelang, eine praktische Formel der Ver wirklichung zu finden, die von allen angmommm werden könnte. Nun wohl, die Frage stellt sich heute unter dm nämlichen Bedingungen dar, und die englische Regierung verhehlt sich diese« nicht. Die englische Regierung schließt in vollkommenster Weise au«, daß ihr Vorschlag aus ngendwelchem Grunde An laß zu Reibungm zwischen den Mächten geben könnte. Sie hat noch keine konkrete, der Konferenz vorzuschlagende Formel aufgestellt Aber diejmige, die sie vorschlagen wird, welche sie auch sein möge, wird, wenn sie nicht von allen Großmächten al« praktisch annehmbar erachtet wird, keine Folge haben, und die Frage wird vertagt werden, ohne daß sie Konflikte, Rei bungm oder Verstimmungen Hervorrufen müßte Dies ist der Standpunkt der englischen Regierung, und e» gibt niemand, der ihn nicht besonnen und verständig finden müßte Es baden also diejenigen, die von emer Italien in Verlegenheit bringenden Lage gesprochen haben, bewiesm, daß sie von der Haager Konfermz eine durchaus phantastische Auffassung haben Ist es aber möglich, eine praktische Formel ausfindig zu machen, welche die Begrenzung der Rüstungm sichert, ohne die Inter- essen irgendeines EtaateS zu verletzen, ohne irgendeinen in !d«n Zustand der Inferiorität zu bringm, so daß alle dieser Formel ihre Zustimmung geben könnm? Deutschland und i Österreich-Ungarn haben erklärt, die» nicht für möglich zu halten, und sie werden daher nicht an der Erörterung teil- nehmen, um keine Verpflichtungen auf sich zu nehmen und die vollkommenste Aktion-srnheit zu bewahren. Dieser Standpunkt wurde in autoritativster Weise vom Fürsten Bülow in seiner letzten Rede im Reichstage beleuchtet, in der er darlegte, wie die Überzeugung, daß e« heute nicht möglich sei ein« Formel der Begrenzungen der Rüstungen zu sinden, der alle zustimmen können, durchaus nicht sagen will, daß Deutschland und dm anderen Staaten, die seine Anschauung teilm, die Sache de» Frieden« weniger teuer sei. Und nachdem wir zu diesem Llandpunkt gelangt sind, ist e» angezeigt, zu bemerken, wie sehr dle letzten Erklärungen des Fürsten Bülow und Sir Henry Campbell-Bannerman» den Gegensatz gemildert haben, der zwischen dem deutschen und dem englischen Standpunkt zu bestehen schien Fürst Bülow hat sich in seiner Rede im Reichstag, obschon er erklärte, daß die deutschen Delegierten an der Erörterung nicht teilnehmen würden, beeilt, hinzuzufüaen, daß, wenn au« dieser Erörterung ein konkreter, ernsthafter, praktisch möglicher Vorschlag ersprieße, die deutsche Regrerung sich vorbehalte, gewissenhaft zu prüfen, ob er in wirksamer Weise den allgemeinen Interessen de« Frieden« und den besonderen Interessen de« Deutschen Reiches entspräche Sir Henry Campbell-Bannerman hat in seiner Rede auf dem Bankett des liberalen Verband« in Manchester, nachdem er gesagt hatte, daß er den offenen und freundschaftlichen vom Fürsten v Bülow angeschlagenen Ton würdige, anerkannt, daß e« wahrscheinlich auch bei einer Teilnahme Deutschland« an der Erörterung unmöglich gewesen wäre, eine Formel zu finden, die alle hätten annehmen können, aber daß er von seiner Initiative mehr al« unmittelbare Folgen sich gute Folgen für die Zukunft verspreche. Die beiden Reden haben nun den deutschen Kanzler und dm englischen Premier einander um viele« nähergebracht Vielleicht hat sogar Sir Henry Campbell- Bannerman da« letzte Wort in der Frage gesprochen, da ich wirklich glaube, daß alle übereinstimmen, daß diese eines jener schwierigen Probleme darstellt, deren Lösung der Zukunft vorbehalten ist. Auch das, wa« ich der Kammer bei einem anderen Anlaß zu sagen hatte, weicht nicht wesentlich von diesem ab. Im Mai und Juni 1906 hat Sir Edward Grey im englischen Unterhause und Lord Fitzmaurice im Hause der Lords in beredter Weise dem Streben nach einer Begrenzung der Rüstungm Ausdruck verliehen, die hart auf den Budgets aller Staaten lasten; aber sie haben keinerlei konkrete Vorschläge zur Verwirklichung diese« Strebens angekündigt. Ich habe hierzu meine beifäll,ge Zustimmung ausgesprochen und erklärt, daß wir an der Haager Konferenz mit den nämlichen Gefühlen teilnehmen würden. Ich habe aber nicht Unterlasten, klare und ausdrückliche Vorbehalte bezüglich der Möglichkeit zu machen, eine praktische, von allen annehmbare Formel zu finden, und ich halte heute die Zustimmung zu den höchstedlen Absichten aufrecht, welche die hochherzige Initiative England« bestimmt haben, und ich halte die Vorbehalte, betreffend die Möglichkeit aufrecht, diese Initiative unmittelbar in die Tat umzusetzen In diesem Punkte stimme ich vollkommen mit den Vorbehaltm überein, die von Deutschland und Österreich-Ungam gemacht worden sind Zwischen dem Standpunkte des Fürsten Bülow und des Barons Aehrenthal und dem meinen besteht keine wesentliche Differenz Ein Unterschied besteht nur in dem einzuschlagenden Verfahren Sie ziehen es vor, nicht an der Erörterung teilzunehmen und die Ergebnisse abzuwarten, um sie mit vollkommener Freiheit zu prüfen und zu würdigen. Ich glaube, dyh Italien Beratung teilnehmen kann, indem eS sich gleichwohl die näm liche Freiheit der Prüfung und Würdigung hinsichtlich der Er gebnisse der Beratung vorbehält. Muß man aus dieser leichten Differenz der Methode schließen, daß die Verbindung zwischen den Staaten des Dreibund« weniger fest und da« Einverständ nis zwischen ihnen weniger vollkommen sei? Nicht im entferntesten! Bei dem Ideenaustausche, der zwischen dem Fürsten Bülow, dem Frhrn. v. Aehrenthal und mir stattgefundm hat, haben sie, nachdem die Wesensgleichheit unserer An schauungsweise festgestellt war, anerkannt, daß Italien Hinsicht lich der Beratung recht wohl das Verfahren, das ihm am besten dünke, einschlagen könne. Wer also hierüber sich in Spitz findigkeiten ergehen wollte, um auf Zwiespältigkeiten zu schließen, der ist gewamt, daß er ein vergebliche« Werk unternimmt." Italiens auswärtige Politik. (W T. B.) Rom, 15. Mai In der heutigen Sitzung der Depu tierlenkammer hielt bei der Beratung des Budget« de« Äußern !drr Minister des Auswärtigen Ttttoni eine Rede, worin er ! einleitend bemerkte, nach seinen ausführlichen Darlegungen der auswärtigen Politik Italiens im Dezember vorigen Jahres, aus die er sich in allen Stücken beziehe, werde er sich heute auf wenige Erklärungen, die nur neue Ereignisse und neue Kund gebungen betreffen, beschränken. Der Minister ging demgemäß auf eine Unterredung in Rapallo, auf den Besuch in Athen und die Zusammenkunft in Gaöta ein und widersprach der Auf fassung, als ob ein Besuch oder eine Unterredung der anderen ver möge einer kunstvollen Aneinanderfügung gefolgt sei, und als ob ein Ereignis da« andere aufheben sollte. Niemand sei e« in den Sinn gekommen, solche Politik zu treiben Zwischen Rapallo, Athen und Gaöta bestehe kein Gegensatz, sondern Harmonie Es seien Namen und Daten, die keinen Mißklanz untereinander ergeben, sondern sich ergänzen und eine würde volle Friedenspolitik zusammenfasten, die von Italien in vollem Sonnenlicht mit großer Aufrichtigkeit und Loyalität betrieben werde. Es sei keine ungewisse oder im Zickzack gehende, sondern eine durchaus klare und bestimmte Politik, der bisher auch der Erfolg gelächelt habe trotz aller düsteren Dorher- sagungen Indem Tittoni auf die Behauptungen von einer angeblichen Unvereinbarkeit zwischen dem Bündnis mit Deutsch land und Italiens Freundschaft mit England Bezug nahm, sagt« er: „Zur rechten Zeit kam das autontative und wirksame Wort von dem deutschen Reichskanzler Fürsten v. Bülow E« war so klar und offen, daß man wohl sagen kann, eS habe für immer jede Befürchtung und jeden Zweifel beseitigt. E» paßt zusammen, daß Deutschland und England ihre Beziehungen immer mehr zu bessern und in freundschaftlicher Weise jeden Jnter- estenkonflikt, der entstehen könnte, zu lösen wünschen, und daß Italien dem BündmS mit dem einen Volke wohl treu bleiben kann, ohne der Freundschaft für da» andere Eintrag zu tun, ohne beim einen oder anderen Besorgnisse, Zweifel oder Arg wohn zu erwecken Fürst Bülow war in Rapallo unser will kommener Gast In ihm begrüßte die italiemsche Nation voll Freude den Vertreter einer verbündeten Macht, mit der sie so viele Bande einen. Voll Freude war die italienische Natton aber auch über die Begegnung de» König» von England mit dem König von Italien in Gaöta und wandle einen Gedanken der Sympathie der seit so vielen Jahren befreundeten britischen I Nation zu und einen solchen der Dankbarkeit dem König
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