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Dresdner Journal : 18.02.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190502180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19050218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19050218
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-18
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Journal : 18.02.1905
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vei„«pret«. Beim Bezüge durch di« Geschäft»»«»« t»««rtzatß Pr„d«« 2,L0 M («tuscht. Zulraguug), durch die im Deutschen Reiche 3 M. (autschlicblich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Ps. wird Zurücksendung der für dir Echristleitung bestimmten, aber von dieser nicht ein- «esorderten Beiträge bean sprucht, so ist da» Postgeld beizufügen Herausgegeben von der König!. Expeditton des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Gescheinen t Werktag» nach«. 3 Uhr. — Originalbericht» »nd Mitteilungen dürfen mrr mit »oller Onellenangab« nachgedrnckt »erden. «ukü»»i„»^»rbühre»: Die Zeil« kleiner Schrift der 7mal gespaltenen Ankündi- gunar- seite oder deren Raum SO Ps. Bei Tabellen, und Ziffern,atz b Ps «usichlag für die Zeile. Untern» Re» oaktionSstrich (Eingesandt) oie TqftzeUe mittler Schrift oder deren Raum SV Pf. Gebühren - Ermäßigung bet öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittag« 12 Uhr für die nach mittag« erscheinende Nummer- Sonnabend, den 18. Februar nachmittags. Ivos Amtlich» Stil. Dresden, 18. Februar. Se. Majestät der König sind gestern abend 10 Uhr 8 Min. von Leipzig bez Altenburg nach Dresden zurückgekehrt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst gc> ruht, dem Orts- und Friedensrichter David Friedrich Hempel in Lindenau bei Schneeberg das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem ehemaligen Lagergehülfen bei der Dresdner Porzellanniederlage Lantzsch in Dresden, dem ehe maligen Malereilagergehülfen bei der Königl. Porzellan manufaktur Berthold in Meißen und dem Gut- hrenner bei der Königl. Porzellanmanufaktur Taggeselle in Fischergasse bei Meißen das All gemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Ober-Briefträger Böhm in Crimmitschau und der Ober-Postschaffner Dober- necker in Zwickau das ihnen von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehene Allgemeine Ehrenzeichen anlegen. Wekanntmachung, die Auslosung Königl. Sachs. Staatspapiere und die Auszahlung fälliger Kapitalien, Zinsen und Renten der Staatsschuld betr. Die öffentliche Auslosung der planmäßig am 30. September 1905 zur Rückzahlung gelangenden 3H Staatsschuldenkassenscheine vom Jahre 1855 soll den 27. Kebruar dieses Jahres vor mittags von 11 Nhr an im hiesigen Landhause 1. Obergeschoß stattfinden. Die nach der Ziehungsliste vom 2. September 1904 ausgelostcn, am 31 März dieses Jahres fällig werdenden3 A» Staatsschuldenkassenscheine von 1855, die im nämlichen Termine zahlbaren Zinsen dieser StaatS- papiergattung und die Renten auf die 3 StaatS- schuldverschreibungen von 1878, 1887, 1892, 1894, 1897, 1899 und 1900 werden jvom 15. März dieses Jahres an gegen Rückgabe der zahlbaren Kapital- und Zins scheine ausgezahlt. Die Auszahlung geschieht bei der StaatS- schuldenkasse in Dresden und bei der Lotteriedar- lehnskasse in Leipzig, sowie bei den Bezirks steuereinnahmen in Pirna, Großenhain, Dippoldis walde, Döbeln, Rochlitz, Borna, Oschatz, Glauchau, Schwarzenberg, Flöha, Auerbach i. V., Marienberg, Oelsnitz i. B. und Kamenz, bei den Hauptzollämtern in Schandau, Eibenstock, Meißen, Freiberg und Grimma, bei der Sächsischen Bank zu Dresden und deren Filialen, bei der Dresdner Bank in Dresden und deren Filialen, bei Herrn Eduard Bauermeister in Zwickau, bei Herrn G. E. Heydemann in Bautzen und Löbau, bei der Vogtländischen Bank in Plauen i. V., bei Herren Sarfert u. Co. in Werdau, bei der Vereinsbank zu Frankenberg, bei der Neustädter Bank in Neustadt i. S, bei der Direktion der DiS- conto-Gesellschaft in Frankfurt a. M, bei der Bank für Handel und Industrie in Darmstadt und deren Zweigniederlassungen, und in Berlin: bei Herrn S. Bleichröder, bei der Dresdner Bank, bei der Direktion der Disconto-Gesellschaft, bei der Deut ¬ schen Bank und deren" ^Filialen, bei der National bant für Deutschland, >bei Herren Robert War schauer u. Co., bei der Bank für Handel und Industrie und bei dem A. Schaaffhausen'schen Bank verein und dessen übrigen Niederlassungen. Dresden, den 16. Februar 1905. Der Landtagsausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden. vr. Mehnert. 1200 Ernennungen, Versetzungen re. tm -stent» Eiche« Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministerium» der Kinanien. Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern Angestellt: Zollpraktikant Hachenberger al« Steueraufseher Zollpraktikant, Sanitätsfeldwebel Raabe al« Grenzaufseher. — Verstorben: Zollassistent Gandich in Leipzig, Steuerausseher Breyer in Dresden. — Entlassen: Grenzausseher Müller in Schöna-Elbhäuser. (Vebördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) nichtamtlicher Teil. Vie auswärtige Politik der Woche. Die Thronrede zur Eröffnung des bri tischen Parlaments und die allgemeinen De batten in beiden Häusern werfen manches be zeichnende Streiflicht auf die schwebenden auswärtigen Fragen. Die britische Politik strebt danach, ihren Einfluß in Asien beim Friedensschluß zwischen Rußland und Japan wie in der nach dem Frie den erwarteten Neugruppierung der im fer nen Osten tätigen Mächte zum entscheidenden zu machen. Dazu gehört eine vermittelnde Stellung zwischen den beiden Kriegführenden, und da man Japan- auf Grund des Bündnisses sicher ist, so gilt eS, mit Hilfe Frankreichs Rußland für die Anerkennung der guten Absichten Großbritanniens zu gewinnen. Soweit die russisch-englischen Beziehungen im Parlament bisher erörtert worden sind, ist ein neue« Beweis dafür erbracht worden, daß in Eng land, trotz aller Beschimpfungen des Zarenreichs durch die englische Presse, kein Konfliktswind gegen die slawische Großmacht herrscht, sondern die lauen Lüfte einer allgemeinen Annäherung wehen. Es gibt im Hause der Lords wie der Gemeinen nirgends einen ernstlichen Widerstand gegen die Erweiterung des herzlichen Einvernehmens mit Frankreich zu einer England und den Zweibund in eine Gruppe zusammenfassenden Verständigung. Die Grund richtung der britischen Politik auf ein engeres Ver hältnis zu Rußland wird unter König Eduard fest gehalten werden, gleichviel von welcher Parteifarbe das die Geschäfte führende Ministerium ist. Der Führer der liberalen Opposition im Unterhause, Sir Campbell Bannerman, hat öffentlich bezeugt, für das Verhalten des auswärtigen Ministers Lord Lans- downe beim Ausgleich des Zwischenfalls auf der Doggerbank habe er, neben Dankesworten für die bewährten Freundschaftsdienste Frankreichs, nur Lob zu spenden. Und diese Anerkennung gegenüber der ministeriellen Behutsamkeit durch die Gegenpartei kam wenig später als 24 Stunden nach der Montagssitzung der Pariser Hullkommission, worin der Vertreter Rußlands Nckludoff nochmals amtlich zu erkennen gab, Rußland werde weder um Entschuldigung bitten, noch einen seiner See offiziere bestrafen, eS sei nur bereit, Entschädigung Knust und Wissenschaft. Berliner Theaterbrief. Berlin, 17. Februar. Wir haben vorgestern im Königl. Opernhaus eine neue deutsche Oper zu hören bekommen. ES war ein Labsal. Zwar der Erfolg war nur „freundlich" aber trotzdem war's nach dem Leoncavalloschen Gedröhne er freulich, daß deutsche Schlichtheit und deutscher Ernst wieder einmal ihre Stimmen erhoben. Han» Sommer« Oper „Rübezahl" ist keine Sensation; sie geht ost dem Etile Richard Wagner» nach, ersetzt den Mangel an sprühender Phantasie und genialem Schwung durch stille, feine Arbeit und vermag auch nicht mit einem blendenden Melodienreichtum zu prunken Da« mag daran liegen, daß ein Sechzigjäriger dies« Oper schrieb, der zudem nicht einmal Musiker von Hause au« ist. Aber gleichwohl muß diese Oper geschätzt werden, weil sie in allen ihren Teilen ehrlich ist und niemal« da« Gewissen der Kunst durch Effekte zu erdrücken sucht. Eine überau« fein ziselierte Orchestration zeichnet sie au«, und wie hier zeigt die Sommerichc Musik in der präg nanten Hervorhebung der Oka rattere eine feste musikatt- sche Individualität Also kein Werk, da« gerade noch den guten Durchschnitt hält, sondern im Gegenteil, eine Oper von starker persönlich r Prägung Dir Wiedergabe war naMlich vortrefflich. Knüpfer al« Rübezahl war vor allem von überlegener Künstlerschaft E« war wieder einmal ein Abend, an dem man die Erkenntnis mit sich nehmen konnte, daß die deutsch« Musik stlbst in einem musikalisch so unproduktiven Zeitalter wie dem unsrigen ihren Mann zu stehen weiß Der Toten eingedenk! Mit 40 Jahren ist am Sonn abend mittag am Gardasee Otto Erich Hartleben ge storben, der Dramatiker, der im Anfang der neunziger Jahren mit heftigem Schwünge in die neue Bewegung einsprang, auch dann später noch ein paar kräftige Schwimmversuch« machte, aber schließlich die Arme sinken ließ und nun gestorben ist in einem Augenblicke, da man gerade dabei war, ihn zu fragen, was er uns seit dem frischen Ansatz seiner „Hanna Jagert" und der „Be freiten" bis heute alles schuldig geblieben ist. Man tut dergleichen Fragen, selbst wenn sie noch so bitter sind, niemals an einen, der uns völlig gleichgültig gewesen ist. Eben, weil uns Otto Erich Hartlebcn einst ein Faktor schien, mit dem die Literatur der Gegenwart zu rechnen Haden müßte, wollten wir die Bilanz seine« Schaffen« ziehen. Und da klang e« fast wie Ironie, daß un» da« Kleine Theater Max Reinhardt« in der vorigen Woche da« Ergebnis vorwegnahm Es führte zwei s«mer ersten Komödien auf, die „Angela" und den „Abschied vom Regiment". Die Aufführung seiner beiden letzten Komödien „Ein wahrhaft guter Mensch" und „Im grünen Baum zur Nachtigall" hätten kaum einen weniger schwächlichen Eindruck gemacht al« diese beiden Erstlings werke So ohne Entwickeluna ist Harileben die ganzen fünfzehn Jahre seiner poetischen Tätigkeit hindurch ge blieben Ein vertane« Leben und ein vertane« LebenS werk steht in ihm vor un«. Schade drum Denn an Kraft gebrach'« ihm nicht und am Können. Nur da« Streben fehlte ihm. Hätte er die zähe Energie eine« Menzel besessen, dessen feste wider standsharte Konzentration: er wäre vielleicht im besten Sinne de« Worte« unser modernster Dramatiker geworden Denn er besaß einen Sinn für da« Wirkliche, wie felbst Gerhart Hauptmann ihn nicht besitzt Sr gab nie Reflexionen, sondern immer strengste Bcobachilmgspocnc und hatte dazu d«n Flug der Ironie, sich zeitweilig über sie zu erheben Doch er flatterte immer nur und spannte die Flügel nie zu zahlen und deren Betrag durch den SchiedsgerichtS- hof im Haag festsetzen zu lassen. Es scheint nicht, daß angesichts die er bestimmten russischen Erklärungen Englands ursprüngliche Forderungen auf Abbitte und Bestrafung der Schuldiyen das Feld behaupten werden. DaS Londoner Kabinett will die Dinge nicht auf die Spitze treiben, eS ist bereit, nach dem vom Grafen Castellane im „Figaro" dargelegten Gedanken gang, den Waffenstillstand, den in der Hüller An gelegenheit Frankreich herbeigeführt hatte, zu einem dauernden Friedensschluß mit der russischen Diplo matie umzugestalten. Dafür spricht fortgesetzt auch die Behandlung der asiatischen Landstreitfragen. Gegen den Vorwurf einer herausfordernden Politik in Afghanistan hat sich der Premierminister Balfour im Unterhause, noch bevor dieser Tadel förmlich ausgesprochen worden war, bestimmt verwahrt. Es ist den britischen Staatsmännern ehrlich darum zu tun, in diesem Punkte den Argwohn Rußlands nicht zu reizen. In Wahrheit erstrebt auch die anglo-indische Regie rung bei den Verhandlungen in Kabul für die im Parlament ohne nähere Auskunft ein günstiges Er gebnis angkündigt wurde, weniger eine endgültige Hin- ausdrängung Rußlands aus dem afghanischen Interessen gebiet, als für die nächste Zukunft Schutzmittel gegen die Rückwirkung, die der Eindruck der russischen Nieder lage im fernen Osten auf die in ihrer Unter nehmungslust unangetasteten Truppen der Zaren reichs in Transkaspien und Transkaukasien haben könnte Der ungeheuere Nachteil, der dem man dschurischen Heere aus der Entfernung von seiner Basis im europäischen Rußland erwächst, würde bei einem Vorstoß der mittelasiatischen Streitkräfte des großen Reiches nicht zugunsten des Gegners wirken. Wenn aber auch die verantwortlichen Stellen Groß britanniens vor einem solchen Vorstoß auf der Hut sind und im Hinblick auf seine Möglichkeit sich deS EmirS von Afghanistan nach Kräften zu versichern suchen, so folgt daraus keineswegs, daß diejenigen Zeitungspolitiker im Recht sind, die mit unbelehr barer Leichtgläubigkeit den nahen Ausbruch eines Kampfes zwischen Bär und Walfisch in Jnnerasicn vorherzusagen- wissen. Im Gegenteil: die Vor bereitungen werden auf beiden Seiten dahin ge troffen, vaß eS zum Kampfe nicht kommen soll. Im allgemeinen wird die Macht, die künftig in asiatischen Fragen für Englands Interessen zu stark werden könnte, nicht sowohl Rußland als Japan sein. Die britische Politik ist zu weitblickend, um unbedingt auf eine möglichst weit getriebene Schwächung des slawischen Gegners der gelben Rasse hinzuarbeiten Ihr Übergewicht hängt auch fernerhin davon ab, daß sie den einen Teil gegen den anderen ausspielen kann. Daher in Afghanistan eine mehr defensive Haltung, in der Tibetfrage sogar eine von der Regierung auch im Parlament offen ausgesprochene Mißbilligung deS für Rußland rücksichtslosen Drauf gängertums, wie es Oberst AounghuSband durchzu führen versucht hatte. Für die Balkanfragen ergibt sich auS den englischen Regierungserklärungen der letzten Tage, daß die von Rußland und Österreich-Ungarn auf Grund deS Mürzsteger Programms unter nommene Reformarbeit in London wohl einige Worte höflicher Anerkennung findet, sachlich aber als un genügend betrachtet wird. Indessen ist die Nachricht, England gedenke selbst mit einem neuen Ver- besserungSplan für Macedonien, vor allem mit der Forderung eines christlichen Generalgouverneurs hervorzutreten, bisher unbestätigt geblieben. ES soll, wenn nicht die Tatsache, doch möglichst lange der Eindruck vermieden werden, daß in der Orientpolitik die Gruppe der beiden östlichen Kaiserstaaten von den Westmächten überflügelt worden sei. Die „radi kalen Reformen", von denen König Edward in der Thronrede spricht, sind in der beabsichtigten Neu einrichtung der macedonischen Finanzen so gestaltet, daß die Geschichtsschreiber dieser Frage wohl einst den Anteil Englands daran ebenso hoch werden ein schätzen müssen als die anfänglich enger gesteckte Initiative Rußlands und Osterreich-Ungarns Tie Durchführung des Finanzplans wird auch nach der bisher noch nicht erfolgten Einigung unter den näher beteiligten Mächten noch große Schwierigkeiten ver ursachen Tas Wichtigste ist, daß alle Bemühungen um die makedonische Frage der Rücksicht auf die Ruhe Europas untergeordnet bleiben Rußland braucht Frieden auf dem Balkan. Und Deutschland hat soeben durch den Empfang, den Se. Majestät der Kaiser dem Fürsten Ferdinand bereitete, der Stellung Bulgariens Vorteile gewährt, deren weitere Entwickelung von der Friedfertigkeit der in Sofia betriebenen Politik abhängen wird. Auch England scheint nach einer Erklärung Lord Lans- downes im Oberhause sich auf solche Vorschläge be schränken zu wollen, die Rußland und Osterreich- Ungarn nicht übel nehmen würden. Frankreich tritt in den besonderen macedonischen Verhandlungen zur zeit weniger hervor, es sitzt aber in dieser Frage dicht hinter einer anderen Macht und wohl näher hinter England als hinter Rußland Nebenbei ist eS verstimmt darüber, daß die Türkei ihre Geschütz ergänzungen bei der Firma Krupp bestellt hat, und macht für diesen Mißerfolg unsere Diplomatie am Goldenen Horn verantwortlich. Der Grund dafür lag aber mehr im falschen Ansatz der Rechnung: wie hätte die Türkei dazu kommen sollen, ihr Artillerie wesen durch Annahme zwei verschiedener Geschütz arten nebeneinander zu verwirren und zu schwächen. Der Beginn der englischen Parlamentssitzungen hat auch gezeigt, mit welcher Ungeduld die politischen Kreise Londons eine Tätigkeit der britischen Diplo matie zur Beendigung des Krieges in Ostasien erwarten. Die liberale Opposition entfaltet dabei noch mehr Eifer als die Regierungspartei. Rian muß also in England der Bereitwilligkeit der japanischen Bundesgenossen zum Friedensschlüsse ziemlich sicher sein und wartet augenscheinlich nur darauf, daß der Zar das erlösende Wort sprcchen soll, das nach britischer Auffassung für Rußlands innere Lage „Verfassung", für die äußere „Vermittelung" lautet. Bisher scheint eS aber den diplomatischen Bemühungen in St Peters burg noch nicht gelungen zu sein, wenigstens das zweite dieser Worte dem Kaiser Nikolaus von den Lippen zu nehmen. Tenn die Nachricht der „Bir mingham Post", der russische Botschafter in London, Graf Benckendorff, habe von seinem Hcimatsurlaube einen Brief des Zaren an König Edward mitge bracht, der den Wunsch nach Frieden enthalte, klingt noch recht unbestimmt. Der russische Herrscher will vermutlich nicht einen ersten Schritt tun, der ihm und seiner Politik als eine Bitte um Frieden aus- gelegt werden könnte. Und ebenso wenig wollen dies nach ihren Erfolgen zur See und zu Lande die Japaner, wenn sie auch, wie ihr Londoner Vertreter, Baron Hayaschi, neuerdings bekräftigt hat, bereit sind, jeden russischen Friedensvorschlag entgegenzu nehmen. Man gewinnt auch den Eindruck, als ob bei solchen Vorschlägen die Frage der Gebicts- erwerbung weniger Schwierigkeiten machen könnte, als die Frage einer Kriegsentschädigung. Tenn von dem Gedanken, daß Rußland zu allen sonstigen Opfern des Kampfes in der Mandschurei auch noch voll und dehnend au«. Ihm fehlte zum Poeten die Harmonie und die Liebe. Allerlei Komödientand ist auch sonst noch durch die beiden letzten Theaterwochen gerauscht Aber eins war nur so wertvoll, daß die Erinnerung daran noch jetzt eine Herzensfreude ist: die Aufführung von Shakespeare« „Sommernachtstraum" im Neuen Theater. ES ist ein trefflicher Gedanke von Max Reinhardt, daß er da« Regiebuch zu dieser über alles Lob erhabenen, wunder vollen Aufführung nächsten« herau«geben will. Un« bleiben dann wenigstens die Umriffe dieser, ein bühnen- aeschichtliche« Ereignis darstellenden Jnszenicrungskunst Stil, Stil! Wir kören den Ruf witder deutlicher al« bisher. Reinhardt bat ihn uns wieder eingeprägt, und e« ist erfreulich, aber zugleich auch ergötzlich, zu sehen, wie der Sturm nun auch allmählich durch die Kulissen der anderen Theater fährt, ohne zunächst allerdings etwas andere» als Verwirrung und Hast anzurichten So wollte da« Berliner Theater, da« treffliche und sensation-lose, die Neueinstudierung«mode Reinhardt» mitmachen und gab einen Molisrenabend. Aber man vergriff sich im guten Willen sogleich an den Stücken „Der Zwist der Ehemänner" und „George Dandin" waren so entbehrlich für di« Erkenntnis, und die Freud« an Malis«, daß «» sich d«r Mühe kaum lohnte Kam noch da» Spiel hinzu, da« dre feinen Sübersadchen de« Molisrcschen Humor« wie solid« Stück« behandelt, so daß sie schrill zerrissen Lindau« hohltönige Theaterrrziehung liegt immer noch wie ein Alp über diesem Hause Lindau» Theaterrrziehung, die auch im Deutschen Theater keine Früchte mehr treiben will Man bringt in der Verlegenheit jetzt schon Sensationen au« Wien und muß dafür Enttäuschungen erleben. Denn Wien und Berlin sind gar nicht m eine Front zu bringen Wa« hier in Berlin Erfolg hat, wie z. v die „Trau mulus"-Komödie, wird in Wien ausgezischt, und was man in Wien als neue Morgensonne begrüßt, wie da« vielbesprochene Klosterschauspiel von Anton Ohorn „Tie Brüder von St Bernhardt" erregt hier kaum Interesse. Lindau soll deshalb, weil alle« sich gegen ihn verschworen zu haben scheint, nach kaum sünfmonatlicher Fortführung die Sache schon satt haben, und dem alten L'Arronge, dem das Deutsche Theater gehört, anheimgrstellt haben, sich nach einem anderen umzusehen. Man sieht auch hier wieder einmal, daß man mit neuen Tapeten noch lange keine neuen Gäste in Haus zieht. Otto Brahm hat bei seiner Übersiedelung in» Lessingtheater" ruhig die alten, noch von Oskar Blumenthal gekauften Tapeten behalten und macht doch erträgliche Geschäfte. Freilich, wäre nicht „Traumulus" gewesen, so könnte man am Ende de« Spieljahr» vielleicht nicht eine so günstige Bilanz ziehen. Denn eS sind doch auch hier im Lause der letzten Zeit eine gute Reihe von Stücken in die Versenkung gefallen, von denen man jetzt nicht» mehr hört. Allem Anscheine nach wird « auch dem neuesten Stück de« Brahmschrn Theater» Georg Hirsch feld» einaktigem Schauspiel „Nebeneinander" nicht besser gehen. E« steht ganz auf dem natura listischen, dämmerigen Darstellung»niveau wie Hirsch feld» seinerzeit so vielgepriesenen, jetzt aber glück lich überwundenen „Mütter". Auch da« Motiv be- w«gt sich ganz in den ausgetretenen Bahnen de« Naturalismus Ein Motiv zwischen Lips' und KelcheS- rand: "Nebeneinander — Miteinander? Wird die A.au, di« im Reichtum glücklich war, im Unglück nicht versagen ( Ein Thema, das d«r junge Hirschfeld geistvoll behandelt hat, da« aber dennoch von ihm n cht tief genug ge graben ward, um drunten auf den frischen Ouell eine« Erlebnisse« und auch nur eine« Charakter» zu stoßen. Ganz ähnlich eine Anstrengung mit vielen Mitteln und doch keinem Zweck machte am Sonnabend im Schiller-
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