Volltext Seite (XML)
Gandhi verhaftet. HroüWund-e-ungcn in Indien. — England mobili siert. — Bewaffnung der Europäer in Bombay. — London, 6. Mai. Die englische Regierung hat sich, beunruhigt durch das Umsichgreifen der indischen Freiheitsbewegung, zu schärfsten Kampfmaßnahme« entschlossen. Der Führer Kes „Feldzugs des bürgerlichen Ungehorsams", Gandhi, wurde in der Rahe von Surat verhaftet und in größter Wie nach dem LS« Kilometer südöstlich von Bombay gelegenen Yerrowda-Gefängnis gebracht. Der Trans- PE dahin erfolgte teils mit einem Postzng, teils mit einem Kraftwagen. Die Fenster des Antos waren ver- SSltKt. Nm Ausschreitungen im »reime er^tNcn können, wurde das englische Militär in Indien mobilisiert. Neber Bombay wurde der Ausnahmezustand verhängt; Hprner wurde» die europäischen Angestellten der Ban- ih« und der großen Firmen für den „äußersten Fall" bewaffnet Der indischen Bevölkerung wurde die Verhaf tung Gandhis gleichzeitig mit einer englischen Kund gebung bekanntgegeben, in der es heißt, die Kam pagne des passiven Widerstandes hätte zu schweren Wwrungen des öffentlichen Friedens nnd zu Unruhen Ln allen Teilen Indiens geführt. Gandhi habe zwar vje Gewalttaten dauernd bekämpft, aber seine Proteste M?n schwächer und schwächer geworden, und hätten Mließlich auch gezeigt, daß er die Kontrolle über die Von ihm entfachte Bewegung verloren habe. Besonders übel hat die britische Behörde Gandhi Vermerkt, daß er in den nächsten Wochen nach den Bauwerken in Dharasna marschieren wollte, um dort von dem Salz Besitz zu ergreifen, das Eigentum pri vater Werke sei. Dieser „Ueberfall" habe unbedingt zu bewaffneten Auseinandersetzungen führen und hätte deshalb durch die Verhaftung Gandhis verhindert wer den müssen. Auch sonst geht sie englische Regierung gegen wärtig mit äußerster Strenge in Indien vor. Aus allen Teilen des Landes lanfcn Nachrichten von der Verhaftung angesehener indischer Führer und von der rücksichtslosen Handhabung der Pressczensur ein Fn Delhi haben sämtliche Zeitungen zum Protest ihr Erscheinen eingestellt. Die Parteigänger Gandhis rufen zum General- und Traucrstrrik auf. * Welche Folgen die Verhaftung Gandhis im ein zelnen haben wird, ist im Augenblick nicht abzusehen Gandhi selbst wollte verhaftet werden, um so alt Märtyrer seiner Bewegung zum Siege zu verhelfen England hat ihn deshalb bisher geschont und sich dar auf beschränkt, seine besten Mitarbeiter einzukerkern Wenn nunmehr auch Gandhi ins Gefängnis geschickt wurde, dann geschah das offenbar aus der Heber legung, daß ein weiteres Zögern als Schwäche ausge legt worden wäre Es wird sich nunmehr zeigen, w« stark die indische Freiheitsbewegung ist, bzw. ob sd von England noch gewaltsam niedergekämpft Werder kann. Straßenkämpfe kr Peschawar? — Moskau, 6. Mai. Wie die russische Nachrichtenagentur erfährt, habe, indische Aufständische ein die Stadt Peschawar beherr schendes Kort erobert. Peschawar sei Mar «och in de* Händen der englischen Kommandantur, in der Stadl feien aber bereits heftige Straßenkämpfe im Gange T-iil- der indischen Truppe« ssve« sich den Aufständi schen angeschlossen haben. Einweihungsfeier in Beuthen. Eröffnung der pädagogische« Akademie. — Ei«e An sprache »»nisterS Grimme. - Beuthen, 6. Mai. Als erste der in diesem Jahr sinzuweihenden sie he« pädagogischen Mademien wurde in Beuthen di« «He katMlyche pädagogische Akademie des deutscher Ostens feierlich eröffnet. Der Cinweihungsfeier wohn ten anher den leitenden Beamten der Provinz Ober- jchiesten der preußische Kultusminister Grimme und Cardinal Bertram bei. Anknüpfend an die Erschütterung aller Werte sprack Minister Grimme über die Aufgabe des Lehrerbildners ^Was gibt es Zukunftsformenderes," so fuhr er fort, „alr Mitarbeit an der Erziehung der Erzieher? Ich müßte keiner Anfbauenderen Beruf im heutigen Deutschland als diesen Pein jugendlichen Menschen, dem Menschen im klassischer Mbensalter des Suchens und der sich festigenden Nel° ihv»g, ein Führer sein, damit mit aus ihn ein Menschem Edner wird mit Führerkraft für ungezählte andere Seelen Das ist der Bildungssinn und die geschichtliche Bedeu tung dieser Hochschule, daß sie ein Ort der Weg fi nduna sein will. Diese neue Akademie wird, wa« ! sie sein soll, wenn sie das ewige Feuer in Brand hält, an dem sich immer aufs neue der Mlle zur Schau de« Welt der objektiven, allem menschlichen Schwanken ent rückten Werte entzündet und an dem sich immer wieder vH frierende und in der Welt des Alltags und der TageSfrokI erkaltete Seele Wärme holt." Der Minister mahnte weiter in seiner Ansprache, den Blick nicht nur auf die Sterne zu richten, an denen sich unser Leben orientiert, sondern auch auf die Gasse« ' Acht zu haben. Ziel aller Erziehungsarbeit sei d« Durchgeistigung und Durchfeelung der Welt der Ma terie. Busch-Skandal wird größer. Eit» neues Ermittlungsverfahren. — Finanzamt be schlagnahmt Aktien. - Berlin, 6. Mai. Auf Grnnd des Ergebnisses der letzten Berneh- mungen in der Skaudalaffäre des früheren Berliner Stadtrats Busch hat ein Berliner Finanzamt die Ver mögenswerte der Petrolea und der Knnzendorfer Werke beschlagnahmen lassen. Ob die Knnzendorfer Aktie« ! allerdings noch irgendeinen Wert besitzen, ist sehr ! fraglich, da das Nnternehmen bei einem Aktienkapital von 50 «00 Mark Verpflichtungen in Höhe von 128«HO Mark besitzt nnd da die Liquidation der Werke kaum abznwcnden sein wird. Wie weiter bekannt wird, wird das Ermittlungs verfahren durch die Staatsanwaltschaft jetzt auch auf den in den Verhandlungen des Landtagsausschusses I mehrfach genannten Kaufmann Sachs ausgedehnt wer- ! den. Im übrigen haben die Ermittlungen über die Grundstücksgeschäftc der Stadt Berlin, für die Busch die Verantwortung trug, in den letzten Tagen das Be lastungsmaterial verstärkt. Insbesondere hat sich der Verdacht verdichtet, daß der Holländer Lutki, dem an- gevlrch 75 Prozent der Anteile der Petrolea A.-G. - und der Kunzendorfer Werke gehören, nur ein Stroh mann Buschs war. Grundsätzliche Einigung über ein Beamtenkabinett Dresden, 6. Mai. Die bürgerlichen Fraktionen des Land tags hielten gestern im Beisein der Altsozialisten und dep Nationalsozialisten eine Besprechung ab, um zur Regie rungsbildung Stellung zu nehmen. Die Parteioertreter einig ten sich grundsätzlich auf die Bildung eines unpolitischen Veamtenkabinetts, bis auf die Nationalsozialisten, die in der heute erfolgenden Fortsetzung der Verhandlungen ihre Stel lungnahme erklären werden. Die altsozialistische Partei scheint dem gemeinsamen Entschluß ebenfalls beizutreten. Die Personenfrage wird ebenfalls in der heutigen Sitzung der Fraktionen bestimmt werden- Sachsens Haushart im Jahre 192L Dresden, 6. Mai. Mit dem Monatsausweis über die Einnahmen und Ausgaben Sachsens im Monat März d. I. liegt nunmehr das Jahresergebnis für das Rechnungsjahr 1929-30 vor. Im ordentlichen Haushalt beliefen sich du Einnahmen in den Monaten April 1929 bis März 1930 auf 384 376 000 RM, die Ausgaben auf 405 218 000 ' RM, so daß sich eine Mehrausgabe von 2084200k ! RM ergibt. Der Voranschlag sah bei einer Einnahme von 392 740 000 RM und einer Ausgabe von 432 174 MO RM : eine Mehrausgabe von 39 434 000 RM vor. Das ist also ! gegen den Voranschlag im ordentlichen Haushalt eine Er- i sparnis von mehr als 18 Millionen. Im außerordent- ! lichen Haushalt beliefen sich die Ausgaben in den Monaten I April 1929 bis März 1930 auf 50 723 OM RM. Auch hier ist ' gegen den Voranschlag, der eine Ausgabe von 62 232 00k ! RM vorsah, eine erhebliche Ersparnis zu verzeichnen. ! Kommunistischer Antrag gegen Reichsbahntariferhöhung im - Landtag Dresden, 6. Mai. Im Hinblick auf die Pressemeldungen, daß die Reichsbahn eine Erhöhung der Personentarife plane, hat die kommunistische Fraktion des sächsischen Landtags einen Antrag eingebracht, die Regierung möge bei der Reichsbahnverwaltung dahin wirken, daß eine Erhöhung der Tarife unterbleibt. Deutschnakionale Arbeiter gegen Hugenberg Dresden, 6. Mai. In einer außerordentlichen Landesta gung des Landesverbandes Sachsen der deutschnationalen Arbeiter befaßte man sich mit der gegenwärtigen Lage und nahm eine Entschließung an, die die Haltung des Grafen Westarp in vollem Umfange billigt. An den Rei-üsvräsiden- ten wurde ein Huldigungstelegramm gesandt. Weidwerk im Mai. Mitten im Frühling! So singt es aus vielen, jubelnden Vogelkehlen, so klingt es im grünenden Busch, so tönt des sonnenscheinvollen Tages Helle, froh« Melodie. Lenz ist um uns erstanden. Linde Lüfte wehen, Wolken ziehen, Brunnen plätschern und Bäche silbern zu Tal; es sind unzählige Blüten und Knospen er wacht, unzählige Lieder, viele, viele Hoffnungen und Wünsche. Und im Jagdrevier überall neues Leben oder ! das Sichregen, neues Leben zu schaffen. Soll der Jäger da stören? Sei es ihm vergönnt, noch den einen oder anderen Spielhahn zu betören! Sonst aber muß Ruh« herrschen. Auch der Mai ist Hegemonat! Unbegreiflich, daß ein großes Nachrichtenbüro tu einer Lokalspitze, die an wer weiß wie viele Zeitungen versandt wird, die halbe Jägerwelt irreführt. Da wird nämlich behauptet, daß in Preußen, Baden, Braun schweig, Anhalt, Lippe, Lübeck und Schaumburg-Lipp« ' > der Rehbock bereits ab 16. Mai „schutzbar" sÄ. Ich ! stelle diesen Unsinn hier richtig, indem ich den Jagd- ! kalcnder für Mai wiedergebe: Preussen: Auerhähne; bis einschl. 15.: Birk hähne: bis einschl. l7.: Fasanenhühne: ab 30.: Reh böcke (letztere im Reg.-Bez. Koblenz bereits ab 28.). Bayern (rechtsrhein): bis einschl. 25.: Auer- «Nd Birkhähne. Sachsen: Auer-, Birk- und Haselhähne, Wild tauben. Württemberg: Auer-, Birk- und Haselhähne. Mecklenburg-Schwerin: Auer- Und Birk hähne. Mecklenburg-Strelitz: Dachse. Baden: Auer- und Birkhähne, Wildtauben; aü 16. Rehböcke. Hessen: Rot- und Damhirsche, Auer-, Rackel-, Birk-, Fasanen- und Truthahne, Wildtauben; ab 16.: Nehböcke, Dachse. Thüringen: Birkhähne; bis einschl. 15.: Auer hähne. Oldenburg: Hauptlandesteil: Birk- und Fasa- nenhähne, Wildtauben; Provinz Eutin: außerdem Wiloganse; Birkenfeld: Rchböcke, Auer-, Birk- und Fasanenhühne, Wildtauben. Anhalt: Auer-, »Birk- und Fasanenhühne, ab 30.: Rehvöcke. Braunschweig: Auerhähne; ab 16.: Reh- vvcke. Lippe-Detmold: Birkhähne, Wilddtauben; ab 30.: Rehböcke. Schaumburg-Lippe: Auer-, Birk-, Hasel und Fasanenhühne; ab 16.: Rehböcke. Hamburg: Auer- und Haselhähne, Wildgänse; bis einschl. 15.: Birk- und Krsanenhähne; ab 30.: Rehböcke. Bremen: Auer-, Birk-, Hasel- und Fasanen- hähne, Wildgänse. Lübeck: Auer-, Birk-, Hasel- und Fasanenhühne; ab 30. Rehböcke. Hohenzollern: Auer- und Birkhähne. D.anzig: Auerhähne, Wildgänse, Wildtauben; bis einschl. 15.: Birkhähne; bis einschl. 17.: Fa- sanenhähne; ab 30.: Rehböcke. Jeder Jäger tut gut daran, sich diesen Kalender auszuschneiden. Die Schutzzeiten sind in diesem Jahre und hoffentlich auch weiterhin anders als in flüheren Zeiten. Man merke sich: Unkenntnis schützt nicht vor Strafe! Der gewissenhafte, wirklich weidgerechte Jäger hat, um auf die Jagd auf den Rehbock zurückzukom men, auch früher, trotz der Schutzzeit im Mai in der Regel den Bock laufen lassen, weil er noch schä big in der Decke und voller Engerlinge ist. Richard Eiselt sagt mit Recht: Drum erklär' ich, Weidgenossen, Wer dies Jammerbild erschießt, Hat den größten Bock geschossen Der ihn hinterher verdrießt. Uebrigens, wie wäre es, wenn wir alle mit der Jagd auf den braven (!) Bock warten würden, bis die Hälfte der Blattzeit vorüber ist? Unserem Reh- bestande könnte das nur zum Segen gereichen. H.D. Naturschutz. Alle Jahre, wenn im Frühling die Natur sich regt, Wald und Wiese, Sumpf und See zu neuem Leben er wachen, verläßt auch der grüne Gras- oder Wasserfrosck sein feuchtes Bett am Grunde der Tümpel und Teich« und fährt zur Oberfläche des Wassers empor. Der Ahnungslose! Er kennt die Qualen nicht, die seiner harren. Noch ehe die Frösche ihre Tümpel verlassen, zu einer Zeit, da sie am fettesten sind, beginnt auf sie in vielen Gegenden die Jagd. Die Nachfrage nach dieser Schlemmerdelikatesse scheint aber so groß zu sein, daß der Frühling gar nicht mehr abgewartet werden kann, und mancher Froschsänger auch im Herbst aus diese niederträchtige Jagd geht. Die Tierschutzvereine suchen jedem, der Froschschenkel genießt, klar zu machen, aus welche elende Weise vielleicht auch die Opfer seines flüchtigen Gaumenkitzelns gestorben sind, und daß er mit seiner Leckergier nur die niederträchtige Schinderei verewigen hilft. Sechs bis sieben Stunden winden sich die Tiere in ihren entsetzlichen Schmerzen oder kriechen verschmach tend im heißen Sonnenbrände umher. Die Mäuler klappern auf und zu, doch kein Laut entflieht ihnen. Es ist für den Beschauer ein scheußliches Bild, ein Anblick zum Erbarmen. Aber wohl noch keiner von ihnen hat sich das Maß der Leiden vergegenwärtigt, das laut- und tränenlos alle Tiere erdulden müssen, von denen die Leckerbissen herstammen. Wen diese ge meine Tierquälerei nicht rührt, dem möchten wir alle die Schnaken und Insekten schicken, die unsere Helfers helfer in der Mückenbekämpfung samt ihrer Brut ver nichtet haben. Es gibt eine ganze Anzahl von Kurorten, beson ders auch am Bodensee, welche Tausende ausgeben würden, wenn sie damit die Schnaken und Bremsen aus der Welt schaffen könnten. Diesen Leuten müssen wir immer wieder sagen: Schützt die Vögel, schonet alle diejenigen Tierarten, die Jnsektennahrung nehmen und so die besten und billigsten, weil natürliche Bekämp- fungsmittel gegen Schädigende und die Menschen peini- zende Insekten sind. Schiller und die Gegenwart. Zum 128. Todestag des deutschen Nationaldichterö an 9. Mai. Was Friedrich von Schiller bereits seinen Zeit genossen gewesen ist, geht aus dem Eindruck hervor den die Nachricht von seinem Lode auf Schillert Freunde nnd auf die ganze deutsche Nation machte. Am !>- Mai 1805 nrcbmi tags nach 5 llhr, znckb das Antlitz des kranken Schiller wie von einem elck irischen Schlag berührt auf. Dann sank da) schöne Haupt zurück. Der Dichter war tot, seine Züge zeigten die heitere Ruhe eines Schlafenden. Der Mann, der so oft mit ungeheurer Willenskraft über seinen schwa chen Körper gesiegt hatte, war nun mit 46 Jahren erlöst. In seinen letzten Träumen sah er die Gestalten des Demetrius, eines Dramas, das der Dichter nicht mehr vollenden konnte. In der Nacht vom 11. zum 12. Mai wurden die sterblichen Neste Schillers in aller Stille beiaeletzt. Lehrer, Künstler und Beamte