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Dresdner Journal : 14.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190510140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19051014
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19051014
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-10
- Tag 1905-10-14
-
Monat
1905-10
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Journal : 14.10.1905
- Autor
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Dresdner Zouma! Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Krscketnen: Werktags nachm. k Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. 240 Sonnabend, den 14. Oktober nachmittags 1905 Amtlicher Teil. Schickungen, von denen Er heimgesucht wurde, der 0 7.7 >4 8'>t 8249 SS rs !-r !2 öehördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil endete, große heute liegt, ror Jahresfrist das Leben König Georgs Hur Wehmut verklärt hat die Zeit, die Trösterin, die tiefe Trauer, die zwischen und dem Oktobertage des Jahres 1904 körperlichen Leiden, die Er erdulden mußte, und Erschütterungen, die den Frieden Seiner Seele fährdeten. AuS den Nächten der Fügungen, die Gott Herr vor Jahresfrist über unser erlauchtes Königs haus und über die treuen Patrioten des Landes verhängte, sind uns Tage neuen Glückes, neuer Freude erstanden. Ein König wurde uns geschenkt, wie er reicher an Herrschertugenden, edler an Gaben des Herzens keinem Volke beschicken werden kann. Wohl leben wir auch heute noch in einer Zeit, die geneigt ist, ruhmvolles Handeln gering einzuschätzen, die nicht immer und ohne Rückhalt bereit ist, Treue mit Treue zu lohnen, Liebe mit Dankbarkeit zu ver gelten. Wo aber im Sachsenlande fände sich unter den Patrioten einer, der nicht voll Dankbarkeit und Liebe seine Blicke nach dem Throne richtete, der nicht voll freudiger Erregung mit Treue lohnte, was die Treue Seines Königs ihm gab, der die Worte anzweifelte, die König Friedrich August an das Sachsenvolk richtete, als Gottes Wille Ihn auf den Thron des Landes rief, die schlicht-schönen Worte, die in das Gelöbnis ausklangen, daß es für und für sein Bestreben sein werde, „des Landes und des Volkes Wohl zu fördern und jeden, auch den letzten Meiner Untertanen glücklich und zufrieden zu machen." Fürwahr, nicht herrlicher und glänzender konnten diese Worte ihre Erfüllung finden als in den Taten unseres allergnädigsten Herrn während des ersten Jahres Seiner Regierung. Liebe und Dankbarkeit, Anhänglichkeit und Treue, das sind die Gefühle, von denen erfüllt wir zum Throne aufblicken, und damit bereiten wir dem verklärten Vorfahren unseres Königs die Totenfeier, wie dieser edle Monarch sie Sich verdient hat. der ge- da dumpfe Glockenklänge die Totenklage ins Land hinaustrugen, zur dankbaren Erinnerung ge wandelt den Schmerz, den das Hinscheiden dieses edlen Fürsten unserem Volke bereitete. In licht voller Klarheit ersteht vor uns das Bild des Ver- liärten: wir sehen den Helden wieder aufleben vor unseren Blicken, der in ruhmreichen Schlachten Sich unvergänglichen Kriegslorbeer gewann, wir gedenken dankbaren Herzens Seines weisen und gerechten, milden und gütigen Fürstensinnes, wir erinnern uns bewundernd Seiner Herrschertugenden: des edlen Pslichtbewußtseins, von dem Sein Handeln erfüllt war, der staatsmännischen Weisheit, die Ihn leitete u Seinen Entschließungen für die Wohlfahrt des Landes und Seines Volkes, wir spüren nachfühlend noch einmal den Segen Seiner Regierung, aber wir vergessen auch nicht der Erinnerung an die schweren Die auswärtige Politik -er Woche. An der Behauptung des „Matin", England habe im Marokkostreit der französischen Politik bewaffnete Hilfe durch Sperrung der Mündungen des Kaiser Wilhelm-Kanals und Landung von 100 000 Manu Truppen in Schleswig-Holstein an geboten, ist buchstäblich genommen, alles falsch. Dennoch konnte die Politik, die bis zum Eintritt des Ministers Rouvier in die Leitung der auswärtigen Geschäfte Frankreichs dort gegen uns verfolgt wurde, nicht schärfer enthüllt werden als durch dieses un bedachte Eingeständnis der Gewissenlosigkeit, womit Hr. Delcasso die englische Karte in sein Spiel stecken wollte. Man vergegenwärtige sich die damalige Lage. Der französische Minister des Äußern war sich, bald nachdem gegenüber seinen einseitigen Ab machungen mit England und Spanien über Marokko Deutschland auf die Madrider Übereinkunft von 1881 zurückverwiesen und dadurch das internationale Inter esse an der Zukunft des Shcrisischen Reiches neu belebt hatte, über die Angreifbarkeit der völkerrecht lichen Grundlagen seines Vorgehens nicht im un klaren. Zwischen der gutwilligen Verständigung mit und für eine neue Marokkokonferenz und dem Ver such, Deutschland, das sich rechtlich nicht mehr aus schalten ließ, gewaltsam von der Wahrnehmung «ulündigungSgrbührr»: Die Zeile kleiner Schritt der 7 mal gespaltenen Anlandi- gunaS-Seite oder deren Raum 20 Pf. Bei Tabellen- und Zissernsatz K Ps. Ausschlag für die Zeile. Unterm Re baktionsstrich (Eingesandt) oie Textzeile mittler Schrift oder deren Raum so Ps. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bis mittags 12 Uhr sür die nach mittags erscheinende Nummer. Ue-LitLl - ?omwumoa, m Slatin» 0.4 ttoa - rt tb« moioo 8 V ermoo I I.V »kdn" itwk ar 8ereic« Loetur — che coroee ice» evorr st Luoäar gemeine. en Kirchen r separ. , Alan» anewinckel nds 8 Ubr »resdeu-R, achmiltags edienft — üh v Uhr ig- 4 Uhr Körlitzer ig- 4 Uhr Kapelle leSlienk; ndgoltes- ttisten), omamm- II Uhr Hellwich nabend in ein de, i abends >^S Ukr e, Neue Predigt Alaun- r Ernie- ediglsaal Prcdigi- ). pari ühlau, n 3 Uhr Mische Beginn predigt. Sonn- Norb- 7 Uhr, worden. Gegenüber diesen unterschiedlichen Mit teilungen ist in der deutschen Presse wiederholt her vorgehoben worden, nunmehr habe England das Wort zur Aufklärung, und das Gewicht aller der jüngsten Preßberichtigungen und Gegenberich tigungen würde wesentlich größer sein, wenn man sich dazu nicht der Umwege über Paris und Wien be dient hätte Jedenfalls mußte die Politik des Hrn. Telcass« in ihrer Gefährlichkeit für Frankreich und ihrer Ge meinschädlichkeit für Europa entlarvt werden, wenn die deutsch-französischen Beziehungen sich wieder klar und ruhig gestalten sollten. Wir halten daran fest, daß für eine freundlichere, dem Friedens bedürfnis der zivilisierten Menschheit gerecht werdende Entwickelung die Bahn jetzt frei gemacht ist. Man muß nur nicht gleich zuviel verlangen Von diesem Fehler, mit dessen Ausmalung die bekannte deutsche Schulmeisterei schon wieder bei der Hand ist, hat sich der Reichskanzler fern gehalten. Mit keinem Wort mntet er in seinen letzten öffentlichen Erklärungen den Franzosen ein Bündnis oder ein bündnis ähnliches Verhältnis mit Deutschland zu unter Um ständen, die in London oder gar in St. Petersburg als Lockerung des herzlichen Einvernehmens oder des Zweibunds gedentet werden könnten. Wer derartiges unterstellt, fälscht die Absichten unserer Politik, gleich viel ob er ausländischen Hetzereien oder einheimischer Tadelsucht fröhnen will Was wir von den Fran zosen erwarten, ist nicht mehr, als daß sie in Streit fragen, zu denen die überseeische Ausdehnung ihrer wie unserer Interessen Anlaß geben könnte, die auf richtige Bereitwilligkeit zu unmittelbarer Einigung den Versuchen vorziehen, im Stile Telcassi-s mit anderen Mächten gegen uns Front zu machen Auf diese Bereitwilligkeit ist aber, nach den bitteren Lehren des Marokkohandels, in der Tat mehr zu rechnen als bisher. Man muß sich nicht irre machen lassen durch die überlauten Absagen eines Teiles der französischen Presse an uns. Diese zum Teil leidenschaftlichen Verwahrungen beziehen sich auf deutsche Wünsche und Pläne, die gar nicht gehegt werden. Aus dem vielstimmigen Gewirr der Pariser Blätter, die sür die Sonderzwecke einzelner Politiker, zum Teil auch für englische Interessen streiten, dringt gerade jetzt das lange vermißte Losungswort der Regierung vernehmlich hervor. Es lautet: Bündnis mit Rußland, freie Hand gegenüber Deutschland, aber auch gegenüber England. Mit dieser im „Temps" gezogenen, von namhaften Abgeordneten auch aus dem Lager der Nationalisten verteidigten Richtschnur der französischen Politik können wir für die Zukunft unserer Beziehungen zu dem westlichen Nachbarn zufrieden sein. Höfliche Selbständigkeit gegen uns, aber auch gegen England, d h. Ablehnung aller Gelüste, die festländische Politik Frankreichs durch fremde Nebengedanken bestimmen zu wollen, — das ist die Grundauffassung, aus der sich ein eigener, freier, weder von England vorgeschriebener, noch von Rußland beargwöhnter diplomatischer Ver kehr der Republik mit dem Deutschen Reich heraus bilden kann, das nun einmal für Frankreich unter allen Großmächten Europas und der Welt die wichtigste schon ist und noch mehr und mehr werden wird Die dringenden Mahnungen in französischen Blättern verschiedener Parteistellung zu weiterer sorgfältiger Pflege des Bundesverhälmisses zu Rußland können wir zustimmend begrüßen. Denn wie Deutschland und Rußland heute und für absehbare Zeit fest neben einander stehen, kann auch auf dem Umwege über St. Petersburg Paris nur näher an Berlin heran- gcrückt werden. Dresden, am 19. September 1905. Die Ministerien des Innern und der Finanzen. Dresden, 14 Oktober. Mr stehen heute am Vorabend des TageS, der kammern zu Dresden, Leipzig, Chemnitz und Plauen gewählt wird. seiner marokkanischen Interessen abzudrängen, stand Hr. Delcassö am Scheidewege. Und ihm schien die Bahn der Vergewaltigung des östlichen Nachbarn gangbar zu sein. Da er aber seine Amtsgenossen an dem Erfolg dieses Verfahrens zweifeln und zur Annahme des deutschen Konferenz vorschlags neigen sah, spielte er in dem entscheiden den Ministerrat die Bereitschaft Englands zu mili tärischer Unterstützung Frankreichs aus. Sicherlich war dies, wie Hr. Rouvier und andere Minister auf den ersten Blick erkannten, eine Irreführung. Denn Hr. Delcassö mußte, um in der Rolle des diplomatischen Übermenschen gegen Deutschland auf treten zu können, die ihm aus London zugekommenen Eindrücke von der Stimmung der amtlichen eng lischen Kreise über die Wahrheit hinaus vergrößern. Er wußte, daß nach dem Aprilvertrag England lediglich zu diplomatischem Beistand für Frankreich verpflichtet war, daß ein darüber hinausgehendes Anerbieten, wodurch Großbritannien seine Flotte und sein Heer der Pariser Politik gegen Deutsch land zur Verfügung gestellt hätte, niemals erfolgt ist. Er wußte, daß alle auf sein Geheiß durch den Botschafter Paul Cambon in London unternommenen Schritte die englischen Staatsmänner lediglich zu der Erklärung bewogen hatten, im Falle eines von Frankreich nicht herausgeforderten deutschen Angriffs werde die Regierung König Edwards auf Verlangen der öffentlichen Meinung Englands den französischen Freund nicht im Stiche lassen; und daß selbst diese Erklärung nur im Sinne eines vertraulichen Urteils über Möglichkeiten, nicht als verpflichtende Zusage abgegeben worden war. Er wußte, daß der deutsche Angriff, den England hiernach zur Vorbedingung seiner Mithilfe gemacht hatte, gar nicht in Aussicht stand, daß die Tür zur Verständigung längst ge öffnet war. Und trotzdem machte er wie ein ver zweifelnder Spieler noch in der elften Stunde seiner Ministerschaft den Versuch, an die Stelle dieser von allen vernünftigen Leute diesseits wie jenseits der Vogesen gewünschten Verständigung die französisch-englische Waffengemeinschaft gegen Deutsch land, d. h. den Revanchekrieg, zu setzen. In den Enthüllungen des „Matin" hat die Politik DelcassöS vor dem Urteil der Gegenwart wie der Geschichte sich selbst gerichtet. Inzwischen haben diese Ent hüllungen noch mancherlei Preßäußerungen nach sich gezogen, in deren Verbreitung der Telegraph sehr ergiebig gewesen ist. Hr. Jaurös erklärte zunächst in der „Hunianitö", daß Hr. Delcasso in der Tat in dem entscheidenden Ministerrat gesagt habe, England hätte sich sogar durch Vertrag verpflichten wollen, Frankreich gegen Deutschland durch Mobilisierung seiner Flotte und durch Landung von 100000 Mann zu unterstützen. Der „Figaro" erweiterte diese An gaben noch durch die Einzelheit, Deutschland habe die italienische Regierung wissen lassen, daß es den Abschluß einer englisch-französischen Allianz vorge nannter Art als einen eu8U8 belli betrachten werde, und Italien habe dies durch den französischen Bot schafter Barröre zur Kenntnis der republikanischen Regierung gebracht. Dagegen wurde in einer Pariser Depesche der „Neuen Freien Presse" sehr kategorisch betont, jene Pariser Enthüllungen über das englische Anerbieten einer bewaffneten Hilfe an Frankreich seien vollständig unwahr; die britische Re gierung habe in den Tagen der deutsch-französischen Spannung nach Deutschland förmliche Erklärungen beruhigenden Inhalts gerichtet und u. a. versichert, Frankreich habe nur den diplomatischen Beistand Eng lands erhalten, eine andere Hilfe sei französischerseits nicht begehrt und englischerseits nicht angeboten Btt« «t»ugt durch d« ^l1»st»0elle inneid' S »b»»", 2,SO M (tinschl. ?-^g-ng durch di-^ im Dtuiichtn Reiche » M. -,uts»btßUch Bestellgeld) vierteljährlich. einzelne Nummern 10 Pf. «ird Zurückscndmig der für die Lchnstleitung bestimmten, »der von dieser nicht ein» »«orderten Beiträge bean» Fracht. io ist das Postgeld beizusügen. A Majestät der König haben Allergnädigst ge- rM, dem im Ruhestand befindlichen Professor der xtthMen Hochschule hier Geh. Regierungsrate uiß Otto Christian Mohr den Titel und Rang ^Keheimer Rat in der 2. Klasse der Hofrang- l srdnung zu verleihen. M Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät der Königs ist der Dozent Amtsrichter a. D. vr. )ur. AMr Esche zum etatmäßigen außerordentlichen drofessor für Staats- und Rechtskunde in der All- zmcinen Abteilung der Technischen Hochschule zu Werden ernannt worben. Ze Majestät der König haben Allergnädigst ge- wht, dem bisherigen Kassierer bei der Roßbergschen Verlagsbuchhandlung in Leipzig Peters das Mechtskreuz zu verleihen Mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs wird tz 3 Absatz 1 Ziffer 1 der Verord nung, die Errichtung eines Eisenbahnrates belrefsend, vom 9. Juli 1881 (G.u.V.Bl. S.149) in der Fassung der Verordnung vom 30. August ML (G u V Bl. S. 371) mit Wirkung vom 1. Ok tober 1905 ab wie folgt geändert: Der Eisenbahnrat besteht aus 1. neun Vertretern des Handels und der Gewerbe, von denen je einer von den Handelskammern zu Dresden, Leipzig, Chemnitz und Plauen, von der Handels- und Ge werbekammer zu Zittau und von den Gewerbe- Lultst und Wissenschaft. Wilhelm v. Kaulbach. (Zu seinem 100. Geburtstage ) Mit dem Namen Wilhelm v. Kaulbachs, der heute vor 100 Jahren zu Arolsen geboren wurde, verbindet sich für uns wohl die Erinnerung an eine interessante künstlerische Individualität, an welcher der Kunsthistoriker so wenig vorübergehen kann wie der Psychologe, aber diese Erinnerung führt nicht zum bewundernden Ge dächtnis seines Wirkens, sie vermag den Talmiglanz feiner Kunst nicht zu verdecken, der eine Zeitlang als echtes Gold angesehen wurde. Es hätte nicht erst der vollständigen Verurteilung bedurft, die Muther in seiner „Geschichte der Malerei des 19 Jahrhunderts" über die Kunst Wilhelm v Kaulbachs ausspricht; die Erkenntnis darüber, daß unsere Eltern ihrer Bewunderung unberech tigt die Zügel schießen ließen, wenn sie ihn als einen der ersten deutschen Künstler bezeichneten, konnte jeder aus eigener Anschauung gewinnen, der die Fresken von seiner Hand an der Außenseite der Münchner Neuen Pinakothek gesehen hat, die statt einer Verherrlichung der Kunst so unwürdige, satirisch-polemische Skizzen darstellen, daß man es kaum bedauern kann, daß sie dem kunst feindlichen Klima Münchens zum Opfer gefallen sind In Wilhelm Kaulbach tritt uns ein bezeichnendes Beispiel für die Geschmacksrichtung jener Zeit aus den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts ent gegen, da die deutsche Romantik den Übergang versuchte zum Realismus Die Romantik kann nun einmal keine realistische Deutlichkeit der Formen vertragen; sie bedarf, da sie mit dem Herzen, nicht mit dem Verstände erfaßt fein will, seelischer Vertiefung Zwei Meister, die m zeitlichem Zusammenhänge mit Kaulbach stehen: Moritz v Schwind und Ludwig Richter sind Beweis hierfür. Da» monumental übersinnliche und philosophisch Schwer- befrachtete der Kunst eines Peter Cornelius und seiner gemeine Verständlichkeit sichert. Auf Draesekes Werk zurückkommend, so paktiert es, wie wir sagten, aller dings nur mit der Programmmusik, verzichtet nicht auf die absolute musikalische Wirkung, aber das genügte auch, um die einigermaßen unentschiedene Aufnahme, die es fand, zu rechtfertigen. Man möchte sagen, es zerfällt in drei Teile, einen Pro- und Epilog und ein Hauptstück. Das letztere, ein echter Draeseke in der Verarbeitung des thematischen Materials, zeigt die Meisterhand dessen, der es schuf, während in dem Vor- und Nachworte, namentlich in dem letzteren, der besondere Vorwurf, Rustans Preisen des Glückes stiller Zufriedenheit, den Wohllaut in Melos und Kolorit eindringlicher werden läßt. Wie sehr dieser letztere Faktor ins Gewicht fällt, das erhellte übrigens wieder aus der warmen Aufnahme, die der Tschaikowskyschen L-woll - Symphonie bereitet wurde, insbesondere deren langsamem Satze. Man hat sich neuerdings vielfach gegen den slavischen Meister ausgesprochen. Uns dünkt mit Unrecht. Welche Stellung seine Symphonien einstmals in der Geschichte einnehmen werden, darüber uns den Kopf zu zerbrechen, liegt vorläufig keine Notwendigkeit vor. Ihr Zeitwert aber, dünkt uns, sei fest genug begründet Was BrahmS für die Konservierung des klassischen Ideals der Klarheit in der musikalisch gedanklichen und formalen Disposition in mehr doktrinärer, an den Fachmusiker sich wendenden Weise tat, das tat er, der slavische Meister, als aus gesprochener Melodiker in gemeinverständlicherer Fassung Daß er damit kräftig für die Rehabilitierung der formal geschloffenen symphonischen Munk beim Publikum wirkte, »st allein schon nicht gering anzufchlagen O S. Nachfolger finden wir bei ihnen nur m geringem Maye, wohl aber dafür Heiterkeit und Liebenswürdigkeit, Rein heit, Ursprünglichkeit und Wahrhaftigkeit. Jemand, der als Maler zu erzählen weiß, ist, namentlich wenn er angenehm zu erzählen weiß, zu allen Zeiten der Menge lieber gewesen, als ein in tiefsinnigen Bildern sprechender Philosoph — kein Wunder, daß Wilhelm v Kaulbach die Kunstfreunde seiner Zeit ohne Ausnahme aus seine Seite zog, als er den Königsbau der Münchener Residenz mit gefälligen Wandbildern schmückte: den Thronsaal der Königin mit zwölf Darstellungen aus Klopstocks „Her mannsschlacht" und „Hermanns Tod" und vier solchen aus Klopstockischen Oden, den anstoßenden Salon mit acht Wandgemälden aus Wielands „Musarion" und den „Grazien" und das Schlafgemach der Königin mit 36 Wand- und Deckengemälden nach Goethc- schen Dichtungen. Zu erzählen verstand Kaulbach, das bewiesen nickt nur diese Arbeiten, sondern mehr noch eine Reihe von Zeichnungen zu Schillers „Verbrecher aus verlorener Ehre" und zu Goethes „Faust", zu denen er durch das Studium Hogarths angeregt worden war. In diesen Arbeiten wie auch in dem von wuchtiger Kraft erfüllten Hauptwerke seiner ersten Entwickelungs- zcit, der berühmten Zeichnung „Das Narrenhaus" er kennt man die Ursachen jenes herben Sarkasmus, jener zersetzenden Ironie, jener schrillen, disfonanzreichen Lcbens- auffassung, die sich in späteren Werken in so großer Schärfe offenbaren. Die Widrigkeit jder Verhältnisse im Vaterhaus« hatten die nervöse Natur des Knaben früh zeitig zu einer höchst pessimistischen DaseinSbelrachtung gelangen lassen. Was hätte aus feinem Talent wahr haft Großes, auch für die Nachwelt noch unendlich Wert volle« sich gestalten lasten, wenn er in ruhiger Ent wickelung seinen Weg hätte nehmen können zu den Höhen der Kunst. Die Kraft dazu lag in ihm, da« zeigte nicht nur die zuletzt genannte, au« seinem tiefsten Königl. Opernhaus. — Am 13. d. M.: 1. Sym- phonickönzert der König!, musikalischen Kapelle < Serie H.). Abweichend von der löblichen Gepflogenheit, die erste, recht eigentlich saisoneröffnende dieser illustren Ver anstaltungen mit dem Werke eines der altklassischen Meister Bach oder Händel einzuleiten, verzichtete man diesmal aus einen solchen festlich-feierlichen Introitus Vielmehr führte die Vortragsordnung die Hörer mit Beethovens „Erster" gleich mitten hinein in das klassische Zeitalter der Symphonie. Ihr folgte, vermutlich auf besonderen Wunsch des Komponisten, dem die Aufführung als nach trägliche Ehrung zur Feier seines 70. Geburtstags dar gebracht galt, Draesekes symphonisches Vorspiel zu Grill parzers „Der Traum ein Leben". Ob nicht die „tragische Symphonie", ein akkreditierte«, unter allen Umständen Achtung gebietende« Werk, ihn würdiger vertreten haben würde, ist eine andere Frage. Ein „Vorspiel" bleibt immer — ein Vorspiel, ein Werk, das eigentlich um eines anderen Werkes, nicht um seiner selbst willen da ist. Und noch obendrein wird eS in besonderem Grade von ihm ab- kängig sein, wenn in ihm mit der Programmmusik in eigent lichem Sinne paktiert wird, wie es im vorliegenden Falle geschieht. Losgelöst von dem Drama stellt es kein einheitliche«, in und durch sich selbst verständliche« Ganze dar, wie e« der Fall sein würde, wenn e« nur den all gemeinen Stimmung«- und Empfindung«gehalt diese« letzteren gleichsam extrahierte und substanziierte. Denn das ja ist e«, was schließlich den Meisterschöpfungen auf dem Gebiete der Ouvertüre, auch jener Opern- Ouvertüren, die unmittelbar an Melodien der Werke anknüpfen, denen sie al« Vorspiele dienen, ihr all-
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