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KONGRESS - SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM ZUR EINFÜHRUNG Sonnabend, den 22. Mai 1965, 19.30 Uhr Sonntag, den 23. Mai 1965, 19.30 Uhr 10. ZYKLUS-KONZERT „Musik der Nationen“ — RUSSLAND/SOWJETUNION Dirigent: Horst Eörster Solist: Michail Waimann, Sowjetunion Sergej Prokofjew 1891-1953 Klassische Sinfonie D-Dur op. 25 (Symph on ie classiipi e) Allegro Larghetto Gavotte (Non troppo allegro) Finale (Molto vivace) Alexej Matschawariani geb. 1,13 Konzert für Violine und Orchester Allegro Andante sostenuto Allegro vivo — Pause — Peter Tschaikowski 1840-1893 Konzert Jür Violine und Orchester D-Dur op. 35 Allegro moderato Andante Allegro vivacisgimo Michail Waimann Michail Waimann, Preisträger von drei internationalen Wettbewerben (1949 Jan- Kubelik-Wettbewerb Prag, 1950 Bach-Wettbewerb Leipzig, 1951 Ysaye-Wettbe werb Brüssel), wurde 1926 in Bug (Ukraine) geboren. Bereits 8jährig erhielt er in Odessa Geigenunterricht, 1941 wurde er Schüler am Leningrader Konservatorium. Im Jahre 1949 legte Waimann dort mit Auszeichnung seine Abschlußprüfungen ab Anschließend blieb er, zunächst als Assistent, am Konservatorium, wo er 1962 eine eigene Klasse erhielt und gegenwärtig als Professor wirkt. Seit 1950 widmet sich der Künstler einer ausgedehnten Konzerttätigkeit im In- und Ausland. Er gastierte u a. sehr erfolgreich in Österreich, der DDR und Westdeutschland, Dänemark, Finnland, Polen, der CSSR und Albanien. Sergej Prokofjew, neben Dmitri Schostakowitsch und Aram Chatschaturjan der stärkste Exponent sowjetischer Musik, Schüler Tanejews. Glieres und Glasu nows am Petersburger Konservatorium, kehrte bekanntlich 1934 nach Jahren der unsteten Wanderschaft durch die Musikzentren Europas und Amerikas endgültig in seine Heimat zurück, um die Erkenntnis reicher, daß der Künstler „nicht fern der heimatlichen Quellen herumschweifen" sollte. Um diese Zeit begann sich in Prokofjews Schaffen, das stark von der europäischen „Moderne" beeinflußt wor den war, eine Wandlung zu vollziehen, die auch Hindemith und Bartök erlebt hatten, die Hinwendung vom Ekstatisch-Komplizierten zum Maßvoll-Einfachen, zu einem neuen Ordnungsgesetz, wobei Prokofjew außerdem, nicht zuletzt durch seine Beschäftigung mit der Folklore seiner Heimat, den Weg zum nationalen Komponisten fand. 1948 äußerte er: „Ich liebe die Melodie, halte sie für das wichtigste Element der Musik und arbeite viele Jahre lang an meinen Werken, um ihre Qualitäten zu verbessern." Prokofjews „Klassische Sinfonie" D-Dur op. 25 („Symphonie classique") wurde in den Jahren 1916/17 komponiert; am 21. April 1918 erlebte sie unter der Leitung des Komponisten ihre erfolgreiche Uraufführung in Petrograd, über die Entste hungsgeschichte des Werkes ist in Prokofjews autobiografischen Erinnerungen folgendes zu lesen: „Den Sommer des Jahres 1917 verlebte ich in Petrograd, ganz allein, las Kant und arbeitete viel. Ich hatte absichtlich kein Klavier in meine Datscha (Landhaus) mitgenommen, weil ich versuchen wollte, ohne Instrument zu arbeiten. Bisher hatte ich gewöhnlich am Klavier geschrieben, aber ich hatte festgestellt, daß das ohne Klavier komponierte thematische Material häufig besser ist. Auf das Klavier übertragen, erscheint es im ersten Augenblick fremd. Aber nach mehrmaligem Durchspielen stellt sich heraus, daß man so und nicht anders verfahren mußte. Ich trug mich also mit dem Gedanken, eine ganze Sinfonie ohne Klavier niederzuschreiben. Auf diese Weise müssen auch die Orchesterfarben reiner werden. So entstand der Plan einer Sinfonie im Haydnschen Stil, denn die Haydnsche Technik war mir irgendwie besonders klar geworden, nach der Arbeit in der Klasse Tscherepnins. Unter solchen vertrauten Verhältnissen war es mir leichter, den gefährlichen Sprung des Arbeitens ohne Klavier zu wagen. Mir schien, wenn Haydn bis in unsere Tage gelebt hätte, würde er seine eigene Hand schrift beibehalten, gleichzeitig aber Neues dazu aufgenommen haben. Eine solche Sinfonie wollte ich komponieren: eine Sinfonie im klassischen Stil. Als sie dann Form anzunehmen begann, nannte ich sie .Klassische Sinfonie': Erstens ist das einfacher; zweitens war es ein Streich, vollbracht, um ,die Gänse zu reizen' und in der geheimen Hoffnung, daß ich letztlich gewinnen würde, wenn sich die Sinfonie wirklich auch als klassisch erweisen sollte. Ich komponierte sie beim Spazierengehen über die Felder . . . Früher als alles andere war die Gavotte fertig. Darauf das Material zum ersten und zum zweiten Satz." Die viersätzige „Klassische Sinfonie" - eines der populärsten sinfonischen Werke Prokofjews — hat nach W. Delson „ein Anrecht auf diese Bezeichnung nicht nur ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit der Haydnschen Sinfonik wegen. Sie ist klas sisch in der Genialität ihrer Handschrift, in ihrer knappen Klarheit und weisen Einfachheit wie in ihrer außergewöhnlichen Ausdruckskraft ... Im ganzen bringt die Sinfonie das optimistische Lebensgefühl des Komponisten zum Ausdruck; sie zeigt eine heitere Haltung dem Leben gegenüber und seine Neigung zu jugend lichem Übermut." Mit großer Freude hat sich Prokofjew offenbar in die Aus druckswelt der musikalischen Klassik versenkt, in ihre melodische Klarheit und ebenmäßige Schönheit. Doch hat er sie in seinem Werk nicht einfach nachge ahmt, sondern die für seinen Stil charakteristischen Neuheiten in Harmonik und Rhythmik organisch und natürlich eingefügt. Der erste Satz (Allegro) hat Sonatenform. Nach zwei Einleitungstakten beginnt das graziöse Hauptthema, dessen zweite Hälfte u. a. dominierend wird für die