jeder musikalischen Gattung. Neben seinen Sinfonien stellt das heute er klingende Konzert für Violine und Orchester eine seiner hervorragendsten Schöpfungen dar. Im Jahre 1948 erstmalig konzipiert, 1955 schließlich voll endet, widmete Schostakowitsch sein ungemein dramatisches, konfliktge ladenes Violinkonzert dem berühmtesten sowjetischen Geiger: David Oistrach, der es auch erfolgreich uraufführte. Oistrach, der wohl beste Ken ner dieses Werkes, veröffentliche in Heft 7, Jahrgang 1956, der Fachzeit schrift „Sowjetskaja Musyka“ eine Besprechung, die an dieser Stelle als Einführung zitiert sei: „Strenge Verhaltenheit der Gefühle charakterisiert den ersten Satz (Adagio), der den Untertitel ,Notturno 1 trägt. Er entwickelt sich in breitem melodischen Fluß, in ruhiger Bewegung. Hier gibt es keine kontrastierenden Themen. Haupt- und Seitenthema ergänzen einander. Ein lyrischer, schwermütiger Charakter sowie die Gemeinsamkeit der rhythmi schen Bewegung verbindet sie. Adel und Herzenswärme atmet das Haupt thema. Edlen, liedhaften Charakter hat die Melodie des Seitenthemas. Der von dramatischer Spannung erfüllte Satz verläuft allmählich abgeklärter, ruhiger. Innerhalb des Konzerts erscheint er wie ein selbständiger Prolog. Der zweite Satz (Allegro) hat den Charakter eines Scherzos. Die heftige, drängende Dynamik, die komplizierte polyphone Anlage (eine Fuge im Mittelpunkt der Durchführung), die farbenprächtige Instrumentierung — das alles ist sehr eindrucksvoll. Die Musik ist stürmisch, ungestüm, sie hat etwas Dämonisches. Das polyphone Gewebe ist mit großartigem Können geflochten, zugleich subtil in der Instrumentierung. Die mittlere Episode des Scherzos ist ein grotesk anmutender Tanz volkstümlichen Gepräges, von eigentümlichem Humor und feiner Ironie. Der dritte Satz ist eine Passacaglia (Andante) voller Adel, Schönheit und Gefühlswärme. Aus ihrem majestätischen Schreiten spricht aber auch (Leid und Nachdenklichkeit. Das ausdrucksstarke Thema der Passacaglia wird zu Anfang von Streichern, Pauken und Horn ausgeführt. Die bedeutsamen Pausen geben seinem stol zen und gebieterischen Charakter ausgeprägte Konturen. In der weiteren Entwicklung schichten sich immer mehr und mehr Stimmen über diesem Thema auf, und jede von ihnen ist von melodischer Bedeutung. Nach einem von Dramatik und intensiver Pathetik erfüllten Höhepunkt beginnt die Kadenz, die einen fast selbständigen Satz darstellt, so bedeutend ist ihr Gehalt und so entwickelt ihre Form. Hier leben Nachklänge der Stim mungen und (Bilder von Adagio, Scherzo und Passacaglia wieder auf. Eine ungeheure Wege dynamischer Steigerung führt die Kadenz unmittelbar ins Finale über, vom Komponisten ,Burleske“ genannt (Allegro con brio). Die Festlichkeit und ungezwungene Fröhlichkeit dieser Musik bilden einen scharfen Kontrast zu den ersten drei Sätzen. In diesem Schlußsatz von be tont nationaler Klangfarbe erlebt man IBilder eines fröhlichen Volksfestes. Zuweilen ist das Spiel von Skomorochen (Wandermusikanten) zu hören. Die Themen sind in der Intonation mit denen der vorhergehenden Sätze verwandt. Das Hauptthema hat tänzerischen Charakter. Es wird in der Solovioline und im Orchester breit entwickelt und dann von einer tänzeri schen Episode abgelöst, die auf ein russisches Lied zurückgeht. Sodann erklingt eine Weise, aus der man das fröhliche Spielen der Wandermusi kanten heraushört. Auf dem Höhepunkt der Fröhlichkeit erhebt sich das stolze Thema der Passacaglia. Aber jetzt ist seine Bedeutung eine völlig andere: es ruft alle herbei zum frohbewegten Volksfest, mit dessen Bild das Werk schließt.“ JosephHaydns Sinfonie Nr. 95 c-Moll gehört zu der berühmten Reihe seiner zwölf sogenannten „Londoner Sinfonien“, die durch die Englandreise des (Meisters zwischen 1791 und 1795 angeregt und für Londoner Abonne mentskonzerte geschrieben wurden. Diese Sinfonien bilden den Abschluß von Haydns sinfonischem Schaffen und stellen in jeder Beziehung auch die Krönung dieses Schaffens dar. Sowohl in der geistigen und seelischen Vertiefung, in der Differenzierung der musikalischen Ausdrucksmittel als auch in der reifen, souveränen Könnerschaft, mit der die klassische sinfo nische Form hier gemeistert wird, müssen sie als das Höchste gelten, was uns Haydn auf diesem Gebiet hinterlassen hat. In den „Londoner Sinfonien'“ hat er, obwohl gerade hier eine tiefe innere Durchdringung mit Einflüssen der Sinfonik Mozarts zu spüren ist, doch seine ganz eigene, endgültige Lö sung des klassischen Stils erreicht. Die 1791 entstandene Sinfonie c-Moll, nach der Gesamtausgabe als Nr. 95 gezählt, ist eine der bekannteren Haydn-Sinfonien. Als einzige der „Lon doner Sinfonien“ ohne Adagio-Einleitung beginnend, setzt der starke Kon traste aufweisende erste Satz sogleich mit dem leidenschaftlichen Haupt thema ein, das aus zwei gegensätzlichen Motiven besteht. Häufig wurde auf die nahe Verwandtschaft dieses Themas mit Mozarts c-Moll-Fantasie hin gewiesen. Für die sehr lebendige, an Auseinandersetzungen reiche Entwick lung des Satzes gewinnt besonders das erste Motiv des Themas Bedeutung, daneben das schlichte, liebenswürdig-volkstümliche zweite Thema, das namentlich in der ruhigeren Reprise eine wichtige Rolle spielt. Als Variationssatz wurde das folgende Andante in Es-Dur geschrieben, dessen wiederum den Einfluß Mozart zeigendes Liedthema in vier Varia tionen vorüberzieht, von denen, besonders die dunkel gefärbte zweite Va riation in es-Moll hervorzuheben ist. Mit einer Coda wird der Satz be schlossen. — Sehr bekannt wurde das breit angelegte, wieder in c-Moll stehende Menuett mit seiner reizvollen Verbindung von Würde und Schel merei. Unbeschwert gibt sich das C-Dur-Trio, in dem die Ländlermelodie des Solocellos pizzikato von den übrigen Streichern begleitet wird. Feine, meisterhafte kontrapunktische Arbeit zeichnet das helle, freudige C-Dur-Finale (Vivace) aus. Homophone Teile wechseln hier mit streng polyphonen Episoden (Fugatos, Nachahmungen u. a.). Das zunächst sehr einfach erscheinende Hauptthema des in freier Rondoform aufgebauten Satzes wird dabei in vielfältigster, geistreicher Weise entwickelt. Urte Härtwig / Dr. Dieter Härtwi;