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Kongreßsaal Deutsches Hygienemuseum - Dresden Spielzeit 1964/65 <5. Freitag, den 19. März 1965, 19.30 Uhr Hannerose Katterfeld, Alt Günther Dreßler, Baß Gisela Franke, Klavier PROGRAMMFOLGE Franz Schubert: Fischerweise An Sylvia Geheimnis An Schwager Krones Robert Schumann: Mondnacht Widmung Freisinn Johannes Brahms: Vor der Tür Und es rauscht das Wasser Johannes Brahms: Von ewiger Liebe Salamander Mainacht Hugo Wolf: Selbstgeständnis Der Tambour Fußreise Storchenbotschaft Wilhelm Weissmann: Der Antonius von Padua Fischpredigt Kinderpredigt Die Rose Robert Schumann: So wahr die Sonne scheinet Wenn ich ein Vöglein wär Schön Blühmelein Verehrter junger Konzertfreund! Der bekannte Schauspieler Horst Schulze kapn leider wegen Bühnen- und Film verpflichtungen den heutigen Abend in unserem Konzertanrecht der Dresdner Jugend nicht bestreiten. Wir haben dafür zwei junge Sänger verpflichtet, deren Namen Dank ihres großen Könnens, von unseren Bühnen mit großer Achtung genannt werden. Es sind dies Hannerose Katterfeld (1. Altistin der Landesoper Sachsen) und Günther Dreßler (Baßbuffo der Staatsoper Dresden). Hannerose Katterfeld hat bereits vor fünf Jahren, damals als Absolventin der Hochschule für Musik, in unserem ersten Konzertanrecht mit großem Erfolg in einem Liederabend mitgewirkt. Inzwischen hat sie als Fachsängerin der Landesoper wie auch bei Gastspielen an der Komischen Oper ihr großes Können demonstriert. Günther Dreßler ist, ebenfalls von der Landesoper kommend, seit Beginn dieser Spielzeit pp der Staatsoper und hat kürzlich als »Don Pasquale« einen eindeutigen Erfolg Plrungen. Weshalb haben wir uns zu einem zweiten Liederabend im Konzertanrecht nach Absage von Horst Schulze entschlossen? Es gibt ein altitalienisches Gedicht, das mit den Worten beginnt: »Auch kleine Dinge können uns entzücken, auch kleine Dinge können teuer sein, bedenkt, wie oft wir uns mit Perlen schmücken, sie werden hoch bezahlt und sind nur klein«. Kunstlieder sind solch kleine, kostbare Perlen der Musikliteratur. Junge Menschen, die zu diesem Genre eine Herzensbildung erhalten, werden auch ohne weiteres Zugang zu den großen Werten der Musik finden. Franz Schubert (1797-1828) ist der große, aller überragende Meister der Deutschen Kunstlieder. Zwischen seinem achtzehnten und zwanzigsten Lebensjahre beschenkte er die Welt mit Kunstliedern. Rund 250 waren es. In den wenigen Jahren, die ihm noch verblieben, erhöhte er die Zahl seiner Lied kompositionen auf nahezu 600. Wie Goethe die Dichtung, so hat Franz Schubert das Lied zur klassischen Vollendung geführt. Sieht man von einigen unwesentlichen Frühwerken ab, so ist Robert Schumann erst verhältnismäßig spät zum Liedschaffen gekommen. Die Werkzahlen 1-23 umschließen ausnahmslos Klavierschöpfungen. 1840 ist für Schumann das be deutendste Jahr. Nach dreijähriger Verlobung kann er endlich laut Gerichtsbeschluß Clara Wieck als Frau heimführen. Es wird im allgemeinen als das Schumannsche Liederjahr bezeichnet. Nicht weniger als 138 Lieder schrieb er in dieser Zeit. Eine besondere Perle ist die »Mondnacht«, ein erhabenes Lied, das uns schon durch das meisterhaft geniale Vorspiel eine seltene Stimmung vermittelt. B . Johannes Brahms (1833-1897) war als Mensch und Künstler Robert Schumann durch dessen bedeutsamen Artikel zu Dank verpflichtet, ein Dank, der auch später in einer wunderbaren, hilfsbereiten Freundschaft zur Witwe Clara Schumann zum Ausdruck kam. Seine oft etwas kühle, norddeutsche Künstlernatur - er war ge bürtiger Hamburger - bewahrte ihn vor den überschwenglichen, gefühlszerfließen den musikalischen Ausdrucksmitteln der Hochromantik. Zum anderen ist es seine ausgeprägte Bindung zur Volksmusik und besonders zum Volkslied, die seine Kompositionen so gesund, so kräftig und natürlich dahinfließend, erscheinen lassen. Hugo Wolf ist als bedeutendster Liedkomponist nach Johannes Brahms am 22. Fe bruar 1903 nach fünfjähriger geistiger Umnachtung (ein Schicksal, das mehrere Künstler der Romantik mit ihm teilten) in Wien verstorben. Der Komponist hat mit anderen Meistem wie Reger und Pfitjner wohl dazu beigetragen, die Kluft zwischen dem Volks- und dem Kunstlied zu vertiefen. Es gehört allerdings nur ein klein wenig Mut und Selbstvertrauen hierzu, um diese Kluft zu überspringen.