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Dresdner Journal. königlich Sächsischer Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 113. -c> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeS in Dresden. <- Donnerstag, den 17. Mai 1906. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Gr. Zwingerstr. 20, innerhalb Dresdens 2,SOM., durch die Post im Deutschen Reiche 3 M. (vom 1. Juli ab 2,SO M.) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. — Erscheint Werktags nachmittags. — Fernsprecher Nr. 1295. Ankündigungen: Die Zeile kleiner Schrift der 6 mal gespaltenen Ankündigungsseite oder deren Raum 20 Pf., die Zeile größerer Schrift der 3 mal gespaltenen Textseite oder deren Raum 50 Pf. Gebührenermäßigung auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 11 Uhr. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den in den Ruhestand versetzten nachgenannten Beamten der StaatS- eisenbahnverwaltung, und zwar dem Lokomotivführer I. Klaffe Linke in Reichenbach i. V. und dem Lokomotivführer Krause in Pirna das AlbrechtSkreuz sowie dem Bahnwärter Adler in Brambach und dem Weichenwärter II. Klaffe Landgraf in Frohburg das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern. Angestellt: Vizewachlmeister Kramer als Grenzaufseher. — Befördert: Steueraufseher Richter zum Obergrenzaufseher in Eibenstock. — Versetzt: Obergrenzaufseher Wich als Unlersteuereinnehmer von Eibenstock nach Sayda. — Pensioniert: Untersteuereinnehmer Köhler in Sayda. — Gestorben: Steuereinnehmer Dreißig in Oschatz Im Geschäftsbereiche des Ministeriums des Kultut u. öffentl. Unterrichts. Zu besetzen: Die 2. ständige Lehrer stelle in Reinhardtsgrimma. Kollator: Die oberste Schulbehörde. 1300 M. (einschl. 100 M. sür Heizung der Lehrerwohnung) bleibendes Einkommen; 100 M. unwiderrufliche, 100 M. widerrufliche pers. Zulage, 55 M. für Turnunterricht, sowie freie Wohnung und Garten- genuß. Es ist erwünscht, daß der Stelleninhaber zur gelegentlichen Vertretung des Kirchschullehrers befähigt ist. Bewerbungen mit den erforderlichen Unterlagen sind bis zum 2. Juni bei dem König!. Bezirksschulinspektor in Dippoldiswalde einzureichen (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 17. Mai. Se. Majestät der König begab Sich heute früh 5 Uhr 30 Min. von Villa Wachwitz zu Pferde nach Pirna und wohnte dort den Batteriebesichtigungen der 1 Abteilung des 5. Felvartillerieregiments Nr. 64 bei. Mitteilungen aus der öffentlichen Verwaltung. -- Im Aushebungsbezirke Dresden-Stadt II findet die diesjährige Aushebung vom 6. bis mit 21. Juni an jedem Werktage von vormittags 8 Uhr im Linckeschen Bade, Schiller- straße 4, statt. - Die König!. Polizeidirektion und der Rat zu Dresden haben aus verkehrspolizeilichen Gründen den Straßenhandel auf einer weiteren Anzahl Straßen und Plätze verboten. Diese Beschränkungen beziehen sich auf das Aufstellen und Umher ziehen zum Zwecke des Feilbietens von Verkaufsartikeln aller Art mit Ausnahme der Preßerzeugnisse. Sachsen. * Von der feiten des König!. Finanzministeriums herauS- gebebenen, unter der Leitung des Geh. Bcrgrats Prof. vr. Credner in Leipzig bearbeiteten geologischen Spezialkarte des Königreichs Sachsen ist soeben die Sektion Nr. 27 Naun hof-Otterwisch nach geologischer Revision in zweiter Auslage neu erschienen. Der Preis eines Blattes nebst den zugehörigen Erläuterungen beträgt 3 M. Die Karte ist nicht nur durch die Kommissionsbuchhandlung von Wil helm Engelmann in Leipzig, sondern auch durch jede andere Buchhandlung zu beziehen, insbesondere durch die in Dresden, Leipzig, Meißen, Pirna, Döbeln, Freiberg, Chemnitz, Plauen, Annaberg, Zwickau, Glauchau, Bautzen, Berlin und Altenburg errichteten Lager, woselbst überall nähere Auskunft erteilt wird, auch Übersichtsblätter über die Sektionen der geologischen Karte sowie die einzelnen Blätter selbst zur Ansicht bereit liegen. Deutsches Reich. Der Kaiser. (W. T. B) Urville, 16. Mai. Se. Majestät der Kaiser unternahm heute früh 8 Uhr mit den Herren des Ge folges einen Spazierritt. Nach dem Spazierritt hörte der Kaffer die Vorträge des preußischen Kriegsministers v. Einem, des Chefs des Stabes der Armee Generalleutnant v. Moltke und des Chefs des Militärkabinetts Generaladjutanten Grafen Hülscn-Häseler. Nachmittags machte Se. Majestät der Kaiser mit den Herren Seiner Umgebung eine Spazierfahrt in Auto mobilen und besichtigte dabei die in der Nähe von Urville be legene Fundstätte alter römischer Gebäude. Hierbei waren zu- qegen der BezirkSpräsidcnt Graf v. Zeppelin, Mitglieder des Verein- für lothringische Geschichte und Altertumskunde und der Notar Kelter aus Metz, der die Ausgrabungen leitete. Der Kaiser und die lothringischen Landesausschuß- abgcordneten. (W. TB) Metz, 16. Mai. Die „Straßb. Korresp." meldet: Bei dem Empfange der lothringischen LandeSauSschuß- abgeordneten im Bezirkspräsidium zu Metz am 15. d. M. sprach Se. Majestät der Kaiser den Abgeordneten Seine Be friedigung und Seinen Dank dafür aus, daß sie Mr die Voll endung der HohkönigSburg im Landesausschuffe ihre Stimme abgegeben hätten in der richtigen Erkenntnis, daß es sich hier um ein Werk handle, da« nicht nur ein spezielles Interesse des Elsaß berühre, sondern vom vaterländischen Gesichtspunkte aus eine allgemeine Bedeutung beanspruchen könne. Zum Hinscheiden der Prinzessin Friedrich Earl von Preußen. (Tgl. Ndsch.) Berlin, 16. Mai. Die Überführung der Leiche der Prinzessin Friedrich Carl von Preußen nach der Peter-PaulS-Kirche zu Nikolskoe hat Dienstag abend um 9 Uhr vom Güterbahnhof zu Potsdam aus stattgefunden. Von vor mittags ab hatte der Sarg in einem Güterwagen in dem Schuppen, der für den kaiserlichen Sonderzug bestimmt ist, ge standen. Eine Ehrenwache, Doppelposten vom 1 Garderegiment z. F, stand daher. Abends traf der Leichenwagen, der für die Mitglieder des Herrscherhauses bestimmt ist, aus dem königlichen Marstall ein. Auf ihm wurde der Sarg aufgebahrt. Prinz Friedrich Leopold folgte in geschloffenem Wagen unmittelbar hinter dem Leichenwagen. Dann schloffen sich noch fünf Hof wagen an. Langsam bewegte sich der Leichenzug über die Lange Brücke durch die Altstadt zum Berliner Tor hinaus, über die Glienicker Brücke, durch den Glienicker Park und den Wald nach Nikolskoe, wo er bald nach 10 Uhr eintraf. Als er sich der Kirche näherte, erklangen die Glocken. In der Kirche wurde der Sarg sofort aufgebahrt, worauf eine Ehrenwache Aufstellung nahm. Reichskanzler Fürst v. Bülow. (W. T. B) München, 16. Mai. Die „Allgemeine Zeitung" teilt mit: Prinz-Regent Luitpold richtete, nachdem ihm die Meldung über die völlige Wiederherstellung des Reichs kanzlers Fürsten v. Bülow zugegangen war, aus Berchtesgaden ein in gnädigen Worten gehaltenes Telegramm an den Fürsten, in dem er ihn zu seiner Genesung aufs wärmste beglück wünscht und die Hoffnung auf ein: noch lange Amtsführung des Reichskanzlers ausspricht. Fürst v. Bülow antwortete auf telegraphischem Wege mit dem Ausdrucke des ehrerbietigsten Dankes, indem er hervorhob, wie sehr er die Pflege der Be ziehungen des Reiches und Preußens zu Bayern sich angelegen sein lasse. Mehrfach sind während der letzten Zeit Nachrichten auf getaucht von allerhand Plänen zur Entlastung des Reichs kanzlers Fürsten v. Bülow von Amtsgeschäften. Alle diese Meldungen haben sich als unrichtig erwiesen. Neuerding« be richtete eine Berliner Zeitungskorrespondenz, daß neben dem Fürsten v. Bülow, als dem Präsidenten, die Ernennung eines Vizepräsidenten de« preußischen Staatsministeriums beabsichtigt und dafür der Minister des Innern vr. v. Bethmann-Hollweg in Aussicht genommen sei. Demgegenüber schreibt der „Berl. Lokalanz.": „Auch mit dieser Nachricht verhält es sich genau so wie mit ihren Vorgängerinnen. Wir sind in der Lage, auch diese neueste Meldung als vollständig unrichtig zu be zeichnen." Die Kahrkartensteuer. (W. TB.) München, 16. Mai. Die liberale Fraktion brachte in der Kammer der Abgeordneten den Antrag ein, die Staatsregierung möge im Bundesrate der Einführung der Fahr kartensteuer für das Reich die Zustimmung versagen. Die Einführung de« Fahrkartenstempels dürfte sich nach einer Berliner parlamentarischen Korrespondenz aus technischen Schwierigkeiten bis zum 1. Juli noch nicht ermöglichen lassen. Dagegen ist es möglich, daß der Stempel ab 1. September oder 1. Oktober eingeführt wird. Ehrentafel deutscher Arbeitgeber. Das Gesamtergebnis des in der „Ehrentafel deutscher Arbeitgeber" für den Zeitraum 1898 bis 1905, also für acht Jahre, bearbeiteten Materials beläuft sich auf über Milliarde, ..ämlich auf 551657098 M. Für das gleichmäßig bearbeitete Jahrfünft 1901 bi« 1905 beträgt das in den 7124 Einzel posten quellenmäßig nachgewiesene Gesamtergebnis 424 555 393 M., das durchschnittliche JahreSergebniS 84911078 M. Von diesen Beträgen entfällt auf direkte, freiwillige Fürsorae für An gestellte, Arbeiter und deren Angehörige die reichliche Hälfte, nämlich 241271310 M. auf das Jahrfünft und 48254262 M. auf den Jahresdurchschnitt. Hervorzuheben ist, daß bei diesen wirklich freiwilligen Zuwendungen von Arbeitgebern sür Arbeiter diejenigen der privaten Spender von 20 Mill. M im Jahre 1901 auf fast 61 Mill. M. im Jahre 1905, also um das Dreifache gestiegen und daß die ermittelten Zuwendungen der Aktiengesellschaften und Banken von 22 Mill. M. im Jahre 1901 auf 18 Mill. M. im Jahre 1905 gefallen sind. Hervor- I zuhebrn dürfte ferner sein, daß von dem Gesamtergebnis für 1901 bis 1905 von 424555393 M. über die Hälfte, nämlich 267767069 M. auf Preußen, davon ein Drittel, nämlich 93843425 M. auf die Stadt Berlin, ein Viertel, nämlich 62085706 M. auf Rheinland und je ein Zehntel, nämlich 28941369 M. und 25019900 M. auf die Provinzen Schlesien und Hessen-Nassau (davon ein sehr großer Teil auf die Stadt Frankfurt a. M ) entfallen. Bayern und Sachsen zeigen fast aleichen Anteil, nämlich 36326887 M. und 37567086 M. Im übrigen ermöglichen die Tabellen mancherlei lehrreiche Ver gleiche und bedeuten in ihrer Gesamtheit ein schönes Zeugnis für die im deutschen Unternehmertum Hensch ende Opser- freudigkeit Vom Reichstage. Berlin, 16 Mai. Am BundeSratStische Staatssekretär Frhr. v. Stengel, preu ßischer Finanzminister Frhr v. Rheinbaben. Fortsetzung der zweiten Beratung des Reichskassen scheingesetzes. Dazu liegt ein Antrag Arendt (Rp) vor, wonach, solange Reichskassenscheine im Umlauf sind, die Hälfte des Münzgewinns aus der Ausprägung von Scheidemünzen zur Einlösung von Kassen scheinen zu verwenden ist. Ein ähnlicher Antrag Kanitz (kons) wird zurückgezogen. Abg Graf Kanitz (kons.) tritt für den Antrag Arendt ein. Staatssekretär Frhr. v. Stengel: Bis vor wenigen Jahren wurde der ganze Münzgewinn zur Abtragung der Reichsschuld ver wandt. Erst in den letzten Jahren war daS nicht mehr möglich, weil man den Münzgewinn zur Balancierung des Etats benötigte. Man könnte in Zukunft ja auch wieder dazu gelangen, den ganzen Münzaewinn zur Verminderung der Reichsschuld, zu der auch die Kassenscheine gehören, zu verwenden. Bei einer Bevölkerung von 60 Mill, bildet ein Umlauf von 120 Mill. Kasfenscheinen keine Ge fahr. Anderseits ist es ein Fundamentalsatz jeder gesunden Münz politik, daß man Scheidemünzen aus minderwertigem Metall nicht über den notwendigen Bedarf hinaus prägen soll. Ich bitte, den Antrag abzulehnen. Abg Arendt (Rp.) bestreitet, daß sein Antrag eine Vermehrung der Scheidemünzen beabsichtige. Ein völlig ungedecktes Papiergeld gehört nicht in das System des modernen Staates. Den jetzigen Augenblick, in dem wir durch die ReichSfinan-reform dem Reiche große Mittel geben, wollte ich benutzen, um an die Verwendung des MünzgewinnS zur Schuldentilgung zu erinnern. Die Ausgabe von Zehnmarkscheinen wird sich im Verkehr sehr unangenehm bemerkbar machen Das Papiergeld darf nicht in die Lohnspäre der Arbeiter gelangen. Wenn die Sozialdemokratie wirklich das wäre, wofür sie sich auSgibt, dürfte sie nicht sür dieses Gesetz stimmen, sondern müßte zu verhindern suchen, daß die Arbeiter mit Papiergeld überschwemmt werden. Redner tritt dann für ausgedehntere Prägung von Silber münzen ein. Wenn man mehr Silbermanzen prägte, würde man den Goldbestand der Reichsbank schonen können Dann brauchte auch nicht immer unter der Erhöhung des Reichsbankdiskonts da- ganze Land zu leiden. Für Mobilmachungs- und Kriegszwecke bedürfen wir eines außerordentlich großen Umlaufs von Silbermünzen. Damit schließt die Diskussion. Der Antrag Arendt wird abgelehnt, das Gesetz wird in zweiter Lesung angenommen. ES folgt die Beratung der Resolutionen zum Mantel gesetz Die Steuerkommission schlägt eine Resolution vor, wonach eine Reform der Branntweinbesteuerung herbeigeführt werden soll. Abg Wiemer (freis. Vp.) tritt für die Notwendigkeit folcher Reform ein. Die Branntweinsteuer ist so kompliziert, daß schon aus diesem Grunde eine Reform erwünscht wäre Infolge der Bevor zugung der Brenner durch die sogenannte Liebesgabe werden den Reichskassen 45 Mill. M. jährlich entzogen. Da auf Grund der Volkszählung von 1905 eine Neukontingentierung jetzt ohnehin ein- tretcn muß, ist der gegenwärtige Zeitpunkt sür eine solche Reform der denkbar günstigste. Die Maifchraumsteuer ist infolge der Fort schritte der Technik gänzlich veraltet. Der SpirituSring ist ein Muster der Gemeinschädlichkeit der Ringe, welche die Konsumenten ausplündern. Unsere Forderung ist auch eine Forderung der poli tischen Moral. (Beifall link-) Abg. Holtz (Ref.) polemisiert gegen die Ausführungen des Vor redners. Die jetzige Form der Branntweinsteuer ist durchaus not wendig, um die Brennerei als landwirtschaftliches Nebengewerbe lebensfähig zu erhalten. Bei der Besteuerung der viel leistungs fähigeren Brauereien hat die Linke einen anderen Standpunkt ein genommen Branntwein wird doch gerade von den arbeitenden Klassen konsumiert. Die Landwirtschaft befindet sich in einer recht großen Notlage. (Widerspruch links) Die vom Abg. Wiemer au- gestrebte Reform ist unangebracht; dem kleinen Mann würde der Branntwein verteuert werden, dadurch würde der Konsum zurück gehen, und daS würde natürlich wieder den ,Produzenten zur Last fallen Abg. Südekum (Soz.): Die Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren wahrhaftig nicht über Mangel an Berücksichtigung zu beklagen gehabt. Auch der hochnäsigste Junker hat noch immer gern seine Rente aus der Tasche selbst des schnapSnäsigsten Pennbruder- genommen (Unruhe rechts.) Abg Gamp (Rp): Der sogenannten Liebesgabe ist e- zu danken, daß 1887 nach Erhöhung der Branntweinsteuer keine einzige kleine Brennerei einging. Der Kohlenring ist doch viel eher als gemeinschädlich anzuseheu. Wir werden über kurz oder lang doch zu einer Reform und zwar zum Monopol kommen. Abg. Dr Pachnicke (frs. Bg): Tie Liebesgabe ist verwerflich, weil sie eine weit über da- Maß de- Berechtigten hinau-gehende direkte Zuwendung barer Staatsmittel ist. Abg. Speck (Z.): Wir werden der Resolution, wie sie jetzt volliegt, zustimmen. Zum mindesten soll man die Spiritu-export* Prämie sukzessive aufheben.