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veröffentlichte, aber wahrscheinlich wesentlich früher (um 1767) entstandene Werk wurde — wohl vor allem wegen seines dankbaren Solopartes — neben dem Violoncellokonzert D-Dur und dem Trompetenkonzert Es-Dur eine der bekanntesten konzertanten Kompositionen Haydns. Weniger in der Verarbeitung der Themen als in der musikantischen Darlegung der Gedanken liegt die Be deutung des liebenswürdigen dreisätzigen D-Dur-Konzertes, dessen Klaviersatz sich durch Einfachheit und Klarheit auszeichnet, aber zugleich geschmeidig und wirkungsvoll ist. Das eigentliche Kernstück des Werkes bildet der dritte Satz, ein temperamentvolles, von ungarischer Zigeunermusik inspiriertes „Rondo all'Ungherese". Auch die beiden anderen Sätze, der lebhafte Einleitungssatz und der ansprechende Mittelsatz (Larghetto) mit seinem eigentümlich sprung haften Hauptthema, weisen in ihrem Charakter eine gewisse Verwandtschaft mit dem Finale auf. Das 1. Klavierkonzert in d-Moll op. 15 von Johannes Brahms gehört zu den Jugendwerken des Meisters. Es wurde in seiner Urform als Sonate für zwei Klaviere entworfen (1854), auch Pläne für eine Sinfonie hatte der Komponist ursprünglich damit verbunden. Die ersten Aufführungen des dann endgültig zum Klavierkonzert umgestalteten Werkes fanden mit Brahms als Solisten kurz nacheinander Anfang 1859 in Hannover und im Leipziger Gewandhaus statt, wobei es allerdings besonders in Leipzig zu einem völligen Durchfall des Kon zertes kam. Der Komponist äußerte sich darüber in einem Brief an seinen Freund, den berühmten Geiger Josef Joachim, recht sarkastisch: „Ohne irgend eine Regung wurden der erste Satz und der zweite angehört. Zum Schluß ver suchten drei Hände, langsam ineinanderzufallen, worauf aber von allen Seiten ein ganz klares Zischen solche Demonstrationen verbot. Weiter gibt’s nun gar nichts über dieses Ereignis zu schreiben, denn auch kein Wörtchen hat mir noch jemand über das Werk gesagt! Dieser Durchfall machte mir übrigens durchaus keinen Eindruck ... Ich glaube, es ist das beste, was einem passieren kann; das zwingt die Gedanken, sich ordentlich zusammenzunehmen, und steigert den Mut. Ich versuche ja erst und schaffe noch. Aber das Zischen war doch zuviel . . Die Gründe für diese überaus schlechte Aufnahme der ersten bedeutenden Orchesterschöpfung des jungen Brahms bei seinen Zeitgenossen mögen be sonders darin zu suchen sein, daß es sich hier nicht um eines der üblichen Virtuosenkonzerte, sondern um ein rein sinfonisch angelegtes Werk handelte, bei dem das Klavier — kein virtuos konzertierendes Soloinstrument mehr — ebenso wie die anderen Orchesterinstrumente der sinfonischen Entwicklung nutzbar gemacht wird. Daneben mögen auch die Monumentalität und die dramatische Schroffheit besonders des ersten Satzes, der unter dem Eindruck des Selbstmordversuches des verehrten Robert Schumann geschrieben sein soll, zunächst befremdet haben. Und doch müssen wir in diesem Werk, bei dessen Entstehung wohl persönliches Erleben des jungen Komponisten eine wichtige Rolle spielte, eines der großartigsten Beispiele seiner Gattung erblicken, das uns durch seine Einheitlichkeit und Intensität, durch seine düstere Größe und seinen starken Gefühlsreichtum aufs tiefste zu fesseln vermag. Der erste Satz (Maestoso) wird mit dem großartigen Hauptthema des Orchesters eröffnet. Nach einem Zwischenspiel und einer kontrapunktischen Steigerung setzt das Klavier piano espressivo mit klagenden Terzen- und Sex tengängen ein. Sparsam begleitet das Orchester. Die ernste, schmerzliche Stimmung konzentriert sich. Dann erklingt — im Klavier allein — das edle zweite Thema, das zu Brahms’ schönsten Einfällen gehört. Das Orchester greift die Melodie auf, das Klavier umspielt sie figurativ. Die Durchführung bemächtigt sich dieses Materials und mündet in einer Verarbeitung des Hauptthemas. Düster klingt die Reprise aus. Wie faszinierend die melodischen Entfaltungen, der großflächige Aufbau, der herbe Mollklang des Satzes wirken, läßt sich kaum mit Worten sagen. Der Einsatz des Soloklavieres erfolgt sinfonisch-kon zertant und stellt an den Solisten höchste physische Anforderungen. Andere Gefühlsbereiche eröffnen sich schon mit dem zweiten Satz (Adagio), den Brahms ursprünglich — wohl im Gedenken an Schumann — mit „Benedictus, qui venit in nomine Domini” überschrieben hat. Ein innig-gesangvolles Geigen thema steht im Vordergrund des Satzes. Einen weiteren edlen Gedanken bringt das Klavier. Die Anlage des Adagios ist dreiteilig. Der mittlere Teil wird von elegischen und schmerzlich-trotzigen Stimmungen beherrscht. Die variierte Wie derholung des ersten Teiles — mit einer Kadenz des Klavieres — schließt im Pianissimo. Das Rondo-Finale (Allegro non troppo) steht inhaltlich im Gegensatz zu den vorangegangenen Sätzen. Rhythmisch und melodisch begegnet fast ungarischer Schwung. Kraftvoll, stürmisch setzt das rhythmisch pointierte Hauptthema ein. Welch einen Kontrast schafft dazu das wunderschöne zweite Thema in F-Dur, das besonders wirkungsvoll in einer fugierten Episode mit Klavier und Horn zum Ausdruck kommt. Die Gestaltung des Rondos meidet insgesamt belastende Problematik. Nach einer konzertanten Kadenz verklingt das Werk mit hellem Dur-Klang. Urte Härtwig / Dr. Dieter Hartwig Vorankündigung: 27./28. Februar 1965, I9.30 Uhr (Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr, Dr. Dieter Hartwig) 6. Zyklus-Konzert (Anrecht B) „Musik der Nationen” — Frankreich / Schweiz Dirigent: Richard Schumacher, Schweiz Solisten: Wolfgang Stephan, Dresden, Trompete; Werner Richter, Leipzig, Klavier; Gerhard Berge, Dresden, Klavier Werke von F. Martin, A. Jolivet, F. Poulenc und C. Franck Beschränkter Kartenverkauf! 13./14. März 1965, 19.30 Uhr 12. Außerordentliches Konzert Dirigent: Carl Garaguly, Schweden Werke von K. Atterberg, W. A. Mozart und J. Sibelius Freier Kartenverkauf! 11. AUSSE ROR DEN T L IC H ES KONZ E RT 1964/6 5 III 9 14 EMZ 165 1 It-G 009/15/65