Romanzencharakter besitzt das anschließende D-Dur-Larghetto, dessen erstes Thema, von gedämpften Streichern angestimmt, zu den Hörnern, Klarinetten und Fagotten überwechselt und von Passagen und Trillern der Solovioline kommentiert wird. Ein zweites lyrisches Thema gesellt sich nach einem Höhepunkt hinzu, von der Geige vorgestellt. — Mit einer Kadenz leitet das Soloinstrument zum Rondo-Finale (Allegro) über und übernimmt sogleich mit einem fröhlichen, dreiklangsbetonten Hauptthema die Führung, die es nunmehr durchgehend dem „Refrain“ des Orchesters gegenüber beibehält. Der tänzerische Elan dieses Satzes, der formal zwi schen Rondo und Sonatensatz steht, durch heitere und auch lyrische Epi soden und Einfälle aufgelockert, ist von geradezu mitreißender Wirkung. Die virtuosen Dichter des beglückenden Finales erzeugen den Eindruck eines bunten Wirbels. Mit energischen Akkorden verklingt das Werk. „Die Arbeit an der Sinfonie war für mich sehr wichtig, da ich nach einer langen Pause zur sinfonischen Form zurückkehrte“, schrieb Sergej Prokofjew zu seiner im Sommer und Herbst des Jahres 1944 entstan denen 5. Sinfonie op. 100. „Die Sinfonie ist für mich der Abschluß eines langen künstlerischen Weges. Ich plante sie als eine Sinfonie über die Würde des menschlichen Geistes.“ Das Werk, eine der wichtigsten Kompo sitionen Prokofjews und eines der bedeutsamsten, Belege der neuen russi schen Sinfonik überhaupt, wurde erstmals am 13. Januar 1945 in Moskau unter der Leitung des Komponisten — es war dies übrigens sein letztes Erscheinen am Dirigentenpult — aufgeführt, am gleichen Tage, an dem die sowjetischen Truppen die Weichsel überschritten. „Ich wollte in der 5. Sin fonie den freien und glücklichen Menschen besingen, seine gewaltige Kraft, seine Ritterlichkeit und seine geistige Reinheit. Ich kann nicht einmal sagen, daß ich dieses Thema selbst ausgewählt habe — es wuchs in mir und verlangte nach Ausdruck. Ich schrieb eine solche Musik, wie sie in mir reifte, und zuletzt füllte sie meine ganze Seele aus.“ Diese Äußerungen Prokofjews zu seinem neuen Werk, das seine. Rückkehr, zum sinfonischen Genre nach löjähriger Pause darstellte, lassen erkennen, daß es sich hier bei tatsächlich auch um einen neuen Entwicklungsabschnitt seines sinfoni schen Schaffens handelte. Während die. ersten vier Sinfonien des Kompo nisten in. überwiegenden} Maße, aus-sthematischem Material von Theater-, musiken. (Ballett, Oper); beziehungsweise..nach; klassischem Vorbild (Sym- phonie-classique) aufgebaut worden waren,, zeigte die 5. Sinfonie, wenn.auch hier durchaus 1 noch eine lebendige Beziehung zur Opern- und Ballettmusik nachzuweisen ist, doch im Unterschied vor allem zu den beiden vorausge gangenen Sinfonien eine echt sinfonische Entwicklung, echte sinfonische Gestaltungskraft, eine bekenntnishafte Haltung. Das Werk, ein kraftvoll optimistisches sinfonisches Epos vom Kampf und Sieg des sowjetischen Menschen, eine Verherrlichung der Stärke und Schönheit des menschlichen Geistes, verbindet harmonisch die russischen Traditionen der epischen Sin fonik (Borodin, Glasunow) mit denen der dramatisch-lyrischen Sinfonik (Tschaikowski) und zeichnet sich vor allem durch seinen bewundernswerten melodischen Reichtum und die Anschaulichkeit und Farbigkeit der Dar stellung aus. Nadi der Moskauer Uraufführung, die sich zu einem trium phalen Erfolg gestaltete, erklang die 5. Sinfonie bald in zahlreichen Welt städten, so u. a. in Paris, New York, London und Boston. Der erste Satz der Sinfonie (Andante) offenbart am unmittelbarsten den „heldischen“ Charakter des Werkes; spannungsreiche Gegensätze zeichnen seinen Verlauf aus. Unerschütterliche Festigkeit strömt das heroische Hauptthema aus, das zuerst in Flöten und Fagotten erklingt. Es wird durch ein aktivierendes, kämpferisches Seitenthema ergänzt. Das lyrische zweite Thema, in Flöten und Oboen über .Streicherklängen einsetzend und von lichter, hoffnungsfreudiger Melodienprägung, bleibt im weiteren sinfoni schen Geschehen, in der relativ kurzen Durchführung, in der noch ein viertes, im Schlußsatz wieder bedeutsam werdendes Thema verarbeitet wird, nur Episode. Sieghaften Charakter trägt die Reprise. Mit einem brei ten pathetischen Aufschwung des Hauptthemas wird der Satz beschlossen. Kontrastierend zum Einleitungssatz wurde der folgende 'Satz, ein hin reißendes, von unaufhörlicher Bewegung erfülltes, typisch Prokofjewsches Scherzo, angelegt. Wechselhafte Stimmungen, unmittelbar nebeneinander stehend, beherrschen dieses Allegro marcato, in dem auch die Vorliebe des Komponisten für heitere, ja teilweise groteske Einfälle und Klangeffekte Ausdruck findet. In einem trioartigen, pastoralen Mittelteil, dessen Thema von der Klarinette vorgetragen wird, dominiert vorübergehend eine ruhi gere, ausgeglichene Stimmung. In dreiteiliger Form wurde der dritte Satz aufgebaut, den ein melodisches, von verhaltener Lyrik durchströmtes Adagio bildet. Nach einer kurzen Streichereinleitung ertönt in Klarinetten und Baßklarinette das Haupt thema, das darauf von den Streichern aufgenommen wird. Dramatisch gibt sich der große Steigerungen bringende, etwa der (Durchführung entspre chende Mittelteil des Satzes, der im Ganzen eine echt russische, zuweilen an Mussorgski erinnernde Themenintonation aufweist. Mit einer langsamen Einleitung beginnt das Finale, wobei durch ein Zitat des heroischen Hauptthemas des ersten Satzes eine Verbindung mit diesem hergestellt wird. In vielfältigen Farben schillernde Fröhlichkeit bestimmt den Charakter des ungestümen, tänzerisch-turbulenten Finalsatzes, der insgesamt einer grenzenlosen, ausgelassenen Siegesfreude Ausdruck gibt und in mannigfachen, kontrastierenden Themen und Klangbildern, auch lyrischer Töne nicht entbehrend, von der Schönheit des Daseins spricht. Urte Härtwig / Dr. Dieter Hartwig