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Dresdner Journal : 13.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190603133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19060313
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19060313
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-13
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Titel
- Dresdner Journal : 13.03.1906
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Bezugspreis: Beim Befuge durch dir Geschäft»««», lnnerlak« Z>r»d,«» 2,so M (einfchl Zutragung), durch die ^kok im Deutschen Reiche » M. (au-schließlick Bestellgeld) vierteljährlich Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zurücksendung der für die Schristleitung bestimmten, aber von dieser nicht ein» geforderten Beiträge bean» sprucht, so ist das Postgeld brizusügen. Dresdner ÄMMl Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Gescheinen r Werktag» nachm S Uhr. — Origtnalberichtr und Mitteilungen dürfe» »ur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. vokündtgun,«gebühre«: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gung-Seite oder deren Raum 20 Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsad 5 Pf. Aufschlag für die Zeile Uuterm Re- daktion-strich (Eingesandt) oie Lextzeile mittler Sckrisl oder deren Raum SO Pf. Gebühren - Ermäßigung bet öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi- mitta^s 12 Uhr für die nach mittags erscheinende Nummer. .1- «0 1906 Dienstag den 13. März nachmittag. Des Bußtages wegen erscheint die nächste Nummer des Dresdner Journals am Donnerstag, den 15. März, nach mittags. Amtlicher Leit. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, für die Zeit vom 1. April 1906 an den Land gerichtsrat bei dem Landgerichte Chemnitz Karl Ferdinand Johannes Müller zum Landgerichts direktor bei dem Landgerichte Zwickau und den Assessor bei dem Amtsgerichte Lichtenstein Adolf Hermann August Kürschner zum Amtsrichter bei diesem Gerichte zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der im Königreich Sachsen staatsangehörige Postrat Spranger in Karlsruhe (Baden) den ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Roten Adlerorden 4. Klasse anlege. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die Nachgenannten die ihnen von Sr. Königl. Hoheit dem Herzoge von Sachsen- Coburg und Gotha verliehenen Ordensdekorationen annehmen und tragen, und zwar Kammerdiener Voll Precht das Ritterkreuz 2. Klasse des Sachsen- Ernestinischen Hausordens, Leibjäger Buchwald das Verdienstkreuz desselben Ordens und Garderobier Schlegel die zum Sachsen Ernestinischcn Hausorden gehörige goldene Verdienstmedaille. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die Inhaber der Firma Hirsch u. Co. in Dresden, Samuel und Isidor Merländer, den ihnen von Ihrer Hoheit der Prinzessin Luise von Anhalt verliehenen Titel eines „Hoflieferanten" annehmen und führen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Zahnarzt Alexander Ehrhard Heinrich Christian Sörup in Dresden den ihm von Sr. Durchlaucht dem Fürsten zur Lippe verliehenen Titel eines Fürst!. Lippischen Hofzahn arztes annehme und führe. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Bildhauermeister Karl Franz Ernst Wilhelm Paul in Dresden die ihm von Sr. Durchlaucht dem Fürsten zu Waldeck und Pyrmont verliehene Medaille für Kunst und Wissen schaft annehme und trage. E»«<»«unge«, Berfetzungen rc. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Evangelisch-luthe rischen Landeskonsistoriums sind folgende Stellen im regelmäßigen Besetzung-verfahren zu besetzen: daS Pfarr amt zu Leipzig-Kleinzschocher mit Großmiltitz (Leipzig I) — Kl. IX —; Abtrennung von Großmiltitz und damit Ein- kommensminderung Vorbehalten; Koll: die Rittergutsherrschast zu Kleinzschocher; das Pfarramt zu Erdmannsdorf (Chem nitz II) — Kl. V (.4) —, Koll : diesmal auftragsweise daS Ev lulh Landeskonsistorium. — Angestellt bez versetzt: O. T. Reuter, Diakonat-vikar in Hirschfelde, als Pfarrer daselbst (Oberlausitz); R. I. Psalz, Predigtamtskandidat, als Hilssgeistlichcr in Glösa (Chemnitz IN; K. F. Graefe, Prcdigtamtskandidat, als Hilfsgeistlicher in Thurm 'Glauchau); F K Rofenthal, Hilssgeistlicher in Borna b. Glösa, als 2 Diakonus in Großenhain (Ephoralort). (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) nichtamtlicher Teil. Tagesgeschichte. Dresden, 13. März. Se. Majestät der König nahm heute mittag die Vorträge der Königl. Hof departementschefs entgegen und nachmittags be sichtigte Allerhöchstderselbe die hiesige Diakonissen anstalt. Deutsches Reich. Berlin. Wie unter den Drahtnachrichten der gestrigen Nummer bereits kurz berichtet wurde, traf in Wilhelms haven Se. Majestät der Kaiser gestern vormittag mit Sonderzug auf der Werft ein, wo er von den Admiralen v. Köster, v Bendemann und v Ahlefeld sowie dem Kommandanten von Wilhelmshaven Kapitän zur See Ehrlich empfangen wurde. Nach der Begrüßung begab Sich Se. Majestät mittels einer Dampfpinasse an Bord des Linienschiffs „Kaiser Wilhelm II.", um dort Woh nung zu nehmen. Kurz vor 12 Uhr verließ der Monarch das Linienschiff wieder und begab Sich nach dem Exerzier haus der 2. Matrosendivision, wo Er der Vereidigung der Rekruten beiwohnte. Diese wurde eingeleitet durch eine Ansprache des evangelischen und des katholischen Marinepfarrers, dann folgte der Bereidigungsakt. Danach richtete Se. Majestät eine Ansprache an die Mannschaften, der Inspekteur der 2. Marineinspektion Konteradmiral Kindt dankte Sr. Majestät für Sein Erscheinen und schloß mit einem dreimaligen Hurra auf den obersten Kriegsherrn. Nach Schluß der Feier fuhr der Kaiser nach dem OsfizierSkasino, um dort mit dem Offizierskorps das Frühstück einzunehmen Se. Majestät der Kaiser verließ nach 3 Uhr das Kasino und begab Sich an Bord des Linienschiffs „Kaiser Wilhelm II." Abends fand beim Kaiser an Bord dieses Schiffes eine Abendtafel zu 20 Gedecken statt. — Wie die „Post" erfährt, hat der Präsident des Reichstags vor einigen Tagen den Reichskanzler darauf aufmerksam gemacht, daß nach dem Gange der parlamentarischen Verhandlungen die rechtzeitige Fertigstellung des Reichshaushaltsentwurfs zum 1. April unmöglich erscheine und deshalb die Einbringung eines Notgesetzes erforderlich sei. — Die „Berl. Pol Nachr." schreiben: Obwohl daS Inkrafttreten der Handelsverträge trotz der dort vor gesehenen höheren Zölle für die meisten Getreidearten auf den Preisstand der Körnerfrüchte im Inland« nicht die mindeste Wirkung ausgeübt hat, beeilt sich ein Teil unserer freihändlerischen Presse alsbald wieder, die Ge schäfte der Sozialdemokratie zu besorgen, indem sie ihren Lesern ein Rechenexempel darüber aufmacht, wieviel 100 Mill. M. Tribut das deutsche Volk infolge der Zoll- rrhöhungen der Landwirtschaft zu zahlen habe. Dabei wird schlankweg der Ernteertrag von 1904 zugrunde gelegt und die Gesamtmasse des in diesem Jahre geernteten Getreides mit der Zollerhöhung multipliziert. Diese Rechnung ist aber in all ihren Teilen fehlerhaft Zu nächst war die Körnerernte des Jahres 1904 in Deutsch land außergewöhnlich gut, und demzufolge übersteigt das in diesem Jahre geerntete Quantum den Durchschnitts ertrag nicht unerheblich Sodann macht sich eine preis- steigernde Wirkung der Zölle doch nur bei demjenigen Teile der geernteten Früchte geltend, der zum Verkauf gelangt Für das, was zur Saat und in der eigenen Wirtschaft verbraucht wird, ist diese Wirkung dagegen ohne Bedeutung. Man muß daher von der Erntemenge einen sehr beträchtlichen Teil, sicher mindestens die Hälfte abziehen, um diejenige Masse von Getreide zu gewinnen, für welche die preissteigernde Wirkung des Zolles sich geltend macht. Endlich ist es bekanntlich ein Ammen märchen, daß der Inlandspreis des Getreides regelmäßig um den vollen Betrag des Zolles sich erhöht Auch bei dieser Preisbildung spielen Angebot und Nachfrage die wichtigste Rolle, und wenn das Angebot des Aus lands infolge der erhöhten Schwierigkeiten der Einfuhr dringender wird, so führt das zu einer Senkung des Weltmarktpreises, infolge deren die preissteigernde Wirkung des Schutzzolls im Inlands teilweise wieder verloren geht. Die freihändlerische Rechnung ist daher von Anfang bis zu Ende falsch. Daß die Gegenrechnung völlig außer acht gelaffen wird, ist bei der agitatorischen Tendenz dieser freihänd lerischen Machenschaften selbstverständlich. Die land wirtschaftlichen Schutzzölle erhöhen aber die Kaufkraft der Landwirtschaft für Jndustrieerzeugniffe beträchtlich, sie erweitern und stärken den inländischen Absatz unserer Jndustrieerzeugniffe und gewähren so der Industrie einen Ausgleich für das, was sie etwa infolge der Neuregelung unserer Zoll- und Handelsvcrhältnisse zum Auslande an Konkurrenzfähigkeit auf den Auslandsmärkten verloren haben sollte. Die einseitige und tendenziöse Sachbehand lung unserer freihändkrischen linksliberalcn Presse liefert lediglich den Sozialdemokraten Waffen für ihre Agitation. Oldenburg. Ihrer Königl. Hoheit der Groß herzogin von Oldenburg ist der Luisenorden mit der Jahreszahl 1813/14 verliehen worden. Österreich-Ungarn. Budapest. Graf Apponyi führte in dem Rechen schaftsbericht, den er vor seinen Wählern in Jäsz-Beröny hielt, folgendes aus: In normalen Zeiten wäre es eine Majestätsbeleidigung gewesen, daran zu zweifeln, daß das Abgeordnetenhaus innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten einberufen werde Am 11. April läuft der letzte Termin ab, an dem die Einberufung des Abgeordnetenhauses erfolgen kann; an diesem Tage wird sich entscheiden, ob der offene Bruch mit der Ver- saßung erfolgen wird Graf Appony erklärte weiter, daß die Koalition eine Ausdehnung des Wahlrechts durch führen werde und sagte zum Schluß, daß die freiwillige Steuerleistung und die freiwillige Gestellung zum Militär, da das Abgeordnetenhaus die Negierungsforderungen nicht bewilligt habe, soviel bedeute, als eine Erschütterung der Garantien der Verfassung Frankreich. Paris Sarrien hatte zwischen 11 und 12 Uhr mittags eine Konferenz mit Clemenceau, Bourgeois, Etienne, Thomson, Briand, Leygues, Barthou, Ruau, Poincarrs und Doumergue, seinen voraussichtlichen Mit arbeitern in dem neuzubildenden Ministerium. Für abends wurde eine »weite Sitzung angesetzt, um das Programm des zukünftigen Kabinetts sestzuftellen. Jeden falls ist die Verteilung der Portefeuilles noch nicht end gültig entschieden. In der Zusammenkunft am gestrigen Abend wurde betreffend mehrerer Punkte des Programms des zu künftigen Kabinetts eine Verständigung erzielt, besonders in der Frage der Inventaraufnahme und der Durch führung des Trennungsgesetzes. «rostbritannie«. London, 12. März Unterhaus. Alden (liberal) stellt die Frage, ob die Regierung angesichts der Tat fache, daß Deutschland dem Beispiel Englands folgend eine umfassende Vermehrung seiner Seestreitkräste beschloßen habe, die erste günstige Gelegenheit ergreifen würde, um an die deutsche Regierung wegen einer gleich zeitigen Verminderung der Rüstungen heranzutrelen. Premierminister Campbell Bannerman erwiderte: Ich nehme an, daß die Vermehrung der deutschen Flotte von den Gesichtspunkten abhängt, welche die deutsche Regierung für die Bedürfnisse des Deutschen Reiches und des deutschen Handels für maßgebend erachtet. Ich habe meine Meinung zugunsten einer allgemeinen Ver ringerung der Rüstungen offen ausgesprochen und kann dem Hause die Versicherung geben, daß keine sich bietende günstige Gelegenheit unbenützt gelaffen werden wird, um ein solches Ergebnis zu erleichtern. Ritson (liberal) dringt folgende Resolution ein: Tas Haus erkennt an, daß das Volk bei der allgemeinen Wahl sein unzweideutiges treues Festhalten an den Prinzipien des Freihandels zum Ausdruck gebracht hat, und stellt seinen Entschluß fest, jedem Vorschlag be treffend die Eckaffuna eines Sckutzwllsystems cntaeaen- zutreten. Die Diskussion wird zwei Tage in Anspruch nehmen. Die Verhandlung über diese Resolution, die das Unterhaus auf die Freihandelspolitik festlegen will, wird äußerst lebhaft. Ruhland. Warschau. In dem hiesigen Kriminalgefängni« kam es gestern zu einer Revolte. Militär stellte die Ordnung wieder her, wobei einige Sträflinge durch Gewehrschüße verwundet wurden. Helsingfors In einer von 1500 Personen be suchten Versammlung des konstitutionellen Arbeiter verbands wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, sich nicht dem allgemeinen Ausstand anzuschließen. Spanier». Madrid. Der König und die Königin von Por« tugal sind gestern nachmittag hier eingetroffen. Marokko. Algeciras. Nachdem die im Laufe des gestrigen Tages abgehaltenen Kommissionsberatungen der ge hegten Erwartung, dem Plenum morgen seinen ein heitlichen Entwurf der iBank- und Polizeioraanisationen vorlegen zu können, nicht entsprochen haben, ist die für heute anberaumt gewesene Plenarsitzung auf geschoben worden, um einen weiteren vorbereitenden Gedankenaustausch und eine etwaige Ergänzung von Instruktionen zu ermöglichen. Gestern nachmittag fand eine zweite Kommissionssitzung statt. Kolonialpolitisches. Berlin. In Verfolg der im Oktober des Vor jahrs durch Se. Majestät den Kaiser angeregten Zurück ziehung der internationalen Besatzungstruppen au« der Provinz Tschili in China ist nunmehr durch aller höchste Order vom 6. März die Zurückziehung der ostasiatischen Besatzungsbrigade nach Deutschland befohlen worden. Im Osten bleibt nur die Gesandt» schaftsschutzwache in Peking und die in Tientsin stationierte Reserve, insgesamt 26 Offiziere, 6 Sanitäts» osfiziere, 9 Beamte und 700 Mann. Dar es Salam. Gestern vormittag 10 Uhr traf der Herzog von Connaught an Bord des „Prinz regent" ein. Gouverneur Graf Götzen fuhr zur Be grüßung an Bord des gleichzeitig eingetroffenen eng lischen Kriegsschiffs „Terpsichore". Um ^12 Uhr kam der Herzog mit Familie und Gefolge an Land, wo er von dem Grafen und der Gräfin Götzen empfangen wurde. Gelegentlich einer Rundfahrt durch die Stadt hielten zwei Inder kurze Ansprachen. Am Abend fand ein Diner beim Gouverneur statt. Dom Landtag?. Dresden, 13. März. Die Zweite Kammer nahm in ihrer heutigen Sitzung, der am RegierungS- tische Ihre Exzellenzen die Herren StaarSminister Or. Rüger und v. Schlieben und eine Anzahl Re gierungskommissare beiwohnten, auf Bericht der Finanzdeputation A. (Berichterstatter Abg. Hähnel) den durch das Königl. Dekret Nr. 27 vorgelegten zweiten Nachtrag zu dem ordentlichen Staats hauhaltsetat auf die Finanzperiode 1904^05 und den dem Dekret beigefügten Nachtrag zu dem Finanzgesetze auf die Jahre 1904/05 an. Der Nachtrag betrifft die Kap. 1, 13, 16, 21, 29, 39, 40, 43, 56, 56», 57, .58» und 96. Zu Kap. 16, Staatseisenbahnen, wünscht Abg. Schulze Aus kunft, ob die Einnahmen von l 748 730 M , Titel 2, Position 2, nach den Ergebnissen des Etatsjahrs oder des Kalenderjahrs eingestellt worden seien. Die erstere Art und Weise erscheine ihm als die vor sichtigere. Der Berichterstatter bemerkte, daß es sich bei der Einstellung allerdinaS um das Kasenderjabr Lnnst und Wissenschaft. Residcnztheater. — Am 12. d Mts : „Der Schlafwagenkontrolleur". Schwank in drei Akten von Alexander Bisson. In deutscher Übersetzung von Benno Jacobson. (Neunte Vorstellung der ersten Serie des Schauspielabonnements.) Wenn des großen Olympiers Theaterdirektor Hrn. Bisson gekannt hätte — der wäre sein Mann gewesen, den hätte er dem Dichter mit der rückständigen Ansicht, daß der Poet sich das „höchste Recht, das ihm Natur vergönnt, das Menschenrecht, nicht freventlich verscherzen laßen" dürfe, als den gepriesen, der es fertig bringt, daß vir Menge „bei Hellem Tage, schon vor vieren, mit Stößen sich bis an die Kasse ficht, und wie in Hungers not um Brot an Betteltüren, um ein Billett sich fast die Hälse bricht." übrigens hätte ihm auch das Publikum, das gestern die Tollheiten des Hrn. Bißon auf sich wirken ließ, gefallen; es entsprach dem Bild der „Maße, die man nur durch Maße zwingen kann", wie wir es uns im Goetheschen Faust vorstellen. Als der Phonograph, den der Held des Stückes als unsichtbaren Erzengel zum Schrecken der gehaßten Schwiegermutter in Bewegung setzte, zum erstenmale seine Stimme ertönen ließ, da war der Erfolg deS Abends entschieden; des Lachens war kein Ende mehr . . . Die Kritik muß verstummen angesichts so ungeheurer Narretei, wie sie im „Schlaswagenkontrolleur" dargeboten wird; da das Abonnentenpublikum da« Stück so beifalls freudig aufnahm, so hat cS wohl ein gutes Recht daraus oder weniger nachsichtig ausgcdrückt: so ist eS seiner wohl wert . . . Die Darstellung tat alle«, wa« sie im gegebenen Falle tun konnte, d. h. sie wetteiferte mit dem „Dichter" darin, die tollste Narretei noch zu üvernumpsen; insbesondere Hr. Karl Witt, der Träger der Titelrolle, konnte sich in seiner „komischen" Aufgabe austoben und tat's mit Behagen und unter dem tosenden Beifall der Menge. Es lebe die Kunst ... W. Dgs. Wissenschaft. * Der Hauptausschuß der 78. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte trat dieser Tage in Stuttgart zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der Vorsitzende, Obermedizinalrat vr v Burckhardt, dem mit Prof vr. v. Hall zusammen die Geschäftsführung über tragen ist, wies darauf hin, daß die erste Natursorfcher- versammlung in Stuttgart vor 72 Jahren, als Stutt gart 35 000 Einwohner zählte, stattgefunden hat. Der Kongreß wird vom 16 bis 22. September versammelt sein. Es werden zwei allgemeine Sitzungen am 17. und 21. September stattfinden, in denen Gegenstände von allgemeiner Bedeutung behandelt werden sollen. Es sind dafür fünf Themata vorgeschlagen, die aber ebenso wie die Referenten noch nicht seststehen Am 20. Sep tember wird eine Gcsamtsitzung sämtlicher 31 Abteilungen stattfinden, in der die Frage der Regeneration und Transplantation besprochen werden soll. Die Nachmittage sind für die Sitzungen der einzelnen Abteilungen Vor behalten. Neben den Sitzungen wird im Landesgcwerbe- museum eine Ausstellung einhergehen. Die bürgerlichen Kollegien haben Mittel zur Herausgabe eines gut auS- aestatteten und fachmännisch bearbeiteten naturwissen schaftlich-medizinischen Führers durch Stuttgart bewilligt. An die Sitzungen werden sich gesellige Veranstaltungen knüpfen. Den Schluß wird ein Ausflug nach Tübingen und nach entweder dem Hohenzollern- oder dem Lichten stein bilden Man rechnet auf den Besuch von 2000 bis 3000 Teilnehmern Literatur. * Ein durch die Literatur fortgeschlepptes angebliches Urteil Goethes über Heine wird jetzt als un historisch dargetan. Es handelt sich um eine Ver wechslung, über die wir folgendes in der Münchner „Allg. Ztg." lesen: Nicht allein englische Goethe- und Heine-Biographien, sondern z. B auch die Einleitung von Stephan Born in der Heine-Ausgabe in Cottas „Bibliothek der Weltliteratur" drucken als Goethes Urteil über den großen deutschen Lyriker ab „Ihm fehle die Liebe". Die Engländer haben dieses mißverstandene Urteil sogar in poetischer Form nahe gelegt bekommen. Denn Matthew Arnold singt in „Heines Grab": timt, dsrck — unusmeck, rvbo, 6o«tbe, 8»ick, — back ever/ otber ^ikt but rvauteck lov« (der Barde, dessen Name nicht genannt, und von dem Goethe sagte, daß er alle Eigen schaften besitze, „aber hätte der Liebe nicht"). — James S. Henderson macht nun in dem dieswöchigen „Athenaeum" darauf aufmerksam, wie dieses Urteil, das Goethe in Wirk lichkeit über Platen gefällt hat, dem vielverleumdetcn Heinrich Heine angehängt worden ist. In den früheren Ausgaben von Johann Peter Eckermanns „Gesprächen mit Goethe" (1836 und 1837) beißt e« unter dem 25. Dezember 1825: „Es kam darauf einer unserer neuesten deutschen Dichter zur Erwähnung, der sich in kurzer Zeit einen bedeutenden Namen gemacht, dessen negative Richtung jedoch gleichfalls nicht gebilligt wurde." Dann geht es weiter, gerade so wie in den späteren, verbesserten Eckermann-AuSgaben, wo dieser Paßus (so z. B. Reklam-Ausgabe) jetzt beginnt: „Wir sprachen darauf über Platen, deßen negatwe Richtung gleichfalls nicht gebilligt wurde": „Es ist nicht zu leugnen", sagte Goethe, „er besitzt manche glänzende Eigenschaften, allein ihm fehlt — die Liebe." In der ersten Ausgabe ist, wie oben zitiert ist, Platen nicht namentlich genannt; wo in den fpateren m der Fortjeyang des Payus „Pmien" ausdrücklich steht, sind in der ersten Dadurch sind Matthew Arnold und die Literaturgeschichten irre geworden und haben an Heine gedacht. Der englische Goethe- Biograph Sime wie der Heine-Biograph Sharp geben ausdrücklich Eckermann als Quelle für das Urteil Goethe« über Heine an. Aber Eckermann hat zweifellos dabei nicht an Heine gedacht, denn im Register zu der Aus gabe von 1836 heißt eS „v Platen. Graf Aug. . . . Ihm fehle die Liebe, 234". — Also mit dieser noch immer kursierenden Heine-Verunglimpfung ist eS nichts! * Ein nachgelassener Roman Fontanes. Im literarischen Nachlaß Theodor Fontanes hat sich ein noch ungedruckter kleiner Roman, „Mathilde Möhring", gefunden, den der Dichter um das Jahr 1891, ungefähr gleichzeitig mit den „Poggenpuhls", niedergeschrieben, auch noch mehrfach durchgearbeitet hat, zu deßen Schlußredaktion ihn jedoch nachher seine andern Arbeiten nicht mehr haben kommen laßen. Der Roman, der, wie das „Lit Echo" mitteilt, Ende der achtziger Jahre teils in Berlin, teils in einer kleinen Kreisstadt des Ostens spielt und die einfache Geschichte der Ver lobung, Ehe und Witwenwirtschaft eines praktisch-klug veranlagten Berliner Mädchen» kleinbürgerlicher Herkunft behandelt, dürste in revidierter Gestalt voraussichtlich zu nächst in einer Zeitschrift und später in einem Nachlaß- bande der Gesamtausgabe von Fontanes Werken er scheinen. * StrindbergS DolkSstück „Die Hemsöer", in dem der Dichter Sittenschilderungcn von herber Realistik aibt, die eines kräftigen Humors nicht ermangeln, erzielte bei der deutschen Uraufführung im Altonaer Stadt theater einen freundlichen Erfolg.
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